Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 16.06.1989) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 16. Juni 1989 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Streitig ist die Höhe von Arbeitslosengeld (Alg) und Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Der 1948 geborene Kläger ist kinderlos und nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) unverheiratet. Er meldete sich am 21. Mai 1986 arbeitslos und beantragte Alg mit Wirkung ab 24. Mai 1986. Er war vom 5. Dezember 1983 bis 23. Mai 1986, zuletzt als Elektromechaniker, im Ausland beschäftigt. Die wöchentliche Arbeitszeit betrug nach dem Manteltarifvertrag Teil 2 für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Metallindustrie Hamburgs und Umgebung vom 11. Juli 1984 (MTV) – gültig ab 1. April 1985 – 38,5 Stunden; für die Auslandstätigkeit war eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden zwischen dem Kläger und seinem damaligen Arbeitgeber vereinbart worden. Mit Bescheid vom 27. Juni 1986 gewährte die Beklagte dem Kläger Alg ab 24. Mai 1986 zunächst auf der Grundlage eines wöchentlichen Arbeitsentgelts von 755,00 DM, das sie auf den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 17. Juli 1986 auf wöchentlich 845,00 DM berichtigte.
Hierbei ging sie von einem durchschnittlichen Stundenarbeitsentgelt von 21,97 DM aus (15.825,36 DM Arbeitsentgelt vom 1. Februar bis 28. April 1986 geteilt durch 720 Arbeitsstunden) unter Berücksichtigung einer tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden. Der weitergehende Widerspruch des Klägers, mit dem er ein höheres Alg auf der Basis von ca 940,00 DM begehrte, wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 1986).
Während des Klageverfahrens bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Februar 1987 die Leistung ab 24. Mai 1986 nach einem wöchentlichen Arbeitsentgelt von 940,00 DM, weil sie die Auslandszulagen für Februar und März 1986 (967,00 DM und 748,65 DM) in die Bemessung mit einbezog; für April 1986 hatte der Kläger keine Auslandszulage erhalten. Hiernach ergab sich ein durchschnittliches Stundenarbeitsentgelt für die Zeit vom 1. Februar bis 28. April 1986 von 24,36 DM. Die Beklagte ging dabei weiterhin von einer tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden aus.
Ab 24. März 1987 erhielt der Kläger gem Bescheid vom 23. März 1987 Alhi auf der Grundlage eines Arbeitsentgelts von 940,00 DM wöchentlich. Mit Bescheid vom 5. Mai 1987 wurde die Leistung ab 29. April 1987 erhöht, da das Arbeitsentgelt auf 965,00 DM festgesetzt wurde. Vom 23. Juni bis 30. November 1987 war der Kläger beschäftigt.
Die Klage, mit der die Aufhebung des Bescheides vom 27. Juni 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 1986 und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines höheren Alg unter Berücksichtigung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden begehrt wurde, hatte keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts –SG– vom 24. November 1987).
Während des Berufungsverfahrens ist dem Kläger mit Bescheid vom 26. Januar 1988 ab 15. Dezember 1987 Alhi nach einem Arbeitsentgelt von 965,00 DM wöchentlich bewilligt worden. Ab 29. April 1988 wurde die Leistung gemäß Bescheid vom 25. April 1988 nach einem Arbeitsentgelt von 1.000,00 DM wöchentlich bemessen.
Mit der vom SG zugelassenen Berufung hat der Kläger beantragt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 27. Juni 1986 und 17. Juli 1986, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 1986, sowie die Bescheide vom 10. Februar 1987, 23. März 1987, 5. Mai 1987, 26. Januar und 25. April 1988 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm höheres Alg bzw höhere Alhi unter Berücksichtigung einer Stundenzahl von 48 als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit für die Zeit vom 24. Mai 1986 bis 23. März 1987 (Alg) und für die Zeiten vom 24. März bis 22. Juni 1987 sowie vom 15. Dezember 1987 bis zur Arbeitsaufnahme im Mai 1988 (Alhi) zu zahlen.
Das Berufungsgericht hat die Allgemeinen Bestimmungen für den Auslandseinsatz von Arbeitnehmern des früheren Arbeitgebers des Klägers (Preussag-AG Bauwesen), den Arbeitsvertrag des Klägers vom 2. Dezember 1983, den MTV für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Metallindustrie Hamburgs und Umgebung vom 11. Juli 1984 (Teil 2) und den Bundestarifvertrag vom 30. April 1980 für die besonderen Arbeitsbedingungen der Montagearbeiter in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie einschließlich des Fahrleitungs-, Freileitungs-, Ortsnetz- und Kabelbaues (TV) beigezogen.
Mit Urteil vom 16. Juni 1989 hat das LSG die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Seine Entscheidung hat es im wesentlichen wie folgt begründet:
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens habe sich das Gericht nicht davon überzeugen können, daß die dem Kläger gewährten Leistungen höher zu berechnen seien. Streitig sei insoweit nur, ob die Beklagte den Faktor „Zahl der Arbeitsstunden, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit … ergibt”, richtig gewählt habe. Die Beklagte habe diesen Faktor mit 38,5 Stunden zutreffend zugrunde gelegt.
Tariflich bestimmt sei die Arbeitszeit, die durch Betriebsvereinbarung oder Einzelarbeitsvertrag festgelegt worden sei, wenn ein Tarifvertrag dies ausdrücklich vorsehe und sich die Betriebsvereinbarung oder der Einzelarbeitsvertrag in dem vom Tarifvertrag bestimmten Rahmen halte. Dabei stelle das Gesetz auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ab, die der Tarifvertrag vorsehe.
Nach der Vereinbarung zwischen dem Kläger und seinem früheren Arbeitgeber sei für die Auslandstätigkeit eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden vorgesehen gewesen. Diese Arbeitszeit finde keine Entsprechung in einem einschlägigen Tarifvertrag. Da der Kläger Mitglied der IG-Metall sei und sein früherer Arbeitgeber ebenfalls tarifgebunden gewesen sei, finde sowohl der MTV als auch der TV unmittelbare Anwendung, ohne daß es einer besonderen Bezugnahme im Arbeitsvertrag bedurft hätte.
Der MTV sehe in § 2 eine tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen von 38,5 Stunden vor. Eine Verlängerung dieser regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf 48 Stunden, wie sie in dem Einzelvertrag mit dem Kläger festgelegt sei, sei in diesem Tarifvertrag nicht vorgesehen. Der TV enthalte in seiner Anmerkung 2 zu § 1 den Hinweis, daß Montagen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) durch den Tarifvertrag nicht erfaßt würden. Insoweit seien die besonderen Arbeitsbedingungen der Auslandsmontage mit dem Montagestammarbeiter einzelvertraglich zu vereinbaren. Durch die in dem Tarifvertrag vorgesehene einzelvertragliche Regelung besonderer Arbeitsbedingungen bei Auslandsmontage werde die in einer solchen Einzelvereinbarung vereinbarte Arbeitszeit keine tarifliche. Arbeitszeitregelungen gehörten zu den allgemeinen Arbeitsbedingungen und nicht zu den im TV geregelten besonderen Arbeitsbedingungen. Die einzelvertragliche Vereinbarung von 48 Arbeitsstunden wöchentlich sei deshalb keine tariflich abgesicherte Vereinbarung einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit.
Selbst wenn der Kläger und sein früherer Arbeitgeber nicht tarifgebunden gewesen wären, würde der Zeitfaktor von 38,5 Stunden richtig gewählt sein. Wenn auf die Tätigkeit des Klägers ein Tarifvertrag nicht unmittelbar anzuwenden wäre, wäre nach § 112 Abs. 4 Nr. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) die tarifliche Regelung für eine gleiche oder ähnliche Beschäftigung maßgebend. Der Kläger sei nach seinem Arbeitsvertrag als Elektromechaniker für Service, Inbetriebnahme und Montage vorwiegend im Ausland beschäftigt worden. Ohne daß es auf den Ort der Tätigkeit ankomme, lasse sich diese Tätigkeit zwanglos in den MTV einordnen. Das entspreche auch dem Gesetzeszweck. Die Regelung des § 112 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 2 AFG diene zum einen dem Ausgleich von Schwankungen in der Arbeitszeit und dem Ausschluß zufälliger, ungewöhnlich hoher Verdienste durch Mehrarbeit, zum anderen aber auch der Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens. Dieser Gesetzeszweck schließe die Berücksichtigung örtlicher betrieblicher Sonderbedingungen aus. Dies müsse insbesondere für Baustellen im Ausland gelten.
Auch die Unterscheidung des MTV zwischen der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden und der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (37 bis 40 Stunden) führe nicht dazu, daß die Beklagte den Zeitfaktor über 38,5 Stunden hinaus etwa mit maximal 40 Stunden ansetzen müßte. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung des § 112 Abs. 2 und 4 AFG sei die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nicht maßgebend.
Da die Beklagte nach allem zu Recht als tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 38,5 Stunden bei der Berechnung der dem Kläger gewährten Leistungen zugrunde gelegt habe, habe die Berufung gegen das angefochtene Urteil keinen Erfolg haben können.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 112 Abs. 4 Nr. 2 AFG. Er trägt vor, es sei unstreitig festgestellt worden, daß er regelmäßig wöchentlich 48 Stunden im Ausland gearbeitet habe. Wenn das LSG auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 1979 hinweise, wonach nicht auf die individuelle Arbeitszeit inklusive Mehrstunden wie Überstunden zurückgegriffen werden dürfe, so möge das dahinstehen. Unstreitig sei, daß die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers im Ausland 48 Stunden betragen habe. Wenn § 112 Abs. 4 Nr. 2 AFG die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Alg als „übliche Arbeitszeit” bezeichne, so sei hiermit nicht nur die branchenübliche, sondern auch die ortsübliche Arbeitszeit gemeint. Danach sei auch die regelmäßige Arbeitszeit im Ausland maßgebend. Der Wortlaut des § 112 Abs. 4 Nr. 2 AFG lasse diese Interpretation im Gegensatz zu der Rechtsauffassung der Vorgerichte zu.
Der Kläger beantragt,
- das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 16. Juni 1989 und das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 24. November 1987 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. Mai 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 1986 aufzuheben und
- die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger höheres Alg bzw höhere Alhi unter Berücksichtigung einer Stundenzahl von 48 als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit für die Zeit vom 24. Mai 1986 bis 23. März 1987 (Alg) und für die Zeit vom 24. März 1987 bis 22. Juni 1987 sowie vom 15. Dezember 1987 bis zur Arbeitsaufnahme im Mai 1988 (Alhi) unter Anwendung einer wöchentlichen
Bemessungsgrundlage von 1.085,00 DM zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie verweist auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist iS der Zurückverweisung begründet.
Die Revision ist zulässig. Ihre Begründung genügt noch den Anforderungen des § 164 Abs. 2 Satz 3 SGG. Dem Vorbringen des Klägers ist zu entnehmen, daß er höheres Alg und höhere Alhi begehrt sowie eine Verletzung des § 112 Abs. 4 Nr. 2 AFG rügt, weil er eine andere Rechtsauffassung als das LSG vertritt.
Gegenstand des Verfahrens sind nach den in der Berufungs- und in der Revisionsinstanz gestellten Anträgen die Bescheide vom 27. Juni und 17. Juli 1986, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 1986, soweit es die Beklagte ablehnt, dem Kläger höhere Leistungen zu zahlen, als sie ihm zustünden, wenn die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 48 Stunden betragen würde. Dasselbe gilt für die Bescheide vom 10. Februar 1987, 23. März 1987 und 5. Mai 1987, die in der ersten Instanz ergangen sind. Sie sind kraft Gesetzes gem § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Sie sind jeweils hinsichtlich der Höhe der Leistung an die Stelle der vorab ergangenen Bescheide getreten. Sie gelten als mit der Klage angefochten. Eines Vorverfahrens bedarf es daher nicht.
Unerheblich ist, daß das SG über diese nach dem Widerspruchsbescheid ergangenen Bescheide nicht entschieden hat. Der Kläger hat, wie aus seinen in der Berufungsinstanz gestellten Anträgen hervorgeht, diesen in der Vorinstanz nicht erledigten Teil des Rechtsstreits vor das Berufungsgericht gebracht. Die Beklagte hat dem nicht widersprochen, so daß nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) dem LSG auch die Entscheidung über diese Bescheide angefallen ist (BSGE 27, 146, 149 = SozR Nr. 21 zu § 96 SGG; BSGE 45, 49, 50 = SozR 1500 § 96 Nr. 6; BSGE 61, 45, 47 = SozR 1500 § 96 Nr. 33). Zu Recht hat das LSG auch die Bescheide vom 20. Januar und 25. April 1988 in das Verfahren mit einbezogen. § 96 SGG gilt auch im Berufungsverfahren. Das hat zur Folge, daß nicht nur das Vorverfahren entfällt, sondern auch der erste Rechtszug. Das LSG entscheidet insoweit auf Klage (BSG SozR 1500 § 146 Nr. 14 mwN).
Der Einbeziehung der in dem Berufungsverfahren erlassenen Bescheide über die Bewilligung von Alhi steht nicht entgegen, daß eine Entscheidung über eine andere Leistung – Alhi statt Alg – getroffen wird. Nach der st Rspr des BSG ist § 96 SGG aus Gründen der Prozeßökonomie weit auszulegen und entsprechend anzuwenden, wenn der neue Verwaltungsakt mit dem Streitstoff in Zusammenhang steht und der Grundgedanke des § 96 SGG die Einbeziehung rechtfertigt (BSGE 34, 255, 256 ff; 47, 168, 171; BSG SozR 1500 § 96 Nrn 14, 32). Das ist hier der Fall. Der Prozeßstoff des bisherigen Verfahrens steht auch mit der Höhe der Alhi in engem Zusammenhang. Die Auslegung des Begriffs „tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit” ist auch für die Folgebescheide von Bedeutung. Grundsätze der Prozeßökonomie gebieten es daher, in dem hier anhängigen Verfahren auch über die Alhi-Bescheide zu entscheiden. Das hat das LSG auch getan und nicht etwa die von dem Kläger angefochtenen Bescheide, soweit sie im Berufungsverfahren ergangen oder angefallen sind, übergangen. Das kommt zwar in dem Tenor seines Urteils nicht zum Ausdruck, weil es hiernach nur die Berufung zurückgewiesen, nicht aber die Klagen gegen diese Bescheide abgewiesen hat. Den Gründen seines Urteils ist jedoch zu entnehmen, daß es die Klagen für unbegründet hält.
Die tatsächlichen Feststellungen des LSG lassen eine abschließende Entscheidung nicht zu. Nach den Gesamtumständen kann davon ausgegangen werden, daß die Voraussetzungen für die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Alg und Alhi dem Grunde nach vorliegen. Streitig ist allein die Höhe dieser Ansprüche.
Nach § 111 Abs. 1 AFG idF des 7. Gesetzes zur Änderung des AFG vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2484) beträgt das Alg für Arbeitslose, die mindestens ein zu berücksichtigendes Kind haben, 68 vH und für die übrigen Arbeitslosen 63 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts (§ 112). Nach § 112 Abs. 2 AFG in der bis zum 31. Dezember 1987 geltenden Fassung (aF) ist Arbeitsentgelt iS von § 111 Abs. 1 AFG das im Bemessungszeitraum in der Arbeitsstunde durchschnittlich erzielte Arbeitsentgelt, vervielfacht mit der Zahl der Arbeitsstunden, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt. Bemessungszeitraum sind gemäß § 112 Abs. 3 AFG aF die letzten vor dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten, insgesamt 60 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt umfassenden Lohnabrechnungszeiträume der letzten die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor der Entstehung des Anspruchs. Maßgebend ist deshalb die Beschäftigung des Klägers im letzten abgerechneten und insgesamt 60 Tage umfassenden Lohnabrechnungszeitraum seiner Beschäftigung bei der Fa. Preussag vor der Entstehung seines Anspruchs. Wann dieser Lohnabrechnungszeitraum abgerechnet worden ist, hat das LSG nicht festgestellt. Nach seinen Feststellungen kann jedoch davon ausgegangen werden, daß der Kläger in dieser Zeit regelmäßig wenigstens 48 Stunden wöchentlich gearbeitet hat, wie es für die Auslandstätigkeit zwischen ihm und der Fa. Preussag vereinbart war. Ob das im Bemessungszeitraum in der Arbeitsstunde durchschnittlich erzielte Entgelt zur Bestimmung des Arbeitentgelts mit dieser Arbeitszeit oder jedenfalls einer längeren als der von 38,5 Wochenstunden zu vervielfältigen ist, die den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegt, kann aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen nicht entschieden werden.
Tariflich bestimmt als Faktor für die Berechnung des Arbeitsentgelts ist die Arbeitszeit, die durch Betriebsvereinbarung oder Einzelarbeitsvertrag festgelegt worden ist, wenn ein Tarifvertrag dies ausdrücklich vorsieht und sich die Betriebsvereinbarung oder der Einzelarbeitsvertrag in dem vom Tarifvertrag bestimmten Rahmen hält (BSGE 51, 64 = SozR 4100 § 112 Nr. 15; SozR 4100 § 112 Nr. 14). Hierbei wird, wie das LSG zutreffend erkannt hat, auf die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit abgestellt, die der Tarifvertrag vorsieht. Nach dem für den Kläger und seinen früheren Arbeitgeber maßgeblichen MTV ist eine tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen von 38,5 Stunden vorgesehen. Zweifellos handelt es sich hier insoweit um die für die Vertragsparteien maßgebliche tarifliche Arbeitszeit. An den ihr zugrundeliegenden MTV sind gemäß dessen § 1 die Mitglieder der vertragsschließenden Parteien, zu denen nach den Feststellungen des LSG auf der einen Seite der Kläger und auf der anderen sein früherer Arbeitgeber gehörte, gebunden, dh sie waren den Bestimmungen des MTV unterworfen. Dieses gilt auch für die Arbeitsverhältnisse der auf Montage oder ähnlichen Arbeitsstätten beschäftigten Arbeitnehmer, soweit es sich nicht um Arbeitnehmer auswärtiger Firmen handelt. Letzteres ist hier nicht der Fall.
Der Kläger war aufgrund seines Arbeitsvertrages verpflichtet, auf Weisung seines Arbeitgebers auf Montagen zu arbeiten. Er war also gemäß § 2 TV Montagestammarbeiter und unterlag damit den für den entsendenden Betrieb geltenden Tarifbestimmungen. Dennoch folgt auch hieraus nicht, daß die zwischen dem Kläger und seinem früheren Arbeitgeber für die Auslandstätigkeit vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden außer Betracht bleiben muß. Diese Tätigkeit wurde nämlich nicht vom räumlichen Geltungsbereich des MTV erfaßt. Dieser galt für die gewerblichen Arbeitnehmer der Metallindustrie Hamburgs und Umgebung. Er konnte also bereits deshalb seinen Geltungsbereich nicht auf das Ausland erstrecken, und zwar unabhängig davon, ob der MTV unmittelbar oder kraft Arbeitsvertrags anzuwenden war, was das LSG verkannt hat. Dies schließt allerdings nicht aus, daß sich der MTV im Ausland auswirkte und die Arbeitsverhältnisse beeinflußte, soweit sie ganz oder überwiegend im Ausland zu erfüllen waren. Der Tarifvertrag kann derartige Arbeitsverhältnisse nach allgemeiner Meinung erfassen (Wiedemann/Stumpf, Tarifvertragsgesetz, 5. Aufl, § 1 Rz 32; BAG AP 9 Internationales Privatrecht, Arbeitsrecht). Ob eine solche Außenwirkung vorliegt, die dahin geht, daß der MTV auch für Tätigkeiten im Ausland gilt, insbesondere hinsichtlich der Arbeitszeit, läßt sich nicht zweifelsfrei entscheiden.
Dem § 1 Abs. 1 MTV ist nicht zu entnehmen, daß der Vertrag auch für Tätigkeiten im Ausland hinsichtlich der Arbeitszeit gelten soll. Allerdings sind im Hinblick darauf, daß nach § 2 MTV der Tarifvertrag auch für die Arbeitsverhältnisse der auf Montage oder ähnlichen Arbeitsstätten beschäftigten Arbeitnehmer gilt, soweit es sich nicht um Arbeitnehmer auswärtiger Firmen handelt, Zweifel angebracht, ob der MTV nicht doch Außenwirkung auf die Auslandstätigkeit hinsichtlich der Geltung der tariflichen Arbeitszeit hat. Diese Zweifel lassen sich im Wege der Auslegung nicht ausräumen. Insbesondere ist nicht bekannt, wie die Tarifvertragsparteien diese Normen, soweit die Arbeitszeit im Ausland betroffen wird, auslegen. Auch der TV bietet insoweit keine Hilfe, da er nicht für Montagen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) gilt. Der Senat hält daher eine authentische Interpretation des Tarifvertrags zur Frage, ob und welche Außenwirkung der MTV hinsichtlich der Arbeitszeit im Ausland hat, für erforderlich. Die hierfür benötigten tatsächlichen Feststellungen wird das LSG noch zu treffen haben.
Sollte die hierauf beruhende Auslegung zu dem Ergebnis kommen, der MTV habe hinsichtlich der vereinbarten Arbeitszeit keine Außenwirkung, dann hätte dies zur Folge, daß gemäß § 112 Abs. 4 Nr. 2 AFG als tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit die tarifliche Arbeitszeit für gleiche oder ähnliche Beschäftigungen oder, falls auch eine solche tarifliche Regelung nicht bestand, die für gleiche oder ähnliche Beschäftigungen übliche Arbeitszeit gilt. Zu prüfen wäre dann also, ob es für Beschäftigungen gleicher oder ähnlicher Art. im Ausland (hier: in Saudi Arabien) tarifliche Regelungen gab und, wenn das nicht der Fall war, welche Arbeitszeit für solche Beschäftigungen üblich war.
Zu Unrecht meint das LSG, allein die Art. der Beschäftigung, nicht dagegen der Ort sei für die tarifliche Zuordnung maßgebend; der Gesetzeszweck schließe die Berücksichtigung örtlich betrieblicher Sonderbedingungen aus, was insbesondere für Baustellen im Ausland gelten müsse. Das LSG verkennt, daß für die Frage, welche Arbeitszeit zugrunde zu legen ist, auch der jeweilige räumliche Geltungsbereich der Arbeitszeitregelung zu berücksichtigen ist.
Es kommt also sehr wohl auf den Ort der Beschäftigung an. Nur dieser gibt Aufschluß über die dort geltenden Arbeitszeitregelungen, seien diese nun tariflich oder üblich. Abgesehen davon kann der Auffassung des LSG auch deshalb nicht gefolgt werden, weil sie dazu führt, daß nicht, wie es das Gesetz vorschreibt, ggf die tatsächlich übliche Arbeitszeit Anknüpfungspunkt ist, sondern eine tarifliche Arbeitszeit, die es nicht gibt. Dem LSG ist zwar darin zuzustimmen, daß die gesetzliche Regelung auch dem Ausgleich von Schwankungen in der Arbeitszeit und dem Ausschluß zufälliger, ungewöhnlich hoher Verdienste dient. In den relativ seltenen Fällen, in denen es an einer tarifvertraglichen Regelung als Anknüpfungspunkt fehlt, wird dieses Gesetzesziel indes durch den Rückgriff auf die tatsächlich übliche Arbeitszeit erreicht (s auch BVerfGE 51, 115, 122). Aus diesen Gründen vermag der Senat auch der entgegengesetzten Auffassung des LSG Niedersachsen in seinem Urteil vom 8. September 1981 – L 3 Ar 386/80 – (abgedruckt im Dienstblatt R § 112 AFG Nr. 2678) und Gagel (AFG § 112 Anm. 188) nicht zu folgen. Dabei spielt es keine Rolle, daß die Beschränkung auf die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit ihren Sinn darin hat, das Alg auf den Betrag zu beschränken, den der Arbeitslose im Falle der Wiedervermittlung verdienen könnte; denn dem gleichen Anliegen dient die Beschränkung auf die tatsächliche übliche Arbeitszeit, wenn es an einer tarifvertraglichen Regelung fehlt.
Sollte die authentische Interpretation ergeben, daß auch für die vom Kläger im Ausland ausgeübte Tätigkeit die tarifliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden zu gelten hat, so rechtfertigt dies noch nicht die Klagabweisung. Vielmehr hat dann das LSG zu prüfen, ob der Kläger aus anderen Gründen Anspruch auf höheres Alg oder höhere Alhi hat. Wie der Senat bereits entschieden hat (BSG SozR 4100 § 138 Nr. 14), genügt es nicht, wenn eine höhere Leistung begehrt wird, als sie bewilligt worden ist, nur diejenigen Faktoren für die Bemessung des Klageanspruchs zu untersuchen, deren Berechtigung oder Bewertung mit der Klage beanstandet werden. Streitgegenstand ist nämlich der höhere Leistungsanspruch.
Dessen Begründetheit ist unter allen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Deshalb hat das Gericht alle für den geltend gemachten Anspruch maßgeblichen Tatsachen zu ermitteln. Nur auf diese Weise läßt sich beurteilen, ob und ggf inwieweit die Klage begründet ist. Die hierfür erforderlichen Ermittlungen wird das LSG ggf noch nachzuholen haben. Falls es darauf ankommt, müßte hierbei auch der Familienstand des Klägers geprüft werden. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG stehen insoweit im Widerspruch zu dem Akteninhalt.
Die vorstehenden Ausführungen gelten auch hinsichtlich der Höhe der Alhi. Diese beträgt gemäß § 136 Abs. 1 AFG idF des 7. Gesetzes zur Änderung des AFG vom 25. Dezember 1985 (BGBl I 2484) für Arbeitslose, die mindestens ein zu berücksichtigendes Kind haben, 58 vH und für die übrigen Arbeitslosen 56 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts. Arbeitsentgelt ist im vorliegenden Fall das Arbeitsentgelt, nach dem sich zuletzt das Alg gerichtet hat (§ 136 Abs. 2 Nr. 1 und § 134 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a AFG).
Nach allem muß das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden.
Fundstellen