Beteiligte
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 25. November 1999 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Streitig ist, ob der Kläger zur Erstattung von während des Bezugs von Arbeitslosengeld (Alg) von der Beklagten aufgewendeten Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung verpflichtet ist.
Der Kläger bezog seit 1. August 1997 von der Beklagten Alg. Er war infolge des Leistungsbezuges bei der KKH (Kaufmännische Krankenkasse Halle) in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert. Außerdem hatte er zeitlich zum Bezug von Alg ab 1. Oktober 1997 bei der Barmenia Krankenversicherung aG einen privaten Kranken- und Pflegeversicherungsvertrag abgeschlossen. Als die Beklagte von der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab 1. Februar 1998 erfuhr, welche der Kläger dem Arbeitsamt nicht angezeigt hatte, stellte sie ab 1. April 1998 die Zahlungen ein. Ferner hob sie durch bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 6. Oktober 1998 die Bewilligung von Alg ab 1. Februar 1998 rückwirkend auf und forderte vom Kläger das vom 1. Februar bis 31. März 1998 gezahlte Alg zurück.
Durch weiteren Bescheid vom 5. November 1998 forderte die Beklagte auch die von ihr für die Zeit ab 1. Februar 1998 gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 2.061,71 DM vom Kläger zurück. Dessen dagegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 1999 zurück.
Klage und Berufung blieben ohne Erfolg (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 3. Mai 1999; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Niedersachsen vom 25. November 1999). Das LSG hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe die von der Beklagten in der Zeit vom 1. Februar bis 31. März 1998 gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten, da mit der bestandskräftigen rückwirkenden Aufhebung der Bewilligung von Alg ab 1. Februar 1998 und der Rückforderung des Alg die gesetzlichen Voraussetzungen der Erstattungspflicht erfüllt seien. Demgegenüber könne der Kläger nicht mit dem Einwand durchdringen, daß die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Erstattungspflicht vorlägen, weil für denselben Zeitraum ein „weiteres Krankenversicherungsverhältnis” bestanden habe. Darunter sei nach den erkennbar gewordenen Vorstellungen des Gesetzgebers nur eine rechtliche Beziehung mit einer gesetzlichen Krankenversicherung zu verstehen. Auch wenn der Kläger in der streitigen Zeit bei der Barmenia Versicherung privat versichert gewesen sei und laufend Beiträge bezahlt habe, verbleibe es deshalb bei seiner Erstattungspflicht, da mit der Barmenia Versicherung kein gesetzliches Krankenversicherungsverhältnis bestanden habe.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 335 Abs 1 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und des Art 3 Grundgesetz (GG) und macht im wesentlichen geltend, gegen die Auffassung, daß das Tatbestandsmerkmal „weiteres Krankenversicherungsverhältnis” sich lediglich auf gesetzliche Krankenversicherungsverhältnisse beziehe, spreche, daß der Gesetzgeber das Tatbestandsmerkmal bewußt offengelassen und nicht ausdrücklich die gesetzliche Krankenversicherung privilegiert habe. Die Beschränkung auf gesetzliche Krankenversicherungsverhältnisse stelle auch angesichts der Liberalisierung des Rechts der Krankenkassen und angesichts des Wahlrechts der Krankenkassen eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung mit demjenigen Personenkreis dar, welcher sich freiwillig bei einer gesetzlichen Krankenversicherung versichert habe, da diese Leistungsempfänger bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen von der Erstattungspflicht gegenüber der Bundesanstalt für Arbeit (BA) befreit würden. Gegen die Beschränkung auf gesetzliche Krankenversicherungsverhältnisse spreche zudem, daß die Einfügung des § 207a SGB III zu einer Gleichbehandlung zwischen gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen führe. Die von der Beklagten behauptete Verankerung des Schutzes der gesetzlichen Versicherung werde im SGB III nicht mehr deutlich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 25. November 1999 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 3. Mai 1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 1999 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
II
Die nach § 160 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im übrigen zulässige Revision ist insoweit begründet, als die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), weil noch Feststellungen zur Höhe des Erstattungsbetrags erforderlich sind.
Ob und in welchem Umfang der Kläger der Beklagten die von ihr in der Zeit vom 1. Februar bis 31. März 1998 gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu ersetzen hat, richtet sich nach § 335 Abs 1 und 5 SGB III (idF des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung vom 24. März 1997, BGBl I 594). Diese Regelungen begründen ua für die Bezieher von Alg eine Erstattungspflicht hinsichtlich der gezahlten Beiträge, soweit die Entscheidung über die Leistung rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Nach § 5 Abs 1 Nr 2 Halbsatz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sind ua die Bezieher von Alg versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung und ebenso in der sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs 1 Satz 2 Nr 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB XI≫). Hat für den Zeitraum, für den die Leistung zurückgefordert worden ist, ein weiteres Krankenversicherungsverhältnis bestanden, so erstattet die Krankenkasse, bei der der Bezieher nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V versicherungspflichtig war, der BA die für diesen Zeitraum entrichteten Beiträge; der Bezieher wird insoweit von der Ersatzpflicht nach Satz 1 befreit (§ 335 Abs 1 Satz 2 SGB III). Für die Beiträge der BA zur sozialen Pflegeversicherung für Versicherungspflichtige nach § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB XI sind diese Vorschriften entsprechend anzuwenden (§ 335 Abs 5 SGB III).
Daß die nach § 335 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 5 SGB III erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen für einen Erstattungsanspruch vorliegen, steht aufgrund der bindenden Feststellungen des LSG fest (§ 163 SGG) und wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Denn der Kläger hat vom 1. August 1997 bis 31. März 1998 von der Beklagten Alg bezogen und war in dieser Zeit nach den og Vorschriften versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung. Für die Zeit vom 1. Februar bis 31. März 1998 ist durch bindend gewordenen Bescheid die Bewilligungsentscheidung der Beklagten rückwirkend aufgehoben und das gewährte Alg vom Kläger zurückgefordert worden. Hiernach sind die Voraussetzungen, unter denen der Kläger als Bezieher von Alg der Beklagten die von ihr gezahlten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu ersetzen hat, für den streitigen Zeitraum vom 1. Februar bis 31. März 1998 erfüllt. Ob der Erstattungsanspruch bei pflichtgemäßem Handeln des Leistungsempfängers ausgeschlossen ist (vgl schon BSG SozR 3-4100 § 157 Nr 2), kann weiterhin offenbleiben, weil die rechtswidrige Leistungsgewährung darauf beruhte, daß der Kläger seiner Pflicht zur Mitteilung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nicht nachgekommen ist und die Beklagte deshalb die Aufhebung der Leistungsbewilligung auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) stützen konnte.
Dagegen fehlt es entgegen der Ansicht des Klägers an den Tatbestandsvoraussetzungen für seine Befreiung von dieser Ersatzpflicht (§ 335 Abs 1 Satz 2 SGB III). Denn die Befreiung von der Ersatzpflicht kann nur eintreten, wenn für den Zeitraum, für den die Beklagte das Alg zurückgefordert hat, ein „weiteres Krankenversicherungsverhältnis” bestanden hätte. Daß es an dieser Voraussetzung fehlt, hat das LSG zu Recht und mit im wesentlichen zutreffenden Gründen entschieden. Denn die private Kranken- und Pflegeversicherung, die der Kläger ua in der maßgeblichen Zeit vom 1. Februar bis 31. März 1998 bei der Barmenia Krankenversicherung a.G. unterhielt, stellt kein „weiteres Krankenversicherungsverhältnis” iS des § 335 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB III dar. Die Befreiung von der Ersatzpflicht setzt vielmehr eine „Doppelversicherung” des Leistungsbeziehers in der gesetzlichen Krankenversicherung – und entsprechend auch in der gesetzlichen Pflegeversicherung (§ 335 Abs 5 SGB III) – voraus.
Hinweise darauf, daß als „weiteres Krankenversicherungsverhältnis” nur ein solches mit einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung anzusehen ist, liefert zunächst der Gesetzeswortlaut. So hat der Gesetzgeber in § 335 Abs 1 Satz 3 SGB III Regelungen zum Beitragserstattungsanspruch nach Satz 2 der Vorschrift für den Fall getroffen, daß die beiden „Versicherungsverhältnisse” bei verschiedenen „Krankenkassen” bestanden haben. Der Begriff „Krankenkassen” kennzeichnet aber nach der Gesetzesterminologie nur jene rechtsfähigen Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 4 Abs 1 SGB V), die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung sind, nämlich die Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen, die Seekasse, die landwirtschaftlichen Krankenkassen, die Bundesknappschaft und die Ersatzkassen (§§ 21 Abs 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch, 4 Abs 2 SGB V). Träger der sozialen Pflegeversicherung wiederum sind die bei diesen Krankenkassen errichteten „Pflegekassen”, welche ebenfalls Körperschaften des öffentlichen Rechts sind (§§ 21a Abs 2 SGB I, 46 Abs 1 und 2 SGB XI). Private Unternehmen, welche Versicherungsschutz gegen Krankheit und Pflegebedürftigkeit anbieten, werden demgegenüber in der Gesetzesterminologie nicht als „Krankenkassen” oder „Pflegekassen” bezeichnet, sondern als „Krankenversicherungsunternehmen”, „private Krankenversicherungsunternehmen” oder „private Versicherungsunternehmen” (vgl §§ 8 Abs 1 Nr 1a SGB V, 207a, 335 Abs 1 Satz 5 SGB III, 22 Abs 1, 23 Abs 1 und 2 SGB XI).
Aus dieser unterschiedlichen Gesetzesterminologie kann entnommen werden, daß „Krankenkassen” iS des § 335 Abs 1 Satz 3 SGB III nur Träger der gesetzlichen Krankenversicherung sind. Aus dem systematischen Zusammenhang dieser Vorschrift mit dem voranstehenden Satz 2 – Satz 3 regelt eine Ausnahme von dem Beitragserstattungsanspruch gegen die „Krankenkasse” nach Satz 2 – erschließt sich wiederum, daß eine Beitragserstattung durch die „Krankenkasse” (und damit eine Befreiung des Leistungsbeziehers von seiner Ersatzpflicht nach Satz 1) nur bei zwei Sachverhaltsvarianten in Frage kommt, nämlich wenn entweder das „weitere Krankenversicherungsverhältnis” bei derselben Krankenkasse bestanden hat, zu der auch die BA die Versicherungsbeiträge während des Leistungsbezugs entrichtet hat, oder wenn Versicherungsverhältnisse bei „verschiedenen Krankenkassen” bestanden haben. In beiden Fällen ist dann aber in Übereinstimmung mit der differenzierenden Gesetzesterminologie unter einer „Krankenkasse” nur ein Träger der gesetzlichen Krankenversicherung zu verstehen und nicht etwa auch ein privates Versicherungsunternehmen.
Für dieses Verständnis der Regelungen über einen Beitragserstattungsanspruch gegen eine Kranken- oder Pflegekasse und die von einem solchen Anspruch abhängende Befreiung des Leistungsbeziehers von seiner Ersatzpflicht spricht im übrigen auch der aus der Entstehungsgeschichte herzuleitende Zweck der Vorschrift. § 335 Abs 1 Sätze 1 bis 3 SGB III entsprechen bis auf redaktionelle Änderungen den Vorgängervorschriften in § 157 Abs 3a Sätze 1 bis 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Diese Vorschriften wiederum waren vom Gesetzgeber durch das Gesetz zur Änderung von Förderungsvoraussetzungen im AFG und in anderen Gesetzen vom 18. Dezember 1992 (BGBl I S 2044) eingefügt worden, weil die bis dahin bestehende Rechtslage als unbefriedigend empfunden wurde (vgl BT-Drucks 12/3211 S 28 zu Nr 45).
Diese Rechtslage war dadurch gekennzeichnet, daß während eines unrechtmäßigen Alg-Bezugs geleistete Krankenversicherungsbeiträge einerseits nicht von der Krankenkasse zurückverlangt werden konnten, weil das Krankenversicherungsverhältnis nach § 155 Abs 2 Satz 3 AFG von einer rückwirkenden Aufhebung der Alg-Bewilligung ausnahmslos unberührt blieb (vgl BSG Urteil vom 18. Mai 1983 – 12 RK 28/82 – USK 8390; BSGE 66, 176 ff = SozR 3-4100 § 155 Nr 1). Dies führte andererseits dazu, daß gegenüber dem Leistungsbezieher ein Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X schon deshalb nicht geltend gemacht werden konnte, weil die rückwirkende Aufhebung einer Bewilligungsentscheidung der Beklagten wegen des davon unberührt bleibenden Krankenversicherungsverhältnisses den Rechtsgrund für die geleisteten Krankenversicherungsbeiträge nicht entfallen ließ (vgl BSG SozR 3-4100 § 157 Nr 1). Auch eine sonstige Grundlage für einen Erstattungsanspruch gegen den Leistungsbezieher gab es nicht, da das Gesetz zwar die Erstattung der die Krankenversicherungspflicht auslösenden Leistungen der Beklagten vorsah, nicht aber daneben auch die Erstattung der Krankenversicherungsbeiträge (vgl BSGE 67, 232 ff = SozR 3-4100 § 155 Nr 2 ≪S 17 f≫; BGHZ 103, 255, 259). Auf einen ungeschriebenen öffentlich-rechtlichen oder auf einen aus zivilrechtlichen Vorschriften abgeleiteten Schadenersatzanspruch gegen den Leistungsempfänger konnte die BA eine Rückforderung der Krankenversicherungsbeiträge nach der Rechtsprechung ebenfalls nicht stützen (vgl BSGE 66, 176 ff = SozR 3-4100 § 155 Nr 1; BSGE 67, 232 ff = SozR 3-4100 § 155 Nr 2; BSG SozR 3-4100 § 157 Nr 1).
Das Bundessozialgericht (BSG) hatte in diesem Zusammenhang wiederholt darauf hingewiesen, daß für den Ausschluß eines Rückgriffs gegen den Leistungsbezieher wegen der Krankenversicherungsbeiträge jedenfalls dann gute Gründe sprächen, wenn der Leistungsbezieher wegen eines Nebeneinanders von unrechtmäßigem Leistungsbezug und einer versicherungspflichtigen Beschäftigung aufgrund beider Tatbestände in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig gewesen sei. Denn in solchen Fällen habe der Leistungsbezieher aus den Beitragsleistungen der BA regelmäßig keinen Vorteil, sondern „bereichert” seien aufgrund der zweifachen Entrichtung von Beiträgen letztlich die Krankenkassen, dh eine oder beide Krankenkassen, bei denen die beiden Versicherungen durchgeführt worden seien (BSGE 66, 176 ff = SozR 3-4100 § 155 Nr 1; SozR 3-4100 § 157 Nr 1; vgl auch BSG Urteil vom 18. Mai 1983 – 12 RK 27/82 – USK 8390). Zugleich hatte das BSG darauf hingewiesen, daß in solchen Fällen zweifacher Beitragsentrichtung aufgrund zweier zur Beitragspflicht führender Tatbestände ein Ausgleich zugunsten der BA ohne weiteres durch Rückzahlung der Beiträge von der „begünstigten” Krankenkasse erfolgen könnte, so daß daran zu denken sei, der BA de lege lata eine solche Ausgleichsmöglichkeit zu eröffnen (BSGE 66, 176 ff = SozR 3-4100 § 155 Nr 1; SozR 3-4100 § 157 Nr 1). Hierbei hatte das BSG auch wiederholt auf eine in dieselbe Richtung gehende Anregung des Bundesrechnungshofs in seinen Bemerkungen zur Haushalts- und Wirtschaftsführung 1987 (BT-Drucks 11/872, S 43 f) verwiesen (BSGE 66, 176 ff = SozR 3-4100 § 155 Nr 1; BSGE 67, 232 ff = SozR 3-4100 § 155 Nr 2; SozR 3-4100 § 157 Nr 1).
Bei der Einfügung des § 157 Abs 3a AFG hat der Gesetzgeber ua diese Hinweise bzw Anregungen aufgegriffen, wie aus den Gesetzesmaterialien entnommen werden kann. Denn aus der Begründung des Regierungsentwurfs des Gesetzes zur Änderung von Förderungsvoraussetzungen im AFG und in anderen Gesetzen (BT-Drucks 12/3211, S 28 zu Nr 45), die ausdrücklich auf die Urteile des BSG vom 30. Januar 1990 (BSGE 66, 176 ff = SozR 3-4100 § 155 Nr 1) und vom 26. September 1990 (BSGE 67, 232 ff = SozR 3-4100 § 155 Nr 2) Bezug nimmt, geht einerseits hervor, daß der Gesetzgeber den in § 157 Abs 3a Satz 1 AFG (jetzt § 335 Abs 1 Satz 1 SGB III) normierten Erstattungsanspruch gegen den Leistungsbezieher deshalb eingeführt hat, weil er die bis dahin geltende Rechtslage, nämlich das Fehlen einer Anspruchsgrundlage für die Rückforderung von Krankenversicherungsbeiträgen vom Leistungsbezieher, als unbefriedigend empfand. Andererseits zeigt die Begründung der Ausnahmeregelung in § 157 Abs 3a Satz 2 AFG (jetzt § 335 Abs 1 Satz 2 SGB III), wonach der Leistungsempfänger dann von seiner Erstattungspflicht entlastet werden soll, wenn aufgrund eines weiteren Krankenversicherungsverhältnisses die Beiträge „doppelt” entrichtet wurden, daß der Gesetzgeber sich auch die Überlegung des BSG zu eigen gemacht hat, daß ein Rückgriff auf den Leistungsempfänger dann nicht sachgerecht scheint, wenn er wegen zweier zur Beitragspflicht führender Tatbestände aus der „Doppelversicherung” letztlich keinen Vorteil hatte.
Das aber bestätigt, zusätzlich zur Gesetzesterminologie und zum systematischen Zusammenhang der Regelungen in § 335 Abs 1 Satz 1 bis 3 SGB III, daß unter einem „weiteren Krankenversicherungsverhältnis” nur ein solches mit einer Krankenkasse, die zu den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung gehört, zu verstehen ist. Zwar mag es sein, daß der Leistungsempfänger auch dann von den Beitragszahlungen der Beklagten an eine Krankenkasse letztlich keinen „Vorteil” hat, wenn er – wie der Kläger – für denselben Zeitraum aufgrund von ihm selbst entrichteter Beiträge auch bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen Versicherungsschutz genießt. Dennoch treffen die Gründe für die in § 335 Abs 1 Satz 2 SGB III getroffene Ausnahmeregelung nicht zu, weil der Leistungsempfänger, der zusätzlich einen privaten Krankenversicherungsvertrag abgeschlossen, der „doppelten Versicherung” ohne weiteres hätte ausweichen können. Auf den Kläger trifft deshalb der mit der Vorschrift verfolgte Zweck nicht zu, denjenigen von der Erstattung zu entlasten, dessen Beitragspflicht auf dem Eingreifen von zwei Versicherungspflichttatbeständen beruht. Denn die Versicherungspflicht tritt bei Vorliegen ihrer gesetzlichen Voraussetzungen kraft Gesetzes ein. Eine Dispositionsbefugnis steht dem Leistungsempfänger insoweit nicht zu.
Ist danach unter einem „weiteren Krankenversicherungsverhältnis” iS des § 335 Abs 1 Satz 1 SGB III, welches zur Befreiung des Leistungsempfängers von seiner Erstattungspflicht führen kann, nur eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung zu verstehen, so läßt sich dem auch nicht entgegenhalten, daß die Versicherungspflicht von Alg-Beziehern in der gesetzlichen Krankenversicherung heute nicht mehr ausnahmslos gilt. Allerdings hat der Gesetzgeber durch § 207a SGB III, eingefügt mit Wirkung ab 1. April 1998 durch das Erste Gesetz zur Änderung des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (≪1. SGB III-ÄndG≫ vom 16. Dezember 1997, BGBl I S 2970), die Möglichkeit der Übernahme der Beiträge für eine Versicherung gegen Krankheit oder Pflegebedürftigkeit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen anstelle der gesetzlichen Pflichtversicherung während des Bezugs von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit eröffnet. Aus dieser Neuregelung läßt sich jedoch – abgesehen davon, daß sie ohnehin erst nach Ablauf des hier streitigen Erstattungszeitraums (1. Februar bis 31. März 1998) in Kraft getreten ist – nichts für die vom Kläger erstrebte erstattungsrechtliche Gleichstellung einer Versicherung bei einem privaten Unternehmen mit einer weiteren Versicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung herleiten.
Beweggrund für die Neuregelung war, daß die Pflichtversicherung zu finanziellen Nachteilen für vor dem Leistungsbezug privat kranken- und pflegeversicherter Arbeitnehmer führen kann, wenn sie für die Zeit der Arbeitslosigkeit ihre private Versicherung mit Rücksicht auf eine spätere Arbeitsaufnahme ruhend stellen und nicht völlig aufgeben wollen (Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zum 1. SGB III-ÄndG, BT-Drucks 13/8653, S 19; ebenso die Begründung des Gesetzesentwurfs der Fraktion der CDU/CSU und der FDP, BT-Drucks 13/8012, S 18). Die Übernahme der Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung durch die BA ist dementsprechend nach § 207a Abs 1 Nr 1 SGB III nur zulässig, wenn der Leistungsbezieher nach § 8 Abs 1 Nr 1a SGB V (ebenfalls mit Wirkung ab 1. April 1998 durch das 1. SGB III-ÄndG eingefügt) von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung befreit ist. Diese Befreiung wiederum ist nach der zuletzt genannten Vorschrift nur zu gewähren, wenn der durch den Bezug von Leistungen der BA versicherungspflichtig gewordene Arbeitslose bereits in den letzten fünf Jahren vor dem Leistungsbezug nicht mehr gesetzlich krankenversichert war. Durch diese Tatbestandsvoraussetzung, die auf Initiative des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung in den § 8 Abs 1 Nr 1a SGB V aufgenommen wurde, sollte verhindert werden, daß auch Arbeitslose von der Befreiungsmöglichkeit Gebrauch machen können, die längere Zeit versicherungspflichtig beschäftigt waren, weil in solchen Fällen eine Befreiung von der Versicherungspflicht als sachlich nicht gerechtfertigt angesehen wurde (vgl Beschlußempfehlung und Bericht des 11. Ausschusses, BT-Drucks 13/8994, S 33 ≪Art 3 Nr 1≫ und S 68 zu Art 3, Nr 1).
Die Neuregelung bedeutet danach keine Abkehr vom Prinzip der gesetzlichen Pflichtversicherung, sondern erfaßt nur denjenigen Teil der Leistungsbezieher, der dadurch gekennzeichnet ist, daß er schon seit längerer Zeit nicht zum Kreis der Pflichtversicherten gehört, was bei Arbeitnehmern insbesondere bei langjähriger Überschreitung der für die Versicherungsfreiheit maßgebenden Jahresarbeitsentgeltgrenze (§ 6 Abs 1 Nr 1 SGB V) in Betracht kommt. Die Regelung modifiziert damit die Versicherungspflicht während des Leistungsbezuges. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Neuregelung Rückschlüsse auf erforderliche Ausnahmen von der Ersatzpflicht erlauben könnte. Sie gibt deshalb keinen Anlaß zu einer von dem oben Gesagten abweichenden Auslegung des Begriffs des „weiteren Krankenversicherungsverhältnisses” iS von § 335 Abs 1 Satz 2 SGB III.
Eine andere Auslegung der Erstattungsregelung ist schließlich auch nicht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten geboten. Insbesondere verstößt die Beschränkung der Befreiung von Beziehern unrechtmäßiger Leistungen von ihrer Erstattungspflicht auf die Fälle eines Nebeneinanders mehrerer Versicherungsverhältnisse in der gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung nicht gegen den in Art 3 Abs 1 GG verankerten allgemeinen Gleichheitssatz.
Das hier zu beurteilende Nebeneinander einer Krankenversicherung bei einem privaten Unternehmen und bei einer zur gesetzlichen Krankenversicherung gehörenden Krankenkasse einerseits und das Nebeneinander zweier Versicherungsverhältnisse in der gesetzlichen Krankenversicherung andererseits unterscheiden sich nämlich – wie bereits dargelegt – sachlich dadurch, daß eine Inanspruchnahme wegen des Eingreifens zweier Versicherungspflichttatbestände deshalb als unbillig erscheint, weil der Leistungsbezieher die gesetzlichen Rechtsfolgen nicht abzuwenden vermag. Hingegen beruht die Begründung eines privaten Krankenversicherungsverhältnisses unmittelbar auf einer Willensentschließung des Leistungsempfängers. Es sind bei einer derartigen Situation keine durchgreifenden Gründe dafür vorhanden, den Leistungsempfänger von seiner Ersatzpflicht gerade bezogen auf die gesetzliche Versicherung zu entlasten, so daß die gesetzliche Differenzierung den Unterschieden der zugrundeliegenden Sachverhalte Rechnung trägt.
Soweit der Kläger eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der bei einem privaten Unternehmen Versicherten gegenüber den freiwilligen Mitgliedern einer gesetzlichen Krankenkasse beanstandet, übersieht er, daß die durch Beitritt begründete freiwillige Mitgliedschaft (§ 9 SGB V) kraft Gesetzes ua mit dem Beginn einer Pflichtmitgliedschaft endet (§ 191 Nr 2 SGB V). Das bewirkt, daß es von vornherein nicht zu einer „Doppelversicherung” kommen kann, wenn ein freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse durch Leistungsbezug von der Beklagten versicherungspflichtig wird (§ 5 Abs 1 Nr 2, 1. Halbsatz SGB V) und bis zum Ende des Leistungsbezugs – selbst wenn er unrechtmäßig ist – bleibt (§§ 5 Abs 1 Nr 2, 2. Halbsatz, 190 Abs 12 SGB V). Somit kommt eine freiwillige Mitgliedschaft nicht als „weiteres Krankenversicherungsverhältnis” während des Leistungsbezugs iS des § 335 Abs 1 Satz 2 SGB III in Betracht, und die Annahme des Klägers, freiwillige Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse kämen – im Unterschied zu privat Versicherten – in den Genuß des Befreiungstatbestands, erweist sich als falsch.
Nach alledem hat das LSG den Kläger zu Recht als verpflichtet angesehen, der Beklagten die von ihr im streitigen Zeitraum gezahlten Beiträge zu ersetzen. Ob die Ersatzpflicht allerdings auch in der von der Beklagten geltend gemachten Höhe von 2.061,71 DM besteht, läßt sich noch nicht abschließend beurteilen, weil das LSG dazu keine Feststellungen getroffen hat. Zu ersetzen sind die Beiträge in der von der Beklagten rechtmäßig gezahlten Höhe (Urteil vom 5. Februar 1998, SozR 3-4100 § 157 Nr 2). Für die zutreffende Beitragshöhe kommt es insbesondere auf die zugrunde zu legenden beitragspflichtigen Einnahmen (vgl §§ 232a Abs 1 SGB V, 57 Abs 1 SGB XI) sowie auf den jeweiligen Beitragssatz an, so daß es für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Erstattungsbetrags entsprechender Feststellungen bedarf (BSG, aaO). Da solche hier bisher noch nicht getroffen wurden, wird sie das LSG nachzuholen haben.
Deshalb führt die Revision zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das LSG, das im Rahmen der erneuten Entscheidung auch über die Frage der Erstattung von Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben wird.
Fundstellen
NZA 2001, 90 |
NZS 2001, 364 |
AuS 2000, 70 |
info-also 2001, 32 |
info-also 2002, 42 |