Entscheidungsstichwort (Thema)
Geringfügige Beschäftigung. unständige Beschäftigung. regelmäßige Beschäftigung. Berufsmäßigkeit tageweise Beschäftigung Möbeltransportgewerbe
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen Aushilfskräfte, die tageweise im Möbeltransportgewerbe beschäftigt werden, wegen Geringfügigkeit (§ 8 SGB IV) versicherungsfrei sind.
Normenkette
SGB IV § 8 Abs. 1 Nrn. 1, 2 Fassung: 1978-07-25; RVO §§ 168, 441 Fassung: 1945-03-17, § 1228 Abs. 1 Nr. 4 Fassung: 1960-09-08; SGB V § 7 Fassung: 1988-12-20, § 190 Abs. 4 Fassung: 1988-12-20, § 232 Fassung: 1988-12-20; SGB VI § 163 Abs. 1 Fassung: 1989-12-18; SGB V § 179 Abs. 2 Fassung: 1988-12-20
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob Beschäftigungen wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei sind.
Die Klägerin ist ein Möbeltransportunternehmen. Sie beschäftigte von Juni 1982 bis April 1986 neben einem Stamm von fest angestellten Mitarbeitern bei besonderem Bedarf tageweise einzelne der beigeladenen zwanzig Aushilfskräfte (Beigeladene zu 2 bis 21), die nach dem Tatbestand des Urteils des Landessozialgerichts (LSG) ansonsten "überwiegend Leistungen der Arbeitslosenversicherung oder der Fürsorge bezogen". Zwischen der Klägerin und den einzelnen Aushilfskräften bestanden Rahmenverträge, deren näheren Inhalt das LSG nicht festgestellt hat. Aus den Entscheidungsgründen seines Urteils ergibt sich lediglich, daß eine Aushilfskraft eine angebotene Arbeit nicht anzunehmen brauchte, sie andererseits auch bei vorhandenem Arbeitsbedarf keinen Anspruch auf Beschäftigung hatte. Wie häufig die einzelnen Aushilfskräfte bei der Klägerin eine Beschäftigung aufnahmen, welche Abstände zwischen den einzelnen Beschäftigungen lagen und welche betragsmäßige Höhe das erzielte Arbeitsentgelt hatte, ist dem Urteil des LSG nicht zu entnehmen. Mit Bescheid vom 29. Dezember 1986 und Widerspruchsbescheid vom 20. März 1987 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht der Aushilfskräfte in der Krankenversicherung und in der Rentenversicherung fest und forderte Beiträge in Höhe von 33.203,11 DM.
Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Urteile des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 12. August 1988 und des LSG vom 29. Juni 1990 = SozVers 1991, 83). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt: Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit nach § 8 Abs 1 Nr 1 des Sozialgesetzbuches - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) scheitere daran, daß kein regelmäßiges, auf Dauer angelegtes Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe; auch Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit nach § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV scheide aus, weil die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt und die Entgeltgrenze überschritten gewesen sei. Die Überschreitung ergebe sich aus der bei tageweiser Beschäftigung gebotenen Umrechnung der Entgeltgrenze auf den Kalendertag.
Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 8 SGB IV. Sie beantragt,
das Urteil des LSG vom 29. Juni 1990 und das Urteil des SG vom 12. August 1988, sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. März 1987 aufzuheben.
Die Beklagte und die beigeladene Landesversicherungsanstalt beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die beigeladenen Aushilfskräfte sind im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist iS der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung begründet.
Die beigeladenen Aushilfskräfte waren in der Zeit vom Juni 1982 bis April 1986 während ihrer Arbeit bei der Klägerin abhängig und gegen Entgelt beschäftigt. Sie waren damit nach dem bis zum 31. Dezember 1988 geltenden § 165 Abs 1 Nr 1, Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden § 1227 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RVO grundsätzlich versicherungs- und beitragspflichtig in der Krankenversicherung und der Rentenversicherung. Ob sie ausnahmsweise nach § 168, § 1228 Abs 1 Nr 4 RVO wegen Geringfügigkeit beitragsfrei waren, läßt sich mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht entscheiden. Geringfügige Beschäftigungen sind nach § 8 SGB IV in zwei Formen möglich. Nach der Nr 1 des § 8 Abs 1 SGB IV in der ab 1. Januar 1982 geltenden Fassung (Art 3 Buchst a des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung vom 22. Dezember 1981, BGBl I 1497, sowie Art II § 16 Nr 2 des Sozialgesetzbuchs - Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten - vom 4. November 1982, BGBl I 1450) ist eine Beschäftigung dann geringfügig, wenn sie regelmäßig weniger als 15 Stunden in der Woche ausgeübt wird und das Arbeitsentgelt regelmäßig einen bestimmten Betrag im Monat nicht übersteigt; die Entgeltgrenze betrug bis zum 31. Dezember 1984 390 DM und ab 1. Januar 1985 ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV (zu deren Höhe § 4 Sozialversicherungs-Bezugsgrößen-Verordnung 1985 vom 20. Dezember 1984, BGBl I 1650; § 2 Sozialversicherungs-Bezugsgrößen-Verordnung 1986 vom 20. Dezember 1985, BGBl I 2557). Daraus ergeben sich monatlich 400 DM für das Jahr 1985 und 410 DM für das Jahr 1986. Seit dem 1. Januar 1983 gilt bei höherem Entgelt eine zusätzliche Grenze von einem Sechstel des Gesamteinkommens (ebenfalls Art II § 16 Nr 2 des genannten Gesetzes vom 4. November 1982). Nach der Nr 2 des § 8 Abs 1 SGB IV in der ab 1. Januar 1979 geltenden Fassung (Art 2 § 9 Nr 1 Buchst b des Einundzwanzigsten Rentenanpassungsgesetzes vom 25. Juli 1978, BGBl I 1089) ist eine Beschäftigung dann geringfügig, wenn sie innerhalb eines Jahres auf zwei Monate oder fünfzig Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im voraus vertraglich begrenzt ist. Auch die zeitlich begrenzte Beschäftigung iS der Nr 2 ist jedoch nicht geringfügig, wenn sie berufsmäßig ausgeübt wird und mit ihr die Entgeltgrenzen der Nr 1 überschritten werden.
Dieser Regelung ist im Zusammenhang zu entnehmen, daß es zunächst darauf ankommt, ob eine Beschäftigung regelmäßig (dann gilt Nr 1 der zitierten Vorschrift) oder nicht regelmäßig - also nur gelegentlich - (dann gilt Nr 2) ausgeübt wird. Der Wortlaut läßt diese grundlegende Unterscheidung nur undeutlich erkennen, weil das Wort "regelmäßig" in Nr 1 ausschließlich auf die Arbeitszeit und das Arbeitsentgelt zu beziehen sein könnte und weil das Gesetz in § 8 SGB IV (im Gegensatz zur früheren, bis zum 30. Juni 1977 geltenden Fassung in § 168 Abs 2 RVO) den Begriff "gelegentlich" nicht mehr verwendet. Die Unterscheidung ergibt sich aber mit hinreichender Sicherheit aus dem Sinn der Vorschrift. Wenn die Nr 1 neben regelmäßigen auch gelegentliche Beschäftigungen erfassen würde, müßte beispielsweise eine auf zwei Monate befristete Tätigkeit, mit der die Entgeltgrenze überschritten wird, als versicherungspflichtig beurteilt werden, ohne daß es auf das Merkmal "berufsmäßig" ankäme; dieses nur in Nr 2 des § 8 Abs 1 SGB IV enthaltene Merkmal würde also leerlaufen. Es ist daher (ebenso wie nach §§ 168, 1228 RVO) immer zunächst zu entscheiden, ob eine regelmäßige oder eine nur gelegentliche Beschäftigung gegeben ist (so im Ergebnis auch Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, § 168 RVO Anm 5 und 6).
Regelmäßig ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eine Beschäftigung, die von vornherein auf ständige Wiederholung gerichtet ist und über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden soll. In seinem Urteil vom 25. November 1976 (USK 76178) hat der erkennende Senat über mehrere Jahre hinweg zweimal im Jahr anfallende Unterhaltungsarbeiten im Wasserwesen, die von einem hauptberuflich beim Straßenbauamt beschäftigten Straßenwärter ausgeführt wurden, als nur gelegentlich beurteilt. Demgegenüber hat er bei einer ehrenamtlichen Leiterin von Koch- und Bastelkursen einer Volkshochschule, die über mehrere Jahre hinweg dreimal im Jahr stattfanden, wenn sich genügend Teilnehmer meldeten, eine ständige Wiederholung und damit eine regelmäßige Beschäftigung angenommen (Urteil vom 1. Februar 1979 in SozR 2200 § 165 Nr 36 - Volkshochschullehrerin). Auch die Heranziehung von Aushilfskräften durch eine Sparkasse jeweils in der Mitte und am Ende des Monats hat der Senat als regelmäßige Beschäftigung gewertet (Urteil vom 28. April 1982 in SozR 2200 § 168 Nr 6 - Ultimokräfte). In keinem dieser Fälle war entscheidend, ob der jeweiligen Beschäftigung ein Dauerarbeitsverhältnis zugrunde lag, das die Arbeitseinsätze zu bestimmten Terminen von vornherein verbindlich festlegte. Die Regelmäßigkeit ergab sich vielmehr bereits daraus, daß die Arbeit nicht unvorhersehbar in wechselnder Häufigkeit und zu verschiedenen Zeiten übernommen wurde (Volkshochschullehrerin) oder daß auf Grund eines Rahmenvertrags eine auf Dauer angelegte Rechtsbeziehung mit einander in kurzem Abstand folgenden Beschäftigungen angenommen werden konnte (Ultimokräfte). Daraus ergibt sich, daß die Regelmäßigkeit der zu beurteilenden Tätigkeiten jedenfalls nicht allein mit dem vom LSG herangezogenen Kriterium (tageweise Befristung des Arbeitsvertrages) verneint werden kann, denn auch in dem Fall der Ultimokräfte war der konkrete Arbeitseinsatz und der jeweilige Arbeitsvertrag auf wenige Tage befristet.
Allerdings handelte es sich um Arbeiten, die bei der Sparkasse in kurzem zeitlichen Abstand in der Monatsmitte und am Monatsende anfielen. Ob sich im vorliegenden Verfahren der Arbeitskräftebedarf der Klägerin in einem ähnlichen (monatlichen oder anderen) Rhythmus auf bestimmte Termine konzentrierte oder ob die auszugleichenden Auftragsspitzen unregelmäßig und unvorhersehbar auftraten, wie dies in einem anderen, vom LSG ebenfalls nicht berücksichtigten Urteil des BSG (vom 16. Februar 1983 in SozR 2200 § 441 Nr 2, vgl auch BSG SozR Nr 11 zu § 168 RVO) als Merkmal der Unregelmäßigkeit angenommen worden ist, läßt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen. Ohne diese Feststellung kann über die Geringfügigkeit nicht endgültig entschieden werden, denn deren weitere Voraussetzungen hängen von der Einordnung als regelmäßige oder gelegentliche Beschäftigung ab.
Kommt das LSG zum Ergebnis, daß regelmäßige Beschäftigungen vorlagen, sind jeweils die regelmäßige Arbeitszeit in der Woche und der regelmäßige Verdienst im Monat zu ermitteln. Derartige Feststellungen sind nicht etwa deshalb unmöglich, weil die einzelne Arbeitsverpflichtung tageweise beschränkt war. Die gebotene vorausschauende Betrachtungsweise (BSG SozR 2100 § 8 Nr 4) bedeutet nämlich nicht eine alle Eventualitäten berücksichtigende genaue Vorhersage, sondern lediglich eine ungefähre Einschätzung, welches Entgelt nach der bisherigen Übung mit hinreichender Sicherheit zu erwarten war (BSG aaO).
Kommt das LSG demgegenüber zum Ergebnis, daß es sich um gelegentliche Beschäftigungen handelte, richtet sich die Beurteilung der Geringfügigkeit nach Nr 2 des § 8 Abs 1 SGB IV. Liegt wie hier keine längere, bis zu einigen Wochen dauernde einmalige Beschäftigung (Beispiele: BSG SozR 3-2400 § 8 Nr 1 mwN), sondern eine Serie von kürzeren, tage- oder stundenweisen Beschäftigungen vor, ist zunächst die für diese Fallgestaltung geltende Zeitgrenze von fünfzig Arbeitstagen innerhalb eines Jahres zu überprüfen; mehrere Beschäftigungen sind nach § 8 Abs 2 SGB IV zusammenzurechnen. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, daß diese Zeitgrenze von keiner der beigeladenen Aushilfskräfte überschritten wurde; das LSG hat dies ausdrücklich unentschieden gelassen. Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn sich die Geringfügigkeit auf Grund der übrigen Merkmale des § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV unschwer ausschließen läßt. Ob das zutrifft, kann erst nach weiterer Aufklärung des Sachverhalts beurteilt werden.
Jedenfalls kann über die Geringfügigkeit nach Nr 2 des § 8 Abs 1 SGB IV für die Krankenversicherung nur entschieden werden, wenn darüber hinaus geklärt wird, ob die beigeladenen Aushilfskräfte als "unständig Beschäftigte" den Sonderregeln der §§ 441 ff RVO unterworfen waren. Für diesen Personenkreis bedurfte es nämlich gemäß § 443 Abs 2 RVO (jetzt § 186 Abs 2 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung ≪SGB V≫) einer besonderen, in der Form allerdings umstrittenen (Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Band I/2, 316d I, Krauskopf/Schroeder-Printzen, Soziale Krankenversicherung, Stand 1988, § 443 RVO Anm 1) Feststellung der Versicherungspflicht durch die Krankenkasse. Außerdem galten - und zwar insoweit nicht nur für die Krankenversicherung, sondern gemäß dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden § 1400 Abs 2 RVO (jetzt § 163 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Rentenversicherung - ≪SGB VI≫) auch für die Rentenversicherung - weitere Sondervorschriften, die hier lediglich hinsichtlich der Bemessung der Beiträge nach dem im Monat erzielten Arbeitsentgelt (§ 445 Abs 1 RVO, jetzt § 232 Abs 1 SGB V) von Bedeutung sind.
Eine unregelmäßige Folge von tageweisen Arbeitseinsätzen ist nach der Legaldefinition in §§ 441, 442 RVO (jetzt § 179 SGB V) dann eine unständige Beschäftigung, wenn die Dauer der einzelnen Beschäftigung auf weniger als eine Woche beschränkt ist und der Betroffene einer derartigen Beschäftigung berufsmäßig nachgeht. In den Gründen des angefochtenen Urteils wird zur Dauer des jeweiligen Arbeitseinsatzes beiläufig erwähnt, nach den Lohnaufzeichnungen seien Beschäftigungen von einem Tag oder ausnahmsweise von zwei Tagen geleistet worden. Sollte dieser Aussage die Feststellung zu entnehmen sein, die Klägerin habe mit den beigeladenen Aushilfskräften in keinem Fall eine länger als zwei Tage dauernde Beschäftigung vereinbart, wäre die erste Voraussetzung einer unständigen Beschäftigung bei allen Beigeladenen erfüllt.
Zur Begründung der Berufsmäßigkeit - der zweiten Voraussetzung einer unständigen Beschäftigung, die nach § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV gleichzeitig eine Ausnahme von der Geringfügigkeit rechtfertigen kann - hat das LSG auf den Rahmenvertrag der Klägerin mit den beigeladenen Aushilfskräften hingewiesen und im übrigen ausgeführt, die Beigeladenen gehörten auch insoweit zum Personenkreis der für den Lebensunterhalt auf Erwerbstätigkeit Angewiesenen, als sie arbeitslos gewesen seien und Leistungen der Arbeitslosenversicherung oder der "Fürsorge" bezogen hätten; nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils war dies der überwiegende Teil der Aushilfskräfte. Die Beigeladenen sind also nach Auffassung des LSG allein deshalb den berufsmäßig Beschäftigten zuzurechnen, weil sie sich - ohne konkrete rechtliche Verpflichtung - allgemein bereit erklärt hatten, für die Klägerin kurzfristige Aushilfstätigkeiten auszuführen.
Die pauschalen Ausführungen des LSG lassen die erforderliche konkrete Untersuchung der Berufsmäßigkeit anhand der ausgeübten Beschäftigung und dem Erwerbsverhalten der beigeladenen Aushilfskräfte vermissen. Die durch den Rahmenvertrag und - bei bestimmten Beigeladenen - durch die Arbeitslosmeldung belegte Bereitschaft, eine abhängige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, ist zwar ein Indiz für die Berufsmäßigkeit der Aushilfsbeschäftigung. Diesem Indiz käme jedoch dann keine Bedeutung mehr zu, wenn es tatsächlich nur zu einem einmaligen Arbeitseinsatz gekommen wäre (RVA AN 1937, 265 Nr 5116). Selbst bei wiederholten Beschäftigungen braucht keine Berufsmäßigkeit vorzuliegen, wenn sie in größeren Abständen aufgenommen werden oder wenn die betreffende Aushilfskraft hauptsächlich anderweitig in Anspruch genommen ist (etwa durch einen Hauptberuf, durch eine Ausbildung oder durch Haushaltstätigkeit). Außerdem hat die Rechtsprechung darauf abgestellt, ob der unregelmäßige Arbeitseinsatz nach dem allgemeinen Berufsbild der ausgeübten Tätigkeit als typisch angesehen werden konnte (BSGE 16, 158, 164 = SozR Nr 1 zu § 441 RVO; SozR Nr 11 zu § 168 RVO), was gerade für Aushilfskräfte im Speditionsgewerbe immer wieder bejaht worden ist (Nachweise der älteren Rechtsprechung bei Peters aaO, § 441 RVO Anm 6; BSG SozR 2200 § 441 Nr 2 = SGb 1984, 254 mit Anm von Meydam). Gleichwohl ist es notwendig, Abweichungen vom typischen Berufsbild im Einzelfall oder mögliche zwischenzeitliche Veränderungen dieses Berufsbilds im allgemeinen aufzuklären und zu bewerten, soweit das Gesamtergebnis des Verfahrens hierzu Anlaß gibt.
Sollte nach diesen Kriterien die Frage der Berufsmäßigkeit weiterhin offenbleiben, muß das vorherige und spätere Erwerbsverhalten der jeweiligen Aushilfskraft in die Betrachtung einbezogen werden; die hierfür geltenden Grundsätze sind vom BSG im Zusammenhang mit einmaligen gelegentlichen Beschäftigungen entwickelt und dargestellt worden (BSG SozR 2200 § 168 Nr 3 und SozR 3-2400 § 8 Nr 1; ebenso für wiederholte Beschäftigungen bereits BSG SozR Nr 11 zu § 168 RVO). Da die Berufsmäßigkeit einer unständigen Beschäftigung nicht dadurch ausgeschlossen ist, daß der Arbeitnehmer vorher und nachher in festen Arbeitsverhältnissen gestanden hat (BSG SozR 2200 § 441 Nr 2), kann der Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung in diesem Zusammenhang von Bedeutung sein, denn daraus kann in der Regel auf eine vorherige beitragspflichtige Beschäftigung (§§ 104 Abs 1, 134 Abs 1 Nr 4, 168 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz ≪AFG≫) und damit auf die - generelle - Zugehörigkeit zum Kreis der abhängig Erwerbstätigen geschlossen werden. Andererseits waren unständig Beschäftigte nach § 169 Nr 7 (seit 1989: § 169c Nr 4) AFG in der Arbeitslosenversicherung beitragsfrei, so daß sie keine entsprechenden Leistungsansprüche erwerben konnten. Deshalb ist der Leistungsbezug nach dem AFG nicht das einzige Merkmal, mit dessen Hilfe über die Frage der Berufsmäßigkeit zu entscheiden ist. Es ist vielmehr eine Gesamtabwägung aller - hier nicht abschließend aufzuzählenden - Einzelumstände erforderlich, die der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten bleiben muß. Ergibt die Abwägung, daß eine berufsmäßig ausgeübte unständige Beschäftigung vorgelegen hat, so ist gleichzeitig Berufsmäßigkeit iS der Nr 2 des § 8 Abs 1 SGB IV festgestellt.
Eine berufsmäßige gelegentliche Beschäftigung ist nur dann geringfügig, wenn das daraus erzielte Entgelt bestimmte Grenzen übersteigt. Nach den oben aufgezeigten gesetzlichen Regeln über die Beitragsbemessung bei unständigen Beschäftigungen ist bei der Prüfung der absoluten Entgeltgrenze das im jeweiligen Monat insgesamt erzielte Entgelt dem jeweiligen monatlichen Grenzbetrag gegenüberzustellen, denn
eine Umrechnung auf Tage ist mit den übrigen für diese Art der Beschäftigung geltenden Vorschriften nicht vereinbar.
Der Senat hat bereits in anderem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß die Entgeltgrenze für geringfügige Beschäftigungen nicht losgelöst von anderen Entgeltgrenzen beurteilt werden kann (BSG SozR 2100 § 8 Nr 4). Daß nach § 445 Abs 1 RVO (§ 232 Abs 1 SGB V) die Beitragsbemessung und deren Grenze für unständig Beschäftigte dem Monatsprinzip unterworfen wurden, spricht unter diesen Umständen dafür, auch die Entgeltgrenze in § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV bei unständig Beschäftigten monatsweise zu bestimmen. Eine Bestätigung dieser Überlegung sieht der Senat in der Verlängerung der Mitgliedschaft über das Ende des jeweiligen Arbeitseinsatzes hinaus. Nach § 443 Abs 3 RVO endete die Mitgliedschaft außer bei endgültiger Aufgabe der unständigen Beschäftigung spätestens 14 Tage nach dem Ende der letzten unständigen Beschäftigung; nach § 190 Abs 4 SGB V wird die Mitgliedschaft drei Wochen lang aufrechterhalten. Ein Teil der bei unständig Beschäftigten zwangsläufig auftretenden Beschäftigungslücken wurde also nicht nur durch die Erhaltung von Leistungsansprüchen nach § 214 Abs 1 RVO (jetzt § 19 Abs 2 SGB V), sondern durch die volle Mitgliedschaft überbrückt (die Erhaltung von Leistungsansprüchen kam danach noch zusätzlich in Betracht). Die Mitgliedschaft während der beschäftigungslosen Zeiten bedeutet im Zusammenhang mit den Beitragsberechnungsvorschriften, daß der während des Arbeitseinsatzes erzielte Verdienst krankenversicherungsrechtlich auch auf die Zeit danach zu beziehen ist. Die monatsweise Berechnung ergibt sich dann aus Vereinfachungsgründen, weil sonst die durch die Mitgliedschaft abgedeckten beschäftigungslosen Zeiträume ermittelt werden müßten. Entsprechendes galt auch in der Rentenversicherung, wo wegen § 1400 Abs 2 RVO (§ 163 Abs 1 SGB VI) die Beiträge in derselben Weise wie in der Krankenversicherung zu berechnen waren und wo generell eine tageweise bestehende Versicherung nach § 1250 Abs 3 RVO (jetzt § 122 Abs 1 SGB VI) den ganzen Monat abdeckte. Ob aus diesem Grund das Monatsprinzip nicht nur für unständige Beschäftigungen, sondern für alle gelegentlichen Beschäftigungen iS der Nr 2 des § 8 Abs 1 SGB IV gilt, hat der Senat hier noch nicht entschieden, weil offen ist, ob es nach Abschluß der erforderlichen Tatsachenfeststellungen darauf ankommt.
Das LSG wird demnach den Sachverhalt weiter aufzuklären haben, um festzustellen, ob regelmäßige, unständige oder rein gelegentliche Beschäftigungen vorgelegen haben. Diesen Feststellungen werden im Hinblick auf die inzwischen verstrichene Zeit erhebliche Hindernisse entgegenstehen. Für den Fall, daß sich trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten die entscheidungserheblichen Tatsachen nicht mit der erforderlichen Gewißheit feststellen lassen, trifft die Klägerin die Feststellungslast (Beweislast) hinsichtlich der Regelmäßigkeit iS der Nr 1 des § 8 Abs 1 SGB IV und hinsichtlich des Grundtatbestandes der Nr 2 des § 8 Abs 1 SGB IV (Unterschreiten der darin genannten Zeitgrenzen). Demgegenüber trägt die Beklagte die Feststellungslast für die Berufsmäßigkeit, die im Rahmen eines Streits um die Versicherungspflicht nach § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV eine die Geringfügigkeit möglicherweise ausschließende und damit den angefochtenen Beitragsbescheid stützende Tatsache darstellt (zur Frage der Feststellungslast allgemein Brackmann aaO, 244 m II).
Durch die Zurückverweisung erhält das LSG auch Gelegenheit, die Frage zu klären, ob das Verwaltungsverfahren unter Beteiligung der beigeladenen Aushilfskräfte durchgeführt wurde (dazu und zu den Folgen der Nichtbeteiligung vgl BSGE 55, 160 = SozR 1300 § 12 Nr 1; BSGE 64, 145 = SozR 2100 § 5 Nr 3).
Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen