Beteiligte
Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt Hamburg |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 29. Mai 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Gründe
I
Die Klägerin begehrt die ab 1. Januar 1993 bewilligte Altersrente für langjährig Versicherte bereits für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1992.
Die am 19. Oktober 1928 geborene Klägerin ließ sich im Februar 1990 in der Rentenantrags-/Beratungsstelle des Ortsamtes Walddörfer (Freie und Hansestadt Hamburg, Bezirksamt Wandsbek) beraten. In diesem Beratungsgespräch äußerte sie nach eigenen Angaben den Wunsch, so früh wie möglich Altersrente zu beziehen. Für die Klärung des Versichertenkontos wurde insbesondere ein Antrag auf Feststellung von Zeiten der Kindererziehung hinsichtlich der in den Jahren 1957 bis 1971 geborenen fünf Kinder der Klägerin veranlaßt. Auf diesen Antrag vom 2. Februar 1990 erkannte die Beklagte für die fünf Kinder jeweils zwölf Monate, beginnend mit dem Monat nach der Geburt der Kinder, als Versicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung an (Bescheid vom 28. März 1990). In einem Begleitschreiben vom selben Tage teilte die Beklagte der Klägerin unter Bezugnahme auf den beigefügten Versicherungsverlauf, in dem weitere Versicherungszeiten enthalten waren, ua mit, die Wartezeit für das flexible Altersruhegeld wegen Vollendung des 60. bzw 63. Lebensjahres (§ 1248 RVO) sei mit den gegenwärtig bekannten und anzurechnenden 205 Monaten Beitrags- und Kindererziehungszeiten nicht erfüllt. Außerdem heißt es am Schluß dieses Schreibens:
„Ab 01.01.1992 wird die Reform der gesetzlichen Rentenversicherung in Kraft treten. Hierdurch wird neben der Änderung und Erweiterung der rentenrechtlichen Zeiten auch die Rentenberechnung neu geregelt. Da voraussichtlich Ihr persönlicher Rentenbeginn nach dem 31.12.1991 liegt und hierfür somit das neue Rentenrecht maßgebend sein wird, sind in diesem Schreiben keine Angaben zur Rentenhöhe (Rentenauskunft) enthalten.”
Am 28. Januar 1993 beantragte die Klägerin Altersrente für langjährig Versicherte wegen Vollendung des 63. Lebensjahres rückwirkend ab dem 1. Januar 1992 und machte geltend, ihr sei erst jetzt bekannt geworden, daß sie infolge einer Gesetzesänderung zum 1. Januar 1992 durch die Anrechnung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung die Wartezeit von 420 Monaten erfülle. Auf diesen Antrag hin bewilligte die Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 8. Juni 1993 Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 1. Januar 1993. Zur Begründung führte sie aus, die Anspruchsvoraussetzungen seien seit dem 18. Oktober 1991 erfüllt. Die Rente werde vom Antragsmonat an geleistet, weil der Antrag erst nach Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats gestellt worden sei, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt gewesen seien. Der Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 1994).
Im Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen, sie habe die verspätete Antragstellung im Januar 1993 nicht zu vertreten, denn sie habe trotz ihrer Kontakte zur Beklagten erst bei jener Rentenantragstellung erfahren, daß sie bereits seit einem Jahr entsprechende Leistungen von der Beklagten hätte erlangen können. Sie habe sich im Interesse einer frühestmöglichen Rentengewährung schon frühzeitig um ihre Rentenangelegenheit gekümmert und eine umfassende Kontenklärung vornehmen lassen. Die Beklagte sei deshalb zu dem Hinweis verpflichtet gewesen, daß sie wegen der Gesetzesänderung am 1. Januar 1992 Altersrente beantragen und beziehen könne.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 26. Oktober 1995 mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen eines sog sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs seien bei der Klägerin nicht erfüllt. Denn die Beklagte habe ihre gesetzliche Beratungs- und Auskunftspflicht nicht verletzt. Sie habe die Klägerin im Beratungsgespräch im Januar 1990 hinreichend darüber aufgeklärt, daß eine Rentengewährung nach Antragstellung zu dem damaligen Zeitpunkt noch nicht in Frage komme. Insbesondere in der Auskunft vom März 1990 habe sie die Klägerin darauf hingewiesen, daß sich seit dem 1. Januar 1992 Änderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung ergäben, die auch für die Klägerin von Bedeutung sein könnten. Gerade der angebliche Wunsch der Klägerin, so früh wie möglich Rente zu beziehen, habe für sie selbst Anlaß sein müssen, sich nach dem Inkrafttreten des SGB VI bei den einschlägigen Beratungsstellen danach zu erkundigen, ob ihr die Gesetzesänderung Vorteile bringe.
Die Berufung der Klägerin hat das LSG durch Urteil vom 29. Mai 1997 zurückgewiesen. Es hat zur Begründung auf die erstinstanzliche Entscheidung verwiesen (§ 153 Abs 2 SGG) und ergänzend ausgeführt: Die Beklagte habe ihre Beratungs- und Auskunftspflicht auch nicht dadurch verletzt, daß die Klägerin bei ihrer Vorsprache in der Rentenantrags-/Beratungsstelle des Ortsamtes Walddörfer im Februar 1990 nicht über die wenige Monate zuvor verabschiedeten Neuregelungen im Rentenrecht unterrichtet worden sei. Es könne hier dahinstehen, ob schon vor dem Inkrafttreten des RRG 1992 eine Beratungspflicht der Versicherungsträger bzw der mit ihnen zusammenarbeitenden Beratungs- und Auskunftsstellen bestanden habe; jedenfalls sei der zeitliche Abstand von zwei Monaten zwischen der Verkündung des neuen Rentenrechts im Bundesgesetzblatt und der Beratung der Klägerin in der Rentenantragstelle des Ortsamtes Hamburg-Walddörfer für eine Einbeziehung der Einzelheiten des neuen Rechts in die Beratungspflicht zu kurz gewesen. Die naheliegende Erwägung, die Beklagte hätte bei ihrer schriftlichen Auskunft an die Klägerin im März 1990, wenn sie schon auf das neue Recht hinwies, dies mit einem Hinweis auf die konkreten Auswirkungen des neuen Rechts auf den Fall der Klägerin verbinden müssen, beinhalte eine Überspannung der Anforderungen. Die Beklagte habe auch ihre Hinweispflicht nach § 115 Abs 6 SGB VI nicht verletzt. Nach dieser Vorschrift sollten die Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, daß sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragten. Im Fall der Klägerin liege indes kein „geeigneter Fall” in diesem Sinne vor. Denn nach den Vorstellungen des Gesetzgebers komme eine derartige Hinweispflicht – abgesehen von der Hinterbliebenenrente – nur bei der üblicherweise zu gewährenden Altersrente mit Vollendung des 65. Lebensjahres in Betracht. Doch selbst wenn man die Hinweispflicht umfassender verstehe, lasse sich im Falle der Klägerin keine Pflichtverletzung erkennen. Da die Klägerin bei Inkrafttreten des sie begünstigenden neuen Rechts das 63. Lebensjahr bereits vollendet gehabt habe, setze die Annahme einer Hinweispflicht nach § 115 Abs 6 SGB VI voraus, die Beklagte sei schon aus Anlaß des Inkrafttretens des neuen Rechts verpflichtet gewesen, das Versicherungskonto der Klägerin und mit ihr die Versicherungskonten aller Versicherten, die das 63. Lebensjahr bereits vollendet hatten, auf die Erfüllung der besonderen Wartezeit zu überprüfen. Eine derart umfassende und aufwendige Überprüfungspflicht lasse sich aus § 115 Abs 6 SGB VI nicht ableiten. Dies bestätige auch die Vorschrift des § 274b SGB VI. Danach habe der Gesetzgeber im Hinblick auf die erhebliche Belastung der Rentenversicherungsträger durch die Überleitung des SGB VI auf das Beitrittsgebiet die Verpflichtung zur Kontenklärung von Amts wegen (§ 149 SGB VI) bis zum 31. Dezember 1996 ausgesetzt.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts (§§ 103, 157 Abs 2 SGG; § 2 Abs 2, §§ 13, 14, 15, 17 Nrn 1 und 3 SGB I, § 115 Abs 6 SGB VI, § 27 SGB X) und trägt im wesentlichen vor: Das LSG habe den tatsächlichen Schulungsstand der Mitarbeiter der Beklagten im Zusammenhang mit der Neuregelung des RRG 1992 nicht ermittelt. Soweit das LSG der Auffassung sei, daß die bereits im November 1989 verabschiedeten Regelungen Ende Februar 1990 in der Beratungspraxis noch nicht zu berücksichtigen gewesen seien, sei dies unzutreffend. Zum Zeitpunkt der damaligen ausführlichen Beratung sei der Beklagten der wesentliche Inhalt der neuen gesetzlichen Regelungen, insbesondere die hier zum Tragen gekommene Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten, bereits bekannt gewesen. Vor dem Hintergrund der neuen Regelungen des RRG sei die Auskunft der Mitarbeiterin des Ortsamtes Walddörfer unrichtig und irreführend gewesen, soweit sie ihr, der Klägerin, nahegelegt habe, zum Zeitpunkt der Beratung keinen Rentenantrag zu stellen, sondern diesen erst für die Zeit von ca einem halben Jahr vor dem 65. Geburtstag vorzumerken, weil der Rentenversicherungsträger sonst überlastet sei. Für sie sei diese Auskunft ausschlaggebend gewesen. Daran habe auch das Schreiben der Beklagten vom 28. März 1990 nichts geändert. Sie sei bei der Rentenantragstellung im Januar 1993 von der neuen Situation völlig überrascht worden. Zumindest müsse ihr Rentenantrag vom 28. Januar 1993 als Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 27 SGB VI gesehen werden. Das LSG habe darüber hinaus § 115 Abs 6 SGB VI unzutreffend ausgelegt. Soweit darauf abgestellt werde, daß lediglich die Hinterbliebenenrente beim Tod des Versicherten und die Regelaltersrente vom Gesetzgeber genannt worden seien, müsse beachtet werden, daß es sich um eine beispielhafte Aufzählung handele, deren Abgeschlossenheit der Gesetzgeber nicht zwingend vorausgesetzt habe. Auch die allgemeine Überprüfung aller Versicherten, die das 63. Lebensjahr bereits vollendet hatten, hätte der Beklagten durchaus zugemutet werden können.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 29. Mai 1997 und des Sozialgerichts Hamburg vom 26. Oktober 1995 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 8. Juni 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Januar 1994 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Altersrente auch für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1992 zu gewähren sowie die monatlich nachzuzahlenden Beträge beginnend ab 1. Februar 1992 mit 4 vH zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision der Klägerin ist iS der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG zur weiteren Sachaufklärung begründet. Der Senat konnte aufgrund der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Altersruhegeld bereits vor dem 1. Januar 1993 hat. Das LSG wird dazu weitere Ermittlungen anzustellen haben, die sich im einzelnen aus den nachstehenden Ausführungen ergeben.
Die Klägerin erfüllt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Altersrente für langjährig Versicherte gemäß § 36 SGB VI. Ein früherer Rentenbeginn als Januar 1993 scheidet in Anwendung der Vorschrift des § 99 Abs 1 Satz 1 SGB VI aus, weil der Antrag erst nach Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats gestellt worden ist, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt waren (hier: 1. Januar 1992). Ob die Klägerin jedoch im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen ist, als hätte sie den Antrag vor Januar 1993 gestellt, läßt sich nach den bisherigen Feststellungen des LSG nicht beurteilen.
1. Ein früherer Rentenbeginn ergibt sich nicht daraus, daß dem Antrag vom 28. Januar 1993 im Wege der Wiedereinsetzung die Wirkung eines früher gestellten Antrags beigemessen wird. Der Klägerin kann gegen die Versäumung der Antragsfrist des § 99 Abs 1 Satz 1 SGB VI keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB X gewährt werden. Selbst wenn die Drei-Monats-Frist des § 99 Abs 1 Satz 1 SGB VI vom Regelungsinhalt des § 27 Abs 1 Satz 1 SGB X erfaßt würde (vgl BSG Urteil vom 21. Mai 1996 - 12 RK 43/95 - SozR 3-5070 § 21 Nr 3 zur Antragsfrist für eine Nachentrichtung von Beiträgen und Urteil vom 22. Oktober 1996 - 13 RJ 23/95 - BSGE 79, 168 = SozR 3-2600 § 115 Nr 1 zum Rentenantrag), war die Klägerin jedenfalls nicht iS des § 27 Abs 1 Satz 1 SGB X ohne Verschulden gehindert, die Frist einzuhalten. Ihr Vorbringen, es habe sich bei ihr wohl die Vorstellung festgesetzt, sie könne eine Rente erst ab dem 65. Lebensjahr beziehen, stellt keinen Wiedereinsetzungsgrund dar. Nach dem Grundsatz der formellen Publizität bei der Verkündung von Gesetzen gelten diese mit ihrer Verkündung im Bundesgesetzblatt allen Normadressaten als bekannt, ohne Rücksicht darauf, ob und wann diese davon tatsächlich Kenntnis erhalten haben. Eine Unkenntnis von dem Recht und der Befristung seiner Ausübung, die im Gesetz selbst ausdrücklich geregelt ist, kann eine Wiedereinsetzung daher nicht rechtfertigen (BSG Urteile vom 21. Mai 1996 und 22. Oktober 1996, aaO).
2. Die Klägerin kann ihren Anspruch ferner nicht daraus herleiten, daß die Beklagte (möglicherweise) ihre allgemeine Aufklärungspflicht iS von § 13 SGB I durch unterlassene oder ungenügende Aufklärung der „Bevölkerung” verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung begründet für einzelne Personen, die allein Träger von Rechten und Pflichten sein können, nach der Gesetzessystematik keinen Herstellungsanspruch (vgl BSG Urteil vom 21. Juni 1990 - 12 RK 27/88 - BSGE 67, 90 = SozR 3-1200 § 13 Nr 1).
3. Ob allerdings die Klägerin im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen ist, als hätte sie die Altersrente innerhalb der Frist des § 99 Abs 1 Satz 1 SGB VI beantragt, kann anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht entschieden werden. Als Grundlage eines solchen Herstellungsanspruchs kommen hier eine Verletzung der Beratungs- und Auskunftspflicht nach §§ 14, 15 SGB I (nachfolgend Buchst a) oder eine Verletzung der aus § 115 Abs 6 SGB VI resultierenden Hinweispflicht auf einen Rentenantrag (nachfolgend Buchst b) in Betracht.
a) Soweit das LSG zur Verneinung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs die Meinung vertreten hat, die Beklagte habe ihre Beratungspflicht gegenüber der Klägerin nach § 14 SGB I nicht verletzt, fehlen hierfür ausreichende Feststellungen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG kann die Verletzung von Nebenpflichten, die dem Versicherungsträger aus dem Versicherungsverhältnis obliegen, für die Versicherten einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen. Zu diesen Nebenpflichten gehören vor allem die Pflichten zu speziellen Dienstleistungen des Versicherungsträgers wie Auskunft, Belehrung und „verständnisvolle Förderung” der Versicherten. Diese Pflichten sind verletzt, wenn sie, obwohl ein konkreter Anlaß zu den genannten Dienstleistungen bestanden hat, nicht oder nur unzureichend erfüllt sind (vgl BSG Urteile vom 27. September 1983 - 12 RK 44/82 - SozR 1200 § 14 Nr 15, vom 16. Dezember 1993 - 13 RJ 19/92 - SozR 3-1200 § 14 Nr 12 und vom 26. Oktober 1994 - 11 RAr 5/94 - SozR 3-1200 § 14 Nr 16). Ein konkreter Anlaß in diesem Sinne besteht jedenfalls dann, wenn der Versicherte sich mit der Bitte um Beratung an den Versicherungsträger wendet, wie § 14 SGB I klarstellt. Danach hat „jeder”, dh jeder einzelne Bürger, ausdrücklich einen Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach dem SGB.
Nach den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des LSG hat die Klägerin „im Februar 1990” in der Rentenantrags-/Beratungsstelle des Ortsamtes Walddörfer vorgesprochen. Wie das SG zu dem Zeitpunkt „Januar 1990” gelangt ist, welches Anliegen die Klägerin hatte, welche Unterlagen dem Beratungsgespräch zugrunde lagen (möglicherweise ein vor Februar 1990 erstellter Versicherungsverlauf – vgl Bl 89 der vorinstanzlichen Akten) und welcher Rat der Klägerin erteilt wurde, hat das LSG nicht festgestellt. Es hat sich insoweit lediglich auf die Ausführungen des SG bezogen, wonach die Klägerin hinreichend darüber aufgeklärt worden sei, daß eine Rentengewährung zum damaligen Zeitpunkt noch nicht in Frage gekommen sei. Das LSG hat ergänzend festgestellt, die Klägerin sei bei diesem Beratungsgespräch nicht über die wenige Monate zuvor verabschiedeten Neuregelungen im Rentenrecht unterrichtet worden, „insbesondere nicht darüber, daß sie nach dem neuen Recht im Hinblick auf die bei ihr dann auf die Wartezeit anzurechnende Berücksichtigungszeit für die Kindererziehung die Voraussetzungen für die Gewährung einer Altersrente bereits ab dem 1. Januar 1992 erfüllen werde und daß sie zur vollständigen Realisierung dieses Anspruchs bis spätestens Ende April 1992 Rente beantragen müsse.”
Das LSG hat jedoch angenommen, daß aufgrund jener Vorsprache schon deshalb kein Herstellungsanspruch der Klägerin gegeben sein könne, weil zu jenem Zeitpunkt – ca zwei Monate nach Verkündung des RRG 1992 im Bundesgesetzblatt – eine Pflicht zur Beratung über Ansprüche nach dem neuen Recht noch nicht bestanden habe. Es hat dies daraus gefolgert, daß der Gesetzgeber den Rentenversicherungsträgern eine Übergangsfrist von ca zwei Jahren zwischen Verabschiedung und Inkrafttreten des neuen Rechts eingeräumt habe, um sich auf die neuen Regelungen einzustellen. Auch in dem Mitteilungsschreiben vom 28. März 1990, das dem Versicherungsverlauf beigefügt war, habe sich die Beklagte auf die allgemeine Information beschränken dürfen, ab 1. Januar 1992 würden die rentenrechtlichen Zeiten und die Rentenberechnung neu geregelt.
Diesen Erwägungen vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die Feststellungen des LSG lassen die Möglichkeit offen, daß die Klägerin schon während des Beratungsgesprächs im Januar oder Februar 1990 den – naheliegenden – Wunsch geäußert hat, möglichst bald Rente zu beziehen. Nach dem bereits verkündeten RRG 1992 stand fest, daß ihr ein derartiger Anspruch – bei Antragstellung bis spätestens Ende April 1992 – schon ab 1. Januar 1992 zustehen würde (vgl Niesel in Kasseler Komm, § 99 SGB VI RdNr 27, Stand: Dezember 1995; VerbandsKomm, § 99 SGB VI Anm 7, Stand: 1. Juli 1992). Selbst wenn bei dieser Sachlage nicht bereits im Januar/Februar 1990 ein Anspruch auf eine dahingehende, präzise Beratung bestehen konnte, so kann ein Beratungsfehler jedenfalls nicht von vornherein unter Hinweis auf die „Übergangsfrist” von Ende 1989 bis Anfang 1992 abgelehnt werden. In der Rechtsprechung des BSG ist geklärt, daß eine Beratungspflicht auch bei komplizierten Sachverhalten besteht. Wenn das Anliegen des Ratsuchenden im Rahmen einer ersten mündlichen Beratung nicht zu klären ist oder zuviel Zeitaufwand erfordern würde, sind die Bediensteten des Rentenversicherungsträgers in der Regel verpflichtet, auf die Möglichkeit einer schriftlichen Anfrage zu verweisen oder einen neuen Beratungstermin zu vereinbaren (vgl BSG Urteil vom 29. Januar 1981 - 12 RK 19/80 - SozR 1200 § 14 Nr 11). Ob das in den Verwaltungsablauf eingeschaltete Ortsamt (vgl § 16 Abs 1 SGB I) in einem hier zu beachtenden Sinne der Klägerin gegenüber pflichtwidrig gehandelt hat, hat das LSG nicht festgestellt. Die Notwendigkeit der Vereinbarung eines neuen Beratungstermins – zB Ende 1991/Anfang 1992 – oder des Hinweises auf eine auf das Anliegen der Klägerin bezogene schriftliche Anfrage bei der Beklagten ist auch nicht durch das der Klägerin unter dem 28. März 1990 zusammen mit dem Versicherungsverlauf übersandte Begleitschreiben entfallen. Denn dieses geht auf das – unterstellte – Anliegen der Klägerin nicht ein. Es weist sie weder auf die Möglichkeit hin, bei entsprechender Antragstellung bereits ab 1. Januar 1992 Rente zu beziehen, noch darauf, daß sie sich bis zu einem bestimmten Termin erneut – schriftlich oder mündlich – an die Beklagte zu wenden habe, um nicht ihr durch die Neuregelung gewährte Ansprüche verfallen zu lassen. Darauf, ob die Beklagte (nicht das Ortsamt) bei der Erstellung des Versicherungsverlaufs überhaupt von jenem Anliegen gewußt haben kann, kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an. Es geht nur darum, ob ein bereits bei dem Beratungsgespräch unterlaufener Fehler durch das im Zusammenhang mit dem Versicherungsverlauf erteilte Schreiben vom 28. März 1990 und die darin enthaltenen Hinweise „geheilt” wurde.
Diese Erwägungen setzen – wie bereits erwähnt – voraus, daß die Klägerin anläßlich des Beratungsgesprächs im Januar oder Februar 1990 tatsächlich ihr Anliegen geäußert hat, möglichst bald Rente zu beziehen. Hierzu – sowie zur Ursächlichkeit eines Beratungsfehlers für den eingetretenen Schaden – fehlen Feststellungen. Der Würdigung des LSG bleibt überlassen, welches Gewicht es in diesem Zusammenhang den Umständen beimißt, daß ein derartiges Begehren durchaus nahelag, daß die Klägerin vorgetragen hat, bei ihr habe sich die Vorstellung verfestigt, sie könne erst ca ein halbes Jahr vor Vollendung des 65. Lebensjahres einen Rentenantrag stellen, und daß sich hieran auch durch das Aufklärungsschreiben der Beklagten vom 28. März 1990 nichts geändert habe.
b) Grundsätzlich kommt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch auch nach einer Verletzung der aus § 115 Abs 6 SGB VI resultierenden Hinweispflicht auf einen Rentenantrag in Betracht. Danach sollen die Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, daß sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. Die Rentenversicherungsträger können in gemeinsamen Richtlinien bestimmen, unter welchen Voraussetzungen solche Hinweise erfolgen sollen.
§ 115 Abs 6 SGB VI hat den Sinn und Zweck, Versicherte in bestimmten Fällen vor den Nachteilen des in § 99 SGB VI festgelegten Antragsprinzips zu bewahren, zumindest dann, wenn sie im Hinblick auf die komplizierte gesetzliche Regelung schwierig vorauszusehen sind. Die Regelung ist kein unverbindlicher Programmsatz (so im Ergebnis jedoch Meyer in GemeinschaftsKomm-SGB VI, § 115 RdNr 44, Stand: November 1992). Vielmehr hat dann, wenn die Adressaten derartiger Hinweise – jedenfalls als „Fallgruppe” – bestimmbar sind, der Angehörige dieser Gruppe auch ein subjektiv-öffentliches Recht auf Erteilung eines solchen Hinweises. Im Gegensatz zur allgemeinen Aufklärung der Versicherten über ihre Rechte (§ 13 SGB I) ist hier der Rentenversicherungsträger verpflichtet, den Angehörigen der Fallgruppe die entsprechenden Hinweise im Regelfall („soll”) zu geben. Hierauf hat der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung vom 7. Juli 1998 (B 5 RJ 18/98 R – zur Veröffentlichung vorgesehen) hingewiesen; er schließt sich insoweit der Rechtsprechung des 13. und 8. Senats an (BSG Urteile vom 22. Oktober 1996 - 13 RJ 23/95 - BSGE 79, 168 = SozR 3-2600 § 115 Nr 1, vom 9. Dezember 1997 - 8 RKn 1/97 - BSGE 81, 251 = SozR 3-2600 § 115 Nr 2 sowie vom 13. Mai 1998 - B 8 KN 15/97 R - AmtlMitt LVA Rheinpr 1998, 430 und - B 8 KN 16/97 R - nicht veröffentlicht).
Die Hinweispflicht nach § 115 Abs 6 Satz 1 SGB VI ist nicht davon abhängig, daß die Rentenversicherungsträger im streitigen Zeitraum noch keine gemeinsamen Richtlinien nach § 115 Abs 6 Satz 2 SGB VI erlassen hatten. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber die Rechtswohltat des § 115 Abs 6 Satz 1 SGB VI den Versicherten erst dann zukommen lassen wollte, sobald die Rentenversicherungsträger sich dazu entschließen, überhaupt tätig zu werden. Welche Bedeutung derartigen Richtlinien zukommt und inwieweit diese gerichtlich überprüfbar sind, war hier nicht zu beurteilen.
Wie der 13. und der 8. Senat bereits in ihren Entscheidungen deutlich gemacht haben, ist die Formulierung des Gesetzes „in geeigneten Fällen” ein gerichtlich voll überprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff und keine Blankettformulierung ohne aus dem Gesetz präzisierbaren Inhalt (BSG Urteile vom 22. Oktober 1996 - 13 RJ 23/95 - BSGE 79, 168, 174 = SozR 3-2600 § 115 Nr 1, vom 9. Dezember 1997 - 8 RKn 1/97 - BSGE 81, 251 = SozR 3-2600 § 115 Nr 2 sowie vom 13. Mai 1998 - B 8 KN 15/97 R - AmtlMitt LVA Rheinpr 1998, 430 und - B 8 KN 16/97 R - nicht veröffentlicht). Der Inhalt dieses unbestimmten Rechtsbegriffs ist durch Gesetzesauslegung zu erkennen. Vor allem führen dazu der oa Sinn und Zweck der Vorschrift, die Gesetzesmaterialien und der gesetzessystematische Zusammenhang des gesamten SGB. Des Hinweises bedürfen die Berechtigten jedenfalls dort, wo es für Ungeschulte schwierig ist, die gesetzliche Regelung zu durchschauen und Gestaltungsmöglichkeiten zu erkennen. Nach den Gesetzesmaterialien beruht die Einführung des § 115 Abs 6 SGB VI auf einem Vorschlag des BT-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung. Entsprechende Hinweise sollten in solchen Fällen erfolgen, in denen es naheliege, daß Versicherte Leistungen in Anspruch nehmen wollen, wie zB bei der Regelaltersrente und der Hinterbliebenenrente; hier liege ein geeigneter Bereich vor, in dem die allgemeine Aufklärungs- und Informationspflicht zu einer konkreten Informationspflicht ausgebaut werden könne. Da eine solche Informationspflicht wegen der unzureichenden Unterlagen nicht generell erfüllbar sei, sei die Selbstverwaltung aufgerufen, die Personengruppen näher zu bestimmen (BT-Drucks 11/5530, S 46 zu § 116 zu Abs 6 des Entwurfs = § 115 Abs 6 SGB VI).
Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers besteht sonach in Erweiterung und Ergänzung der spontanen Hinweispflicht bei einem konkreten Anlaß (§ 14 SGB I) gemäß § 115 Abs 6 SGB VI eine Hinweispflicht auch ohne konkreten Anlaß bei typischen Sachverhalten gegenüber einer (zB mit Mitteln der EDV) abgrenzbaren Gruppe von Versicherten, sobald es dem Versicherungsträger möglich ist zu erkennen, daß ihre Angehörigen den Rentenantrag aus Unwissenheit nicht stellen, die Rentenantragstellung in der Regel jedoch zu höheren (hier: frühzeitigeren) Leistungen führt.
Mit diesen Einschränkungen wird den Bedenken der Beklagten Rechnung getragen, daß bei einer Interpretation des § 115 Abs 6 SGB VI ohne Vorbehalte § 99 Abs 1 Satz 2 SGB VI mit seiner strengen Bindung an den Antragsmonat keinen Anwendungsbereich mehr hätte. Eine Hinweispflicht ergibt sich jedenfalls bei solchen Gestaltungsmöglichkeiten, die versteckt und nur Kennern der Materie geläufig sind. Die in der Gesetzesbegründung aufgeführten Beispiele der Regelaltersrente und der Hinterbliebenenrente bezeichnen mögliche Anwendungsbereiche, in deren Rahmen sich „geeignete Fälle” iS des Gesetzes ergeben können, obwohl es sich dabei um die in der Bevölkerung bekanntesten Rentenarten handelt und sich deshalb die in der Rechtsprechung des 8. Senats angesprochene, aber offengelassene Frage stellt, ob gerade bei der Regelaltersrente stets ein Hinweis auf die Rentenantragstellung geboten ist (vgl BSG Urteile vom 9. Dezember 1997 - 8 RKn 1/97 - BSGE 81, 251 = SozR 3-2600 § 115 Nr 2 sowie vom 13. Mai 1998 - B 8 KN 15/97 R - AmtlMitt LVA Rheinpr 1998, 430 und - B 8 KN 16/97 R - nicht veröffentlicht), was der 13. Senat bejaht hat (vgl Urteil vom 22. Oktober 1996 - 13 RJ 23/95 - BSGE 79, 168 = SozR 3-2600 § 115 Nr 1). Jedenfalls handelt es sich bei den in der Gesetzesbegründung aufgeführten Beispielen nicht um einen abschließenden Katalog, wie schon die Formulierung des Gesetzes „in geeigneten Fällen” deutlich macht; die Hinweispflicht ist deshalb nicht – wie das LSG meint – auf die Regelaltersrente beschränkt (ebenso Schmidt in Kreikebohm, SGB VI-Komm, 1997, § 115 RdNr 36; Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten, § 115 SGB VI Anm 8, Stand: November 1992; Störmann in GesamtKomm-SGB VI, § 115 RdNr 9, Stand: März 1996; Kahl in Berliner Komm-SGB VI, § 115 RdNr 23, Stand: September 1995; Marschner in ZfSH/SGB 1998, 521 f). Auch die Altersrente für langjährig Versicherte kann ein solcher geeigneter Fall sein.
Das LSG wird zu ermitteln haben, ob unter den Versicherten der Beklagten eine nennenswerte Gruppe vorhanden war, bei denen im Versicherungskonto ua Kindererziehungszeiten enthalten waren und die ab 1. Januar 1992 durch entsprechende Berücksichtigungszeiten die Wartezeit für eine Altersrente für langjährig Versicherte erfüllt haben. Solche Ermittlungen erübrigen sich keineswegs – wie das LSG ausgeführt hat – im Hinblick auf die Sonderregelung des § 274b SGB VI. Denn diese Bestimmung, wonach die Verpflichtung zur Übersendung von Versicherungsverläufen von Amts wegen (§ 149 SGB VI) bis zum 31. Dezember 1996 ausgesetzt war, hat mit der Hinweispflicht nach § 115 Abs 6 SGB VI nichts zu tun und schränkt diese nicht ein.
Die Rechtsfolge einer unter Umständen zu fingierenden Antragstellung nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ergibt sich bei einem unterlassenen Hinweis nach § 115 Abs 6 SGB VI erst von dem Zeitpunkt an, zu dem es der Beklagten möglich war zu erkennen, daß eine umschriebene Gruppe von Versicherten durch die Antragstellung eine Rente erlangt. Sie hatte in diesem Zusammenhang Rechtsänderungen zu analysieren und ihren Versichertenbestand zu beobachten. Sobald sie festgestellt hat oder feststellen konnte, daß die Antragstellung auf die Altersrente iS von § 36 SGB VI bestimmbaren Versicherten Vorteile bringt, war sie zum Handeln verpflichtet. § 115 Abs 6 SGB VI legt den Rentenversicherungsträgern auch eine „reaktive Beobachtungspflicht” auf, denn nur, wenn sie diese Pflicht erfüllen, sind sie in der Lage, auch die möglicherweise verborgenen „geeigneten Fälle” zu erkennen. Entscheidend ist deshalb, ab wann es der Beklagten mit ihren Mitteln zu erkennen möglich war oder sie sogar erkannt hat, daß durch den Antrag auf die Altersrente gemäß § 36 SGB VI in der bei der Klägerin vorliegenden Fallgestaltung eine Rentengewährung erreicht werden konnte.
Das LSG wird daher zu ermitteln haben, ob und ggf ab wann dies der Fall war, so daß im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs eine Rentenantragstellung noch vor Ende April 1992 oder auch zu einem späteren Zeitpunkt unterstellt werden könnte.
Wenn, was naheliegt, die Klägerin zu einer Gruppe gehört, bei der sich wegen der nunmehr möglichen Anrechnung von Zeiten der Kindererziehung auf die Wartezeit ab 1. Januar 1992 die Erfüllung der Voraussetzungen für die Altersrente für langjährig Versicherte ergab, so war dies spätestens nach Verabschiedung des RRG 1992 im November 1989 dem Gesetzeswortlaut zu entnehmen. Bereits in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 11/4124, S 242 f „III. Die finanziellen Auswirkungen der Maßnahmen des Gesetzentwurfs auf die Rentenversicherung” Ziff 1 Buchst b) war darauf hingewiesen worden, daß ua die Erfüllung der Wartezeit durch Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung zu erheblichen Mehraufwendungen führen werde. Außerdem war in der Fachpresse (beispielsweise AmtlMitt LVA Rheinpr 1990, 93 ff) darauf hingewiesen worden, daß Kindererziehungszeiten zu Pflichtbeitragszeiten werden und die erforderlichen Konsequenzen bei den bereits gespeicherten Zeiten maschinell gezogen werden könnten (aaO, S 121). Ferner war angeführt worden, daß wesentlich mehr Frauen die Voraussetzungen für eine Altersrente für langjährig Versicherte erfüllen könnten, weil die neu eingeführten Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung auf die Wartezeit anzurechnen seien und deshalb vor allem für Frauen ein Anspruch auf Altersrente schon vor Vollendung des 65. Lebensjahres entstehen könne (aaO, S 161 und 166). Im Hinblick darauf wäre es Aufgabe der Beklagten, darzulegen – und ggf die Folgen der Nichterweislichkeit dieser Umstände zu tragen – warum sie dies weder erkannt hat noch erkennen konnte oder aus welchen Gründen sie annehmen durfte, daß kein Hinweis auf die Stellung eines Antrags auf Altersrente für langjährig Versicherte geboten war.
4. Falls das LSG zu dem Ergebnis kommt, daß bei der Klägerin die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs gegeben sind, muß auch über den von der Klägerin für die Zeit ab 1. Februar 1992 geltend gemachten Zinsanspruch nach § 44 Abs 1 und 2 SGB I entschieden werden. Nach der Grundregel des § 44 Abs 1 SGB I sind Ansprüche auf Geldleistungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 vH zu verzinsen. Als Fälligkeitszeitpunkt für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte kommt hier frühestens der 1. Januar 1992 in Betracht. Ist die Klägerin im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als hätte sie nicht nur innerhalb der Frist des § 99 Abs 1 Satz 1 SGB X, sondern bereits ca ein halbes Jahr vor Inkrafttreten des RRG 1992 einen Rentenantrag gestellt, so käme die von ihr beantragte Verzinsung der Leistung ab Februar 1992 in Betracht.
Da die tatsächlichen Feststellungen des LSG für eine abschließende Entscheidung des Senats nicht ausreichen, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
Fundstellen