Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Arbeitstherapie für gesetzlich Krankenversicherte. medizinische Therapie zur Behandlung einer Krankheit in einem umfassenden Sinne. stationäre, teilstationäre oder ambulante Arbeitstherapie als eigenständige (isolierte) Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Anspruch für Versicherte der gesetzlichen Rentenversicherung als eigenständige Leistung zur medizinischen Rehabilitation
Leitsatz (amtlich)
1. Arbeitstherapie für gesetzlich Krankenversicherte nutzt als medizinische Therapie den Erwerb und die Verbesserung von Grundarbeitsfähigkeiten, um Krankheit - nach ärztlichem Behandlungsplan unter ärztlicher Überwachung - in einem umfassenden Sinne zu behandeln.
2. Versicherte erhalten von der gesetzlichen Krankenversicherung stationäre, teilstationäre oder ambulante Arbeitstherapie als eigenständige (isolierte) Leistung in der Regel auf Antrag.
3. Versicherte der gesetzlichen Rentenversicherung können stationäre, teilstationäre oder ambulante Arbeitstherapie als eigenständige Leistung zur medizinischen Rehabilitation beanspruchen.
Normenkette
SGB V § 15 Abs. 1 S. 2, §§ 32, 39 Abs. 1, § 40 Abs. 1-2, 3 S. 1, Abs. 4, §§ 42, 107 Abs. 2 Nr. 2; SGB VI § 9 Abs. 2, § § 9 ff., §§ 10-12, 13 Abs. 2 Nrn. 1-2, § 15 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2 S. 2, § 16; SGB IX § 14 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2 Sätze 1-2, Abs. 3, 4 Sätze 1-2, § 26 Abs. 2 Nr. 7, § 33 Abs. 6 Nrn. 5-6; SGB IV § 19 S. 1; SGB X § 13 Abs. 1, §§ 102, 104; RVO § 182 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e, § 182d; RehaAnglG § 10 Nr. 5
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. November 2010 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 3218,76 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten einer Arbeitstherapie.
Der 1982 geborene L. (Versicherter) ist bei der beklagten Krankenkasse (KK) versichert. Sie gewährte ihm vom 5.12.2002 bis 15.8.2003 wegen einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung - Borderline-Typus (ICD 10: F 60.31) mit latenter Suizidalität und Dysthymia (ICD 10: F 34.1) teilstationäre Behandlung im Zentralkrankenhaus B. (Krankenhaus). Psychologische Psychotherapeutin S. und Ergotherapeutin H. (Abteilung Ergotherapie des Zentrums für Psychiatrie und Psychotherapie des Krankenhauses) beantragten während dieser Behandlung unter dem 25.4.2003 bei der Beklagten, dem Versicherten nach dessen Entlassung aus der teilstationären Behandlung eine sechs Monate dauernde klinische Arbeitstherapie zu gewähren. Die Beklagte leitete den Antrag innerhalb von zwei Wochen zuständigkeitshalber an den klagenden Rentenversicherungsträger weiter, die damalige LVA (im Folgenden: Klägerin). Da die Klägerin den Antrag mangels Unterschrift des Versicherten zurücksandte, erhielt sie über die Beklagte am 18.7.2003 einen vom Versicherten unterschriebenen Antrag. Sie bewilligte und gewährte dem Versicherten eine klinische Arbeitstherapie vom 25.8.2003 bis 24.2.2004 (Bescheid vom 20.8.2003), forderte aber vergeblich von der Beklagten Erstattung von insgesamt 3218,76 Euro (Pflegekosten: 3037,44 Euro; Fahrkosten: 148,80 Euro; Beiträge zur Unfallversicherung: 32,52 Euro). Das SG hat die Zahlungsklage abgewiesen (Urteil vom 24.1.2007), das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Beklagte sei nicht leistungszuständig gewesen, weil die Arbeitstherapie nicht stationär durchgeführt worden und nicht ärztlich verantwortet gewesen sei (Urteil vom 3.11.2010).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 15 Abs 1 Satz 1 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 7 SGB IX. Die Beklagte habe die Arbeitstherapie als eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation erbringen müssen, nicht die Klägerin. Sie habe nach § 15 Abs 1 Satz 1 SGB VI Arbeitstherapie nur im Rahmen von anderen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu leisten. Hieran habe es gegenüber dem Versicherten gefehlt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. November 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 24. Januar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 3218,76 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie sieht von einer Stellungnahme ab.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Der Senat lässt die Frage offen, ob sich das zulässig mittels einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) geltend gemachte klägerische Erstattungsbegehren nach § 14 SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (idF durch Art 1 des Gesetzes vom 19.6.2001, BGBl I 1046 nebst nachfolgenden Änderungen, zuletzt durch Art 1 des Gesetzes vom 23.4.2004, BGBl I 606) oder nach § 104 SGB X richtet (zu dessen Anwendbarkeit auf Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen Rehabilitationsträgern vgl BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 10 ff; BSGE 104, 294 = SozR 4-3250 § 14 Nr 9, RdNr 11 ff). Dies hängt davon ab, dass das Krankenhaus am 25.4.2003 eine Arbeitstherapie mit Willen des Versicherten beantragte. Bestand - im Sinne einer Vollmacht - das Einverständnis des Versicherten mit diesem Antrag, kam für die Klägerin als in diesem Falle zweitangegangenem Rehabilitationsträger Erstattung allein nach § 14 Abs 4 SGB IX in Betracht (dazu 1.), andernfalls - bei Fehlen einer Vollmacht - lediglich nach § 104 SGB X (dazu 2.). Das LSG hat zum Einverständnis des Versicherten mit dem ersten Antragsschreiben keine Feststellungen getroffen. Dennoch bedarf es keiner Zurückverweisung, weil die Voraussetzungen keines der beiden Erstattungsansprüche erfüllt sind. Die Klägerin war im Innenverhältnis zur Beklagten stets verpflichtet, die Kosten der Arbeitstherapie des Versicherten endgültig zu tragen (dazu 3.).
1. § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX ist einzige und zugleich privilegierte Anspruchsgrundlage des Erstattungsbegehrens, wenn die Beklagte einen Antrag des Versicherten innerhalb der Zweiwochenfrist des § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IX an die Klägerin als zweitangegangenen Rehabilitationsträger weiterleitete.
Der Erstattungsanspruch nach § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX ist nur dann eröffnet, wenn die Klägerin als zweitangegangener Rehabilitationsträger die Arbeitstherapie auf einen Antrag nach § 14 Abs 1 Satz 2 bis 4 SGB IX bewilligte. § 14 Abs 4 Satz 1 und 2 SGB IX trifft nach seinem Sinn und Zweck sowie dem Regelungssystem für zweitangegangene Rehabilitationsträger eine Spezialregelung gegenüber § 102 SGB X. Dieser spezielle Anspruch geht den allgemeinen Erstattungsansprüchen nach dem SGB X vor.
Dass die Klägerin zweitangegangener Rehabilitationsträger war, steht nicht fest. § 14 Abs 1 Satz 2 SGB IX umschreibt zweitangegangene Träger bei antragsabhängigen Leistungen in Abhängigkeit von einer Antragstellung: Stellt der Rehabilitationsträger, bei dem zuerst Leistungen beantragt worden sind (erstangegangener Rehabilitationsträger), binnen zwei Wochen fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich, das heißt innerhalb der Zweiwochenfrist, dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger (zweitangegangener Rehabilitationsträger) zu (§ 14 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB IX). So lag es hier, wenn das Schreiben vom 25.4.2003 ein Antrag des Versicherten auf Leistung klinischer Arbeitstherapie war. Dann war dieser Antrag nämlich an die Beklagte gerichtet. Sie leitete ihn innerhalb der Frist von zwei Wochen (§ 14 Abs 1 Satz 1 SGB IX) an die Klägerin weiter. Allein auf diese Regelung - und nicht auf die weiteren über die Leistungen von Amts wegen (§ 14 Abs 3 SGB IX) - ist vorliegend abzustellen. Die Klägerin leistete nämlich tatsächlich nicht von Amts wegen (vgl zur Berechtigung der Rentenversicherungsträger § 115 Abs 4 Satz 1 SGB VI). Sie erfüllte auch im Außenverhältnis zum Versicherten nicht die Pflicht eines anderen Trägers, der von Amts wegen zu leisten hat. Als einziger anderer Träger, dessen Pflicht die Klägerin erfüllen konnte, kam lediglich die Beklagte in Betracht. Sie ist indes kein Rehabilitationsträger, der von Amts wegen tätig wird. Nach § 19 Satz 1 SGB IV werden Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf Antrag erbracht, soweit sich aus dem SGB V nichts Abweichendes ergibt, was hier nicht der Fall ist. Sind Rehabilitationsmaßnahmen nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag des Rehabilitanden zu gewähren, ist es erforderlich, dass ein solcher Antrag gestellt wird, um den materiellen Anspruch zu begründen und ein Verwaltungsverfahren zur Gewährung der beantragten Leistung zu eröffnen.
Die rechtlichen Anforderungen an einen Antrag auf Leistung klinischer Arbeitstherapie bestimmen sich grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln. Ein einfacher, ohne Einbeziehung des Versicherten gestellter Kostenübernahmeantrag eines Krankenhauses genügt zur Einleitung, Fortführung oder Wiederaufnahme eines ursprünglichen Rehabilitationsverfahrens jedenfalls regelmäßig nicht (so bereits BSG SozR 3-2200 § 1236 Nr 3 S 12 zu einem Sachverhalt vor Inkrafttreten des SGB IX). Andererseits bedarf ein Antrag weder zwingend einer Unterschrift des Versicherten noch einer beigefügten Einverständniserklärung des Rehabilitanden (vgl zum Fall einer vorliegenden Einverständniserklärung BSGE 57, 157, 159 = SozR 2200 § 1236 Nr 45). Vielmehr reicht es auch bereits aus, wenn der Antrag in Vertretung des Versicherten mit Vertretungsmacht gestellt wird (BSG SozR 3-2200 § 1237 Nr 2 S 8; § 13 SGB X). Ein Beteiligter kann sich nach § 13 Abs 1 Satz 1 SGB X durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Vollmacht ermächtigt zu allen das Verwaltungsverfahren betreffenden Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nicht etwas anderes ergibt. Der Bevollmächtigte hat auf Verlangen seine Vollmacht schriftlich nachzuweisen (§ 13 Abs 1 Satz 2 und 3 SGB X).
Es steht nicht fest, dass die Unterzeichnerinnen (Ergotherapeutin H. und Psychologische Psychotherapeutin S.) mit dem Schreiben vom 25.4.2003 namens und in Vollmacht des Versicherten einen Antrag für den Versicherten stellten. Zwar spricht aufgrund der Gesamtumstände viel dafür, dass die Unterzeichnerinnen, wenn auch nicht ausdrücklich, so doch konkludent für den Versicherten handelten (vgl auch BSG SozR 3-2200 § 1237 Nr 2 S 8). Mangels näherer Feststellungen des LSG zur Vollmacht kann der erkennende Senat jedoch nicht abschließend beurteilen, ob die Voraussetzungen einer wirksamen Stellvertretung erfüllt waren.
Wenn das Schreiben vom 25.4.2003 keinen wirksamen Antrag des Versicherten darstellte, scheidet ein Erstattungsanspruch aus § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX aus. Denn die Klägerin war dann kein zweitangegangener Rehabilitationsträger im Rechtssinne. Sie entschied und leistete in diesem Falle nämlich als erstangegangener Träger aufgrund des Antrags vom 18.7.2003. Dieser vom Versicherten unterschriebene Antrag war von vornherein an die Klägerin gerichtet. Die Beklagte übersandte ihn der Klägerin als Adressatin (§ 16 Abs 2 Satz 1 SGB I). Für den Status als erstangegangener Träger ist es unerheblich, dass die Klägerin den Antrag vom 18.7.2003 an die Beklagte als zweitangegangenen Rehabilitationsträger weiterleitete. Denn die Klägerin bewilligte und erbrachte die Rehabilitationsleistung selbst (Bescheid vom 20.8.2003). Für die Klägerin als erstangegangener Träger kommt hier Erstattung lediglich nach § 104 SGB X in Betracht (dazu 2.).
Im Falle wirksamer Stellvertretung und damit Anwendbarkeit des § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX sind dessen Voraussetzungen nicht erfüllt. Der Anspruch setzt nämlich voraus, dass nach Bewilligung der Leistung durch einen Rehabilitationsträger nach § 14 Abs 1 Satz 2 bis 4 SGB IX festgestellt wird, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung "zuständig" ist. In diesem Sinne "zuständig" ist ein Träger, der ohne die Regelung in § 14 SGB IX zuständig wäre und von dem der Versicherte die gewährte Maßnahme hätte beanspruchen können (zum Ganzen vgl bereits BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 10 ff mwN, BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 12 RdNr 9 mwN). Daran fehlt es, weil die Klägerin selbst für die Leistung "zuständig" war (dazu 3.).
2. § 104 SGB X ist die einzige maßgebliche Anspruchsgrundlage zugunsten der Klägerin, wenn nicht das Schreiben vom 25.4.2003, sondern erst das Begehren vom 18.7.2003 der maßgebliche Antrag des Versicherten war. Denn die Klägerin hat in diesem Falle auf den ersten tatsächlich vom Versicherten gestellten Rehabilitationsantrag hin ihre Zuständigkeit gegenüber dem Versicherten geprüft und bejaht (§ 14 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 1 und 2 SGB IX). In solchen Fällen begründet § 14 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 1 und 2 SGB IX nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 9 ff) für das Erstattungsverhältnis zwischen den Trägern eine nachrangige Zuständigkeit des erstangegangenen Trägers, wenn er nach den Zuständigkeitsregelungen außerhalb von § 14 SGB IX unzuständig, ein anderer Träger aber zuständig gewesen wäre. Dies ermöglicht es, dass der erstangegangene Rehabilitationsträger im Rahmen eines Erstattungsstreits sich die Kosten der Rehabilitationsmaßnahme nach § 104 SGB X vom vorrangig zuständigen Rehabilitationsträger erstatten lässt. Es ist hierbei unerheblich, dass der erstangegangene Träger irrtümlich angenommen hat, er sei zweitangegangener Träger.
Ein Fall des § 103 SGB X liegt nicht vor. Die Norm regelt den Anspruch des Leistungsträgers, dessen Leistungsverpflichtung nachträglich entfallen ist. Der Anspruch auf die geleistete Rehabilitationsmaßnahme gegen die Klägerin ist aber nicht nachträglich entfallen. Die Klägerin beruft sich vielmehr darauf, irrtümlich von ihrer Zuständigkeit im Rahmen der Prüfung innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Leistungsantrags des Versicherten ausgegangen zu sein. Für solche Fälle kann lediglich ein Anspruch aus § 104 SGB X eingreifen.
Die Voraussetzungen des § 104 SGB X sind indes nicht erfüllt. Denn die Klägerin war als erstangegangener Träger auch endgültig verpflichtet, nach den §§ 9 ff SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 7 SGB IX dem Versicherten die Arbeitstherapie zu gewähren (dazu 3.).
3. Die Beklagte war für die dem Versicherten gewährte Arbeitstherapie weder iS von § 14 Abs 4 Satz 1 SGB IX zuständig noch iS von § 104 SGB X vorrangig zuständig. Der Versicherte konnte die Arbeitstherapie ihrer Art nach von der Beklagten nach ihrem materiellen Recht - der Zuständigkeitsordnung außerhalb von § 14 SGB IX (vgl BSGE 98, 267 = SozR 4-3250 § 14 Nr 4, RdNr 19; BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 16) - nicht beanspruchen. Die Voraussetzungen der insoweit allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage des § 42 SGB V (dazu a) waren nicht erfüllt. Zwar war die vom Versicherten begehrte und in Anspruch genommene Rehabilitationsmaßnahme eine Arbeitstherapie iS von § 42 SGB V, für deren Gewährung die Beklagte zuständig sein kann (dazu b). Die Klägerin war jedoch nach der Nachrangregelung des § 42 SGB V für die Leistung "zuständig" oder vorrangig zuständig (dazu c).
a) Gemäß § 42 SGB V (in der seit Inkrafttreten des SGB V nicht geänderten Fassung durch Art 1 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen - Gesundheits-Reformgesetz ≪GRG≫ vom 20.12.1988, BGBl I 2477) haben Versicherte Anspruch auf Belastungserprobung und Arbeitstherapie, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften solche Leistungen nicht erbracht werden können.
aa) § 42 SGB V definiert den Begriff der Arbeitstherapie nicht näher. Er ergibt sich aus einer Auslegung des Wortlauts in Einklang mit der Gesetzgebungsgeschichte, dem Regelungszusammenhang und -zweck. Danach verfolgt die Arbeitstherapie, regelmäßig ein Mittel der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation im SGB V, in erster Linie einen medizinischen Zweck. Sie nutzt den Erwerb und die Verbesserung von Grundarbeitsfähigkeiten, um Krankheiten in einem umfassenden Sinne zu behandeln (vgl § 27 Abs 1; § 11 Abs 1 Nr 4; § 11 Abs 2 SGB V). Die Arbeitstherapie soll neben Grundfertigkeiten - Handfertigkeiten und nicht konkret berufsbezogene handwerkliche Fähigkeiten (vgl dazu BSG SozR 4100 § 101 Nr 7 S 25 f; vgl auch Gesetzentwurf der Bundesregierung über den Beruf des Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten ≪Beschäftigungs- und Arbeitstherapeutengesetz - BeArbThG≫, BT-Drucks 7/3113 S 6) - insbesondere Grundfähigkeiten des Rehabilitanden verbessern, die allgemeine Voraussetzungen für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit sind (namentlich Motivation, Konzentrationsfähigkeit, Beständigkeit, Regelmäßigkeit, Pünktlichkeit, Durchsetzungs- und Kooperationsfähigkeit, vgl dazu Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand September 2011, § 42 RdNr 16; Höfler in Kasseler Komm, Stand Juli 2011, § 42 SGB V RdNr 6; Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand März 2011, § 42 SGB V RdNr 22). Indem sie Grundarbeitsfähigkeiten fördert, soll Arbeitstherapie gerade durch den Fähigkeitserwerb gezielt Krankheit - im dargelegten umfassenden Sinne - behandeln, insbesondere die Persönlichkeit in einem sich wechselseitig mit dem Fähigkeitserwerb bedingenden Prozess stabilisieren (vgl auch BSG Urteil vom 19.10.1983 - 3 RK 15/82 - juris RdNr 17 = USK 83141; BSG SozR 3-4100 § 101 Nr 6 S 20). Arbeitstherapie nach § 42 SGB V setzt deswegen voraus, dass sie als eine einem ärztlichen Behandlungsplan unterworfene Dauerleistung in einen durch vorausgegangene und begleitende ärztliche Behandlung und Überwachung geprägten Kontext eingebettet ist und insgesamt ärztlich verantwortet wird (§ 15 Abs 1 Satz 2 SGB V; BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 22, dort zur stationären Rehabilitation; vgl auch BT-Drucks 7/3113 S 6; Mrozynski/Jabben, 2011, SGB IX Teil 1, § 26 RdNr 19). Damit diese "in erster Linie ärztlich überwachte Behandlung" (BT-Drucks 7/3113 S 6; Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand März 2011, § 42 SGB V RdNr 21) der Krankenbehandlung dient, hat sie einem ärztlichen Therapieplan zu folgen, der je nach medizinisch-therapeutischen Erfordernissen anzupassen ist. Hierfür bedarf es der ständigen Bereitschaft und Möglichkeit zur Rückkoppelung mit dem ärztlichen Behandler. Er muss zugleich sicherstellen, dass sich die Arbeit nicht primär etwa an Produktions-, sondern an den Therapieinteressen ausrichtet.
In der Zielsetzung besteht Übereinstimmung mit der Beschäftigungstherapie, die ebenfalls zur Bekämpfung der Krankheit eingesetzt werden muss, um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu sein (dazu BSGE 42, 16, 18 f = SozR 2200 § 182 Nr 14; s auch zum Ausschluss von Hilfen im Bereich der Lebensführung: BSG SozR 3-2500 § 27 Nr 6 S 18 f zu Methadon; BSG Urteil vom 31.3.1998 - B 1 KR 12/96 R - juris RdNr 15 = USK 98145 zu umfassenden sozialpädiatrischen Leistungen; BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 22 zu einer Adaptionsmaßnahme bei Suchterkrankung). Durch ihre Ausrichtung auf die Erlangung und Verbesserung von Grundarbeitsfähigkeiten als Mittel zum (Heilungs-)Zweck, ihre intensivere verantwortliche ärztliche Begleitung und ihren Charakter als intensivere Dauerleistung grenzt sich die Arbeitstherapie (§ 42 SGB V) zugleich von den lediglich ärztlich verordneten Heilmitteln des § 32 SGB V ab, die in dem Katalog der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (jetzt: Gemeinsamer Bundesausschuss) über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Heilmittel-RL, hier anzuwenden in der Fassung vom 21.6.2002, BAnz Nr 179 vom 24.9.2002, S 22478, in Kraft getreten am 1.10.2002) unter dem Begriff "Ergotherapie" zusammengefasst sind (Heilmittel-RL Teil 2 III; vgl unter Beachtung der in BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 17 ff entwickelten Grundsätze auch § 26 Abs 2 Nr 4 SGB IX). Auch wenn in der Praxis im Einzelfall die Übergänge fließend sind (vgl dazu BT-Drucks 7/3113 S 7 sowie Bericht und Antrag des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit zum Entwurf eines BeArbThG, BT-Drucks 7/4834 S 4; Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand September 2011, § 42 RdNr 17; Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand März 2011, § 42 SGB V RdNr 24; Höfler in Kasseler Komm, Stand Juli 2011, § 42 SGB V RdNr 8), zielt die Beschäftigungstherapie im Rahmen der Krankenbehandlung eher auf die Wiedereingliederung des Rehabilitanden in das Alltagsleben ab (vgl Mrozynski, SGB 1985, 277, 285). Das anzustrebende Befähigungsniveau kann dabei deutlich unter dem mit der Arbeitstherapie angestrebten Niveau liegen (zu einer Esstherapie vgl BSGE 55, 241 = SozR 2200 § 194 Nr 11; siehe ferner Nr 20.1 bis 20.3 Heilmittel-RL).
Der aufgezeigte Begriff der Arbeitstherapie knüpft an die Gesetzesentwicklung an. § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst e RVO als Anspruchsgrundlagennorm und § 182d RVO als Nachrangregelung (idF des § 21 Nr 5 und 7 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation ≪RehaAnglG≫ vom 7.8.1974, BGBl I 1881) bezogen die Belastungserprobung und die Arbeitstherapie mit Wirkung zum 1.10.1974 als neue Leistungen in die gesetzliche Krankenversicherung ein (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation, BT-Drucks 7/1237 S 63). § 10 Nr 5 RehaAnglG führte sie ausdrücklich mit dem Ziel stärkerer Berücksichtigung bei den Rehabilitationsträgern iS des RehaAnglG als eigenständige medizinische Leistungen zur Rehabilitation auf (vgl BT-Drucks 7/1237 S 57). Das GRG übernahm in § 42 SGB V die bisher in § 182 Abs 1 Nr 1 Buchst e, § 182d RVO enthaltenen Regelungen der Arbeitstherapie und fasste sie zusammen. Es änderte sie insoweit ab, als die Regelung nunmehr den Nachrang der KKn im Verhältnis zu den anderen Sozialversicherungsträgern einschränkungslos anordnet (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zur Strukturreform im Gesundheitswesen ≪Gesundheits-Reformgesetz - GRG≫, BT-Drucks 11/2237 S 180 zu Art 1 § 41). Soweit das SGB V hierauf verweist (vgl zu den Grundprinzipien BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 17 ff), führt § 26 Abs 2 Nr 7 SGB IX Belastungserprobung und Arbeitstherapie als Leistungen der medizinischen Rehabilitation seit 1.7.2001 eigenständig auf (Aufhebung des RehaAnglG durch Art 63 SGB IX vom 19.6.2001, BGBl I 1046).
Nicht nur nach dem Wortlaut des § 42 SGB V, sondern auch nach der systematischen Verbindung mit der Belastungserprobung ist die Arbeitstherapie eine medizinische Therapie, die die Arbeit lediglich als Therapiemittel einsetzt. Sie befindet sich regelhaft an der Schnittstelle des Übergangs von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu solchen zur Teilhabe am Arbeitsleben (Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand September 2011, § 42 RdNr 3, 8 und 16; Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand März 2011, § 42 SGB V RdNr 15 und 35; Wagner in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Stand März 2011, § 42 SGB V RdNr 2; s ferner Mrozynski, Rehabilitation 1988, 22, 24; Mrozynski/Jabben, SGB IX Teil 1, 2011, § 26 RdNr 16 und 20).
Dem Gesamtsystem entsprechend verweist bereits auf der Ebene der Heilmittel Abschnitt V (Ergotherapie) Nr 20.2 Heilmittel-RL für die Verordnung von Ergotherapie insbesondere auf die Erlangung der Grundarbeitsfähigkeiten. Auch die berufsrechtlichen Regelungen bestätigen, dass die Arbeitstherapie auf die Erlangung von Grundarbeitsfähigkeiten als Mittel zum Zweck der Behandlung und Heilung ausgerichtet ist. Die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung über den Beruf des Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten (vgl BT-Drucks 7/3113 S 6; das BeArbThG wurde umbenannt in Gesetz über den Beruf der Ergotherapeutin und des Ergotherapeuten - Ergotherapeutengesetz ≪ErgThG≫ aufgrund Art 8 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 16.6.1998 ≪BGBl I 1311≫; vgl auch § 124 Abs 1 SGB V) stellt mit gleicher Zielrichtung auf ärztlich überwachte Behandlungen ab, die darauf gerichtet sind, durch Anwendung aktivierender, psychologischer und psychagogischer Methoden, mit Hilfe der Betätigung von Handfertigkeiten und handwerklichen Fähigkeiten sowie durch Erlernung beruflicher Kenntnisse, körperliche und geistige Störungen zu beheben und ua Heilung zu erreichen.
bb) Arbeitstherapie (§ 42 SGB V) kann stationär, teilstationär oder ambulant erbracht werden. Dementsprechend ist sie nicht zwingend in stationären Rehabilitationseinrichtungen (§ 107 Abs 2 SGB V) durchzuführen, sondern kann auch an anderen "Beschäftigungs"-Orten erfolgen, wenn sie mit einer ärztlich verantworteten und überwachten, nicht lediglich verordneten ergotherapeutischen Betreuung verbunden ist. Arbeitstherapie kann unselbstständiger Teil einer Gesamtbehandlung und ihres Konzepts oder eine eigenständige (isolierte) Leistung sein (Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand September 2011, § 42 RdNr 18 ff; Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand März 2011, § 42 SGB V RdNr 9 f). Wird sie als unselbstständiger Teil einer Gesamtbehandlung, etwa im Rahmen einer vollstationären Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) oder einer vollstationären Leistung zur medizinischen Rehabilitation (§ 40 Abs 2 SGB V) erforderlich und erbracht, so ist sie in diese eingeordnet und wie diese zu beurteilen (zur RVO: BSG Urteil vom 1.2.1983 - 3 RK 33/81 - juris RdNr 15 = USK 8303).
cc) Im Regelfall ist die Arbeitstherapie in entsprechender Anwendung des § 40 Abs 3 Satz 1 SGB V bei der KK zu beantragen. § 42 SGB V enthält zwar keine ausdrückliche Verfahrensregelung über die Gewährung der Leistung. Entsprechend § 40 Abs 3 Satz 1 SGB V sind indes ambulante und stationäre Maßnahmen der Arbeitstherapie, die in Rehabilitationseinrichtungen erbracht werden (§ 40 Abs 1 und 2 SGB V), bei der KK zu beantragen. Die KK bestimmt - gegebenenfalls nach Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (§ 275 Abs 2 Nr 1 SGB V) - nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Arbeitstherapie unterfällt dieser Regelung, wenn sie - wie üblich - als eine sich über einen längeren Zeitraum erstreckende, vornehmlich ganztagesweise in Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen oder als ausgelagerte Therapie in einem Betrieb zu erbringende Rehabilitationsmaßnahme geplant wird. Sie gehört dann zu den in Rehabilitationseinrichtungen (§ 107 Abs 2 SGB V) und wohnortnahen Einrichtungen zu erbringenden Rehabilitationsleistungen iS des § 40 Abs 1 und 2 SGB V.
b) Der Versicherte erhielt entsprechend diesen Anforderungen entgegen der Auffassung des LSG eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation in Gestalt der Arbeitstherapie, die ihrer Art nach die Voraussetzungen des § 42 SGB V erfüllte. Die Klägerin bewilligte nämlich auf der Grundlage eines hinreichenden ärztlichen Behandlungsplans, den das Schreiben vom 25.4.2003 umreißt, eine sechsmonatige Arbeitstherapie an realitätsnahen Arbeitsplätzen im Krankenhaus als lebenspraktische Übung unter begleitender ärztlicher Kontrolle der Abteilung Ergotherapie des Zentrums für Psychiatrie und Psychotherapie zum Zwecke der Behandlung des psychischen Leidens des Versicherten. Der Versicherte absolvierte diese Maßnahme. Er wurde am 25.8.2003 im Krankenhaus aufgenommen und am 24.2.2004 entlassen.
Dem steht nicht entgegen, dass das LSG im angegriffenen Urteil ausgeführt hat, es sei nicht ersichtlich, dass eine medizinische Ausrichtung der Maßnahme vorgelegen habe, weil die mit nichtmedizinischen Mitteln angestrebte berufliche und soziale Integration des Versicherten im Vordergrund gestanden habe. Insoweit handelt es sich um keine den Senat bindende Feststellung des LSG, sondern um eine sich aus den getroffenen Feststellungen abgeleitete unzutreffende Rechtsauffassung. Grundlage der Arbeitstherapie war der Behandlungsplan des ärztlich geleiteten Krankenhauses, konkretisiert von der einem Arzt insoweit gleichgestellten Psychotherapeutischen Psychologin S. und der Ergotherapeutin H. Die für die Durchführung der Rehabilitationsmaßnahme verantwortliche Abteilung stand unter der ärztlichen Leitung von Prof. Dr. H. Der Versicherte erhielt die Arbeitstherapie, wie aus dem Entlassungsbericht vom 1.12.2003 über die der Rehabilitationsmaßnahme vorausgegangene teilstationäre Behandlung seiner emotional instabilen Persönlichkeitsstörung - Borderline-Typus (ICD 10 F 60.31) hervorgeht, gezielt zur weiteren Stabilisierung des dort erreichten medizinischen Behandlungserfolges. Der Einordnung der streitigen Arbeitstherapie als medizinische Rehabilitationsmaßnahme steht schließlich nicht entgegen, dass vorwiegend lebenspraktische Übungen in einem realistischen Arbeitsumfeld zum Einsatz kamen. Dies ist der Arbeitstherapie wesensimmanent.
c) Die Beklagte war dennoch nicht leistungszuständig, weil § 42 SGB V - sich überschneidend mit § 40 Abs 4 SGB V - KKn nur nachrangig verpflichtet, eine Arbeitstherapie als Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation zu gewähren. KKn müssen diese Leistung nur dann gewähren, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften solche Leistungen nicht erbracht werden können. Vorliegend konnte die Klägerin dem Versicherten die Arbeitstherapie nach den für sie geltenden Vorschriften des SGB VI gewähren.
Danach hat ein in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherter Anspruch auf die Gewährung einer Arbeitstherapie, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind (§ 9 Abs 2 SGB VI iVm §§ 10, 11 SGB VI), keine Ausschlussgründe vorliegen (§§ 12, 13 Abs 2 SGB VI) und die weiteren Voraussetzungen der konkret beantragten Leistung (hier § 15 Abs 1 Satz 1 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 7 SGB IX) erfüllt sind. So lag es hier.
Der Versicherte erfüllte die persönlichen und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Dies ist zwischen den Beteiligten im Übrigen auch nicht streitig.
Die Leistungspflicht der Klägerin war nicht durch § 13 Abs 2 Nr 1 und 2 SGB VI ausgeschlossen. Hiernach erbringt der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung keine Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Phase akuter Behandlungsbedürftigkeit einer Krankheit, es sei denn, die Behandlungsbedürftigkeit tritt während der Ausführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ein; er erbringt auch keine Leistungen zur medizinischen Rehabilitation anstelle einer sonst erforderlichen Krankenhausbehandlung. Hier wurde die Arbeitstherapie als eigenständige Leistung zur medizinischen Rehabilitation zwar in den Räumlichkeiten des Krankenhauses durchgeführt. Dadurch wurde sie jedoch nicht zu einer Krankenhausbehandlung iS des § 39 Abs 1 SGB V oder zu einer eine solche Behandlung ersetzenden Maßnahme. Ausweislich des Entlassungsberichtes des Krankenhauses vom 1.12.2003 bestand keine Notwendigkeit der Fortsetzung der bis zum 15.8.2003 andauernden, der Arbeitstherapie vorausgegangenen teilstationären "Akut"-Behandlung (§ 39 Abs 1 SGB V), die die medizinisch-organisatorische Infrastruktur eines Krankenhauses benötigt hätte (zur teilstationären Behandlung im Krankenhaus vgl BSGE 92, 223, RdNr 22 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1 RdNr 21).
Soweit die Klägerin meint, dass die Beklagte weiterhin für die Gesamtmaßnahme zuständig gewesen sei, weil das krankenversicherungsrechtliche Rehabilitationsziel mit der tagesklinischen psychiatrischen Behandlung noch nicht erreicht worden sei (Hinweis auf BSGE 104, 294 = SozR 4-3250 § 14 Nr 9), ist dies im Revisionsverfahren unbeachtlich. Denn der Versicherte befand sich nach den mit zulässigen Rügen nicht angegriffenen und daher den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) vor Beginn der hier betroffenen Arbeitstherapie nicht in einer einrichtungsbezogenen Rehabilitationsmaßnahme iS des § 40 Abs 1 und 2 SGB V. Hätte es sich um eine solche Rehabilitationsmaßnahme gehandelt, wäre die Klägerin im Übrigen zusätzlich auch für deren Gewährung leistungspflichtig gewesen (§ 40 Abs 4 SGB V).
Nach § 15 Abs 1 Satz 1 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 7 SGB IX fällt die eigenständig durchgeführte Arbeitstherapie auch in den Leistungskatalog der Klägerin. Zwar hat das RehaAnglG den Begriff der Arbeitstherapie sowohl in die krankenversicherungsrechtlichen (§ 182 Abs 1 Nr 1 Buchst e, § 182d RVO) als auch in die rentenversicherungsrechtlichen Vorschriften (§ 1237 Nr 5 RVO, § 14 Nr 5 AVG, § 36 Nr 5 RKG) eingeführt und durch § 10 Nr 5 RehaAnglG gleichsam vor die Klammer gezogen. Er ist gleichwohl nicht als ein einheitlicher normativer Begriff zu verstehen, auch wenn eine weitgehende Übereinstimmung besteht (vgl zum rentenversicherungsrechtlichen Begriff nur Wurm in Jahn, SGB für die Praxis, Stand September 2011, § 15 SGB VI RdNr 13), sondern erhält seine jeweilige - funktionsdifferente - Einfärbung durch den konkreten gesetzlichen Regelungszusammenhang (vgl erneut zu den Grundprinzipien BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4, RdNr 17 ff). Anders als in der GKV ist in der gesetzlichen Rentenversicherung auch bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht zwingend erforderlich, dass eine ausgeprägte ständige ärztliche Verantwortung vergleichbar der in § 15 Abs 1 Satz 2 SGB VI, § 107 Abs 2 Nr 2 SGB V geregelten bestehen muss (vgl nur BSGE 66, 84, 86 = SozR 2200 § 1237 Nr 22; BSG Urteil vom 17.6.1993 - 13/5 RJ 50/90 - juris RdNr 18 = USK 93107; zur Fortwirkung dieser Grundprinzipien unter Geltung des SGB IX grundlegend BSGE 98, 277 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4). § 15 Abs 2 Satz 2 SGB VI bestimmt dagegen ausdrücklich für stationäre Einrichtungen, dass sie nicht unter ständiger ärztlicher Verantwortung stehen müssen, wenn die Art der Behandlung dies nicht erfordert. Wenn - wie hier - die Leistung zur medizinischen Rehabilitation ständig ärztlich verantwortet wird, erfüllt dies in jedem Falle den Begriff der Arbeitstherapie iS des § 15 Abs 1 Satz 1 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 7 SGB IX.
Soweit die Klägerin meint, sie sei nur dann leistungspflichtig, wenn sie eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation bewilligt, in die die Arbeitstherapie eingebettet ist, und sich dazu auf die Formulierung in § 15 Abs 1 Satz 1 SGB VI beruft, dass der Träger der Rentenversicherung "im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" Leistungen nach den §§ 26 bis 31 SGB IX erbringt, kann dem nicht gefolgt werden. Nach § 15 Abs 1 SGB VI iVm § 26 Abs 2 Nr 7 SGB IX kann der Träger der Rentenversicherung - wie eine KK nach § 42 SGB V - eine Arbeitstherapie als eigenständige Therapie gewähren, wenn dies medizinisch indiziert ist. Eine insoweit die Leistungsgewährung einschränkende Regelung besteht nicht. Die Formulierung "im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation" ist angesichts der amtlichen Überschrift des § 15 SGB VI nur ein Pleonasmus, aus dem sich keine rechtlichen Folgerungen ergeben. Vom Träger der Rentenversicherung sind die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach Maßgabe der §§ 26 bis 31 SGB IX mit Ausnahme der Leistungen nach § 26 Abs 2 Nr 2 SGB IX und § 30 SGB IX zu gewähren. Nichts anderes regelt § 15 Abs 1 Satz 1 SGB VI (vgl dazu Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung ≪Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992≫, BR-Drucks 120/89 S 155 und SGB IX-Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 14/5074 S 119; unerheblich deshalb Nr 5.5.10 ≪arbeitsbezogene Maßnahmen≫ des "Rahmenkonzeptes zur medizinischen Rehabilitation in der gesetzlichen Rentenversicherung", abgedruckt in Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, Kommentar zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, Stand März 2011, Anlage 8 zu § 15 SGB VI).
Schließlich handelte es sich bei der geleisteten Arbeitstherapie auch nicht um eine Leistung nach § 16 SGB VI iVm § 33 Abs 6 Nr 5 und Nr 6 SGB IX. Die dort aufgeführten Leistungen sind nur Annexleistungen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der beruflichen Rehabilitationsleistung als Hauptleistung stehen müssen, nicht aber eigenständig zu gewährende Sozialleistungen (Masuch in Luthe, Rehabilitationsrecht 2009, Kapitel F RdNr 43; Luik in jurisPK-SGB IX, § 33 RdNr 133).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert stützt sich auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 2810167 |
BSGE 2012, 122 |