Beteiligte
Klägerin und Revisionsbeklagte |
Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Sperrzeit gem. § 119 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) eingetreten ist.
Die am 13. März 1946 geborene Klägerin, von Beruf Diplom-Psychologin, war in diesem Beruf zuletzt vom 1. Februar 1974 bis 26. April 1978 bei der E… AG in L… (L.) beschäftigt. Nachdem sie schwanger geworden war, kündigte sie ihr Arbeitsverhältnis am 2. November 1977 zum Ende der Mutterschutzfrist am 26. April 1978. Der Vater des Kindes, mit dem sie bereits in K… zusammengelebt hatte, hatte im August 1977 in O… eine Arbeitsstelle gefunden und war nach F… (F.) umgezogen. Die Klägerin, die nicht beabsichtigte, den Vater des Kindes zu heiraten, folgte ihm mit dem am 1. März 1978 geborenen Kind nach F. nach. Sie meldete sich dort am 26. April 1978 zum 27. April 1978 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg), das ihr zunächst mit Bescheid vom 15. Juni 1978 vorläufig vom 25. Mai 1978 an bewilligt wurde.
Mit Bescheid vom 13. Juli 1978 stellte die Beklagte bei der Klägerin den Eintritt einer Sperrzeit von vier Wochen in der Zeit vom 27. April bis 24. Mai 1978 fest, weil sie ihr Arbeitsverhältnis in L. ohne einen wichtigen Grund selbst gekündigt habe (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 AFG). Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 1978 wurde die Sperrzeit gem. § 119 Abs. 2 AFG auf zwei Wochen verkürzt und der Widerspruch der Klägerin im übrigen zurückgewiesen.
Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 21. Mai 1979 die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Das Landessozialgericht (LSG) hat dieses Urteil und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. In den Gründen der Entscheidung ist ausgeführt, eine Sperrzeit sei nicht eingetreten, weil der Klägerin für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses ein wichtiger Grund i.S. von § 119 Abs. 1 AFG zur Seite gestanden habe. Einer näheren Abklärung der Frage, ob und ggf. in welchem Maße die Klägerin ihre Arbeitslosigkeit selbst verschuldet habe, habe es deshalb nicht bedurft. Die im Rahmen des § 119 Abs. 1 AFG gebotene Interessenabwägung habe in bezug auf die von der Klägerin angestrebte gemeinsame Betreuung ihres am 1. März 1978 geborenen Sohnes zu ihren Gunsten ausfallen müssen. Wie sich aus den von der Klägerin zitierten sozialpsychologischen Forschungsergebnissen ergebe, unterliege es keinem Zweifel, daß für die Entwicklung eines Kleinkindes die Beziehung zu Vater und Mutter von prägender Bedeutung sei. Hinzu komme, daß die Betreuung eines Kleinkindes im Regelfalle durch beide Eltern besser erfolgen könne, als dies durch eine alleinstehende Mutter möglich wäre. Dabei werde nicht verkannt, daß die von der Klägerin befürchteten nachteiligen Auswirkungen nicht schon bei einer kurzzeitigen Alleinerziehung durch einen Elternteil, sondern erst nach einer geraumen Zeit eintreten könnten. Unter diesem Gesichtspunkt wäre der Klägerin u.U. zuzumuten gewesen, sich um eine Verlängerung des alten Arbeitsverhältnisses zu bemühen, bis sie einen Anschlußarbeitsplatz im Raum F. gefunden hätte. Aus dem Verlauf der Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes F. nach der Arbeitslosmeldung der Klägerin ergebe sich jedoch, daß eine zeitnahe Vermittlung in ein neues Beschäftigungsverhältnis nicht möglich gewesen sei. Die Beklagte selbst habe die Arbeitsmarktsituation für Diplom-Psychologen als schlecht bezeichnet. Unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin an einer gedeihlichen Entwicklung des Kindes müsse auch bei voller Würdigung der Belange der Versichertengemeinschaft davon ausgegangen werden, daß ein wichtiger Grund i.S. des Gesetzes für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegeben gewesen sei. Dies gelte umsomehr, als auch dem Erziehungsrecht der Eltern Verfassungsrang nach
Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz (GG) zukomme, was auch bei der nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 AFG gebotenen Interessenabwägung zu beachten sei. Dabei umfasse der Begriff Eltern insbesondere die natürliche Beziehung eines Kindes zu seinem Vater und seiner Mutter, ohne daß es auf die Ehelichkeit oder Nichtehelichkeit seiner Geburt ankomme. Bei dieser Abwägung könne auch nicht entscheidend sein, daß die Betreuung des Kindes ohnehin durch die Berufstätigkeit beider Elternteile erschwert werde; denn insoweit könnten die Eltern jedenfalls nach Feierabend, vor Arbeitsbeginn und an Wochenenden sich mit dem Kind befassen.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 119 AFG sowie der §§ 103 und 128 Sozialgerichtsgesetz (SGG); sie bringt hierzu vor:
Durch die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses habe die Klägerin ihre Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt; denn sie habe weder konkrete Aussichten gehabt, in F. einen Anschlußarbeitsplatz zu finden noch habe sie hierzu irgendwelche Anstrengungen unternommen. Auch fehle es an einem wichtigen Grund für die Lösung des Arbeitsverhältnisses in L. Ebenso wie die "nichteheliche Lebensgemeinschaft" stehe auch die "nichteheliche Erziehungsgemeinschaft" nicht unter dem Schutz des Grundgesetzes; Art. 6 Abs. 5 GG finde insoweit seine Grenzen. Dem stehe nicht entgegen, daß ein nichteheliches Kind sowohl mit seiner Mutter als auch mit seinem Vater eine Familie bilde. Entgegen der Auffassung des LSG falle deshalb die nach § 119 Abs. 1 AFG gebotene Interessenabwägung zugunsten der Versichertengemeinschaft aus. Das Zusammenleben nichtverheirateter Partner entspreche höchstpersönlichen Vorstellungen und Wünschen und könne daher keinen wichtigen Grund darstellen, der es rechtfertige, finanzielle Folgen aus einer selbst verursachten Arbeitslosigkeit der Versichertengemeinschaft aufzubürden. Hinzu komme, daß eine gemeinsame Erziehung im vorliegenden Falle im Hinblick auf die Berufstätigkeit beider Eltern ohnehin nur zu ganz bestimmten Zeiten möglich gewesen wäre und auch die für die Klägerin unvermeidbare ganztägige Betreuung des Kleinkindes durch dritte Personen den modernen erziehungswissenschaftlichen Erkenntnissen in keiner Weise entspreche. Es sei auch auf die Gefahr von Manipulationen hinzuweisen, wenn in Fällen, in denen ein Kind vorhanden sei, der Zuzug zu einem Partner ohne die Absicht der Eheschließung als wichtiger Grund zur Lösung eines Arbeitsverhältnisses anerkannt werde; in diesen Fällen könne immer der Wunsch nach gemeinsamer Erziehung des Kindes als Grund für eine Kündigung vorgeschoben werden.
Dadurch, daß das LSG seiner Entscheidung offensichtlich einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts zugrundegelegt habe, daß die Beziehung zu Vater und Mutter für die Entwicklung eines Kindes von prägender Bedeutung sei, habe es die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten und gegen § 128 SGG verstoßen. Das Gericht habe sich zur Begründung für das Bestehen eines solchen Erfahrungssatzes ausschließlich auf die von der Klägerin zitierten neueren sozialpsychologischen Forschungsergebnisse gestützt, ohne zu prüfen, ob diese als gesichert gelten könnten. Dies sei nach ihrer Auffassung nicht der Fall; es bestehe auch kein entsprechender Erfahrungssatz. Sollten die Äußerungen des LSG über die von der Klägerin befürchteten nachteiligen Auswirkungen auf das Wohl des Kindes als Feststellungen zu qualifizieren sein, so hätte das LSG gegen §§ 103, 128 SGG verstoßen, weil es insoweit keinerlei tatsächliche Feststellungen getroffen habe. Allerdings komme es nach ihrer, der Beklagten, Auffassung auf die Frage, ob im vorliegenden Falle eine Erziehung des Kindes durch beide Elternteile tatsächlich seinem Wohle dienen würde und damit auch auf den vom LSG verwendeten Erfahrungssatz bei der Entscheidung nicht an. Sollte sich der erkennende Senat dieser Auffassung jedoch nicht anschließen, müßte das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen werden.
Die Beklagte beantragt,das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 21. Mai 1979 zurückzuweisen, hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält die vorgebrachten Verfahrensrügen nicht für begründet. Von seinem Sach- und Rechtsstandpunkt aus habe das LSG keine Veranlassung zu konkreter Feststellung gehabt, warum gerade im vorliegenden Falle nachteilige Auswirkungen bei ihrem Kind entstanden wären. Es genüge, wenn das LSG unter Beachtung wissenschaftlicher Erkenntnisse kraft eigener Überzeugung davon ausgehe, daß nachteilige Auswirkungen in der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes zu befürchten seien. Da gegen die Richtigkeit und Zuverlässigkeit der zugrundegelegten sozialpsychologischen Forschungsergebnisse nichts vorgebracht worden sei, habe für das LSG auch kein Grund zur Nachprüfung bestanden, ob diese als gesichert zu gelten hätten.
Im übrigen habe das LSG bei der nach § 119 AFG gebotenen Interessenabwägung nicht nur auf das Wohl des Kindes, sondern zusätzlich auf das verfassungsrechtlich garantierte Recht der Eltern auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder nach Art. 6 Abs. 2 GG abgestellt. Die gegenteilige Auffassung der Beklagten beachte nicht genügend, daß das Elternrecht i.S. dieser Bestimmung, das die natürliche Beziehung eines Kindes zu seinem Vater und seiner Mutter unabhängig von der Ehelichkeit oder Nichtehelichkeit seiner Geburt schütze, dem Wohle des Kindes diene. Die Auslegung der Beklagten liefe auf eine verfassungswidrige Diskriminierung von nichtehelichen Kindern hinaus, denen der Anspruch auf Pflege und Erziehung durch beide Eltern vorenthalten würde. Dies verstoße gegen Art. 6 Abs. 5 GG. Im übrigen habe das LSG eine kurzzeitige Alleinerziehung durch einen Elternteil durchaus in Betracht gezogen und nur im Hinblick auf die besondere Situation der Klägerin, die nach den Feststellungen des LSG im Raum F. einen Arbeitsplatz im bisherigen Beruf nicht habe finden können, ihren Interessen an einer gedeihlichen Entwicklung ihres Kindes zu Recht den Ausschlag bei der Abwägung mit den berechtigten Belangen der Versichertengemeinschaft gegeben.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Beklagten ist i.S. der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.
Nach den bisherigen Feststellungen des LSG ist eine abschließende Entscheidung des Senats in der Sache noch nicht möglich. Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 AFG tritt eine Sperrzeit von vier Wochen, die nach Abs. 2 unter bestimmten Voraussetzungen auf zwei Wochen verkürzt werden kann, ein, wenn der Arbeitslose das Arbeitsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.
Die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit nach dieser Vorschrift sind insoweit erfüllt, als die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis in L. - durch ordentliche Kündigung - selbst gelöst hat. Ob sie dadurch ihre Arbeitslosigkeit mindestens grob fahrlässig herbeigeführt hat, hat das LSG im Ergebnis dahingestellt sein lassen, weil die Klägerin einen wichtigen Grund für ihr Verhalten gehabt habe. Auch wenn die Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt worden ist, tritt keine Sperrzeit ein, wenn ein wichtiger Grund gegeben ist.
Ob die Lösung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin aus wichtigem Grunde erfolgt ist, läßt sich den bisherigen Feststellungen des LSG nicht eindeutig entnehmen.
Was als wichtiger Grund i.S. der Sperrzeitvorschrift des § 119 AFG anzusehen ist, ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll eine Sperrzeit allgemein nur dann eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (vgl. Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit zu BT-Drucks. V/4110 S. 20/21, Vorbem. zu § 108a). Ein wichtiger Grund ist nach der Rechtsprechung des Senats zu § 119 Abs. 1 Nr. 1 AFG dann gegeben, wenn Umstände vorliegen, die nach verständigem Ermessen dem Arbeitslosen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar erscheinen lassen, weil sonst das Interesse des Kündigenden in unbilliger Weise geschädigt würde (BSGE 21, 205, 206 = SozR § 80 AVAVG Nr. 3; BSG SozR 4100 § 119 Nr. 2). Der wichtige Grund in diesem Sinne muß auch den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses - sowohl infolge ordentlicher als auch infolge fristloser Kündigung -decken, d.h., der Arbeitslose muß einen wichtigen Grund dafür haben, daß er das Arbeitsverhältnis zu dem bestimmten, von ihm gewählten Zeitpunkt auflöst (vgl. BSG SozR 4100 § 119 Nr. 2).
Im vorliegenden Falle hat die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis gekündigt, um mit ihrem Kind zu dessen Vater zu ziehen, mit dem sie eine sog. "nichteheliche Erziehungsgemeinschaft" begründen will. Bisher hat der Senat entschieden, daß die Eheschließung und der Zuzug zum Ehepartner als wichtiger Grund im genannten Sinne anzusehen sind, weil der Schutz von Ehe und Familie Verfassungsrang hat (Art. 6 Abs. 1 GG) und die Eheleute zur Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet sind (§ 1353 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB; vgl. BSG SozR 4100 § 119 Nr. 2). Demgegenüber der Zuzug zu einem Partner, mit dem eine sog. "nichteheliche Lebensgemeinschaft" begründet oder wiederhergestellt werden soll, nicht als wichtiger Grund i.S. von § 119 AFG angesehen werden; denn die gemeinschaftliche Lebensführung in freier Partnerschaft, die im GG weder unmittelbar noch mittelbar angesprochen ist, steht nicht unter dem verfassungsrechtlichen Schutz des Art. 6 GG. Auch eine rechtliche Gleichbehandlung mit der ehelichen Lebensgemeinschaft ist nicht gerechtfertigt, da die in einer solchen Gemeinschaft lebenden Personen die Ehe als Lebensform ablehnen und sich für die Gegenform entscheiden (vgl. Maunz in Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Komm, Stand: September 1980, Art. 6 RdNr. 15a m.w.N.). Diese von der Rechtsordnung ignorierte Gemeinschaft (vgl. zur allgemeinen Problematik Schlüter, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft, Berlin/New York 1981, S. 14 ff. ) entspricht persönlichen Bedürfnissen oder Wünschen, die gegenüber den Interessen der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung an einer Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses zurückstehen müssen (vgl. BSG SozR 4100 § 119 Nr. 2). Die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist auch keine Familie i.S. des Art. 6 Abs. 1 GG, selbst wenn in dieser Gemeinschaft gemeinsame Kinder vorhanden sind (vgl. Maunz, a.a.O., Art. 6 RdNr. 16a). Ob im Hinblick darauf, daß das nichteheliche Kind nicht nur mit seiner Mutter, sondern auch - seit der Reform des Nichtehelichenrechts im Jahre 1970 - mit seinem Vater eine Familie bilden kam, beim Zusammenleben dieser Personen vom Vorhandensein zweier Familien auszugehen wäre, kam hier offenbleiben (ablehnend Maunz, a.a.O., Art. 6 RdNr. 16a). Jedenfalls kann dann, wem der Vater mit Kind und Mutter tatsächlich zusammenlebt und damit die Voraussetzungen für die Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung durch beide Eltern gegeben sind, der bestehenden Gemeinschaft im Interesse des Kindeswohles der Schutz des Art. 6 Abs. 2 GG nicht abgesprochen werden (vgl. Bundesverfassungsgericht -BVerfG Urteil vom 24. März 1981, NJW 1981, 1201 f.).
Die Klägerin kann sich allerdings - entgegen der Auffassung des LSG - zur Begründung der Auflösung ihres Beschäftigungsverhältnisses zwecks Zuzugs zu dem Vater ihres Kindes nicht auf das verfassungsrechtlich gewährleistete Elternrecht des Art. 6 Abs. 2 GG bzw. eine in dieser Bestimmung enthaltene Wertentscheidung für eine "gemeinsame" Ausübung des Elternrechts durch Vater und Mutter berufen. In ihrem Falle hat vor dem Zuzug nach F. eine Erziehungsgemeinschaft mit dem Vater ihres Kindes noch nicht bestanden; diese sollte erst durch den Zuzug begründet bzw. hergestellt werden, weil der Vater ihres Kindes wegen der räumlichen Entfernung seines Wohn- und Beschäftigungsortes zu einem Zusammenleben mit seinem Kind und der Klägerin nicht imstande war. Unerheblich ist in soweit, daß die Klägerin nach den Feststellungen des LSG mit dem Vater ihres Kindes bis zu dessen Umzug nach F. im August 1977 in K zusammengelebt hatte. Jedenfalls ist ihr Kind nicht in eine mit diesem bestehende Lebensgemeinschaft hineingeboren worden, die durch den - späteren - Umzug des Vaters "gestört" worden wäre. Vielmehr ist die Klägerin nach den Feststellungen des LSG, die nicht wirksam angegriffen worden und daher für das Revisionsgericht bindend sind (§ 163 SGG), nach der Geburt des Kindes - während der Mutterschutzfrist - zu dessen Vater nach F. gezogen, um mit diesem eine Erziehungsgemeinschaft herzustellen. Dieser Umstand kann jedenfalls in bezug auf den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 2 GG für sich allein nicht als wichtiger Grund i.S. von § 119 Abs. 1 Nr. 1 AFG zur Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin angesehen werden.
Durch Art. 6 Abs. 2 GG wird weder für die Mutter noch für den Vater ein Recht oder eine Pflicht begründet, eine Erziehungsgemeinschaft herzustellen; das verfassungsrechtlich gewährleistete Elternrecht setzt vielmehr insoweit eine bestehende Erziehungsgemeinschaft voraus, d.h., die Eltern - Vater und Mutter - müssen nicht nur bereit, sondern auch faktisch in der Lage sein, ihr Erziehungsrecht zum Wohl des Kindes wahrzunehmen. Nur unter dieser Voraussetzung kann davon ausgegangen werden, daß der mit dem Elternrecht verbundenen Pflicht zur - gemeinsamen - Ausübung von Pflege und Erziehung des Kindes (Elternverantwortung) entsprochen wird (vgl. BVerfGE 24, 119, 143). Anders als bei der ehelichen Lebens- und Erziehungsgemeinschaft beruht bei der nichtehelichen Gemeinschaft das Zusammenleben der Eltern mit dem Kind nicht auf einer rechtlichen Verpflichtung, sondern ist dem Bereich der faktischen personalen Lebensgestaltung zuzuordnen, wobei das Bestehen dieser Gemeinschaft sowohl hinsichtlich seines Beginns als auch seines Endes in das Belieben der Partner gestellt ist. Nach § 1705 BGB ist das nichteheliche Kind ausschließlich der Mutter zugeordnet, die damit allein die mit der elterlichen Sorge verbundenen Aufgaben zu erfüllen hat. Art. 6 Abs. 2 GG bezieht daher den nichtehelichen Vater in den verfassungsrechtlich geschützten Bereich gemeinsamer Elternverantwortung grundsätzlich erst ein, wenn der Vater mit Mutter und Kind tatsächlich zusammenlebt, d.h. durch die faktische Herstellung der Erziehungsgemeinschaft der gemeinsame Erziehungswille offenkundig gemacht ist. Dieses faktischen Elements bedarf es bei der ehelichen Lebensgemeinschaft deshalb nicht, weil hier die vor dem Standesbeamten geschlossene Ehe die Offenkundigkeit der Eheschließung und damit die Klarheit der Rechtsverhältnisse - auch hinsichtlich der Pflicht zur gemeinsamen Wahrnehmung der Pflege und Erziehung der Kinder - gewährleistet. Aus diesem Grunde kann der Entschluß bzw. der gemeinsame Wille der Eltern, die nichteheliche Erziehungsgemeinschaff hier durch Zuzug der Klägerin mit ihrem Kind zu dessen Vater herzustellen, für sich allein nicht als wichtiger Grund zur Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses angesehen werden, mag auch der Wille zur Herstellung gelebter Elternschaft im wohlverstandenen Interesse des Kindes liegen und daher im weiteren Sinne schutzwürdig sein. Dadurch, daß die Eltern es aber ablehnen, ihren Entschluß zur Begründung einer Lebens- und Erziehungsgemeinschaft in der gesetzlich vorgesehenen Form kundzutun, haben sie sich nämlich gleichzeitig vorbehalten wollen, über den Beginn ihres Zusammenlebens nach ihren persönlichen Wünschen und Interessen zu bestimmen; in diese Beliebigkeit der Entscheidung der Eltern ist auch ihr Kind einbezogen, dessen Wohl insoweit den Interessen seiner Eltern untergeordnet ist. Deshalb ist hier ein Zurücktreten der Interessen der Versichertengemeinschaft nicht in gleicher Weise geboten wie bei einem Zuzug zur Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft oder zur Wiederherstellung einer bereits existenten nichtehelichen Erziehungsgemeinschaft; anders als in diesen Fällen lassen sich die mit der selbst herbeigeführten Arbeitslosigkeit eines Elternteils verbundenen Belastungen der Versichertengemeinschaft nur dann rechtfertigen, wenn weitere Umstände hinzutreten, die die Herstellung der Erziehungsgemeinschaft im Interesse des Kindeswohles zu dem beabsichtigten Zeitpunkt erfordern. Davon geht im Ergebnis auch das LSG aus, denn es hat - zu Recht - darauf hingewiesen, daß der Klägerin u.U. zuzumuten gewesen wäre, ihr altes Arbeitsverhältnis fortzusetzen und den Zuzug zum Vater ihres Kindes hinauszuschieben, bis sie einen Anschlußarbeitsplatz im Raum F. gefunden hätte.
Wenn das LSG dies mit der Begründung verneint hat, nach den Gegebenheiten des Falles habe keine Aussicht auf eine "zeitnahe" Vermittlung der Klägerin in ein neues Beschäftigungsverhältnis im Raum F. bestanden, so reicht dieser Umstand allein als wichtiger Grund, der die Klägerin zur Auflösung ihres bisherigen Beschäftigungsverhältnisses mit Ablauf der Mutterschutzfrist berechtigt hätte, nicht aus. Die mangelnde Aussicht, nach Auflösung des bisherigen Arbeitsverhältnisses einen Anschlußarbeitsplatz zu finden, rechtfertigt gerade den Eintritt einer Sperrzeit, kann daher nicht zugleich ein wichtiger Grund sein, der die Sperrzeitwirkung ausschließt. Es müssen vielmehr andere Gründe hinzutreten, um die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu dem gewählten Zeitpunkt zu rechtfertigen. Insoweit sind alle Gründe beachtlich, die dem Wohle des Kindes Rechnung tragen, insbesondere eine Verbesserung seiner Unterbringung, seiner Verpflegung und Betreuung gewährleisten. Der Senat verkennt nicht, daß die Geburt eines Kindes für die berufstätige Mutter einen Tatbestand schafft, der wegen der tiefgreifenden Bedeutung für ihre existentielle Situation unter dem besonderen Schutz der Rechtsordnung steht. Insbesondere die alleinstehende Mutter, die im Regelfalle auf eine Weiterarbeit angewiesen ist, muß im Hinblick auf die Geburt Dispositionen treffen, die die Betreuung und Versorgung des Kindes sicherstellen, um ihr die Weiterarbeit zu ermöglichen oder zu erleichtern. Kann durch den Zuzug zu dem Vater des Kindes diese Situation verbessert werden, etwa dadurch, daß der Vater bereit und fähig ist, wenigstens einen Teil der Pflege und Betreuung des Kindes in der üblichen Arbeitszeit der Mutter zu übernehmen oder bestehen am Wohnort des Vaters günstigere Unterbringungsmöglichkeiten bei Dritten, evtl. auch Verwandten, so ist dies als wichtiger Grund i.S. von § 119 Abs. 1 Nr. 1 AFG anzusehen. Auch sonstige Gründe, die die Anwesenheit des Vaters für die seelische Entwicklung des Kindes oder seiner Erziehung notwendig erscheinen lassen, können als wichtige Gründe i.S. der Sperrzeitregelung in Betracht kommen. Feststellungen darüber, ob derartige Gründe einen alsbaldigen Zuzug der Klägerin zu dem Vater ihres Kindes nahegelegt haben, hat das LSG nicht getroffen. Auch zu der Frage, ob in der Entwicklung des Kindes nachteilige Auswirkungen zu erwarten gewesen wären, wenn die Klägerin den Zuzug zu dessen Vater bis zur Vermittlung einer neuen Beschäftigung am Zuzugsort hinausgeschoben hätte, hat das LSG keine Feststellungen getroffen. Der Senat kann hier offenlassen, welche Bedeutung die Präsenz des Vaters an sich für die Entwicklung des (Klein-) Kindes hat und ob hierüber - wovon das LSG ausgegangen ist - gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen (zweifelnd BVerfG NJW 1981, 1201, 1202 mit Literaturhinweisen). Das LSG ist insoweit davon ausgegangen, daß schädliche Auswirkungen in der Entwicklung des Kindes durch den Entzug der Präsenz des Vaters bzw. den Entzug einer gemeinschaftlich ausgeübten Erziehung durch beide Eltern nicht bereits bei einer kurzzeitigen Alleinerziehung durch die Mutter, sondern erst nach einer "geraumen Zeit" eintreten können. Im Hinblick auf die Feststellungen des LSO, daß eine "zeitnahe" Vermittlung der Klägerin in ein neues Beschäftigungsverhältnis nicht möglich wart könnten wegen der Dauer der zu erwartenden Alleinerziehung durch die Mutter besondere Umstände vorliegen, die für sie eine Fortsetzung ihres bisherigen Beschäftigungsverhältnisses als unzumutbar erscheinen ließen. Dies setzt allerdings den Nachweis voraus, daß die Klägerin bei Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses berechtigterweise davon ausgehen konnte, daß sie innerhalb längerer Zeit nicht zu vermitteln sein würde und deshalb Befürchtungen hinsichtlich negativer Auswirkungen für die Entwicklung ihres Kindes begründet gewesen wären. Das LSG wird auch insoweit die erforderlichen Feststellungen noch zu treffen haben, falls nicht sonstige Umstände im o.g. Sinne vorgelegen haben, die im Interesse des Kindes einen alsbaldigen Umzug nahegelegt haben.
Sollte sich hiernach kein wichtiger Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zum 26. April 1978 ergeben, wird das LSG weitere Feststellungen zu der Frage zu treffen haben, ob die Klägerin durch die Lösung ihres Arbeitsverhältnisses die Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Der Arbeitnehmer führt mit einer freiwilligen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses die Arbeitslosigkeit in der Regel mindestens grob fahrlässig herbei, wenn er nicht konkrete Aussichten auf einen Anschlußarbeitsplatz hat (vgl. BSG SozR 4100 § 119 Nr. 2). Allerdings ist für den Ausschluß der groben Fahrlässigkeit nicht unbedingt die feste Zusicherung eines Anschlußarbeitsplatzes zu verlangen; es genügt vielmehr, daß der Kündigende konkrete Anhaltspunkte für die Annahme hat, er werde nach der Beendigung des alten Arbeitsverhältnisses rechtzeitig einen neuen Arbeitsplatz erhalten können. Ob dies bei der Klägerin der Fall war, läßt sich den Feststellungen des LSG nicht eindeutig entnehmen. Zwar waren danach der Klägerin keine konkreten Aussichten auf einen Anschlußarbeitsplatz im Raum F. bekannt. Ob die Klägerin jedoch aus besonderen Gründen - etwa aufgrund der ihr bereits vor der Entbindung telefonisch erteilten Auskunft eines Sachbearbeiters des Arbeitsamtes F. - konkrete Anhaltspunkte für die Annahme hatte, daß sie dort rechtzeitig einen für sie in Betracht kommenden Anschlußarbeitsplatz finden würde, wird das LSG noch festzustellen haben.
Daß angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Dieses wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen
BSGE, 276 |
Breith. 1982, 720 |