Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld, Ruhen, Gleichwohlgewährung, Erstattung. Abfindung. Zeitpunkt des Anspruchsübergang. Vergleich, Auslegung des, Unwirksamkeit des. Nachholung der Anhörung
Leitsatz (amtlich)
- Zu Erstattungsansprüchen der Bundesanstalt für Arbeit nach Zahlung von Arbeitslosengeld, wenn der Leistungsempfänger mit seinem früheren Arbeitgeber einen gerichtlichen Vergleich über die rückwirkende Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die Zahlung einer Abfindung getroffen hat.
- Wird Arbeitslosengeld bewilligt, obwohl noch Ansprüche auf Zahlung von Arbeitsentgelt bestehen (sogenannte Gleichwohlgewährung), geht der Arbeitsentgeltanspruch insoweit nicht auf die Bundesanstalt für Arbeit über, als das Arbeitsentgelt schon vor der Zahlung von Arbeitslosengeld an den Arbeitslosen ausgezahlt worden ist.
- Der Verfahrensmangel fehlender Anhörung vor Erlaß eines Bescheides ist ohne gesonderte Nachholungshandlung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens heilbar, wenn der Bescheid selbst alle wesentlichen Tatsachen enthält.
Normenkette
SGB X §§ 24, 41 Abs. 2, § 115 Abs. 1; AFG § 117 Fassung: 1993-06-23
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 19.08.1993; Aktenzeichen L 9 Al 113/91) |
SG Würzburg (Urteil vom 29.01.1991; Aktenzeichen S 6 Al 123/89) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 19. August 1993 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Im Streit ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheides der Beklagten, mit dem diese vom Kläger die Zahlung von 1.405,00 DM verlangt.
Der 1927 geborene Kläger war seit 1. Juli 1974 bei der Firma T… KG beschäftigt, nach den Ausführungen des Landessozialgerichts (LSG) “zuletzt” als Expedient gegen eine monatliche Vergütung von 3.379,00 DM brutto. Das Arbeitsverhältnis wurde, nachdem der Betrieb stillgelegt sowie Konkursantrag gestellt worden war, durch den Arbeitgeber am 19. August 1985 – ebenfalls nach den Ausführungen des LSG – ordentlich gekündigt und der Kläger von der Arbeit freigestellt; über das Vermögen der KG wurde am 31. Oktober 1985 Konkurs eröffnet.
Am 29. Januar 1986 schlossen der Kläger und der Konkursverwalter im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens vor dem Arbeitsgericht einen Vergleich über die außerordentliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 23. Januar 1986. Gleichzeitig verpflichtete sich der Konkursverwalter, aus diesem Anlaß dem Kläger einen Abfindungsbetrag gemäß §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) brutto für netto in Höhe von (iHv) 8.390,00 DM zu zahlen; damit sollten sämtliche aus und im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Ansprüche und Rechte “aus-, abgegolten und erledigt” sein.
Bereits am 19. August 1985 hatte sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos gemeldet. Diese bewilligte Arbeitslosengeld (Alg) ab 20. August 1985, das der Kläger über den 21. Februar 1986 hinaus bezog.
Mit Bescheid vom 5. August 1988 (und Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 1989) forderte die Beklagte vom Kläger die Erstattung eines Betrages von 1.405,00 DM gemäß § 117 Abs 4 Satz 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), weil das Arbeitsverhältnis durch Vergleich vor Ablauf der für den Arbeitgeber geltenden Kündigungsfrist (31. März 1986) gegen Zahlung einer Abfindung beendet worden sei. Nach § 117 Abs 2 und 3 AFG ruhe der Anspruch auf Alg vom 24. Januar bis 21. Februar 1986. Gemäß § 117 Abs 3 AFG seien wegen der Dauer des Arbeitsverhältnisses und der Anzahl der Lebensjahre nach Vollendung des 35. Lebensjahres nämlich insgesamt 40 vH der Abfindung (= 3.356,00 DM) zu berücksichtigen. Bei Fortzahlung des letzten kalendertäglichen Arbeitsentgelts iHv 112,63 DM (3.379,00 DM: 30 Kalendertage) hätte der Kläger diesen Betrag nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses innerhalb der Kündigungsfrist bis 21. Februar 1986 verdient. Das in dieser Zeit gezahlte Alg iHv 1.405,00 DM sei zu erstatten (§ 117 Abs 4 Satz 2 AFG), weil der Konkursverwalter die Leistung an den Kläger gezahlt habe, obwohl der Anspruch auf die Abfindung iHv 1.405,00 DM auf sie (die Beklagte) übergegangen sei.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 29. Januar 1991); das LSG hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückgewiesen (Urteil vom 19. August 1993). Die Entscheidung des LSG ist damit begründet, daß der Alg-Anspruch des Klägers wegen der Abfindung in der Zeit vom 24. Januar bis 21. Februar 1986 geruht habe; in Höhe des gezahlten Alg habe deshalb der Abfindungsbetrag der Beklagten zugestanden. Gleichwohl habe der Konkursverwalter auch diesen Teil der Abfindung mit befreiender Wirkung gegenüber der Beklagten an den Kläger gezahlt, da die Beklagte die Zahlung entsprechend §§ 182 Abs 1, 184 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) durch Erhebung der Erstattungsforderung gegen den Kläger genehmigt habe. Der Kläger müsse deshalb das für den Ruhenszeitraum gezahlte Alg erstatten. Er könne sich nicht auf eine fehlende Anhörung (§ 24 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – ≪SGB X≫) vor Erlaß des Bescheides vom 5. August 1988 berufen, da ein derartiger Mangel im Widerspruchsverfahren geheilt worden sei.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 24 SGB X, da er weder vor Erlaß des Bescheides gehört noch mit dem Bescheid bekannt gegeben worden sei, welche konkreten Daten die Beklagte zur Berechnung des Erstattungsbetrages zugrunde gelegt habe. Erst aus dem Widerspruchsbescheid selbst ergebe sich, welche Betriebszugehörigkeitsdauer, welches Lebensalter und welchen Verdienst sie angenommen habe und wie sich dies auf die Dauer des Ruhenszeitraums und die Höhe des Erstattungsbetrags auswirke. Insbesondere sei keine Mitteilung erfolgt, ob der Konkursverwalter die Abfindung mit oder ohne befreiende Wirkung ausgezahlt habe.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und SG sowie den Erstattungsbescheid der Beklagten vom 5. August 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 1989 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Fehler der unterbliebenen Anhörung sei gemäß § 41 Abs 1 Nr 3 und Abs 2 SGB X im Widerspruchsverfahren geheilt worden. Im angefochtenen Bescheid vom 5. August 1988 seien alle entscheidungserheblichen Tatsachen mitgeteilt, und im Widerspruchsbescheid sei sie auf die vom Kläger erhobenen Einwände eingegangen. Vorsorglich werde erneut die Zahlung des Konkursverwalters an den Kläger genehmigt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), da es an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen für eine abschließende Entscheidung durch den Senat fehlt.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 5. August 1988 (Geschäftszeichen: III 13) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 1989 (Geschäftszeichen: III 08 – 222 442 – W 1320/88). Inhaltlich trifft dieser Bescheid eine Regelung iS des § 31 SGB X nur insoweit, als die Beklagte vom Kläger die Zahlung eines Betrages von 1.405,00 DM verlangt. Dies folgt aus der entsprechenden Erklärung der Beklagten mit dem für den Adressaten ersichtlichen Erklärungswillen (vgl BSGE 67, 221, 224 = SozR 3-4100 § 117 Nr 3; BSG SozR 4100 § 117 Nr 21; BSG, Urteil vom 11. November 1993 – 7 RAr 94/92 –, unveröffentlicht). Der Bescheid enthält zwar in seinem Betreff die Formulierung “Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld”; dies bedeutet gleichwohl nicht, daß die Beklagte damit durch Verfügung eine entsprechende Feststellung getroffen hat. Der erste Absatz des Schreibens beinhaltet nämlich ausschließlich eine knappe Sachverhaltsdarstellung, der zweite eine Darlegung der Rechtslage (§ 117 Abs 2 und 3 AFG) und erst der dritte die auf § 117 Abs 4 Satz 2 AFG gestützte Erstattungsforderung iHv 1.405,00 DM. Der Wortlaut des Verwaltungsaktes, dessen Auslegung in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl Peters/Sautter/Wolff, Komm zur Sozialgerichtsbarkeit, Stand Februar 1993, § 162 RdNr 65 mwN), macht mithin deutlich, daß nur die Aufforderung zur Zahlung von 1.405,00 DM Verfügungssatz, alles andere Begründung ist (vgl zu einer ähnlichen Situation das oben genannte Urteil vom 11. November 1993).
Nicht Gegenstand des Verfahrens ist der weitere Bescheid der Beklagten vom 5. August 1988 (Geschäftszeichen: III 1) in der Gestalt des (weiteren) Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 1989 (Geschäftszeichen: III 08 – 222 442 – W 276/89). Darin hat die Beklagte dem Kläger (unter Aufhebung eines früheren Bescheides vom 16. Mai 1986) mitgeteilt, sie werde für den Zeitraum bis 23. Januar 1986 noch 3.623,60 DM vom Konkursverwalter geltend machen, nachdem bereits ein Betrag iHv 3.534,30 DM von dem dem Kläger zustehenden Konkursausfallgeld (Kaug) einbehalten worden sei. Zwar hat der Kläger auch gegen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt und mit der Klageschrift unter Angabe des Geschäftzeichens im Antrag zunächst – versehentlich – die Aufhebung des diesen Bescheid betreffenden Widerspruchsbescheides verlangt. Inhaltlich hat er sich jedoch im Klageverfahren ausschließlich gegen den Bescheid gewandt, mit dem die Beklagte von ihm die Erstattung von 1.405,00 DM verlangt hat. Nur über die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides haben das SG und das LSG befunden, ohne daß der Kläger dies gerügt hat. Es ist deshalb davon auszugehen, daß sich der Kläger nur gegen diesen Bescheid wehrt, so daß es keiner Entscheidung über den Regelungsinhalt des zweiten Bescheides der Beklagten (für die Zeit bis 23. Januar 1986) bzw über die Berechtigung der Beklagten bedarf, einen derartigen Bescheid überhaupt zu erlassen. Gegenstand des Verfahrens ist dann ebensowenig der Bescheid vom 19. Dezember 1985, mit dem die Beklagte dem Kläger in vergleichbarer Weise bereits früher mitgeteilt hatte, daß ein Betrag von 3.534,30 DM an Kaug einbehalten worden sei, weil der Anspruch auf Alg wegen eines noch offenen Arbeitsentgeltanspruchs in dieser Höhe ruhe und der Arbeitsentgeltanspruch auf sie übergegangen sei. Der angefochtene Erstattungsbescheid berührt diesen Bescheid weder formal noch in der Sache. Das prozessuale Begehren des Klägers stellt sich mithin als isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) gegen den Bescheid vom 5. August 1988 mit dem Geschäftszeichen III 13 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 1989 mit dem Geschäftszeichen III 08 – 222 442 – W 1320/88 dar.
Verfahrensfehler, die bei zulässiger Revision von Amts wegen zu beachten sind, stehen einer Entscheidung in der Sache nicht entgegen. Insbesondere war die Berufung nach §§ 143, 149 SGG in der bis 28. Februar 1993 geltenden Fassung zulässig; es handelt sich um einen Erstattungsstreit (vgl BSGE 67, 221, 223 = SozR 3-4100 § 117 Nr 3; BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 7), und der Beschwerdewert von 1.000,00 DM ist überschritten. § 144 Abs 1 Nr 2 SGG aF ist nicht einschlägig, da die Alg-Bewilligung für den Zeitraum vom 24. Januar bis 21. Februar 1986 nicht aufgehoben wurde (vgl zu einem solchen Fall BSGE 67, 221, 223 ff = SozR 3-4100 § 117 Nr 3).
Ob die Beklagte gegen den Kläger einen Anspruch auf Zahlung von 1.405,00 DM besitzt, der angefochtene Bescheid der Beklagten also rechtmäßig oder rechtswidrig ist, kann nicht abschließend entschieden werden. Hierzu sind weitere tatsächliche Feststellungen durch das LSG erforderlich, die zur Beurteilung der an § 117 AFG (idF des Sozialgesetzbuchs – Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihrer Beziehungen zu Dritten – vom 4. November 1982 – BGBl I 1450) zu messenden materiellen Rechtslage nachzuholen sind. Grundlage des Anspruchs der Beklagten ist § 117 Abs 4 Satz 2 AFG, dessen Inhalt sich allerdings erst vor dem Hintergrund des § 117 AFG insgesamt erschließt.
Absätze 1 bis 3 des § 117 AFG enthalten drei Ruhenstatbestände zur Vermeidung von Doppelleistungen. Nach Abs 1 ruht der Alg-Anspruch für Zeiten, für die Arbeitsentgelt gezahlt wird oder beansprucht werden kann; diese Regelung betrifft also Fälle der faktischen Beschäftigungslosigkeit (vgl hierzu BSGE 73, 90, 94 ff = SozR 3-4100 § 101 Nr 4; BSGE 73, 126, 128 ff = SozR 3-4100 § 101 Nr 5) während des Fortbestandes und bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses. Absätze 2 und 3 beinhalten eine Ruhensregelung für den Fall, daß wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der für den Arbeitgeber geltenden Kündigungsfrist eine Abfindung oder ähnliche Leistung gewährt wird oder beansprucht werden kann, allerdings nur mit der Wirkung des Ruhens für eine bestimmte Zeit nach Ende des Arbeitsverhältnisses. Abs 1a normiert schließlich die gleiche Rechtsfolge bei Zahlung einer Urlaubsabgeltung bzw bei Bestand eines Anspruchs hierauf für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs, zwangsläufig also ebenfalls für Zeiten nach Ende des Arbeitsverhältnisses, bei gleichzeitigem Ruhen wegen Abfindung aber im Anschluß an diesen Zeitraum (§ 117 Abs 2 Satz 5 AFG).
In allen Alternativen ist Alg unter den sonstigen Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 117 Abs 4 Satz 1 AFG gleichwohl – aber auch nur dann – zu gewähren, wenn der Arbeitslose die Leistung des Arbeitgebers tatsächlich nicht erhält. Dies bedeutet, daß der Alg-Anspruch, der nach Absätzen 1 bis 3 eigentlich aufgrund des gegenüber dem Arbeitgeber bestehenden Anspruchs ruhen würde, dann gerade nicht ruht (BSGE 60, 168, 171 = SozR 4100 § 117 Nr 16; BSG, Urteil vom 11. November 1993 – 7 RAr 94/92 –, unveröffentlicht). Zahlt die Bundesanstalt für Arbeit (BA) in diesem Sinne Alg “gleichwohl”, geht gemäß § 115 SGB X der Anspruch auf Arbeitsentgelt, Urlaubsabgeltung oder Abfindung usw bis zur Höhe des in der maßgeblichen Zeit erbrachten Alg auf sie über; § 117 Abs 4 Satz 1 AFG stellt insoweit durch einen Klammerzusatz klar, daß es sich bei allen in § 117 AFG genannten Varianten der das Ruhen des Alg-Anspruchs auslösenden Arbeitgeberleistungen um Arbeitsentgelt iS des § 115 SGB X handelt (BSGE 72, 111, 114 = SozR 3-4100 § 117 Nr 9; BAG, Urteil vom 17. Juni 1992 – 2 AZR 23/92 –, unveröffentlicht). Die BA wird auf diese Weise durch gesetzlichen Forderungsübergang anstelle des Arbeitnehmers Gläubiger des Arbeitgebers, ohne daß es hierzu der Feststellung durch Verwaltungsakt bedürfte bzw eine solche zulässig wäre.
Zahlt der Arbeitgeber trotz Gläubigerwechsels mit befreiender Wirkung (etwa gemäß §§ 412, 407 BGB bzw durch Genehmigung gemäß § 185 BGB) an den Arbeitnehmer, wird er zwar durch Erfüllung von der Schuld frei (§ 362 BGB), der Arbeitnehmer jedoch gemäß § 117 Abs 4 Satz 2 AFG gleichzeitig zur Erstattung des diesem Betrag entsprechenden Alg an die BA verpflichtet; diese kann den Anspruch durch Verwaltungsakt nach Anhörung (§ 24 SGB X) des Arbeitnehmers geltend machen. Der Arbeitnehmer muß unter diesen Umständen nur im übertragenen Sinne Alg erstatten (vgl BSGE 60, 168, 172 = SozR 4100 § 117 Nr 16; BSGE 67, 221, 225 = SozR 3-4100 § 117 Nr 3; BSG SozR 4100 § 117 Nr 19; SozR 3-4100 § 117 Nrn 5 und 6); die (zusätzliche) rückwirkende Aufhebung der Alg-Bewilligung ist deshalb weder erforderlich noch gerechtfertigt (BSGE 60, 168, 172 = SozR 4100 § 117 Nr 16; BSGE 67, 221, 223 = SozR 3-4100 § 117 Nr 3; BSGE 72, 111, 116 = SozR 3-4100 § 117 Nr 9; BSG SozR 4100 § 117 Nrn 18, 19, 20 und 22; BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 7; BSG, Urteile vom 20. Juni 1978 – 7/12/7 RAr 126/75 – und vom 11. November 1993 – 7 RAr 94/92 –, beide unveröffentlicht).
Vorliegend fehlen mehrere tatsächliche Feststellungen zur Entscheidung des Streitfalls vor diesem rechtlichen Hintergrund, wenngleich entgegen der Ansicht des Klägers der Erstattungsbescheid der Beklagten nicht wegen unterbliebener Anhörung rechtswidrig ist.
Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem nach § 24 Abs 1 SGB X Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern; nach Abs 2 der Vorschrift kann davon nur unter bestimmten, im Gesetz abschließend (vgl insoweit BSGE 44, 207, 209 = SozR 1200 § 34 Nr 2; BSG SozR 1200 § 34 Nr 9) aufgezählten Ausnahmen abgesehen werden. Die Beklagte hat den Kläger vor Erlaß des Bescheides vom 5. August 1988 nicht angehört. Es kann offenbleiben, ob sie hiervon gemäß § 24 Abs 2 SGB X hat absehen dürfen; denn ein Verfahrensfehler ist jedenfalls nach § 41 Abs 1 Nr 3 und Abs 2 SGB X durch Nachholung der unterbliebenen Anhörung im Widerspruchsverfahren geheilt worden.
Insofern ist erforderlich, daß die Begründung des mit dem Widerspruch angefochtenen Bescheides selbst alle Tatsachen enthält, auf die es nach der Rechtsansicht der Behörde für den Verfügungssatz objektiv ankommt (Schroeder-Printzen ua, SGB X, 2. Aufl § 41 Anm 2.3 mwN zur Rspr des BSG und BVerwG; Gemeinschaftskomm zum Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren, 1991, § 41 RdNr 13 mwN; Obermayer, Komm zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 1983, § 45 RdNr 17 mwN; offengelassen in BSGE 69, 247, 254 = SozR 3-1300 § 24 Nr 4). Der Bescheid vom 5. August 1988 erfüllt diese Voraussetzungen, so daß es keiner eigenständigen Nachholungshandlung bedurfte; er hat im Verhältnis zum Widerspruchsbescheid dieselbe rechtliche Qualität wie eine eigenständige Anhörung vor seinem Erlaß. Dem Kläger wurden die entscheidungserheblichen Tatsachen in einer Weise unterbreitet, die ihn in die Lage versetzten, diese als entscheidungserheblich zu erkennen und sich zu ihnen sachgerecht zu äußern (vgl zu dieser Voraussetzung: BSGE 69, 247, 251 ff = SozR 3-1300 § 24 Nr 4; BSG SozR 1300 § 24 Nr 6). Entscheidungserheblich sind alle Tatsachen, die zum Ergebnis der Verwaltungsentscheidung beigetragen haben, auf die sich also die Beklagte gestützt hat (BSGE 69, 247, 252 = SozR 3-1300 § 24 Nr 4; BSG vom 28. Juli 1992 – 5 RJ 31/89 –, HV-Info 1992, 2462, 2463). Dies gilt unabhängig davon, ob die Beklagte von der richtigen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung ausgegangen ist (BSGE 69, 247, 252 = SozR 3-1300 § 24 Nr 4).
Aus dem Bescheid der Beklagten konnte der Kläger alles Wesentliche ersehen, insbesondere die Bedeutung des Alters, der Betriebszugehörigkeitsdauer und des Arbeitsentgeltes der letzten Beschäftigung für die Höhe der Erstattungsforderung. Bei dieser Sachlage mußte ihm nicht mitgeteilt werden, welches Alter, welche Betriebszugehörigkeitsdauer und welches Arbeitsentgelt tatsächlich zugrunde gelegt wurde, da diese Daten dem Kläger selbst bekannt waren. Ihrem Inhalt nach verlangen die Vorschriften über die vorherige Anhörung nämlich nicht, daß der Sozialleistungsträger alle Einzelheiten, die bei der Entscheidung verwertet werden sollen, bekanntgibt. Die Verwirklichung des Anspruchs auf rechtliches Gehör setzt vielmehr eine aktive Beteiligung des Bürgers im eigenen Interesse voraus (BSG, Urteil vom 30. März 1982 – 2 RU 15/81 –, USK 8238; Urteil vom 26. September 1986 – 2 RU 39/85 –, HV-Info 1987, 21, 25). Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll nur “Gelegenheit” zur Kenntnis- und Stellungnahme geben (BSG, Urteil vom 26. September 1986, aaO). Vorliegend versetzte allein die Mitteilung, daß und in welchem Umfang es auf die persönlichen Daten des Klägers nach Auffassung der Beklagten ankam, diesen in die Lage, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Daß der angefochtene Bescheid keine nähere Begründung zur befreienden Wirkung der Zahlung an den Kläger enthält, ist schon deshalb unschädlich, weil die Beklagte die Rechtsfolge der Rechtswirksamkeit nicht aus besonderen Tatsachen abgeleitet hat.
Materiell-rechtlich stehen ihr Anspruch gegen den Kläger auf Zahlung von 1.405,00 DM gemäß § 117 Abs 4 Satz 2 AFG (wegen in der Zeit vom 24. Januar bis 21. Februar 1986 “gleichwohl” gezahltem Alg) und die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides indes noch nicht fest. Entgegen der Ansicht des LSG ist bereits nicht sicher zu beurteilen, ob und inwieweit es sich bei der im arbeitsgerichtlichen Vergleich vereinbarten Abfindung um eine Entschädigung iS der §§ 9, 10 KSchG und damit um einen Anwendungsfall des § 117 Abs 4 Satz 2 iVm Abs 2 und 3 oder iVm Abs 1 bzw Abs 1a AFG handelt. Sollte die vereinbarte Abfindungssumme in verdeckter Form Arbeitsentgelt bzw Urlaubsabgeltungsbeträge enthalten, so hätte dies nach der oben dargestellten Systematik des § 117 AFG uU Auswirkungen auf die Höhe der Erstattungssumme, weil sich der Zeitraum der Gleichwohlgewährung von Alg verschieben könnte. Zwar ist dem LSG zuzugestehen, daß der Wortlaut der Vereinbarung für die Anwendung des § 117 Abs 2 und 3 AFG spricht; jedoch ist gemäß § 133 BGB bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Die zwischen dem Kläger und dem Konkursverwalter getroffene Vereinbarung bedarf deshalb einer Auslegung unter Berücksichtigung der außerhalb der wörtlichen Erklärungen liegenden tatsächlichen Umstände (vgl BSGE 52, 47, 50 ff = SozR 4100 § 117 Nr 7; BSG, Breithaupt 1991, 708, 709 ff; BSG, Urteil vom 10. Dezember 1981 – 7 RAr 55/80 –, DBIRspr Nr 2726a zu § 117 AFG), die das Revisionsgericht nicht selbst ermitteln darf (vgl BSGE 52, 152, 162 = SozR 2200 § 405 Nr 10; BSGE 71, 265, 272 = SozR 3-4100 § 118b Nr 1).
Bei der Erforschung des wahren Willens der Vertragsparteien wird das LSG insbesondere zu beachten haben, was vor Abschluß des Vergleichs in der mündlichen Verhandlung besprochen worden ist. Auffällig ist jedenfalls die Höhe des vereinbarten Abfindungsbetrages mit 8.390,00 DM; sie läßt Zweifel daran aufkommen, ob man sich nicht an offenen Urlaubsabgeltungsansprüchen bzw Arbeitsentgeltansprüchen bis zum vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses orientiert hat. Sollte sich ergeben, daß die Erstattung von Alg für einen anderen Zeitraum als für den vom 24. Januar bis 21. Februar 1986 in Betracht kommt, so dürfte sich die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hiermit kaum rechtfertigen lassen, da es sich in diesem Falle um einen anderen, vom angefochtenen Bescheid nicht erfaßten Verfahrensgegenstand handeln würde. Selbst eine Umdeutung (§ 43 SGB X) dürfte im Hinblick auf den zweiten Bescheid der Beklagten vom 5. August 1988 (betreffend die Zeit bis 23. Januar 1986) scheitern. Zudem ergeben sich aus der Leistungsakte der Beklagten Hinweise darauf, daß sie vom Konkursverwalter sogar für die Zeit nach Eröffnung des Konkursverfahrens bis 23. Januar 1986 mit einer Quote von 98,855 % befriedigt worden ist, nachdem für den Kaug-Zeitraum eine “Verrechnung” des übergegangenen Anspruchs auf Arbeitsentgelt mit Kaug erfolgt war. Dies bedarf näherer Feststellungen durch das LSG.
Dem steht nicht entgegen, daß das LSG in seiner Entscheidung formuliert hat, es sei nicht erkennbar, daß die Parteien des Arbeitsgerichtsprozesses mit ihrer Bezugnahme auf die §§ 9, 10 KSchG im Vergleich etwas anderes zum Ausdruck bringen wollten, als daß die Abfindung eine Entschädigung für den Arbeitsplatzverlust sein sollte. Hierbei handelt es sich nicht um eine den Senat bindende tatsächliche Feststellung (§ 163 SGG) über das wirklich Gewollte, sondern allenfalls darüber, was die Vertragsparteien formal zu Papier gebracht haben.
In diesem Zusammenhang wird das LSG auch zu prüfen haben, ob und inwieweit die Vereinbarung vom 29. Januar 1986 über die rückwirkende Beendigung des Arbeitsverhältnisses (zum 23. Januar 1986) und den damit verbundenen Verzicht auf Arbeitsentgelt der Beklagten gegenüber überhaupt wirksam war. Dabei wird es weniger darauf ankommen, ob der Konkursverwalter Kenntnis vom Forderungsübergang auf die Beklagte (§§ 412, 407 BGB) hatte, als auf die grundsätzliche Dispositionsfreiheit des Arbeitnehmers über das Ende des Arbeitsverhältnisses (vgl: BSGE 46, 20, 24 = SozR 4100 § 117 Nr 2; BAG ZIP 1981, 76, 78 f; BB 1986, 2202, 2204; BAG, Urteil vom 15. Dezember 1988 – 2 AZR 189/88 –, unveröffentlicht; Gagel/Vogt, Beendigung von Arbeitsverhältnissen, 1992, RdNrn 182 ff und 194 ff mwN; Christopher Müller, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, 1991, S 164 ff mwN), falls nicht ein Fall des Rechtsmißbrauchs vorliegt (vgl BAG ZIP 1981, 1364, 1365; BB 1986, 2202, 2204; Urteil vom 15. Dezember 1988; Gagel/Vogt aaO; Müller aaO).
Eine nähere Prüfung durch das LSG drängt sich deshalb auf, weil bislang nicht festgestellt ist, zu welchem das Arbeitsverhältnis beendenden Zeitpunkt die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberin vom 19. August 1985 erfolgt ist. Bei rückwirkender Vereinbarung über das Ende des Arbeitsverhältnisses – wie vorliegend – ist Rechtsmißbrauch jedenfalls dann nicht ausgeschlossen, wenn das Ende des Arbeitsverhältnisses schon vor den durch die Kündigung fixierten Termin gelegt wird. Ohne daß das LSG zum Inhalt der Kündigungserklärung vom 19. August 1985 nähere Feststellungen getroffen hat, geht es offenbar davon aus, daß eine (ordentliche) Kündigung im Hinblick auf § 2 Abs 1 Satz 2 des mittlerweile aufgehobenen Angestelltenkündigungsschutzgesetzes (AngKSchG) erst zum 31. März 1986 erfolgt ist. Die Rückverlegung im arbeitsgerichtlichen Vergleich auf den 23. Januar 1986 könnte deshalb den Mißbrauchstatbestand erfüllen, soweit Ansprüche auf die Beklagte übergegangen sind oder übergehen konnten. Über die Auswirkungen einer uU vollständigen oder teilweisen Unwirksamkeit des Vergleichs müßte das LSG befinden.
Dem kann hier nicht entgegengehalten werden, die Wirksamkeit des zur Beendigung eines Kündigungsschutzprozesses geschlossenen Vergleichs sei von den Sozialgerichten nicht überprüfbar. Das Bundessozialgericht (BSG) hat dies zwar in einem Rechtsstreit zweier Beteiligten entschieden, die zuvor in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren einen Vergleich abgeschlossen hatten, über dessen Wirksamkeit in diesem Verfahren noch gestritten wurde (BSGE 52, 152, 165 = SozR 2200 § 405 Nr 10). Die vorliegende Sach- und Rechtslage ist dem aber nicht vergleichbar, weil die Beklagte als durch den zwischen dem Kläger und dem Konkursverwalter geschlossenen arbeitsgerichtlichen Vergleich Belastete gerade nicht die Möglichkeit besitzt, die Unwirksamkeit des Vergleichs unter Fortsetzung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens geltend zu machen.
Sollte sich bei näherer Untersuchung durch das LSG bestätigen, daß es sich bei dem Zahlungsbetrag von 8.390,00 DM tatsächlich in vollem Umfang oder teilweise um eine Abfindung handelt, also nicht um Arbeitsentgelt bzw Urlaubsabgeltung, käme zwar § 117 Abs 2 und 3 AFG als Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch nach § 117 Abs 4 Satz 2 AFG in Betracht. Abschließend kann dies jedoch wiederum nicht sicher beurteilt werden. Nach § 117 Abs 2 Satz 1 AFG ruht der Anspruch auf Alg, wenn der Arbeitslose wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten oder zu beanspruchen hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist, vom Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte. Die Frist beginnt vorliegend mit dem Zeitpunkt der Kündigung (Satz 2). Nach § 117 Abs 3 AFG verkürzt sich der Ruhenszeitraum jedoch unter verschiedenen Gesichtspunkten. Ua ruht der Alg-Anspruch nicht über den Tag hinaus, bis zu dem der Arbeitslose bei Weiterzahlung des während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdienten Arbeitsentgelts einen Betrag iHv 70 vH der Abfindung, Entschädigung oder ähnlichen Leistung als Arbeitsentgelt verdient hätte (Satz 2 Nr 1). Der zu berücksichtigende Anteil vermindert sich indes sowohl für je 5 Jahre des Arbeitsverhältnisses im selben Betrieb oder Unternehmen als auch für je 5 Lebensjahre nach Vollendung des 35. Lebensjahres um je 5 vH bis auf allenfalls 30 vH (Satz 3). Letzte Beschäftigung iS des Satzes 2 Nr 1 sind die am Tage des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Lohnabrechnungszeiträume, die mindestens 20 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassen (Satz 4), wobei bestimmte Arbeitsentgeltkürzungen und einmalige Zuwendungen außer Betracht bleiben (Satz 5).
Es ist bereits nicht nachvollziehbar, welchen tatsächlichen Umständen und vertraglichen Regelungen das LSG iVm § 2 des AngKSchG (mittlerweile aufgehoben durch das Kündigungsfristengesetz vom 7. Oktober 1993 – BGBl I 1668 – wegen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Mai 1990 – BVerfGE 82, 126 ff) die Rechtsfolge entnimmt, daß die frühere Arbeitgeberin des Klägers zum 31. März 1986 (5 Monate zum Quartalsende durch Erklärung vom 19. August 1985) rechtswirksam hätte kündigen können. Selbst wenn man davon ausginge, daß die Ausführungen des LSG insoweit richtig sind, läßt sich die Berechnung des Zeitraums nicht nachvollziehen, in dem der Alg-Anspruch geruht hätte bzw geruht hat. Richtigerweise sind zwar die Beklagte und das LSG im Hinblick auf das Alter des Klägers und dessen Betriebszugehörigkeitsdauer nur von einer anrechnungsfähigen Abfindung iHv 40 vH ausgegangen. Keine Ausführungen enthält das Urteil des LSG jedoch zum während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich (vgl hierzu BSGE 46, 20, 31 f = SozR 4100 § 117 Nr 2) verdienten Arbeitsentgelt. Hierzu heißt es im Urteil des Berufungsgerichts ausschließlich und ohne Rücksicht auf die gesetzlich erforderliche Differenzierung (abgerechnete Lohnabrechnungszeiträume mit Anspruch auf Arbeitsentgelt für 20 Tage ohne einmalige Zuwendungen), der Kläger sei “zuletzt” gegen eine monatliche Vergütung von 3.379,00 DM brutto beschäftigt gewesen. Das LSG wird somit eine ordnungsgemäße Bestimmung des “Ruhenszeitraums” nachzuholen haben, wobei gegenwärtig keine Anhaltspunkte für eine eventuelle weitere Verkürzung (§ 117 Abs 2 Satz 2 Nrn 2 und 3 AFG) ersichtlich sind.
Sollte das LSG nach alldem zur Erkenntnis gelangen, daß für den gesamten Zeitraum vom 24. Januar bis 21. Februar 1986 oder für einen Teilzeitraum der Anspruch geruht hat oder geruht hätte, dann ergibt sich gleichwohl weder zwangsläufig ein Anspruch der Beklagten auf die Arbeitgeberleistung in Höhe des gezahlten Alg (§ 117 Abs 4 Satz 1 AFG iVm § 115 SGB X) noch – daraus folgend – ein Erstattungsanspruch der Beklagten gegen den Kläger (§ 117 Abs 4 Satz 2 AFG).
§ 117 Abs 4 Satz 1 AFG greift nämlich nur ein, wenn der Arbeitslose die Arbeitgeberleistung nicht erhält. Die Vorschrift ist gerade nicht einschlägig, wenn die zu vermeidende Doppelleistung (Arbeitgeberleistung und Alg) tatsächlich erfolgt ist (BSGE 72, 111, 113 = SozR 3-4100 § 117 Nr 9), also Alg trotz der schon erbrachten Arbeitgeberleistung gezahlt wird. Ob und wann der Konkursverwalter den “Abfindungsbetrag” an den Kläger gezahlt hat, ist nicht bekannt. Es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, daß dies bereits vor dem 21. Februar 1986 geschehen ist. Hieraus ergibt sich möglicherweise, daß für einen Teilzeitraum eine Gleichwohlgewährung überhaupt nicht vorlag, sondern eine rechtswidrig gewordene Alg-Zahlung. Dem hätte nur durch Aufhebung der Alg-Bewilligung gemäß § 48 SGB X Rechnung getragen werden können (vgl zur Situation des § 45 SGB X BSGE 72, 111 ff = SozR 3-4100 § 117 Nr 9), die hier nicht erfolgt ist. Die Rückforderung enthält diese Aufhebung jedenfalls nicht (BSGE 72, 111, 113 = SozR 3-4100 § 117 Nr 9; BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 10). Ob eine Umdeutung (§ 43 SGB X) möglich ist, bedürfte der Prüfung (abgelehnt für § 45 SGB X in: BSGE 72, 111, 117 = SozR 3-4100 § 117 Nr 9; BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 10).
Darüber hinaus sieht § 115 Abs 1 SGB X einen Anspruchsübergang auf den Sozialleistungsträger – mithin auch auf die Beklagte – erst mit der Zahlung der Sozialleistung – hier des Alg – vor (BSGE 72, 111, 116 = SozR 3-4100 § 117 Nr 9; BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 10; BAG AP Nr 12 zu § 117 AFG). Zum Zahlungszeitpunkt des Alg fehlen ebenfalls Feststellungen des LSG; ohne diese läßt sich nicht beurteilen, ob und inwieweit die Beklagte Inhaberin eines Anspruchs auf die “Abfindung” und in der Folge Inhaberin eines Erstattungsanspruchs gegen den Kläger (§ 117 Abs 4 Satz 2 AFG) geworden ist.
Der Anwendung des § 117 Abs 4 Satz 1 AFG könnte allerdings nicht entgegengehalten werden, der Anspruch der Beklagten auf die Abfindung sei frühestens am 29. Januar 1986 durch die Vereinbarung des Klägers mit dem Konkursverwalter entstanden; für die Zeit davor liege deshalb mangels bestehenden, geschweige denn fälligen Anspruchs überhaupt keine Gleichwohlgewährung iS des § 117 Abs 4 Satz 1 AFG vor. Die Vorschrift soll vielmehr auch die Fälle erfassen, in denen – zulässigerweise – eine rückwirkende Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung eines Abfindungsbetrages vereinbart wird (BAG, Urteil vom 17. Juni 1992 – 2 AZR 23/92 –, unveröffentlicht; im Ergebnis BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 5). Obwohl der Abfindungsanspruch zwischen dem vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses und dem Vertragsabschluß noch nicht bestand, ist die Annahme einer Gleichwohlgewährung dadurch gerechtfertigt, daß bis zum Abschluß des das Arbeitsverhältnis beendenden Vergleichs mögliche Arbeitsentgeltansprüche über den vereinbarten Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses hinaus im Raume standen, an deren Stelle nunmehr Teile der vereinbarten Abfindung getreten sind. Wenn einerseits § 117 Abs 2 und 3 AFG die unwiderlegliche Vermutung aufstellt, daß der Abfindungsbetrag Arbeitsentgelt enthält (BSGE 72, 111, 114 = SozR 3-4100 § 117 Nr 9; BSG SozR 4100 § 117 Nrn 3, 5, 14 und 26; SozR 3-4100 § 117 Nr 6; BAG, Urteil vom 17. Juni 1992 – 2 AZR 23/92 –, unveröffentlicht), dann liegt es andererseits nahe, derartige Ansprüche schon für Zeiten vor Begründung der Abfindungsforderung bei erfolgter Zahlung von Alg (rückwirkend) auf die Beklagte übergehen zu lassen.
Sollte sich unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen herausstellen, daß die Beklagte gemäß § 117 Abs 4 Satz 1 AFG iVm § 115 SGB X Inhaber eines Anspruchs auf Teile der “Abfindung” für Zeiten geworden ist, die nach dem 23. Januar und vor dem 22. Februar 1986 liegen, so wäre der Kläger insoweit gemäß § 117 Abs 4 Satz 2 AFG verpflichtet, das in dieser Zeit gezahlte Alg zu erstatten. Der angefochtene Bescheid der Beklagten wäre dann ganz oder teilweise rechtmäßig. Die Voraussetzung der Zahlung an den Kläger mit befreiender Wirkung gegenüber der Beklagten ist bereits unabhängig davon erfüllt, ob der Konkursverwalter bei Zahlung Kenntnis vom Anspruchsübergang hatte (§§ 412, 407 BGB); die Wirksamkeit würde sich zumindest aus der mittlerweile erfolgten Genehmigung durch die Beklagte ergeben (vgl hierzu BSG SozR 3-4100 § 117 Nrn 6 und 7 mwN). Genauerer Feststellungen des LSG bedürfte es jedoch zur Höhe des im maßgeblichen Zeitraum gezahlten Alg; schließlich wird das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen