Leitsatz (amtlich)
1. Mit dem Begriff der "Teilnahme an einer Maßnahme" iS von AFG § 44 Abs 1 S 1 umschreibt das Gesetz den Zeitraum, für den ein Anspruch auf Unterhaltsgeld gegeben sein kann.
2. Maßstab für den Beginn des Anspruchs auf Unterhaltsgeld ist grundsätzlich der von dem Maßnahmeträger nach sachgerechten Gesichtspunkten und ordnungsgemäßer Regelung festgesetzte Beginn der Maßnahme, für die sich der Teilnehmer rechtzeitig angemeldet hat.
3. Verzögerungen des Beginns von Unterrichtsveranstaltungen aus Gründen, die der Teilnehmer nicht zu vertreten hat, bewirken für diese Zeit nicht den Verlust seines Anspruchs auf Unterhaltsgeld. Ein solcher Fall liegt vor, wenn der Unterricht tatsächlich erst einige Tage nach dem vorgesehenen Beginn einer Maßnahme aufgenommen werden kann, weil der Maßnahmeträger an staatlich festgelegte Ferien gebunden ist.
Normenkette
AFG § 34 Fassung: 1969-06-25, § 41 Fassung: 1969-06-25, § 44 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1969-06-25; AFuU § 11 Fassung: 1971-09-09
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. Februar 1974 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Unterhaltsgeld (Uhg) für 10 Tage, um die sich der Beginn seiner Fortbildungsmaßnahme wegen laufender Osterferien verschoben hat.
Der 1939 geborene Kläger besitzt eine abgeschlossene Berufsausbildung als Kaufmannsgehilfe und war danach mehrere Jahre als kaufmännischer Angestellter, zuletzt als Kalkulator tätig. Dieses Beschäftigungsverhältnis kündigte der Kläger ordnungsgemäß zum 31. März 1972, um an der Fachschule für praktische Betriebswirtschaft Dr. H - A (Dr. H.) in der Zeit von April 1972 bis Juli 1973 an einer dreisemestrigen Maßnahme der beruflichen Fortbildung zum praktischen Betriebswirt teilzunehmen. Auf seinen Antrag vom 3. Februar 1972 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen nach §§ 44 , 45 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), das Uhg jedoch erst mit Wirkung ab 11. April 1972 (Bescheide vom 24. und 25. April 1972). Mit seinem Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. April 1972 über die Gewährung von Uhg machte der Kläger geltend, daß das Sommersemester 1972 an der Fachschule Dr. H. am 1. April 1972 beginne. Lediglich wegen der Osterferien sei der Vorlesungsbeginn auf den 11. April 1972 festgelegt worden. Der Kläger legte eine Bescheinigung des Lehrgangsträgers vom 20. März 1972 vor, wonach der Beginn des Sommersemesters zum 1. April 1972 durch Beschluß des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus festgelegt worden sei. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück, weil der Unterricht erst nach den Osterferien am 11. April 1972 begonnen habe (Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 1972).
Das Sozialgericht (SG) Augsburg hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 1. April 1972 Uhg in gesetzlicher Höhe zu gewähren (Urteil vom 11. Oktober 1972).
Die vom SG zugelassene Berufung der Beklagten hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 14. Februar 1974 zurückgewiesen. Das LSG hat eine Auskunft der Gemeinnützigen Gesellschaft mbH für berufsbildende Schulen (dem Nachfolgeträger der Fachschule für praktische Betriebswirtschaft Dr. H.) vom 14. Januar 1974 eingeholt; es hat ferner ein Schreiben der Regierung von Schwaben vom 14. März 1972 an den Maßnahmeträger und die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 23. März 1971 über die Ferienordnung 1972 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Danach ist das LSG zu dem Ergebnis gelangt, daß dem Kläger ein Anspruch auf Uhg bereits ab 1. April 1972 zustehe. Es hat insbesondere ausgeführt: § 44 Abs. 1 AFG regele zwar nicht den Beginn des Uhg. Dies ergebe sich jedoch über § 44 Abs. 7 AFG aus den Vorschriften des 4. Abschnittes des AFG über das Arbeitslosengeld (Alg). Der Kläger sei am 1. April 1972 arbeitslos geworden. Der Eintritt dieser Arbeitslosigkeit stehe in einem notwendigen Zusammenhang mit der beabsichtigten und tatsächlich aufgenommenen Fortbildungsmaßnahme. Die entsprechende Anwendung der Vorschriften über das Alg führe vorliegend zum Beginn des Anspruchs auf Uhg ab 1. April 1972. Dieser Rechtsanwendung stünden die Besonderheiten des Uhg nicht entgegen. Der in Rede stehende Zeitraum könne im Falle des Klägers auch nicht durch Alg überbrückt werden, das der Kläger gar nicht beantragt habe. Das Uhg gehe dem Alg als speziellere Leistung nämlich vor. Sein Zweck bestehe darin, den Verlust des Einkommens aus unselbständiger oder selbständiger Tätigkeit auszugleichen, der infolge der Teilnahme an Bildungsmaßnahmen entstehe. Bei dieser Sachlage hat das LSG die Frage offengelassen, ob als Beginn der Maßnahme der regelmäßige Semesterbeginn angesehen werden könne, auch wenn der Vollzeitunterricht wegen der Ferienordnung erst später eingesetzt habe.
Mit der zugelassenen Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen §§ 34 , 44 AFG , §§ 10 und 11 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 9. September 1971 (ANBA S. 797 - AFuU 1971 -) und trägt insbesondere vor:
Unter beruflichen Bildungsmaßnahmen im Sinne des AFG seien nur Veranstaltungen in Unterrichtsform zu verstehen, wie sich aus § 34 Abs. 1 AFG ergebe. Dieser Beschränkung entsprechend bestimme § 44 Abs. 1 AFG , daß Uhg nur Teilnehmern an Maßnahmen zur beruflichen Fortbildung gewährt wird. Ebenso wäre in § 11 Abs. 1 und 2 AFuU 1971 die Teilnahme an einer Maßnahme als Voraussetzung für die Gewährung des Uhg gefordert. Nach § 10 AFuU 1971 könnten Leistungen nur für die Dauer der Teilnahme an einer Maßnahme gewährt werden. Anspruch auf Uhg hätten danach nur solche Personen, die den Unterricht oder sonstige Veranstaltungen des Maßnahmeträgers auch tatsächlich besuchten. Dies folge aus der Erwägung, daß die Sicherung des Lebensunterhalts durch Uhg nur während der Zeit sichergestellt werden solle, in der der Teilnehmer wegen der Teilnahme keine oder nur eine verkürzte Erwerbstätigkeit ausüben könne. Die regelmäßige Teilnahme an der Bildungsmaßnahme sei demnach Grundvoraussetzung für die Gewährung von Uhg. Zur Vermeidung von Härten im Einzelfall gelte die Teilnahme als Voraussetzung für den Uhg-Anspruch zwar auch an Tagen als erfüllt, an denen der Teilnehmer dem Unterricht aus einem wichtigen Grunde fern bleibe. Darüber hinaus enthalte § 11 Abs. 4 AFuU 1971 die ausdrückliche Regelung, daß während festgelegter Ferienzeiten Uhg gewährt werden dürfe. Dieser Sonderbestimmung hätte es nicht bedurft, wenn der Anspruch auf Uhg gemäß § 44 Abs. 1 AFG nicht grundsätzlich eine tatsächliche Teilnahme am Unterricht voraussetzen würde. Bei Zeiten, die zwischen dem planmäßigen Beginn einer Maßnahme und dem ersten Unterrichtstag lägen, finde die Ausnahmeregelung in § 11 Abs. 4 AFuU 1971 jedoch keine Anwendung; insoweit lägen bereits begrifflich keine Ferienzeiten vor. Dafür sei es erforderlich, daß eine Schulungsveranstaltung durch eine unterrichtsfreie Zeit unterbrochen werde. Für diesen Fall müßte aber sowohl vor als auch nach der unterrichtsfreien Ferienzeit Unterricht stattfinden. Auch für Zeiträume, die sich von der Beendigung des Unterrichts bis zum planmäßigen Ende der Maßnahme erstrecken und als Ferienzeiten bezeichnet seien, gelte die Sonderregelung des § 11 Abs. 4 AFuU 1971 nicht. Hier sei der Anspruch auf Uhg mit dem letzten Unterrichtstag beendet. Allenfalls ergebe sich in diesen Fällen ein Anspruch nach § 44 Abs. 5 AFG . Eine unterschiedliche Behandlung der Ferienzeiten vor dem tatsächlichen Maßnahmebeginn und nach dem Maßnahmeende finde in den gesetzlichen Bestimmungen jedoch keine Stütze. Der Auffassung des LSG, daß sich der Anspruch des Klägers hier aus der entsprechenden Anwendung der Vorschriften über das Alg ergebe, stünden die besonderen Anspruchsvoraussetzungen für das Uhg in § 44 AFG entgegen.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 11. Oktober 1972 die Klage abzuweisen und zu entscheiden, daß außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des LSG für richtig und führt ergänzend aus: Die Teilnahme an einer Maßnahme im Sinne von § 44 Abs. 1 AFG könne nicht dahingehend verstanden werden, daß zwingende Voraussetzung für die Gewährung des Uhg die rein körperliche Teilnahme sei; entscheidend sei der Beginn der Bildungsmaßnahme als solcher. Der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis spätestens bis zum 31. März 1972 kündigen müssen, um an der Bildungsmaßnahme teilnehmen zu können. In der Zeit bis zum 11. April 1972 habe ihm ein Anspruch auf Alg nicht zugestanden. Schließlich komme es auch nicht darauf an, ob die Ferien vor dem Beginn der Bildungsmaßnahme liegen. Maßgebend seien allein die Zeitpunkte bzw. die Zeiträume der beruflichen Bildungsmaßnahme als solcher. Wenn, wie im vorliegenden Fall, Ferien zufällig bereits vor Beginn der tatsächlichen Unterrichtsaufnahme lägen, so bestehe kein Unterschied zu Ferien, die ebenso zufälligerweise innerhalb der Bildungsmaßnahme stattfänden. Hätten vorliegend z.B. die Ferien erst nach dem 1. April 1972 begonnen, würde die Beklagte nach ihren eigenen Ausführungen Uhg gezahlt haben. Es sei aber kein vernünftiger Grund erkennbar, demgegenüber eine Differenzierung vorzunehmen.
Beide Beteiligten sind mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung ( § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) einverstanden.
Entscheidungsgründe
Die durch Zulassung statthafte Revision der Beklagten ist nicht begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Uhg bereits für die Zeit ab 1. April 1972 zu.
Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG ( § 163 SGG ) handelt es sich bei der Teilnahme des Klägers an dem dreisemestrigen Lehrgang an der Fachschule für praktische Betriebswirtschaft Dr. H. um eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung im Sinne der §§ 41 ff AFG . Der Kläger besitzt eine abgeschlossene Berufsausbildung als Kaufmannsgehilfe und eine mehrjährige Berufspraxis als kaufmännischer Angestellter. Ausbildungsziel der Fachschule für praktische Betriebswirtschaft Dr. H. ist nach den Feststellungen des LSG die Vertiefung und Erweiterung der beruflichen Kenntnisse von Kaufmannsgehilfen mit erfolgreich abgeschlossener Berufsausbildung und daran anschließender, mindestens zweijähriger Berufspraxis. Demgemäß förderte die Beklagte die Teilnahme des Klägers an diesem Lehrgang durch Gewährung von Sachkosten nach § 45 AFG und von Uhg nach § 44 AFG .
Im Ergebnis zutreffend hat das LSG entschieden, daß die Beklagte dem Kläger das Uhg zu Unrecht erst ab 11. April 1972 zugebilligt hat. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 AFG wird Uhg an Teilnehmer an Maßnahmen zur beruflichen Fortbildung mit ganztägigem Unterricht (Vollzeitunterricht) gewährt. Diese Voraussetzungen lagen beim Kläger bereits ab 1. April 1972 vor; denn er war bereits von diesem Zeitpunkt an Teilnehmer an einer Maßnahme zur beruflichen Fortbildung in diesem Sinn. Im Gegensatz zum LSG ist der Senat der Auffassung, daß das Gesetz mit dem Begriff der "Teilnahme an einer Maßnahme" den Zeitraum umschreibt, für den ein Anspruch auf Uhg gegeben sein kann, sofern - wie hier - die übrigen Voraussetzungen, insbesondere die rechtzeitige Antragstellung, vorliegen. Es kommt für den Anspruch auf Uhg nicht darauf an, von welchem Zeitpunkt an der Fortbildungswillige mit Rücksicht auf die beabsichtigte Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme arbeitslos geworden ist. Maßstab für den Beginn des Anspruchs auf Uhg ist vielmehr grundsätzlich der von dem Maßnahmeträger nach sachlichen Gesichtspunkten und ordnungsgemäßer Regelung festgesetzte Beginn der Maßnahme, für die sich der Teilnehmer rechtzeitig angemeldet hat. Verzögerungen dieses Beginns aus Gründen, die der Teilnehmer nicht selbst zu vertreten hat, bewirken nicht, daß er die Eigenschaft "Teilnehmer an einer Maßnahme" im Sinne § 44 Abs. 1 Satz 1 AFG zu sein, nicht erwirbt oder verliert (Schönefelder/Kranz/Wanka, Kommentar zum AFG, Rdnr. 12 zu § 44; Hennig/Kühl/Heuer, Kommentar zum AFG, Anm. 2 zu § 44). Im vorliegenden Fall war der Beginn der Maßnahme auf den 1. April 1972 festgesetzt. Es kann dabei dahinstehen, ob dem Vortrag des Klägers zu folgen ist, daß dieser Beginn durch Beschluß des Bayerischen Kultusministers festgelegt worden ist, wie in dem Schreiben des Maßnahmeträgers vom 20. März 1972 behauptet wird, oder ob der Maßnahmeträger selbst den Zeitpunkt festgelegt hat, wie sich aus der Bestätigung des Maßnahmeträgers vom 14. Januar 1974 ergibt. Die Gründe für die Festsetzung des Maßnahmebeginns zum 1. April 1972 waren jedenfalls auch im letzteren Fall sachgerecht. Der Träger hatte diesen Zeitpunkt wegen der Kündigungsmöglichkeit zum 31. März 1972 gewählt, offensichtlich, um für seinen Interessentenkreis einen nahtlosen Anschluß der Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme an das Ende ordnungsgemäß ausgelaufener Arbeitsverhältnisse zu ermöglichen.
Dem Anspruch des Klägers steht es nicht entgegen, daß der Unterricht nicht am 1. April 1972, dem Tag des regelförmig vorgesehenen Semesterbeginns, aufgenommen worden ist, sondern erst am 11. April 1972. Das LSG hat hierzu bindend festgestellt, daß die Fachschule Dr. H. der vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus vorgeschriebenen Ferienordnung unterliegt und daß danach für die Zeit vom 25. März bis 10. April 1972 die Osterferien festgesetzt worden waren (vgl. Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 23. März 1971, Beiblatt zum Amtsblatt des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus 1971 S. 125). Den verspäteten Unterrichtsbeginn am 11. April 1972 hatten sonach weder der Kläger noch - sofern es für den Anspruch des Klägers auf Uhg hierauf ankommen könnte - der Maßnahmeträger zu vertreten; denn die Verspätung ergab sich aus der bindenden rechtlichen Verpflichtung des Trägers an die Ordnung der Schulferien in Bayern.
Zu Unrecht beruft sich die Beklagte für ihre gegenteilige Auffassung darauf, daß nach § 34 AFG der Anspruch auf Uhg erst mit dem Beginn der tatsächlichen Unterrichtserteilung entstehen könne. § 34 AFG beschreibt den Charakter, die Art von Maßnahmen, deren Besuch die Beklagte nach §§ 33 ff AFG zu fördern hat (vgl. BSG vom 6. Mai 1975 - 7 RAr 46/73 -). Aus der Regelung, daß sich die Förderung auf die Teilnahme an Maßnahmen mit Vollzeit-, Teilzeit- oder Fernunterricht erstreckt, ergibt sich jedoch noch keine Antwort auf die Frage des Beginns der Teilnahme an einer derartigen Maßnahme im Sinne von § 44 Abs. 1 AFG . Wie der Senat bereits entschieden hat, ist das Uhg kein "Stundenlohn" für die Teilnahme an Unterrichtsstunden. Uhg steht grundsätzlich auch für Zeiten der Teilnahme an einer Maßnahme zu, die aus besonderen sachgerechten Gründen nicht mit Unterricht belegt sind (Urteil vom 3. Juni 1975 - 7 RAr 17/74 -). Dementsprechend gewährt die Beklagte nach § 11 Abs. 4 AFuU 1971 das Uhg während festgelegter Ferienzeiten, in denen kein Unterricht stattfindet. Die Beklagte sieht hier in richtiger Auslegung des § 44 AFG von dem Erfordernis der Unterrichtserteilung für solche Zeiten ab, in denen der Bildungswillige - streng genommen - durch die Teilnahme an der Maßnahme nicht an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert wäre. Dem Wortlaut des § 11 Abs. 4 AFuU 1971 ist nicht zu entnehmen, daß dies nur für Ferienzeiten gelten soll, die erstmals nach dem Beginn von Unterricht liegen. Der Beklagten kann insbesondere nicht darin gefolgt werden, daß Ferienzeiten begrifflich stets die Unterbrechung einer zuvor bereits begonnenen Unterrichtsveranstaltung voraussetzten. Hier ist auf die institutionelle Situation einer Maßnahme abzustellen, die sich nicht in einem einmaligen Lehrgang erschöpft. Wird danach aus sachgerechten Gründen der Beginn einer Maßnahme wegen rechtlich verbindlich angeordneter Ferienzeiten hinausgeschoben, so liegt auch für den einzelnen Teilnehmer der Tatbestand von "Ferien" im Sinne § 11 Abs. 4 AFuU 1971 vor.
Für eine andere Betrachtung wäre hier auch kein vernünftiger Grund zu erkennen. Das Uhg soll anstelle des ausfallenden Arbeitseinkommens den Lebensunterhalt des Bildungswilligen und seiner Familie sichern für Zeiten, in denen er hierzu wegen der Bildungsmaßnahme aus eigener Kraft bei natürlicher Betrachtung nicht in der Lage ist. Das ist der Fall, wenn der Teilnehmer - wie hier - sein bisheriges Beschäftigungsverhältnis aus Rechtsgründen bereits zu dem Termin des planmäßig vorgesehenen Beginns der Bildungsmaßnahme aufgeben muß und dieser Termin sich an sachgerechten Maßstäben ausrichtet. Etwas anderes mag gelten, wenn Anhaltspunkte gegeben sind, daß dieser Termin nur gewählt wurde, um Förderungsleistungen der Beklagten bereits für einen Zeitraum auszulösen, in denen nach allgemeiner Erfahrung Unterrichtsveranstaltungen grundsätzlich nicht stattfinden können, ohne daß zugleich sachgerechte Gründe hierfür vorliegen. In diesem Fall könnte es sich rechtfertigen, einen späteren Zeitpunkt als den Beginn der Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Bildung anzusehen. So ist es hier jedoch nicht. Die Gründe für den Maßnahmebeginn zum 1. April entsprechen hier einer sachgerechten Gestaltung des Lehrgangsbetriebes; einer Manipulationsabsicht steht es dabei schon entgegen, daß die Osterfeiertage nicht in jedem Jahr so liegen, daß der 1. April stets in die staatlich angeordneten Osterferien fällt.
Nach allem hat die Fortbildungsmaßnahme, für deren Besuch der Kläger Leistungen begehrt, am 1. April 1972 begonnen. Von diesem Zeitpunkt an war der Kläger Teilnehmer im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 AFG mit Anspruch auf Uhg. Die von der Beklagten weiter aufgeworfene Frage eines Uhg-Anspruchs für Ferienzeiten im Anschluß an die Beendigung einer Bildungsmaßnahme hatte der Senat nicht zu entscheiden. Die Revision der Beklagten ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG .
Fundstellen
Haufe-Index 518804 |
BSGE, 117 |