Beteiligte
Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen |
Kassenärztliche Bundesvereinigung |
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 1. November 2000 wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die außergerichtlichen Kosten der Beklagten auch für das Revisionsverfahren als Gesamtschuldner zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Honorarberichtigung.
Die Kläger sind als Anästhesisten zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und in Gemeinschaftspraxis tätig. Bei ihrer Honorarforderung für das Quartal I/1996 strich die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) im Primärkassenbereich 200 mal und im Ersatzkassenbereich 120 mal den Ansatz der Nr 443 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) in den Fällen, in denen diese Leistung neben der Nr 462 EBM-Ä abgerechnet worden war. Diese Leistungen seien aufgrund eines Abrechungsausschlusses in der Präambel zu Kapitel D des EBM-Ä nicht nebeneinander berechnungsfähig.
Mit ihrem Widerspruch machten die Kläger geltend, sie rechneten die Leistung nach Nr 443 EBM-Ä zur postoperativen Schmerztherapie nach Abschluß der eigentlichen Operation des Schultergelenks ab. Die Beklagte wies den Widerspruch mit der Begründung zurück, auch die Anästhesie zur Schmerztherapie nach Abschluß der Narkose für die Operation falle unter die Ausschlußregelung der Präambel zu Kapitel D EBM-Ä, weil beide Anästhesien im Rahmen derselben Arzt-Patienten-Begegnung erfolgten.
Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte zur Honorierung der Leistungen nach Nr 443 EBM-Ä verpflichtet. Der Ausschluß der Abrechenbarkeit in der Präambel zu Kapitel D EBM-Ä greife nicht ein, weil die Anästhesien nach Nr 443 und Nr 462 EBM-Ä nicht nebeneinander erbracht würden. Bei der eigentlichen Operation und der anschließenden Mobilisation des Schultergelenks unter Schmerzausschaltung handele es sich um zwei selbständige ärztliche Behandlungen, die auch hinsichtlich der Narkose für die Operation und der späteren Schmerztherapie selbständig berechnungsfähig seien (Urteil vom 6. Oktober 1999).
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, nach dem Wortlaut des Abrechnungsausschlusses in der Präambel zu Kapitel D EBM-Ä dürften die Leistungen nach der Nr 443 und der Nr 462 EBM-Ä allenfalls dann nebeneinander abgerechnet werden, wenn sich die Behandlung postoperativer Schmerzen insbesondere in der Phase der Gelenkmobilisierung als besondere Inanspruchnahme des Arztes durch den Patienten erweise. Diese Voraussetzung sei in den hier umstrittenen Fällen nicht gegeben. Die Sachlage stelle sich auf der Grundlage des Vorbringens der Kläger so dar, daß die durch den Chirurgen unter Schmerzausschaltung durchgeführte Mobilisierung der an der Schulter operierten Patienten nach dem Aufwachen aus der Narkose von vornherein vorgesehen sei. Ein in den Gebührenordnungen enthaltener Abrechnungsausschluß verschiedener Positionen beziehe sich immer auf Leistungen innerhalb derselben Konsultation, derselben Sitzung oder desselben Arzt-Patienten-Kontaktes. Die anästhesistische Versorgung der Patienten durch die Kläger stelle sich als einheitlicher Vorgang im Zuge der Behandlung des Schultergelenks dar, der einer getrennten Bewertung nicht zugänglich sei (Urteil vom 1. November 2000).
Mit ihrer Revision rügen die Kläger eine fehlerhafte Auslegung der Präambel zu Kapitel D EBM-Ä und der Leistungslegenden der Nr 443 und Nr 462 EBM-Ä. Zudem habe das LSG die tatsächlichen Behandlungsabläufe unzutreffend gewertet. Bei den Narkoseleistungen nach Nrn 462/463 EBM-Ä einerseits und der schmerztherapeutischen Anästhesie nach Nr 443 EBM-Ä andererseits handele es sich um voneinander unabhängige Leistungen, die nicht nebeneinander, sondern nacheinander erbracht würden. Da insoweit kein einheitlicher Lebenssachverhalt im Sinne einer einheitlichen ärztlichen Behandlung gegeben sei, seien die Leistungen auch nebeneinander berechnungsfähig. Die Leistung nach Nr 443 EBM-Ä werde von ihnen – den Klägern – regelmäßig erst im Anschluß an das Abklingen der Anästhesie zur Operation erbracht, wenn der Patient aus der Operationsnarkose wieder aufgewacht sei bzw die Wirkungen einer Lokalanästhesie nachließen. Aus medizinisch-fachlichen Gründen sei es erforderlich, das operierte Schultergelenk des Patienten bereits in dieser frühen Phase zu mobilisieren. Wegen der extremen Schmerzen nach der Operation sei eine solche Mobilisierung aber nur unter einer hochwirksamen Anästhesie möglich. Für die Begleitanästhesie zur postoperativen Mobilisation des Patienten legten sie – die Kläger – einen neuen Zugang zur Injizierung der Anästhesien über den Hals, während die Anästhesie zur eigentlichen Operation über die Hand erfolge. Schon die unterschiedlichen Zugänge stünden der Annahme eines einheitlichen Behandlungsgeschehens entgegen. Da die Schmerztherapie erst nach dem chirurgischen Konsil ca 30 bis 40 Minuten nach Abschluß der Narkosewirkungen eingeleitet werde, handele es sich um zwei getrennte Behandlungsschritte. Deshalb sei der mehrfache Ansatz von Anästhesieleistungen zulässig.
Die Auslegung des Abrechnungsausschlusses in der Präambel zu Kapitel D EBM-Ä durch das LSG benachteilige die Gruppe der Anästhesisten willkürlich. Der Chirurg könne neben der Operation die Gelenkmobilisation als zusätzliche Leistung nach Nr 2460 EBM-Ä berechnen, während der Anästhesist nach Auffassung des Berufungsgerichts durch die Erbringung der Narkoseleistungen im Zusammenhang mit der eigentlichen Gelenkoperation von der Berechnungsfähigkeit der schmerztherapeutisch indizierten Anästhesie in der anschließenden Mobilisationsphase ausgeschlossen sei.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
- das Urteil des LSG Niedersachsen vom 1. November 2000 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Hannover vom 6. Oktober 1999 zurückzuweisen,
- hilfsweise, das Urteil des LSG Niedersachsen vom 1. November 2000 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Nach ihrer Auffassung steht der von den Klägern praktizierten Abrechnung der Abrechnungsausschluß in der Präambel zu Kapitel D EBM-Ä entgegen. Im übrigen finde bei dem von ihnen geschilderten Behandlungsablauf keine Schmerztherapie statt. Die Anästhesie zur Gelenkmobilisation solle keine bereits vorhandenen Schmerzzustände therapieren, sondern erwartete Schmerzzustände im voraus unterdrücken, so daß es sich hierbei ebenfalls um eine Leistung nach Nr 462 EBM-Ä – und nicht um eine nach Nr 443 EBM-Ä – handele.
Die beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) hält das Urteil des Berufungsgerichts für zutreffend, weil es dem Wortlaut und der Intention des Abrechnungsausschlusses im 5. Absatz der Präambel zu Kapitel D entspreche.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Kläger ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG das sozialgerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Berichtigungsbescheide der Beklagten sind rechtmäßig.
Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung, die die Beklagte bei der Honorarforderung der Kläger für das Quartal I/1996 vorgenommen hat, ist im Primärkassenbereich § 45 Abs 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und im Ersatzkassenbereich § 34 Abs 4 Sätze 1 und 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä). In diesen Vorschriften ist im wesentlichen übereinstimmend geregelt, daß die KÄV die von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig prüft und nötigenfalls richtigstellt. Die auf dieser Grundlage vorgenommene sachlich-rechnerische Richtigstellung der Gebühren-Nr 443, dh ihre Streichung, ist nicht zu beanstanden.
Die Kläger erbringen begleitend zu einer Schulteroperation zunächst eine Anästhesie nach Nr 462 EBM-Ä. Bei der von dem Chirurgen nach der Operation, aber im Anschluß daran und im Zusammenhang mit ihr vorgenommenen Gelenkmobilisierung erbringen die Kläger eine weitere anästhesistische Leistung, die sie nach Nr 443 EBM-Ä abrechnen.
Die mit 1800 Punkten bewertete Leistung Nr 443 (Plexusanalgesie …, Spinal- oder Periduralanalgesie …, einzeitig oder mittels Katheter, … je Sitzung) ist in Abschnitt D I (Anästhesien zur Schmerztherapie) des EBM-Ä aufgeführt; die mit 950 Punkten bewertete Leistung Nr 462 (Plexusanästhesie …, oder Spinal- oder Periduralanästhesie …) ist in Abschnitt D II (Anästhesien/Narkosen bei operativen Eingriffen) verzeichnet. Nach Abs 5 der Präambel zu Kapitel D des EBM-Ä sind die Leistungen des Abschnitts D I – mit Ausnahme der Leistung nach Nr 447 – nicht neben den Leistungen des Abschnitts D II berechnungsfähig. Abs 6 aaO bestimmt weiter, daß die Leistungen des Abschnitts D I nicht als Anästhesieleistungen bei diagnostischen/therapeutischen Eingriffen berechnungsfähig sind.
Für die Auslegung der vertragsärztlichen Gebührenordnung des EBM-Ä und des auf ihm beruhenden Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (BMÄ) bzw der Ersatzkassen-Gebührenordnung (E-GO) ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in erster Linie der Wortlaut der Leistungslegenden maßgeblich (vgl zuletzt Urteile des Senats vom 16. Mai 2001 – BSGE 88, 126, 127 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 und B 6 KA 87/00 R –, zur Veröffentlichung in SozR 3-5533 Nr 2449 Nr 2 vorgesehen; BSG SozR 3-5533 Nr 75 Nr 1 S 2; SozR aaO Nr 100 Nr 1 S 4; SozR aaO Nr 2449 Nr 1 S 3; BSGE 69, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 2 S 5), da das vertragliche Regelwerk dem Austausch der unterschiedlichen Interessen zwischen Ärzten und Krankenkassen dient (vgl BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 5 S 22 ff) und es in erster Linie Aufgabe des Bewertungsausschusses selbst ist, Unklarheiten zu beseitigen. Ergänzend kann eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelung zur Klarstellung des Wortlauts der Leistungslegende erfolgen (vgl BSG SozR 3-5533 Nr 115 Nr 1 S 3; SozR aaO Nr 1460 Nr 1 S 2; vgl auch SozR aaO Nr 2145 Nr 1 S 3). Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung unklarer oder mehrdeutiger Regelungen kommt nur in Betracht, wenn Dokumente vorliegen, in denen die Urheber dieser Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert haben (BSG SozR 3-5535 Nr 119 Nr 1 S 6). Leistungsbeschreibungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewandt werden (vgl BSG SozR 3-5533 Nr 1460 Nr 1 S 2; SozR 3-5535 Nr 119 Nr 1 S 5; SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 4).
In Anwendung der aufgezeigten Grundsätze sind die Kläger nicht berechtigt, in den beanstandeten Fällen neben der Nr 462 EBM-Ä für die Narkoseleistung die Nr 443 EBM-Ä abzurechnen. Dabei kann im Ergebnis offenbleiben, ob die zur Schmerzausschaltung bei der Gelenkmobilisation durchgeführte Anästhesie überhaupt eine „Anästhesie zur Schmerztherapie” im Sinne des Abschnitts D I EBM-Ä darstellt. Wenn es sich – wie die Beklagte im Revisionsverfahren ausgeführt hat – um eine zweite Anästhesie bei einem operativen Eingriff im Sinne der Nr 462 EBM-Ä handelt, wäre der Ansatz der Nr 443 EBM-Ä schon deshalb zu berichtigen, weil die Leistung nicht dem Inhalt der Nr 443 EBM-Ä entspräche. Für den Fall, daß – wie die Kläger geltend machen – die Anästhesie zur Schmerzausschaltung bei der postoperativen Gelenkmobilisation mit schmerztherapeutischer Intention durchgeführt wird und den Leistungsinhalt der Nr 443 EBM-Ä erfüllt, ergibt sich der Ausschluß der Berechnungsfähigkeit der Leistung nach Nr 443 EBM-Ä neben der durch eine Operation indizierten Anästhesieleistung nach Nr 462 EBM-Ä aus Abs 5 der Präambel zu Kapitel D EBM-Ä. Dort ist bestimmt, daß die Leistungen des Abschnitts D I und des Abschnitts D II nicht nebeneinander berechnungsfähig sind.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Ausschlußregelung greifen – was die Kläger im Ausgangspunkt nicht in Frage stellen – ein, weil die schmerztherapeutische Anästhesie nach Nr 443 EBM-Ä im Abschnitt D I und die operativ indizierte Anästhesie nach Nr 462 EBM-Ä im Abschnitt D II EBM-Ä aufgeführt ist. Entgegen der Auffassung der Kläger ist aber auch die weitere Voraussetzung der Ausschlußregelung, daß die eine Anästhesieleistung „neben” der anderen Anästhesieleistung erbracht wird, erfüllt. Die Wendungen „neben” oder „nebeneinander” werden im EBM-Ä regelmäßig im Sinne eines Ausschlusses der Berechnungsfähigkeit verschiedener Positionen der Gebührenordnung gebraucht und haben keinen Bezug zur zeitlichen Reihenfolge der Erbringung der betroffenen Leistungen. Dieser Ausschluß kann sich – wie der Senat im Urteil vom 26. Januar 2000 (BSG SozR 3-5533 Nr 100 Nr 1) näher ausgeführt hat – auf den Behandlungsfall im Sinne des EBM-Ä beziehen. Das ergibt sich exemplarisch aus den Bestimmungen im Abschnitt B II EBM-Ä in der ab 1. Januar 1996 geltenden Fassung, in der die Abrechenbarkeit bestimmter Leistungen festgelegt ist. Danach sind „neben” den einmal im Behandlungsfall abrechnungsfähigen Leistungen nach den Nr 12, 14, 15 und 20 EBM-Ä die Leistungen nach den Nr 10, 11 und 17 EBM-Ä in demselben Behandlungsfall nicht berechnungsfähig. Ebenso sind die Leistungen nach den Nr 12, 14, 15, 16 und 20 EBM-Ä in demselben Behandlungsfall nicht „nebeneinander” berechnungsfähig. Weiter sind etwa „neben” den Leistungen der Abschnitte G II, G III und G IV die Leistungen nach den Nr 10, 11 und 17 EBM-Ä nicht berechnungsfähig. Bezugsgegenstand des durch die Wendungen „neben” bzw „nebeneinander” bezeichneten Abrechnungsausschlusses kann aber auch eine konkrete ärztliche Behandlung eines Patienten im Sinne eines einheitlichen Geschehens sein. In diesen Fällen schließen die Wendungen „neben” bzw „nebeneinander” in der Regel die Kombination von höher bzw niedriger bewerteten Leistungen mit ähnlicher Zielsetzung aus. Das gilt etwa für eine intravenöse, intramuskuläre und/oder rektale Narkose einschließlich des Anlegens eines intravenösen Zugangs nach Nr 461 EBM-Ä und eine Plexusanästhesie nach Nr 462 EBM-Ä oder für ein EKG mit mindestens zwölf Ableitungen nach Nr 604 EBM-Ä und eine ergometrische Funktionsprüfung nach Nr 601 EBM-Ä. In diesen nur beispielhaft dargestellten Regelungen ist jeweils ein Bezug zur zeitlichen Reihenfolge der Erbringung der einander ausschließenden Leistungen nicht erkennbar. Ob die berechnungsfähige Leistung abgeschlossen ist oder ihre Wirkungen abgeklungen sind, bevor der Arzt mit der daneben im EBM-Ä für nicht gesondert berechnungsfähig erklärten Leistung beginnt, ist für das Eingreifen der Ausschlußregelung ohne Bedeutung. Anhaltspunkte dafür, daß in Abs 5 der Präambel zu Kapitel D EBM-Ä das Wort „neben” in einem anderen Sinn zu verstehen sein könnte, bestehen nicht.
Zutreffend haben sowohl das Berufungsgericht als auch die beigeladene KÄBV darauf hingewiesen, daß es sich nach dem von den Klägern geschilderten Behandlungsablauf um einen Arzt-Patienten-Kontakt zwischen ihnen und den Patienten handelt, in dessen Verlauf der Anästhesist verschiedene Anästhesieformen durchführt, einmal die Intubationsnarkose für den eigentlichen Eingriff und später die Plexusanästhesie zur postoperativen Schmerzausschaltung.
Für den Ausschluß der parallelen Berechnungsfähigkeit beider Anästhesieformen im Rahmen einer als Einheit zu wertenden Behandlung durch den Arzt für Anästhesie ist es unerheblich, welche Positionen des EBM-Ä ein Chirurg für die eigentliche Operation am Schultergelenk sowie die postoperative Mobilisation des gerade operierten Gelenkes berechnen darf.
Rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit des hier eingreifenden Abrechnungsausschlusses nach Abs 5 der Präambel zu Kapitel D EBM-Ä bestehen nicht. Dem Bewertungsausschuß als Normgeber steht bei der Erfüllung des ihm in § 87 Abs 1 und Fünftes Buch Sozialgesetzbuch übertragenen Auftrags ein Gestaltungsspielraum zu (s zuletzt Urteil des Senats vom 16. Mai 2001 – BSGE 88, 126 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29; BSGE 83, 218, 219 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 108 f; BSGE 79, 239, 242 = SozR 3-2500 § 87 Nr 14 S 49). Dessen Grenzen sind erst verlassen, wenn der Bewertungsausschuß seinen Regelungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz mißbräuchlich ausgeübt hat, indem er etwa eine ärztliche Minderheitsgruppe bei der Honorierung bewußt benachteiligt hat oder sich sonst erkennbar von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen (BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109; BSGE 79, 239, 245 = SozR 3-2500 § 87 Nr 14 S 53). Diese Voraussetzungen für eine Korrektur des Bewertungsmaßstabs durch die Gerichte sind hier nicht erfüllt, denn für die geltend gemachte willkürliche Benachteiligung der Gruppe der Anästhesisten gibt es keine Anhaltspunkte. Wenn der Bewertungsausschuß der Auffassung ist, im Zusammenhang mit einer operativen Behandlung sollten lediglich die Anästhesieleistungen nach Abschnitt D II EBM-Ä ggf einschließlich der dort aufgeführten Zuschlags- und Verlängerungspositionen berechnungsfähig sein und damit eine Kumulation mit Anästhesieleistungen zur Schmerztherapie ausgeschlossen werden, liegen dem sachgerechte Erwägungen zugrunde.
Aus der Aufnahme der mit 650 Punkten bewerteten Zuschlagsposition Nr 464 EBM-Ä zum 1. Juli 1996 folgt nichts anderes. Danach kann im Rahmen der operationsbegleitenden Anästhesie ein Zuschlag zur Leistung nach Nr 462 EBM-Ä für eine Plexus–, Spinal- oder Periduralanalgesie mittels Katheter zur postoperativen Analgesie nach operativen Eingriffen in Kombinationsnarkose abgerechnet werden. Ungeachtet dessen, daß die Kläger den Leistungsinhalt der Zuschlagsposition bei dem von ihnen geschilderten Behandlungsablauf im Rahmen der postoperativen Mobilisationsbehandlung des Patienten nicht erfüllen würden, weil sie die Schmerzausschaltung nicht mittels Katheter durchführen, ergibt sich aus der Einführung der Nr 464 EBM-Ä zum 1. Juli 1996, daß der Bewertungsausschuß einen Bedarf für eine Erweiterung der Abrechnungsmöglichkeiten für anästhesistische Leistungen nur innerhalb des Abschnitts D II EBM-Ä (operative Anästhesie) gesehen und an dem prinzipiellen Ausschluß der Ansatzfähigkeit schmerztherapeutischer Anästhesien in unmittelbarem zeitlichen Behandlungszusammenhang mit einer Operation und mit operativ indizierten Anästhesieleistungen bis zum heutigen Tag festgehalten hat. Der Bewertungsausschuß hat jedenfalls durch eine derartige Abgrenzung solcher anästhesistischer Leistungen, die sich vielfach nicht durch den eigentlichen Behandlungsvorgang, sondern lediglich durch die Zwecksetzung – einerseits die Schmerzausschaltung bei der Operation, andererseits die Schmerztherapie im Rahmen der postoperativen Mobilisation des operierten Gelenks – unterscheiden, den ihm als Normgeber zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen