Beteiligte
…, Klägerin und Revisionsklägerin |
…, Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
G r ü n d e :
I.
Streitig ist die Gewährung einer Hinterbliebenenrente an eine frühere Ehefrau.
Die Ehe der am 19. März 1925 geborenen Klägerin mit dem im Dezember 1960 verstorbenen, bei der beklagten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) versichert gewesenen Wilhelm S. (Versicherter) ist durch Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 23. Mai 1960 aus dessen Verschulden rechtskräftig geschieden. Zuvor hatten die anwaltlich vertretenen Eheleute am 8. April 1960 zur Niederschrift des Gerichts "für den Fall der Scheidung der Ehe aus dem alleinigen Verschulden des Beklagten" eine Vereinbarung geschlossen, in der sie ua "gegenseitig auf Unterhalt für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft einschließlich des Notbedarfs" verzichteten und darüber einig wurden, daß die elterliche Gewalt über das adoptierte Kind F. S. (geboren am 10. April 1952) "auf die Klägerin übertragen werden" solle. Ferner war der Versicherte der Scheidungsklage nicht mehr entgegengetreten und hatte auch zu seiner Widerklage keinen Antrag mehr gestellt.
Mit den Bescheiden vom 31. Oktober 1963, 27. Februar 1967 und vom 14. Februar 1973 lehnte die Beklagte mehrere Anträge der Klägerin auf Hinterbliebenenrente ab, weil die Voraussetzungen des § 42 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) nicht erfüllt seien. Mit dem streitigen Bescheid vom 14. Dezember 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 1985 lehnte die BfA einen weiteren Rentenantrag vom 21. Juli 1982 mit der Begründung ab, die bindend gewordenen früheren Ablehnungsbescheide seien rechtmäßig gewesen, weil der Unterhaltsverzichtsvertrag wirksam und Unterhalt tatsächlich nicht geleistet worden sei.
Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts München - SG - vom 3. Juni 1985; Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts - LSG - vom 25. März 1986). Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe die Rücknahme der bindend gewordenen früheren Bescheide nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB 10) zu Recht abgelehnt, weil sie nicht unrichtig gewesen seien. Einer Unterhaltspflicht des Versicherten habe die Vereinbarung vom 8. April 1960 entgegengestanden, die nicht nichtig sei. Die Klägerin sei nicht geschäftsunfähig im Sinne der §§ 105, 104 Nr 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gewesen. Der Vertrag sei auch nicht sittenwidrig im Sinne von § 138 BGB iVm § 72 Satz 3 des Ehegesetzes (EheG). Es habe sich ersichtlich um einen Unterhaltsverzicht zur Erleichterung der Scheidung im Rahmen einer "Konventionalscheidung" gehandelt. Solche Verträge seien in § 72 Satz 2 EheG ausdrücklich gebilligt worden. Der Vertrag sei weder unter Ausbeutung der Unerfahrenheit der Klägerin geschlossen worden, noch liege ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor. Der Versicherte habe daraufhin seine Widerklage zurückgezogen und die Alleinschuld auf sich genommen. Das sei für die Übertragung des Sorgerechtes für das minderjährige Kind auf die Klägerin nicht ohne Bedeutung gewesen. Die Klägerin habe damals nach ihren eigenen Angaben im Rentenantrag vom 19. Januar 1961 ein Einkommen (brutto) aus unselbständiger Erwerbstätigkeit (Hilfsarbeiterin) in Höhe von monatlich etwa 350,-- DM gehabt, so daß sie nicht unterhaltsberechtigt gewesen und nur vertraglich ein bestehender gesetzlicher Zustand (§ 58 EheG) sanktioniert worden sei. Bei eigenem Nettoeinkommen von monatlich 300,-- DM sei nach den Einkommensverhältnissen der früheren Eheleute im Zeitpunkt der Scheidung allenfalls ein Unterhaltsbedarf von monatlich 10,-- DM verblieben. Unterhalt im Sinne des § 42 AVG habe der Versicherte daher nicht geschuldet. Unter diesen Umständen wäre auch jeder andere vernünftige Mensch bereit gewesen, einen derartigen Unterhaltsverzichtsvertrag abzuschließen. Ferner sei die Unterhaltsvereinbarung auch nicht durch Anfechtung nach § 123 BGB beseitigt worden, weil weder eine arglistige Täuschung durch den Versicherten noch eine Täuschungsabsicht oder Arglist des Versicherten nachgewiesen und auch die Anfechtungsfrist des § 124 BGB nicht eingehalten worden sei. Deshalb sei die Vereinbarung gleichfalls nicht nach §§ 779, 826 BGB unwirksam noch könne die Klägerin mangels Schuldnachweises Rechte aus einer "culpa in contrahendo" oder aus § 826 BGB herleiten. Tatsächlichen Unterhalt habe der Versicherte nicht geleistet. Schließlich stehe der Unterhaltsverzicht auch einem Rentenanspruch aus § 42 Satz 2 AVG idF des Rentenreformgesetzes (RRG) entgegen, wie das BSG wiederholt entschieden habe. Die Bedenken, die der 5. Senat des BSG (SozR 2200 % 1265 Nr 74) dagegen angemeldet habe, gäben keinen Anlaß, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 139 Abs 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO), des Art 103 Abs 1 des Grundgesetzes (GG), des § 58 EheG iVm § 1569 BGB und der §§ 123, 138 Abs 2 BGB. Sie trägt vor, das LSG habe ihre Geschäftsfähigkeit bei Abschluß des Unterhaltsverzichtsvertrages nicht ohne Einvernahme ihrer als Zeugin für den damaligen Krankheitszustand benannten Schwester, zumindest aber nicht ohne vorherigen richterlichen Hinweis auf die Ergänzungsbedürftigkeit des bisherigen Vorbringens und nicht ohne Hinzuziehung eines ärztlichen Sachverständigen feststellen dürfen. Dadurch habe es ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Überraschend sei ferner die Feststellung, sie habe nach ihren Angaben damals monatlich 350,-- DM brutto verdient. Dafür ergäben sich aus der Verwaltungsakte und den Gerichtsakten keine Hinweise. Außerdem hätte das LSG sie darauf hinweisen müssen, bei der Frage, ob ihr ein Unterhaltsanspruch zugestanden habe, werde es von einem Nettoeinkommen von monatlich 300,-- DM und Unterhaltsleistungen in Höhe von 100,-- DM ausgehen. Im übrigen habe das Berufungsgericht den ihr vom Versicherten zu zahlenden Unterhalt falsch berechnet. Da er im Zeitpunkt der Scheidung Rentner gewesen sei, hätte das Gesamteinkommen der Eheleute im Verhältnis 50 % zu 50 % mit der Folge aufgeteilt werden müssen, daß ihr bei Ansatz der vom LSG zugrunde gelegten Werte ein Unterhaltsanspruch in Höhe von 62,70 DM, bei richtiger Berechnung sogar von mindestens 146,50 DM monatlich zugestanden habe. Ferner sei die Feststellung, die Voraussetzungen einer wirksamen Anfechtung nach §§ 123, 124 BGB lägen nicht vor, ohne Gewährung rechtlichen Gehörs (Art 103 GG) getroffen worden. Ihr Sohn habe auch sofort, nachdem er zu ihrem Prozeßpfleger bestellt worden sei, die Unterhaltsvereinbarung angefochten. Das angefochtene Urteil verstoße schließlich gegen § 138 Abs 2 BGB, weil sie (Klägerin) als Geschäftsunfähige keine Möglichkeit gehabt habe, ihren damaligen Prozeßbevollmächtigten über mögliche andere Renteneinkünfte des Versicherten zu informieren, der Ehemann dies durch Täuschung über seine tatsächlichen Einkünfte ausgenutzt und ein krasses Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorgelegen habe. Hilfsweise schließe sie sich der Auffassung des 5. Senats des BSG (SozR 2200 § 1265 Nr 74) an.
Die Klägerin beantragt,das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts von 25. März 1986, das Urteil des Sozialgerichts München vom 3. Juni 1985 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 1985 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Rücknahme der Bescheide vom 31. Oktober 1963, vom 27. Februar 1967 und vom 14. Februar 1973 der Klägerin rückwirkend zum frühstmöglichen Zeitpunkt Rente nach § 42 AVG zu gewähren,hilfsweise,das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. März 1986 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Senat des Bayerischen Landessozialgerichts zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.
II.
Die zulässige Revision der Klägerin ist nach dem Hilfsantrag iS der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Streitsache an das LSG begründet. Die vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen reichen für eine abschließende Sachentscheidung durch das Revisionsgericht nicht aus.
Gegenstand des Rechtsstreits (§ 95 SGG) ist der streitige Bescheid vom 14. Dezember 1982 in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 14. März 1985 gefunden hat. Durch ihn hat die Beklagte abgelehnt, die früher ergangenen, bindend gewordenen Bescheide aufzuheben und der Klägerin Hinterbliebenenrente iS von § 42 AVG (sog Geschiedenen-Witwenrente) zu gewähren. Rechtsgrundlage hierfür ist § 44 Abs 1 Satz 1 SGB 10, der nach Art II § 40 Abs 2 Satz 2 SGB 10 auch dann anzuwenden ist, wenn der aufzuhebende Verwaltungsakt vor dem 1. Januar 1981 erlassen worden ist (vgl BSGE 54, 223 = SozR 1300 § 44 Nr 3). Danach ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, daß bei seinem Erlaß das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb ua Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Nach Abs 4 aaO werden, wenn der Verwaltungsakt nach Abs 1 Satz 1 aaO zurückgenommen worden ist, Leistungen längstens bis zu einem Zeitraum von vier Jahren vor Beginn des Jahres erbracht, in dem die Rücknahme beantragt worden ist (vgl dazu BSGE 62, 10 = SozR 2200 § 1254 Nr 7 mwN). Für den Hauptantrag der Revision kommt es also entscheidend darauf an, ob die Ablehnung einer Rente iS von § 42 AVG durch einen der früheren unanfechtbar gewordenen Bescheide im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und ob deshalb der Klägerin, welche die Rücknahme dieser Bescheide im Jahr 1982 beantragt hat, für den Zeitraum ab 1. Januar 1978 Geschiedenen-Witwenrente zu Unrecht nicht gewährt worden ist.
Der Bescheid vom 31. Oktober 1963 ist rechtmäßig erlassen worden und deshalb nicht nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB 10 zurückzunehmen.
Nach § 42 AVG (idF des Art I des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes - AnVNG - vom 23. Februar 1957 - BGBl I S 88) wird einer früheren Ehefrau des Versicherten, deren Ehe mit dem Versicherten geschieden, für nichtig erklärt oder aufgehoben worden ist, nach dem Tode des Versicherten Rente gewährt, wenn ihr der Versicherte zur Zeit seines Todes Unterhalt nach den Vorschriften des EheG (Regelung 1) oder aus sonstigen Gründen (Regelung 2) zu leisten hatte oder wenn er im letzten Jahr vor seinem Tode Unterhalt geleistet hat (Regelung 3). An die tatsächliche Feststellung des LSG, der Versicherte habe der Klägerin im Zeitraum zwischen Ehescheidung und Tod keinen Unterhalt tatsächlich geleistet (S 17 f des LSG-Urteils) ist der Senat gebunden (§ 163 SGG).
Rechtlich nicht zu beanstanden ist die Erkenntnis des Berufungsgerichts, der Versicherte sei zur Zeit seines Todes zu Unterhaltsleistungen iS des § 42 Regelungen 1) und 2) AVG nicht verpflichtet gewesen. Denn die früheren Ehegatten hatten durch die Vereinbarung vom 8. April 1960 ua "gegenseitig auf Unterhalt für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft einschließlich des Notbedarfs", also umfassend und endgültig auf Unterhaltsansprüche gegeneinander verzichtet. Ein solcher Verzicht schließt jegliche Unterhaltsverpflichtung nach dem EheG oder aus zuvor entstandenen sonstigen Gründen aus (vgl BSG SozR 2200 § 1265 Nr 40 mwN). Das hat auch der 5. Senat des BSG im Urteil vom 23. November 1988 (5/5b RJ 100/86; s dazu weiter u; vgl BSG SozR § 1265 Nr 74) nicht in Zweifel gezogen. Ferner hat das LSG bindend (§ 163 SGG) festgestellt, ein sonstiger Grund für eine Unterhaltspflicht des Versicherten zur Zeit seines Todes habe nicht vorgelegen.
Der Vertrag vom 8. April 1960 über den gegenseitigen Unterhaltsverzicht war nicht nichtig. Zwar ist die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen nichtig (§ 105 Abs 1 BGB), gleichfalls diejenige, die im Zustand der Bewußtlosigkeit oder vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird (§ 105 Abs 2 BGB). Diese Voraussetzungen liegen nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG aber nicht vor. Zulässige und begründete Revisionsgründe iS von §§ 163, 164 Abs 2 Satz 3 SGG hat die Klägerin nicht vorgebracht. Die Rügen der Revision, das Berufungsgericht habe seine Pflichten verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 103 Satz 1 Halbs 1 SGG), auf die Ergänzungsbedürftigkeit des Sachvortrags hinzuweisen (§ 139 ZPO, § 106 Abs 1 SGG) und rechtliches Gehör zu gewähren (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG), greifen nicht durch. Das LSG hat den Prozeßpfleger der Klägerin mit Verfügung vom 2. Dezember 1985 unter Hinweis auf dessen Vortrag über ihre Geschäftsunfähigkeit bei Abschluß des Unterhaltsverzichts mitgeteilt, es bitte zwecks Ermittlung der gesundheitlichen Verhältnisse um Angabe, bei welcher Krankenkasse sie damals versichert und bei welchen Ärzten und in welchen Krankenhäusern sie in Behandlung war. Dem Prozeßpfleger ist also Gelegenheit gegeben worden, sich zu den vom Berufungsgericht beabsichtigten Ermittlungen zu äußern (§ 62 SGG), an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 103 Satz 1 Halbs 2 SGG) und seinen zuvor unter Beweis des Zeugnisses der Schwester der Klägerin gestellten Vortrag, die Klägerin sei "auch 1960 bereits nervenkrank und deshalb in nervenärztlicher Behandlung" gewesen, zu ergänzen (§ 106 Abs 1 SGG, § 139 ZPO). Er hat dazu sogar Stellung genommen und mit Schriftsatz vom 1. Januar 1986 ua vorgetragen, der Nervenarzt, der die Klägerin 1960 behandelt habe, Dr. J. in Pforzheim, habe keine Unterlagen mehr; nähere Angaben habe er nicht und seien von der Klägerin durch Befragen nicht zu ermitteln gewesen. Angesichts dieser Sachlage und im Blick darauf, daß der Unterhaltsverzicht unter Mitwirkung des Landgerichts und zweier Rechtsanwälte vereinbart worden war und daß das Amtsgericht Garmisch-Partenkirchen, Vormundschaftsgericht, nach persönlicher Anhörung der Klägerin im November 1984 keinen Anlaß für Einholung eines ärztlichen Gutachtens oder gar für die Einleitung eines Entmündigungsverfahrens gesehen hatte, bestand für das LSG auch bei Beachtung der Grenzen seines Rechts, nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG), keine prozeßrechtliche Pflicht, 1985/86 ein medizinisches Sachverständigengutachten über die Geschäftsfähigkeit der Klägerin im Jahre 1960 einzuholen oder deren Schwester als Zeugin zum og Beweisthema zu hören.
Die Vereinbarung vom 8. April 1960 widerspricht ferner nicht den guten Sitten (§ 72 Satz 3 EheG, § 138 Abs 1 und 2 BGB; dazu Bundesgerichtshof - BGH - BB 1988, 1549 mwN), dh dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, die sich an den Grundsätzen der herrschenden Rechts- und Sozialmoral ausrichten. Der gegenseitige Unterhaltsverzicht war Bestandteil der Vereinbarung, welche die früheren Eheleute zur Regelung der Ehescheidungsfolgen trafen. Daß sie die Scheidung erleichtert, wenn nicht sogar erst ermöglicht haben mag, macht sie nicht nichtig (§ 72 Satz 2 EheG). Ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung iS von § 138 Abs 2 BGB hat das LSG im Ergebnis zutreffend verneint. Dem Unterhaltsverzicht der Klägerin stand als Gegenleistung des Versicherten jedenfalls dessen im wesentlichen rechtlich gleichwertiger eigener Unterhaltsverzicht gegenüber.
Ob die Klägerin die Unterhaltsvereinbarung nach §§ 123, 124 BGB durch ihren Prozeßpfleger wirksam angefochten hat, so daß sie als von Anfang an nichtig anzusehen wäre (§ 142 Abs 1 BGB), kann offenbleiben, weil nur eine zu Lebzeiten des Versicherten wirksam erklärte Anfechtung den unterhaltsrechtlichen Anknüpfungstatbestand hätte herstellen können, an den die dem Unterhaltsersatz bei Tod des Versicherten dienende Hinterbliebenenrente hätte anknüpfen können. Denn bis zum Zeitpunkt der Anfechtung ist der vereinbarte Unterhaltsverzicht maßgebend (BSG SozR 2200 § 1265 Nr 40 S 127, 128 bis 130). Das LSG hat dazu bindend festgestellt, der Adoptivsohn der Klägerin habe erst nach seiner Bestellung zu ihrem Prozeßpfleger die Anfechtung des Vertrages erklärt.
Nach alledem hat es die Beklagte zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 31. Oktober 1963 aufzuheben.
Hingegen kann der Senat noch nicht abschließend beurteilen, ob der Bescheid vom 27. Februar 1967 im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig war.
Damals galt § 42 AVG in der Fassung, die er mit Wirkung vom 1. Juli 1965 durch Art I § 2 Nr 25 des Gesetzes zur Beseitigung von Härten in den gesetzlichen Rentenversicherungen und zur Änderung sozialrechtlicher Vorschriften (Rentenversicherungs-Änderungsgesetz - RVÄndG) vom 9. Juni 1965 (BGBl I S 476) erhalten hatte. Der bislang gültige Text (so) wurde als Satz 1 aaO beibehalten. Angefügt wurde folgender Satz 2: "Ist eine Witwenrente nicht zu gewähren, findet Satz 1 auch dann Anwendung, wenn eine Unterhaltsverpflichtung wegen der Vermögens- oder Erwerbsverhältnisse des Versicherten nicht bestanden hat". Nach Art 5 § 4 Abs 2 Buchst b RVÄndG galt § 42 Satz 2 AVG auch für Versicherungsfälle, die vor dem 1. Juli 1965, aber nach dem 31. Dezember 1956 eingetreten sind. Da der Versicherungsfall vorliegend 1960 eingetreten ist, hatte die Beklagte bei Erlaß des Bescheides vom 27. Februar 1967 auch § 42 Satz 2 AVG anzuwenden.
Im Blick auf § 42 Satz 1 AVG ist der Bescheid wegen der insoweit unverändert gebliebenen Rechtslage rechtlich nicht zu beanstanden (so).
Da eine Witwenrente (§ 41 AVG) nicht zu gewähren ist, kommt es für die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes allein darauf an, ob bei Eintritt des Versicherungsfalles, dh "zur Zeit des Todes'' (Satz 2 iVm Satz 1) des Versicherten eine Unterhaltsverpflichtung wegen der Vermögens- oder Erwerbsverhältnisse des Versicherten nicht bestanden hat.
Grund der Einfügung des § 42 Satz 2 AVG war, daß die Unterhaltsersatzfunktion der Geschiedenen-Witwenrente vor allem für schuldlos geschiedene, unterhaltsbedürftige frühere Ehefrauen von Versicherten, deren Unterhaltspflicht entfallen war, zu unbilligen Härten geführt hatte (BR-Drucks 319/64, Anlage S 6). Deshalb sollte - bei Ablehnung weitergehender Anträge im Gesetzgebungsverfahren, ua der früheren Ehefrau immer einen Witwenrentenanspruch einzuräumen - die bisherige Regelung, die ua eine Unterhaltsverpflichtung des Versicherten zur Zeit des Todes voraussetzte, dadurch erweitert werden, daß es nicht mehr auf das Bestehen einer Unterhaltsverpflichtung ankommen sollte, wenn neben der früheren Ehefrau eine Witwe nicht vorhanden ist (Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik vom 25. März 1965 zu BT-Drucks IV/3233 S 6). Daraus folgt, daß die "unbillige Härte", die Satz 2 aaO beseitigen soll, nur vorliegt, wenn der Versicherte zur Zeit seines Todes Unterhalt nach den Vorschriften des EheG (Satz 1 Regelung 1 aaO) ausschließlich deswegen nicht zu leisten hatte, weil er nicht leistungsfähig (unterhaltsfähig) war. War er hingegen schon dem Grunde nach nicht unterhaltspflichtig, weil zB die Ehe aus alleinigem oder überwiegendem Verschulden oder ohne Schuldausspruch auf Antrag der früheren Ehefrau geschieden worden ist (§§ 58 bis 61 EheG), ist Satz 2 aaO nicht anwendbar. Im gleichen Sinne hat das BSG in ständiger und gefestigter Rechtsprechung (BSG SozR 2200 § 1265 Nr 40 S 127 mwN) unter Bestätigung durch das Bundesverfassungsgericht (SozR 2200 § 1265 Nr 57) entschieden, daß ein umfassender, endgültiger Unterhaltsverzicht jegliche Unterhaltsverpflichtung nach dem EheG - schon dem Grunde nach ("Stammrecht" - so BSGE 43, 39 = SozR aaO Nr 24) - ausschließt, so daß Rente nach Satz 2 aaO nicht zu gewähren ist. Auf der Grundlage dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung wäre der Bescheid vom 27. Februar 1967 bei seinem Erlaß rechtmäßig und die Ablehnung seiner Aufhebung durch den hier streitigen Bescheid geboten gewesen.
Inzwischen ist aber der 5. Senat des BSG im og Urteil vom 23. November 1988 von dieser bisherigen Rechtsprechung des BSG abgewichen. Er hat entschieden, ein "deklaratorischer" Unterhaltsverzicht, der im wesentlichen wegen der in Satz 2 aaO genannten Verhältnisse erklärt worden sei, stehe der Gewährung einer Rente nach dieser Vorschrift nicht entgegen. Das hat - worauf noch einzugehen ist - für den vorliegenden Fall zur Folge, daß weitere tatsächliche Feststellungen erforderlich sind, die zu treffen dem LSG als Tatsacheninstanz vorbehalten ist. Dies ergibt sich aus folgendem:
Der 5. Senat des BSG (vgl BSG SozR 2200 § 1265 Nr 74) hatte beim 1. und 4. Senat des BSG angefragt, ob an der Rechtsprechung festgehalten wird, wonach "in jedem Fall ein umfassender, endgültiger Verzicht auf Unterhalt die Anwendung des § 1265 Abs 1 Satz 2 RVO bzw § 42 Abs 1 Satz 2 AVG ausschließt" (Anfrage-Beschluß vom 3. Februar 1988). Der 1. Senat des BSG hat geantwortet, an der bisherigen Rechtsprechung werde "insofern nicht festgehalten", als danach ein derartiger Unterhaltsverzicht die Anwendung der og Vorschriften "auch dann ausschließt, wenn der Unterhaltsverzicht den dort genannten Verhältnissen Rechnung trägt" (Beschluß vom 6. Oktober 1988). Der erkennende Senat hat geantwortet, er halte nicht daran fest, daß ein solcher Verzicht auch dann den Anspruch auf "Geschiedenen-Witwenrente" vereitele, wenn er "ausschließlich wegen der Vermögens- oder Erwerbsverhältnisse des Versicherten ... bzw wegen der Erträgnisse der früheren Ehefrau aus einer Erwerbstätigkeit - also insbesondere nicht auch, um eine sog Konventionalscheidung durch "Übernahme" der Allein- oder Überwiegenden Schuld vom Versicherten zu ermöglichen - erklärt worden ist" (Beschluß vom 15. November 1988). Daher ist zu erwarten, daß zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Großen Senats des BSG herbeizuführen sein könnte. Da es nicht Aufgabe des Großen Senats ist, Rechtsfragen zu beantworten, die für die zu treffende Entscheidung ohne zwingende rechtliche Bedeutung sind (vgl BSGE 51, 23, 25 = SozR 1500 § 42 Nr 7 mwN; BSG SozR 2200 § 1265 Nr 74), ist eine umfassende Aufklärung aller tatsächlichen Umstände geboten, von denen, falls der Unterhaltsverzicht unbeachtlich sein sollte, die Gewährung einer Rente nach Satz 2 aaO abhängt.
Weitere tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts sind nicht deshalb entbehrlich, weil der erkennende Senat nach seinem im og Beschluß vom 15. November 1988 eingenommenen Rechtsstandpunkt schon aufgrund der bisherigen Tatsachenfeststellungen des LSG abschließend beurteilen könnte, ob der Bescheid vom 27. Februar 1967 rechtmäßig war oder ob ein Verfahren nach §§ 42, 43 SGG einzuleiten ist. Denn die Feststellungen des LSG reichen zur Beantwortung dieser Fragen aus folgenden Gründen nicht aus:
Der Senat hält grundsätzlich und für den Regelfall an der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung fest (so), daß ein endgültiger, umfassender Unterhaltsverzicht der Anwendung des § 42 Satz 2 AVG entgegensteht. Denn durch die Härtefallregelung des Satzes 2 aaO sollten aus Gründen der Billigkeit nur diejenigen Hinterbliebenen in den Schutz der Rentenversicherung einbezogen werden, denen der Versicherte zur Zeit seines Todes, dh bei Eintritt des Versicherungsfalles, nach den Vorschriften des EheG hätte Unterhalt leisten müssen, wenn er leistungsfähig gewesen wäre. Nur wenn zu diesem Zeitpunkt ausschließlich aus diesem Grunde eine Unterhaltsverpflichtung nicht bestanden hat, billigt das Gesetz (Satz 2 aaO) die Gewährung einer Unterhaltsersatzleistung (Geschiedenen-Witwenrente) trotz Nichtbestehens eines Unterhaltsanspruchs zu Lasten der Versichertengemeinschaft zu. Daß der Schutzzweck der Norm gleichwohl ausnahmsweise die Anwendung des Satzes 2 aaO trotz eines umfassenden, endgültigen Unterhaltsverzichts nahelegt, hat der 5. Senat des BSG richtig erkannt. Dem hat der erkennende Senat im og Beschluß vom 15. November 1988 Rechnung tragen wollen. Diese Ausnahmen sind - was hier nicht zu vertiefen ist - auf Fälle begrenzt, in denen der Unterhaltsverzicht sich nicht nur von Anfang an, sondern auch im Blick auf den in unbekannter Zukunft liegenden Versicherungsfall des Todes des Versicherten als Verfügungsvertrag ohne rechtliche und wirtschaftliche Substanz und Auswirkung, also als "leere Hülse" darstellt und deshalb ungerechtfertigt die Anwendung der Härtefallregelung des Satzes 2 aaO hintanhält.
Typischerweise ist gerade dies bei einem - hier allein in Betracht zu ziehenden - endgültigen, umfassenden Unterhaltsverzicht für ua "Zukunft einschließlich des Notbedarfs" nicht der Fall, weil die Vertragsparteien über die bei Vertragsschluß vorliegenden aktuellen Gegebenheiten hinaus die von Wechselfällen des Lebens abhängigen künftigen Veränderungen in ihrem Unterhaltsrechtsverhältnis (vgl § 323 der Zivilprozeßordnung - ZPO) vor Augen gehabt und auch dafür privatautonom eine rechtsgeschäftliche Regelung, nämlich die "Vernichtung" des Unterhaltsrechtsverhältnisses bereits "dem Grunde nach", getroffen haben. Etwas anderes (ein Fall der "leeren Hülse") mit der Folge der Rentengewährung nach Satz 2 aaO kann daher nur angenommen werden, wenn nachgewiesen ist, daß bereits ohne den Verzicht 1) noch zur Zeit des Todes des Versicherten (Versicherungsfall) und 2) bereits zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Verzichts ausschließlich aus den in Satz 2 aaO genannten Gründen keine Unterhaltsverpflichtung bestanden hat, und wenn 3) die späteren Hinterbliebenen bei Abschluß des Erlaßvertrages es vernünftigerweise als ausgeschlossen erachten durften, die in Satz 2 aaO genannten, einen Unterhaltsanspruch hindernden Gründe könnten bis zum Tode des Versicherten infolge einer in Rechnung zu stellenden Änderung der Verhältnisse wieder entfallen (zB bei einem - nicht leistungsfähigen - wegen unheilbarer Krankheit voraussichtlich auf Lebenszeit erwerbsunfähigen Versicherten; vgl auch Peters, ZfS 1975, 173, 174). Nur unter diesen Voraussetzungen ist es billig, zum Schutz der Hinterbliebenen rentenrechtlich von den Rechtsfolgen eines rechtswirksamen Verzichtsvertrages abzusehen, den sie in Vertragsfreiheit privatautonom (Art 2 Abs 1 GG; vgl Bundesverfassungsgericht - BVerfGE 8, 274, 328) abgeschlossen haben.
Typischerweise, nicht notwendig immer, wird die og Voraussetzung 3) und damit ein "leeres" Verfügungsgeschäft dann nicht gegeben sein, wenn der Unterhaltsverzichtsvertrag Teil einer Scheidungsvereinbarung gewesen und nach den zur Zeit der Scheidung objektiv gegebenen Umständen (ua durch Vertragsauslegung) festzustellen ist, daß er "Gegenleistung" für ein prozessuales Entgegenkommen des Versicherten zur Erleichterung des gerichtlichen Ausspruches über die Schuldfrage war (sog Konventionalscheidung). In derartigen Fällen kann nämlich regelmäßig nicht davon ausgegangen werden, daß der Unterhaltsverzicht, der den Versicherten von den unterhaltsrechtlichen Folgen einer Scheidung aus seinem alleinigen, überwiegenden oder ggf gleichwertigen Verschulden (§§ 58 bis 61 EheG) freistellte, ausschließlich deswegen vereinbart worden ist, weil wegen der in § 42 Satz 2 AVG genannten Gründe ein Unterhaltsanspruch ohnehin nicht bestanden hat und voraussichtlich bis zum Eintritt des Versicherungsfalls (Tod) niemals entstehen würde. Nahe liegt vielmehr, daß die Vertragsparteien im Blick hatten, infolge des ausdrücklich oder konkludent abgesprochenen prozessualen Verhaltens des Versicherten werde es zu einem Schuldausspruch zu seinen Lasten kommen, der den Rechtsgrund für eine - uU später sich ergebende - Unterhaltsverpflichtung des Versicherten schaffen würde, die aber gerade deshalb durch den Unterhaltsverzicht von vornherein und endgültig abbedungen sein sollte.
Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG reichen nicht aus zu beurteilen, ob die vorgenannten drei Voraussetzungen der Anwendung des § 42 Satz 2 AVG trotz des umfassenden, endgültigen Unterhaltsverzichts vorliegen:
Der im Scheidungsurteil allein für schuldig erklärte Versicherte wäre ohne den Unterhaltsverzicht gemäß § 58 Abs 1 EheG dem Grunde nach verpflichtet gewesen, der Klägerin den nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt zu gewähren, soweit deren Einkünfte nicht ausreichten. Dazu hat das LSG zwar ausgeführt, die Klägerin habe zur Zeit der Scheidung den angemessenen Lebensunterhalt aus ihren Einkünften bestreiten können und sei deshalb nicht unterhaltsberechtigt iS des § 58 Abs 1 EheG gewesen. Sie habe nämlich im Rentenantrag vom 19. Januar 1961 ein Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit (Hilfsarbeiterin) in Höhe von monatlich etwa 350,-- DM angegeben, was glaubhaft erscheine (S 11 des LSG-Urteils). An diese Feststellung ist der Senat aber nicht gebunden, weil die Klägerin zulässig und begründet gerügt hat (§§ 163, 164 Abs 2 Satz 3 SGG), das LSG habe diesbezüglich ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (§ 62 SCG). Denn weder dem og Rentenantrag noch dem Inhalt der vom LSG in Bezug genommen Akten ist die genannte Angabe der Klägerin zu entnehmen. Nur im Bescheid vom 31. Oktober 1963 ist ohne Quellenangabe gesagt, die Klägerin habe zur Zeit des Todes des Versicherten "ein eigenes Einkommen von etwa 350,-- DM im Monat gehabt". Das LSG wird daher feststellen müssen, welche Einkünfte die Klägerin genau erzielt hat, ob es sich insoweit bereits um dauerhafte Verhältnisse gehandelt hat oder wie sich die Verhältnisse nach den damals gegebenen Umständen wahrscheinlich entwickelt hätten (vgl BSGE 32, 197, 198 = SozR Nr 58 zu § 1265 RVO). Ferner werden Feststellungen erforderlich sein, inwieweit der Klägerin 1960 trotz der Erziehung und Betreuung des damals achtjährigen Adoptivkindes eine Erwerbstätigkeit zumutbar war (dazu Müller, RVO-Gesamtkommentar, Stand: Januar 1983, § 1265 Anm 6c S 132/1 mwN). Sollten die weiteren Ermittlungen ergeben, daß die Klägerin damals angemessenen Unterhalt iS von § 42 AVG (dazu zuletzt BSG SozR 2200 § 1265 Nr 79 S 263 mwN) benötigte, wird aufzuklären sein, ob der Versicherte ihn leisten konnte. Auch dabei wird seine Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz ggf zu berücksichtigen sein (vgl BSGE 40, 225, 227 f = SozR 2200 § 1265 Nr 8). Falls diese Sachaufklärung zu dem Ergebnis führt, die Klägerin sei 1960 nicht unterhaltsbedürftig gewesen oder der Versicherte habe den von ihr benötigten Unterhalt leisten können, wären die Voraussetzungen des § 42 Satz 2 AVG - ungeachtet des Unterhaltsverzichts - schon aus diesen Gründen nicht gegeben. Andernfalls wird das LSG nach den og Maßstäben Feststellungen zu treffen haben, ob es die Klägerin nach den 1960 bei Vertragsschluß objektiv gegebenen Verhältnissen vernünftigerweise für ausgeschlossen halten durfte, daß der Versicherte bis zum - damals ungewissen - Zeitpunkt seines Todes (Versicherungsfall) leistungsfähig werden würde. Dies wird das Berufungsgericht allein wegen der Scheidungsvereinbarung vom 8. April 1960 nur dann verneinen dürfen, wenn tatsächlich feststeht, daß der Unterhaltsverzicht der Klägerin nicht nur "Gegenleistung" für den des Versicherten, sondern auch für dessen vom Wortlaut der Scheidungsvereinbarung nicht erfaßtes prozessuales Verhalten ("Fallenlassen" der Widerklage; unwidersprochene Hinnahme des Klagantrags; Einräumung des Vorbringens der Klägerin zur Schuldfrage) war. Auch in dieser Hinsicht liegen bislang ausreichende, den Senat bindende tatsächliche Feststellungen des LSG nicht vor. Es hat ausgeführt, die Ehe sei aus dem von der Klägerin geltend gemachten, vom Versicherten eingeräumten Grund des "böswilligen Verlassens" geschieden worden (S 10 des LSG-Urteils). Ferner habe der Unterhaltsverzicht nur einen bestehenden gesetzlichen Zustand sanktioniert (S 11 des LSG-Urteils); jeder andere vernünftige Mensch wäre unter den gegebenen Umständen (fehlende Unterhaltsbedürftigkeit der Klägerin) auch bereit gewesen, ihn abzuschließen (S 13 des LSG-Urteils). Andererseits hat das LSG - ohne nähere Begründung - festgestellt, der Versicherte habe im Blick auf diese Vereinbarung "die Alleinschuld auf sich genommen" (S 11 des LSG-Urteils). Da bereits die Folgerung des LSG, die Klägerin sei nicht unterhaltsberechtigt gewesen, auf erfolgreich gerügten, also nicht bindenden Feststellungen über die damaligen Einkünfte der Klägerin beruht (so), bedarf es keiner vertiefenden Erörterung, daß die Ausführungen zum Grund des Schuldausspruchs im Scheidungsurteil nicht widerspruchsfrei scheinen, und daß auch nicht erkennbar ist, wieweit die Klägerin durch den Verzicht auf einen - nach Ansicht des LSG - im Zeitpunkt der Scheidung nicht existenten Unterhaltsanspruch eine "Gegenleistung" erbracht haben könnte, dh in welcher Weise der - im übrigen gegenseitige - Unterhaltsverzicht nach dem Zweck der Scheidungsvereinbarung für das prozessuale Verhalten des Versicherten von Bedeutung gewesen sein könnte.
Bei der weiteren Sachbehandlung wird das LSG folgendes zu beachten haben: Der Bescheid vom 14. Februar 1973, mit dem die Beklagte eine Rentengewährung aufgrund der Neuregelung des § 42 Satz 2 AVG abgelehnt hat, ist im Ergebnis rechtmäßig erlassen worden. Damals galt § 42 Satz 2 AVG in der am 1. Januar 1973 in Kraft getretenen Fassung des Art 1 § 2 Nr 14 des Rentenreformgesetzes (RRG) vom 16. Oktober 1972 (BGBl I S 1965), der nur nach diesem Zeitpunkt eingetretene Versicherungsfälle unterfielen. Durch Art 2 § 2 Nr 7 RRG wurde § 18 AnVNG Iediglich mit der Wirkung neu gefaßt, daß nach Maßgabe der bis zum 31. Dezember 1972 geltenden Fassung des § 42 Satz 2 AVG alle Versicherungsfälle zu beurteilen sind, die vor dem 1. Januar 1973, aber nach dem 30. April 1942 eingetreten sind. Durch das RRG ist schon deshalb keine für die Klägerin günstigere Rechtslage geschaffen worden.
Demnach mußte die Revision iS der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Streitsache an das Berufungsgericht Erfolg haben. Ein Grund, die Sache an einen anderen Spruchkörper des LSG zu verweisen, ist weder dargetan noch ersichtlich.
Das Berufungsgericht wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Bundessozialgericht
4/11a RA 42/86
Fundstellen
Haufe-Index 518009 |
NJW 1989, 2012 |