Entscheidungsstichwort (Thema)
Abrechnungsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung. Bindung der Kassenärztlichen Vereinigung an das Ergebnis einer der Krankenkasse in eigener Zuständigkeit obliegenden Abrechnungsprüfung. Gegenstand der von den Krankenkassen durchzuführenden Abrechnungsprüfung. Anwendbarkeit der bundesmantelvertraglich vereinbarten Bagatellgrenzen bei der Richtigstellung fehlerhafter Mehrfachabrechnungen. Befugnis der gemeinsamen Selbstverwaltung zur vertraglichen Normierung einer Bagatellgrenze nach dem Inkrafttreten des § 106a SGB 5
Leitsatz (amtlich)
Die Kassenärztliche Vereinigung ist an das Ergebnis einer der Krankenkasse in eigener Zuständigkeit obliegenden Abrechnungsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung gebunden und bei deren Umsetzung auf die Prüfung etwaiger Begrenzungen der Richtigstellungsbefugnis gegenüber dem Vertragsarzt beschränkt.
Orientierungssatz
1. Zum Gegenstand der von den Krankenkassen durchzuführenden Abrechnungsprüfung nach § 106a Abs 3 SGB 5.
2. Zur Anwendbarkeit der bundesmantelvertraglich vereinbarten Bagatellgrenzen bei der Richtigstellung fehlerhafter Mehrfachabrechnungen.
3. Zur Befugnis der Partner der gemeinsamen Selbstverwaltung zur vertraglichen Normierung einer Bagatellgrenze nach dem Inkrafttreten des § 106a SGB 5.
Normenkette
SGB 5 § 106a Abs. 2 Fassung: 2003-11-14, Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Fassung: 2003-11-14, S. 2 Fassung: 2003-11-14, Abs. 4 S. 1 Fassung: 2003-11-14, Abs. 5 S. 1 Fassung: 2003-11-14, Abs. 6 S. 1 Hs. 1 Fassung: 2003-11-14, § 25 Abs. 2-4, § 82 Abs. 1 S. 1, § 83 S. 1, § 87 Abs. 1, § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 3; EBM-Ä Nr 01730; EBM-Ä 2008 Nr 01730; EKV-Ä § 34 Abs. 4-5, § 44 S. 1, § 45 S. 1, § 47 Sätze 1-2; BMV-Ä §§ 45, 48 Abs. 3 S. 1, §§ 49, 51 Sätze 1-2; KrebsErkRL § 1 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
Im Streit steht, ob die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) berechtigt ist, der Forderung der klagenden gesetzlichen Krankenkasse auf sachlich-rechnerische Richtigstellung ärztlicher Abrechnungen vertraglich vereinbarte "Bagatellgrenzen" (Geringfügigkeitsgrenzen) entgegenzuhalten.
Mit Schreiben vom 14.8.2012 forderte die Klägerin die Beklagte zur Korrektur der Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen des Quartals III/2011 (ua) zum Ausgleich von Kosten auf, die ihr dadurch entstanden seien, dass Ärzte in drei Fällen zytologische Untersuchungen nach Nr 01733 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) abgerechnet hatten, obwohl die in den Behandlungsausweisen angegebenen Versicherten ihr nicht zugeordnet werden konnten. Die Klägerin war deshalb in Höhe von insgesamt 22,41 Euro außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung belastet worden. Mit Bescheid vom 1.2.2013 lehnte die Beklagte das Begehren der Klägerin ab und wies auch deren Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.4.2013 unter Verweis auf die Bagatellgrenze nach § 47 Satz 1 iVm § 44 Abs 4 Satz 1 und Satz 2 Nr 1 Ersatzkassenvertrag-Ärzte (EKV-Ä) zurück. Mit weiterem Schreiben vom 14.8.2012 forderte die Klägerin eine Abrechnungskorrektur (ua) zum Ausgleich von Kosten, die ihr in den Quartalen I bis IV/2011 dadurch entstanden seien, dass Ärzte in zwei Fällen nur einmalig im Kalenderjahr abrechenbare Leistungen nach Nr 01730 EBM-Ä zweifach im Kalenderjahr abgerechnet hatten. Hierdurch war die Klägerin in Höhe von 35,74 Euro außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung belastet worden. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 1.2.2013 eine Gutschrift des Korrekturbetrages ab und wies auch den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 11.4.2013 unter Hinweis auf die Bagatellgrenze nach Teil D § 1 Abs 7 der "Vereinbarung nach § 106a Abs. 5 SGB V zur Durchführung der Abrechnungsprüfung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen und den Landesverbänden der sächsischen Krankenkassen" (PrüfV § 106a) zurück.
Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über die Anträge der Klägerin auf sachlich-rechnerische Richtigstellung neu zu entscheiden (Urteil vom 17.12.2014). Hingegen sei die Klage unbegründet, soweit die Klägerin darüber hinausgehend eine sachlich-rechnerische Richtigstellung zu Lasten der betroffenen Vertragsärzte und die Auskehrung des Honorarberichtigungsbetrages anstrebe. In den Fällen der Abrechnungsprüfung durch die Krankenkasse nach § 106a Abs 3 SGB V habe die Beklagte zwar die Prüffeststellungen der Krankenkasse von Amts wegen einem Bescheid über eine Honorarberichtigung zugrunde zu legen, jedoch die Voraussetzungen für den Erlass eines Honorarberichtigungsbescheides gegenüber dem betroffenen Vertragsarzt in eigener Zuständigkeit zu prüfen, ohne dass dem Urteil über den Anspruch auf Bescheidung des Honorarberichtigungsantrags der Krankenkasse präjudizielle Wirkung für den Inhalt des von der Beklagten zu erlassenden Bescheides zukomme.
Bezüglich des Antrags wegen unzutreffender Angabe des Kostenträgers stehe der Honorarberichtigung hingegen nicht die bis zum 30.9.2013 in § 47 Satz 1 EKV-Ä aF geregelte und ab dem 1.10.2013 in § 51 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) überführte bundesmantelvertragliche Geringfügigkeitsgrenze für Schadenersatzansprüche nach §§ 48 und 49 BMV-Ä entgegen. Zwar lasse sich der vorliegende Sachverhalt durchaus konkurrierend sowohl unter den Tatbestand des Schadensausgleichsverfahrens wegen fehlerhafter Kostenträgerangabe nach § 44 Abs 4 Satz 1 und 2 EKV-Ä aF bzw § 48 Abs 3 BMV-Ä als auch unter die Vorschriften über die Abrechnungskorrektur im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung subsumieren. In der vorliegenden Konstellation fänden jedoch ausschließlich die Vorschriften über die Abrechnungsprüfung nach § 106a Abs 3 SGB V Anwendung. Für die Abrechnungsprüfung der Krankenkassen gemäß § 106a Abs 3 SGB V habe der Gesetzgeber in § 106a Abs 5 und 6 SGB V ein untergesetzliches Regelungsgefüge statuiert, das Ausschließlichkeit beanspruche und im Rahmen seines Anwendungsbereichs für konkurrierende bundesmantelvertragliche Vorschriften keinen Raum lasse.
Hinsichtlich der Abrechnungskorrektur wegen Mehrfachabrechnung nur einmalig abrechenbarer Leistungen sei die Geringfügigkeitsgrenze gemäß Teil D § 1 Abs 7 PrüfV § 106a nicht einschlägig, da sie nur für das Verfahren über den Antrag auf anlassbezogene Plausibilitätsprüfungen nach § 106a Abs 4 SGB V gelte, nicht aber für Abrechnungsprüfungen der Krankenkassen nach § 106a Abs 3 Satz 1 Nr 3 und Satz 2 SGB V, zu deren Umsetzung die Beklagte von Amts wegen verpflichtet sei. Die Bagatellgrenze des § 51 Satz 1 BMV-Ä gelte nur für Schadenersatzansprüche nach §§ 48 und 49 BMV-Ä bzw §§ 44 und 45 EKV-Ä aF, von denen hier schon dem Grunde nach keiner einschlägig sei. Die Beklagte habe auch keinen Gesamtvertrag mit den Ersatzkassen vereinbart, der die Beteiligten bindende Vereinbarungen über eine Geringfügigkeitsschwelle für Abrechnungsprüfungen enthalte.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Bundesrecht. Das SG habe fälschlicherweise dem § 106a SGB V eine § 44 Abs 4 EKV-Ä aF bzw § 48 Abs 3 BMV-Ä ausschließende Vorrangstellung eingeräumt. Zwar bestehe zwischen den genannten Vorschriften ein Konkurrenzverhältnis, doch regele § 44 Abs 4 EKV-Ä aF bzw § 48 Abs 3 BMV-Ä genau den hier streitigen Fall der falschen Angabe eines Kostenträgers. Es sei somit naheliegend, die vertraglichen Normen heranzuziehen. Nach § 106a Abs 5 SGB V könnten die KÄVen und die Landesverbände der Krankenkassen ebenfalls eine Bagatellgrenze schaffen; dann sei es nicht nachvollziehbar, wieso die im Rahmen des BMV-Ä vereinbarte Bagatellgrenze nicht gelten solle.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17.12.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, der Gesetzgeber habe die Regelung des Näheren zu den Prüfungen durch § 106a Abs 5 und Abs 6 SGB V abschließend den Prüfvereinbarungen sowie einer Richtlinie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) und des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen zugewiesen. Weder § 106a SGB V noch die genannten untergesetzlichen Regelungen sähen eine Geringfügigkeitsgrenze vor. Eine solche liefe auf eine Einschränkung des geltenden Rechts durch den BMV-Ä hinaus, da § 106a SGB V eine ausnahmslose Korrektur von Abrechnungsfehlern anordne. Seit dem Inkrafttreten des § 106a SGB V ließen sich die vorliegenden Sachverhalte nicht mehr unter die Schadensausgleichsregelungen der Bundesmantelverträge mit ihren Bagatellgrenzen fassen. Daneben fehle es schon an einer Ermächtigungsgrundlage im Gesetz, um Prüfmitteilungen der Krankenkassen gemäß § 106a Abs 3 Satz 2 SGB V durch Verwaltungsakt abschlägig zu bescheiden. Jede Körperschaft habe die Prüfhinweise aus dem jeweils anderen Prüffeld bereits von Amts wegen zu berücksichtigen; für ein Antragsverfahren sei an dieser Stelle kein Raum. Dies unterscheide die Abrechnungsprüfung nach § 106a Abs 3 SGB V von der anlassbezogenen (Nach-)Prüfung im Rahmen des § 106a Abs 4 SGB V. Sei es zu einer vorläufigen Honorarüberzahlung zu Lasten der Krankenkasse gekommen, entstehe daraus automatisch ein verschuldensunabhängiger Erstattungsanspruch der Krankenkasse gegen die KÄV.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das SG hat diese zutreffend verpflichtet, erneut über das Begehren der Klägerin auf sachlich-rechnerische Richtigstellung der von ihr beanstandeten Abrechnungen zu entscheiden. Die bundesmantelvertraglich vereinbarten Bagatellgrenzen sind in Bezug auf die vorliegend strittigen Fallgruppen - die unzulässige Mehrfachabrechnung von Gebührenordnungspositionen (GOP) sowie die unzutreffende Angabe des Kostenträgers - ebenso wenig einschlägig wie diesbezügliche Regelungen in der PrüfV § 106a; entsprechende gesamtvertragliche Regelungen bestehen nach den Feststellungen des SG nicht.
1. Der Anspruch der Klägerin ist - im Umfang der angefochtenen Entscheidung des SG - begründet.
a. Zu Recht hat das SG die Beklagte nur zur Neubescheidung und nicht zur Zahlung verurteilt. Einem Zahlungsanspruch der Klägerin steht zwar nicht entgegen, dass im Regelfall - soweit keine Einzelleistungsvergütung erfolgt - die sachlich-rechnerisch richtig gestellten Beträge nicht der Krankenkasse, sondern der Gesamtheit der Mitglieder der KÄV zugutekommen (Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2016, § 106a RdNr 32d unter Hinweis auf BSGE 66, 1, 5 f = SozR 2200 § 368f Nr 16 S 70 f). Denn dies gilt nicht für Vergütungen, die - wie vorliegend vom SG festgestellt - von der Krankenkasse extrabudgetär vergütet werden; diese fließen im Falle einer Richtigstellung an sie zurück.
Jedoch steht einem Anspruch der Klägerin auf Auszahlung der sich aufgrund einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung zu ihren Gunsten ergebenden Beträge entgegen, dass noch keine entsprechenden (Richtigstellungs-)Bescheide gegenüber den Vertragsärzten ergangen sind. Ein Zahlungsanspruch der Krankenkasse gegenüber der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung (K≪Z≫ÄV) setzt voraus, dass bestandskräftig festgestellt ist, ob eine sachlich-rechnerische Richtigstellung im Verhältnis von (Zahn-)Arzt und K(Z)ÄV berechtigt ist bzw ob die K(Z)ÄV verpflichtet ist, auf Antrag der Krankenkasse entgegen ihrer ursprünglichen Überzeugung Honorarberichtigungen gegenüber einem Vertrags(zahn)arzt vorzunehmen (vgl BSG SozR 4-5555 § 21 Nr 2 RdNr 19). Dass die beklagte KÄV vorliegend in materiell-rechtlicher Hinsicht kein eigenständiges Prüfungsrecht besitzt (siehe noch unter 1.b.cc.), ändert nichts daran, dass allein sie - formal - berechtigt ist, über die sachlich-rechnerische Richtigstellung durch Bescheid gegenüber dem Arzt zu entscheiden.
b. Die Beklagte ist verpflichtet, erneut über das Begehren der Klägerin, die von ihr beanstandeten Abrechnungen sachlich richtigzustellen, zu entscheiden. Dabei hat sie die streitgegenständlichen Abrechnungen im von der Klägerin geforderten Umfang sachlich-rechnerisch richtigzustellen; ein Recht zur eigenständigen Prüfung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen steht der Beklagten insoweit nicht zu. Da es sich sowohl bei der Fallgruppe "Angabe eines falschen Kostenträgers" als auch bei der Fallgruppe "unzulässige Mehrfachabrechnung von Krebsfrüherkennungsleistungen" um in die Prüfkompetenz der Krankenkasse nach § 106a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB V fallende Konstellationen handelt, beschränkt sich der Umfang der von der Beklagten vorzunehmenden Prüfung auf die formellen Voraussetzungen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung.
aa. Die Abrechnungsprüfung nach § 106a Abs 3 SGB V ist mit Wirkung ab dem 1.1.2004 als eigenständige Aufgabe der Krankenkasse neben die der KÄV nach § 106a Abs 2 SGB V obliegende Abrechnungsprüfung getreten. Gemäß § 106a Abs 3 Satz 1 SGB V prüfen die Krankenkassen die Abrechnungen der Vertragsärzte (jetzt: "der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen") insbesondere hinsichtlich des Bestehens und des Umfangs ihrer Leistungspflicht (Nr 1 aaO), der Plausibilität von Art und Umfang der abgerechneten Leistungen in Bezug auf die angegebene Diagnose (Nr 2 aaO) sowie der Plausibilität der Zahl der in Anspruch genommenen Ärzte (Nr 3 aaO); gemäß § 106a Abs 3 Satz 2 SGB V haben sie die KÄVen unverzüglich über die Durchführung der Prüfungen und deren Ergebnisse zu unterrichten. Durch § 106a Abs 3 SGB V werden die Krankenkassen in die Prüfung der Abrechnungen einbezogen und ihnen eine eigenständige Überprüfungspflicht auferlegt (Hess in Kasseler Kommentar, SGB V, Stand September 2015, § 106a RdNr 11). Dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers, den Krankenkassen eine weitergehende Verantwortung hinsichtlich der Prüfung der ärztlichen Leistungserbringung zu übertragen (Gesetzentwurf der Fraktionen zum GMG, BT-Drucks 15/1525 S 118).
bb. Gegenstand der von den Krankenkassen durchzuführenden Abrechnungsprüfung nach § 106a Abs 3 SGB V ist - unter anderem - die Prüfung der Abrechnungen hinsichtlich des Bestehens und des Umfangs ihrer Leistungspflicht (§ 106a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB V):
(1) In Bezug auf das Bestehen der Leistungspflicht ist zu prüfen, ob der Versicherte, für den die Leistungen zu Lasten der Krankenkasse abgerechnet werden, gegen diese dem Grunde und dem Umfang nach einen Anspruch hatte (BT-Drucks 15/1525 S 118 zu § 106a Abs 3 SGB V). Dies beinhaltet die Feststellung der Leistungspflicht aufgrund des Versichertenstatus und im Hinblick auf die Zuständigkeit eines anderen Leistungsträgers (vgl § 16 Abs 2 der "Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Inhalt und zur Durchführung der Abrechnungsprüfungen der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Krankenkassen" ≪PrüfRL § 106a≫), mithin auch die Frage, ob der behandelnde Vertragsarzt den zutreffenden Kostenträger angegeben hat.
Zwar stellt die fehlerhafte Angabe des Kostenträgers - nach dem vom Senat vertretenen weiten Verständnis der sachlich-rechnerischen Unrichtigkeit - auch einen Fall des § 106a Abs 2 SGB V dar, doch ist diese Aufgabe mit Inkrafttreten des § 106a SGB V ausdrücklich und originär den Krankenkassen zugewiesen. Dies ist auch sachgerecht, weil die KÄV das Bestehen der Leistungspflicht der Krankenkasse nicht eigenständig prüfen kann, da ihr die hierzu erforderlichen Daten fehlen (Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2016, § 106a RdNr 109).
Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben. Nach den Feststellungen der Klägerin haben Mitglieder der Beklagten in drei Fällen zytologische Untersuchungen nach Nr 01733 EBM-Ä zu Lasten der Klägerin abgerechnet, obwohl die betreffenden Versicherten ihr nicht zugeordnet werden konnten. Diese fehlerhaften Abrechnungen hat die Beklagte richtigzustellen, auch wenn sie die fehlerhafte Abrechnung nicht selbst festgestellt hat, und als weitere Folge - nach Durchführung des Verwaltungsverfahrens gegen den Vertragsarzt - der Klägerin die überzahlten Beträge zu erstatten.
(2) Ebenfalls Gegenstand der den Krankenkassen nach § 106a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB V übertragenen Abrechnungsprüfung ist die Prüfung der Abrechnungen hinsichtlich des Umfangs ihrer Leistungspflicht. Dies präzisiert § 16 Abs 2 Nr 3 der PrüfRL § 106a dahingehend, dass die Prüfungen nach § 106a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB V auch die Feststellung der Voraussetzungen der Leistungspflicht bei Maßnahmen der Krankheitsfrüherkennung betreffen. Gegenstand einer die Voraussetzungen der Leistungspflicht betreffenden Prüfung ist auch die Frage, ob eine innerhalb eines bestimmten Zeitraums nur einmal abrechenbare Leistung bereits einmal erbracht wurde.
Diese Fragestellung bildet den Gegenstand der von der Klägerin in Bezug auf die streitgegenständlichen Leistungen zur Krebsfrüherkennung nach Nr 01730 EBM-Ä durchgeführten Prüfung, bei der sie festgestellt hat, dass die Leistungen entgegen der Vorgabe in § 2 Satz 1 der "Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Früherkennung von Krebserkrankungen (Krebsfrüherkennungs-Richtlinie/KFE-RL)", wonach ein entsprechender Anspruch nur einmal jährlich besteht, zweimalig innerhalb eines Kalenderjahres abgerechnet wurde.
Zwar stellt die mehrfache Abrechnung einer nur einmalig abrechenbaren Leistung zugleich auch einen klassischen Fall einer sachlich fehlerhaften Abrechnung iS des § 106a Abs 2 SGB V dar. Daher ist eine K(Z)ÄV grundsätzlich nicht gehindert, entsprechende Abrechnungen von sich aus sachlich richtigzustellen. Macht allerdings eine Krankenkasse von der ihr durch § 106a Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 16 Abs 2 Nr 3 PrüfRL § 106a zugewiesenen Kompetenz Gebrauch, muss die K(Z)ÄV die sich hieraus ergebenden Beschränkungen ihrer Prüfkompetenz beachten (siehe hierzu cc.).
cc. Klarzustellen ist, dass den Krankenkassen im Rahmen der ihnen nach § 106a Abs 3 Nr 1 SGB V übertragenen Aufgaben nicht etwa ein bloßes Antragsrecht der Art zusteht, dass sie von der KÄV verlangen können, eine Abrechnungsprüfung durchzuführen. Vielmehr führen sie die ihnen durch § 106a Abs 3 Nr 1 SGB V übertragenen Prüfungen in eigener Zuständigkeit durch. Die den Krankenkassen nach § 106a Abs 3 Nr 1 SGB V obliegende Prüfung ist Ausdruck ihrer gleichberechtigten Mitwirkung an der Kontrolle des Abrechnungsverhaltens der Vertrags(zahn)ärzte (vgl BSG SozR 4-5555 § 21 Nr 2 RdNr 21).
Die Krankenkasse ist allein verpflichtet, die K(Z)ÄV von dem Ergebnis der von ihr durchgeführten Prüfung "zu unterrichten" (§ 106a Abs 3 Satz 2 SGB V); diese Unterrichtung hat die KÄV sodann von sich aus - also "von Amts wegen" - zum Anlass zu nehmen, die gebotenen Maßnahmen zu ergreifen. Die KÄV ist an das mitgeteilte Ergebnis der von der Krankenkasse durchgeführten Prüfung gebunden und hat dieses nur noch im Verhältnis zu den betroffenen Vertragsärzten durch Bescheid umzusetzen; ein Recht, das Prüfungsergebnis der Krankenkassen inhaltlich zu überprüfen, steht ihr - anders als bei Prüfungen nach § 106a Abs 4 SGB V - hingegen nicht zu.
Einer erneuten - inhaltlichen - Prüfung der Abrechnungen durch die KÄV steht zum einen entgegen, dass hierdurch die den Krankenkassen durch § 106a Abs 3 Nr 1 SGB V übertragenen Aufgaben entwertet würden; an Stelle einer gleichberechtigten Mitwirkung an der Abrechnungsprüfung verbliebe ihnen lediglich die Funktion eines Hinweisgebers. Dass dies dem mit der Einführung des § 106a Abs 3 Nr 1 SGB V verfolgten Zweck entspräche, ist nicht erkennbar.
Zum anderen hätte sich der Gesetzgeber dann, wenn die KÄV nicht an das Ergebnis der von der Krankenkasse nach § 106a Abs 3 Nr 1 SGB V durchgeführten Prüfung gebunden wäre, auf die Normierung einer Prüfung auf Antrag nach § 106a Abs 4 SGB V beschränken können: Einem solchen Antrag liegt ebenfalls das Ergebnis einer vorangegangenen Prüfung durch die Krankenkassen zugrunde, weil ein Antrag auf gezielte Prüfungen durch die KÄV nach § 106a Abs 4 Satz 1 SGB V voraussetzt, dass hierzu "Veranlassung besteht": Nach § 20 Abs 1 PrüfRL § 106a sind ausreichende und konkrete Hinweise auf Abrechnungsauffälligkeiten erforderlich.
Die KÄV ist daher bei sachlich-rechnerischen Richtigstellungen nach § 106a Abs 3 Nr 1 SGB V auf die Prüfung beschränkt, ob der Umsetzung des Prüfungsergebnisses der Krankenkasse gegenüber dem Vertragsarzt Begrenzungen der Richtigstellungsbefugnis entgegenstehen, wie etwa eine Versäumung der Ausschlussfrist oder (andere) Vertrauensschutzgesichtspunkte (siehe hierzu BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 13 RdNr 14). Ist dies nicht der Fall, erlässt die KÄV sowohl gegenüber der Krankenkasse als auch gegenüber dem Vertragsarzt einen entsprechenden Bescheid, wobei dem Bescheid gegenüber der Krankenkasse - anders als in den Fällen nach § 106a Abs 4 SGB V - allein deklaratorische Bedeutung zukommt.
Ein materiell-rechtliches - inhaltliches - "Letztentscheidungsrecht" hinsichtlich der Abrechnungsprüfung steht der KÄV im Rahmen des § 106a Abs 3 Nr 1 SGB V mithin nicht zu. Dem steht nicht die Aussage des Senats entgegen, dass der K(Z)ÄV als Vertragsinstanz die "Entscheidungskompetenz" für die Richtigstellungen von vertrags(zahn)ärztlichen Abrechnungen und deren verwaltungsmäßige Umsetzung zugewiesen ist (BSG SozR 4-5555 § 21 Nr 2 RdNr 21 unter Hinweis auf BSG SozR 3-5555 § 15 Nr 1 S 9). Dass ihr die verwaltungsmäßige Umsetzung zugewiesen ist, steht außer Frage. Soweit es die "Entscheidungskompetenz" für Richtigstellungen betrifft, gilt diese Aussage aber nur für Fallgestaltungen, in denen die K(Z)ÄV von sich aus oder - wie in dem seinerzeit entschiedenen Fall - auf Antrag der Krankenkasse tätig wird; auf den Fall einer von der Krankenkasse auf der Grundlage des § 106a Abs 3 SGB V durchgeführten Prüfung ist dies hingegen nicht übertragbar.
Einer eigenständigen - die KÄV insoweit ausschließenden - materiell-rechtlichen Prüfkompetenz der Krankenkassen steht auch der Grundsatz der Einheitlichkeit der Entscheidung (siehe hierzu BSG SozR 4-5555 § 21 Nr 2 RdNr 19 f) nicht entgegen: Die Einheitlichkeit der Entscheidung in den - im Übrigen getrennten - Rechtsbeziehungen Krankenkasse ./. KÄV und KÄV ./. Vertragsarzt wird dadurch gewährleistet, dass die KÄV das Prüfungsergebnis der Krankenkasse gegenüber dem Vertragsarzt durch Bescheid umsetzt.
Die PrüfV § 106a steht insoweit nicht mit den gesetzlichen Vorgaben in Einklang. Dort wird (in Teil C unter § 1 Abs 2 2. Spiegelstrich) festgelegt, dass als Maßnahme, die aus dem Ergebnis einer von der Krankenkasse durchgeführten Abrechnungsprüfung resultiert, die "Beantragung der Durchführung ... einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honorarabrechnung(en) des betroffenen Vertragsarztes durch die KV Sachsen bei festgestellten Abrechnungsverstößen" in Betracht kommt. Dass entsprechende Feststellungen der Krankenkasse aus der von ihr nach § 106a Abs 3 Nr 1 SGB V durchgeführten Abrechnungsprüfung diese allein zur Stellung eines Antrags auf Durchführung einer Abrechnungsprüfung durch die KÄV berechtigten, steht nach den vorstehenden Ausführungen nicht mit dem höherrangigen Gesetz in Einklang.
Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob die vorstehenden Ausführungen gleichermaßen für die den Krankenkassen durch § 106a Abs 3 Satz 1 Nr 2 und Nr 3 SGB V übertragenen Aufgaben gelten, oder ob insoweit die Kompetenzen der Krankenkassen auf die Prüfung der Plausibilität beschränkt sind und die abschließende Prüfung unplausibler Abrechnungen der abschließenden Prüfung durch die KÄV vorbehalten bleibt.
2. Der Feststellung einer sachlich-rechnerischen Unrichtigkeit der Abrechnung und der hieraus folgenden Erstattung der in Rede stehenden Beträge steht auch nicht die Geringfügigkeit der aus der fehlerhaften Abrechnung resultierenden Erstattungsbeträge entgegen, weil die vertraglich vereinbarten Bagatellgrenzen keine Anwendung finden:
a. Die bundesmantelvertraglichen Vereinbarungen im vertragsärztlichen Bereich enthielten bzw enthalten sowohl in der seinerzeit - in den Quartalen I/2011 bis IV/2011 - maßgeblichen Fassung als auch in der aktuellen Fassung - weitgehend gleichlautende - Bagatellgrenzen:
§ 47 Satz 1 EKV-Ä aF bestimmte, dass Schadenersatzansprüche nach §§ 44 und 45 EKV-Ä aF nicht gestellt werden konnten, wenn der Schadensbetrag pro Vertragsarzt, Ersatzkasse und Quartal 25,60 Euro unterschritt. § 44 EKV-Ä aF betraf die Feststellung eines sonstigen Schadens durch Prüfungseinrichtungen und die KÄV, § 45 EKV-Ä aF die Prüfung und Feststellung von Schadenersatzansprüchen durch Schlichtungsstellen. Für die Fälle nach § 34 Abs 4 und 5 EKV-Ä aF - also für sachlich-rechnerische Richtigstellungen - hatten gemäß § 47 Satz 2 EKV-Ä aF die Gesamtverträge eine entsprechende Grenze zu bestimmen. Nach § 51 Satz 1 BMV-Ä in der ab dem 1.10.2013 geltenden Fassung können - unbeschadet bestehender gesamtvertraglicher Regelungen - Schadenersatzansprüche nach §§ 48 und 49 BMV-Ä nicht gestellt werden, wenn der Schadensbetrag pro Vertragsarzt, Krankenkasse und Quartal 30 Euro unterschreitet. § 48 BMV-Ä betrifft die Feststellung eines sonstigen Schadens durch Prüfungseinrichtungen und die KÄV, § 49 BMV-Ä die Prüfung und Feststellung von Schadenersatzansprüchen durch Schlichtungsstellen. Für die Fälle nach § 45 BMV-Ä - dh für sachlich-rechnerische Richtigstellungen - können die Gesamtverträge eine entsprechende Grenze bestimmen (§ 51 Satz 2 BMV-Ä nF).
b. Die in § 47 EKV-Ä aF bzw in § 51 BMV-Ä normierten Bagatellgrenzen finden auf die vorliegend in Rede stehenden Fallgruppen - die unzutreffende Angabe des Kostenträgers bzw die Mehrfachabrechnung einmalig abrechenbarer GOPen - keine Anwendung.
aa. Soweit es um die Mehrfachabrechnung nur einmalig abrechenbarer GOPen geht, kommt eine Anwendung der Bagatellgrenze nach § 47 Satz 1 EKV-Ä aF/§ 51 Satz 1 BMV-Ä schon nach dem Wortlaut der Regelung nicht in Betracht, weil diese allein auf den Fall eines "sonstigen Schadens" nach § 44 EKV-Ä aF (bzw § 48 BMV-Ä) sowie auf die Feststellung von Schadenersatzansprüchen durch Schlichtungsstellen nach § 45 EKV-Ä aF (bzw § 49 BMV-Ä) Anwendung findet, nicht jedoch auf Fälle der sachlich-rechnerischen Richtigstellung: Bei der unzulässigen Mehrfachabrechnung einer GOP handelt es sich nicht um einen "Schaden" im Sinne der genannten Vorschriften, sondern um den klassischen Fall einer sachlich unrichtigen Abrechnung (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 28 für nicht die Voraussetzungen der Leistungslegende erfüllende Abrechnungen). Der Mehrfachansatz einer GOP, der den Bestimmungen des Gebührenrechts zuwiderläuft, weil diese nur einen einmaligen Ansatz innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorsehen, betrifft unmittelbar die Abrechnung der ärztlichen Leistungen, deren Überprüfung Gegenstand des § 106a SGB V ist.
Dem haben auch die Bundesmantelvertragspartner Rechnung getragen: Dass diese nicht zugleich auch sachlich-rechnerische Richtigstellungen der in § 47 Satz 1 EKV-Ä aF bzw § 51 Satz 1 BMV-Ä normierten Bagatellgrenze unterwerfen wollten, ergibt sich bereits im Umkehrschluss aus § 47 Satz 2 EKV-Ä aF bzw § 51 Satz 2 BMV-Ä, denn dort ist speziell für die Fälle sachlich-rechnerischer Richtigstellungen geregelt, dass die Bestimmung einer Bagatellgrenze gesamtvertraglichen Regelungen vorbehalten bleibt.
bb. In Bezug auf die Angabe eines unzutreffenden Kostenträgers ist ebenfalls keine der bundesmantelvertraglich vereinbarten Bagatellgrenzen einschlägig. Die in § 47 Satz 1 EKV-Ä aF/§ 51 Satz 1 BMV-Ä normierte Bagatellgrenze findet auf diese Konstellation keine Anwendung, weil die Fallgruppe "Angabe eines unzutreffenden Kostenträgers" nach Inkrafttreten des § 106a SGB V nicht (mehr) unter den Begriff des "sonstigen Schadens" bzw unter den eines von der Schlichtungsstelle festzusetzenden Schadens subsummiert werden kann:
Zwar spricht einiges dafür, die Angabe eines unzutreffenden Kostenträgers grundsätzlich als "sonstiger Schaden" iS des § 44 EKV-Ä aF bzw § 48 BMV-Ä anzusehen. So ist diese Fallgruppe in den vertraglichen Bestimmungen zum sonstigen Schaden ausdrücklich angesprochen (§ 44 EKV-Ä aF, § 48 Abs 3 Satz 1 BMV-Ä: " Schaden ... dadurch entstanden ist, dass sie der Vertragsarzt … fälschlicherweise als Kostenträger angegeben hat"). Die Vertragspartner der Bundesmantelverträge sind jedoch nicht berechtigt, eine der sachlich-rechnerischen Richtigstellung nach § 106a SGB V unterfallende Konstellation im Wege der vertraglichen Vereinbarung dem Bereich des "sonstigen Schadens" zuzuordnen - dies schon deswegen nicht, weil der Anspruch auf Ersatz eines "sonstigen Schadens" strengeren Anforderungen unterliegt als eine sachlich-rechnerische Richtigstellung, insbesondere verschuldensabhängig ist (stRspr des BSG, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 31 RdNr 34-35). Im Übrigen hat das SG zutreffend darauf verwiesen, dass der Gesetzgeber mit der Normierung des § 106a SGB V und dessen Ergänzung durch untergesetzliche Normen auf der Grundlage von § 106a Abs 5 und 6 SGB V ein Regelungsgefüge statuiert hat, das im Rahmen seines Anwendungsbereiches Ausschließlichkeit beansprucht und für konkurrierende bundesmantelvertragliche Vorschriften grundsätzlich keinen Raum lässt. Dieses Regelungsgefüge schließt es jedenfalls aus, dem Bereich der sachlich-rechnerischen Richtigstellung unterfallende Regelungsgegenstände anderen - allein auf vertraglicher Grundlage bestehenden - Prüfungsarten zuzuweisen.
Mit Inkrafttreten des § 106a Abs 3 SGB V ist jedoch die Fallgruppe der Angabe eines falschen Kostenträgers unzweifelhaft der sachlich-rechnerischen Richtigstellung zugeordnet worden: Nach § 106a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB V haben die Krankenkassen im Rahmen der ihnen obliegenden Abrechnungsprüfung die Abrechnungen hinsichtlich des Bestehens und des Umfangs ihrer Leistungspflicht zu prüfen. Zu prüfen ist damit, wie die Gesetzesbegründung (BT-Drucks 15/1525 S 118 zu § 106a SGB V) verdeutlicht, ob der Versicherte, für den die Leistungen zu Lasten der Krankenkasse abgerechnet werden, einen Anspruch dem Grunde und dem Umfang nach hatte. Dies beinhaltet die Feststellung der Leistungspflicht aufgrund des Versicherungsstatus und im Hinblick auf die Zuständigkeit eines anderen Leistungsträgers (vgl § 16 Abs 2 PrüfRL § 106a).
c. Auch aus Vereinbarungen auf der Ebene der Gesamtvertragspartner lässt sich keine der Richtigstellung vorliegend entgegenstehende Bagatellgrenze entnehmen. Die Frage einer gesamtvertraglich vereinbarten Bagatellgrenze stellt sich weder in Bezug auf die unzutreffende Angabe des Kostenträgers noch auf die Mehrfachabrechnung einmalig abrechenbarer GOPen, weil nach den Feststellungen des SG keine entsprechende gesamtvertragliche Regelung besteht.
Die in Teil D § 1 Abs 7 der PrüfV § 106a geregelte Bagatellgrenze ist vorliegend nicht einschlägig, weil sie nach den für den Senat bindenden Feststellungen des SG (§ 163 SGG) nur für das Verfahren über Anträge auf Durchführung einer anlassbezogenen Plausibilitätsprüfung nach § 106a Abs 4 SGB V gilt, nicht aber für die auf der Grundlage von § 106a Abs 3 SGB V durchgeführten Abrechnungsprüfungen der Krankenkassen. Dies ergibt sich, worauf das SG zutreffend verwiesen hat, aus dem eindeutigen Wortlaut der Regelung ebenso wie aus dem Kontext der Bestimmung. Um eine solche Prüfung geht es vorliegend jedoch nicht, sondern - wie dargestellt - um eine seitens der klagenden Krankenkasse auf der Grundlage von § 106a Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB V durchgeführte Prüfung des Bestehens bzw des Umfangs ihrer Leistungspflicht.
3. Da mithin keine vertraglich normierte Bagatellgrenze einschlägig ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Partner der gemeinsamen Selbstverwaltung nach dem Inkrafttreten des § 106a SGB V noch die Befugnis besitzen, eine solche zu bestimmen.
Gegen die vertragliche Normierung einer Bagatellgrenze bestehen allerdings keine grundsätzlichen Bedenken. Die Auffassung der Klägerin, § 106a SGB V ordne eine ausnahmslose Korrektur von Abrechnungsfehlern an, überzeugt nicht. Derartiges lässt sich den maßgeblichen Bestimmungen nicht entnehmen. Nach der gesetzlichen Konzeption werden die Vorgaben des § 106a SGB V zum einen durch die gemäß § 106a Abs 6 Satz 1 SGB V auf Bundesebene zu vereinbarenden Richtlinien, zum anderen durch die nach § 106a Abs 5 SGB V auf regionaler Ebene zu vereinbarenden Prüfvereinbarungen ergänzt und vervollständigt: Gemäß § 106a Abs 5 Satz 1 SGB V haben die KÄVen und die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich Inhalt und Durchführung der Prüfungen nach § 106a Abs 2 bis 4 SGB V zu vereinbaren; gemäß § 106a Abs 6 Satz 1 1. Halbsatz SGB V vereinbaren die KÄBVen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen Richtlinien zum Inhalt und zur Durchführung der Prüfungen nach § 106a Abs 2 und 3 SGB V.
Gegenstand beider untergesetzlicher Normwerke ist der "Inhalt" und die "Durchführung" der Prüfungen. Der Senat hat keine Bedenken dagegen, hiervon auch die Bestimmung von Bagatell- bzw Geringfügigkeitsgrenzen mitumfasst zu sehen. Im Übrigen ist die Normierung von Bagatellgrenzen der Rechtsordnung keineswegs fremd. So sieht § 110 Satz 2 SGB X ("Pauschalierung") eine - vorliegend allerdings nicht einschlägige (siehe hierzu BSG Urteil vom 25.10.1989 - 6 RKa 20/88 - USK 89131) - Bagatellgrenze vor, indem dort bestimmt wird, dass Leistungsträger untereinander keine Erstattung begehren können, wenn ein Erstattungsanspruch im Einzelfall voraussichtlich weniger als 50 Euro beträgt.
Auch kompetenziell ergeben sich grundsätzlich keine Bedenken gegen eine Normierung von Bagatellgrenzen durch die Partner der gemeinsamen Selbstverwaltung auf Bundes- bzw Landesebene. Die Vertragspartner auf Bundesebene wie auch auf regionaler Ebene waren in der Vergangenheit aufgrund der ihnen erteilten Generalermächtigungen (§ 82 Abs 1 Satz 1, § 83 Satz 1 SGB V) berechtigt, das Nähere zu den Abrechnungsprüfungen zu normieren. Eine derartige Regelungskompetenz ist ihnen nunmehr durch § 106a Abs 5 und 6 SGB V spezialgesetzlich zugewiesen worden. Faktisch hat sich damit allein die Benennung des Regelwerks, in dem die Regelungen enthalten sind, geändert.
Allerdings weist der Senat darauf hin, dass diese spezialgesetzliche Ausformung zur Folge haben dürfte, dass die auf der bisherigen Generalermächtigung beruhenden Regelungen in die spezialgesetzlich vorgesehenen Normwerke zu transformieren sind. Es spricht viel dafür, dass § 106a SGB V zusammen mit den nach seinen Absätzen 5 und 6 zu treffenden Regelungen ein in sich geschlossenes Regelwerk darstellt, außerhalb dessen grundsätzlich keine die Abrechnungsprüfungen betreffenden Normsetzungskompetenzen der Vertragspartner auf Bundes- oder Landesebene bestehen (im Sinne eines Wegfalls der Regelungskompetenz nach Inkrafttreten des § 106a SGB V: SG Mainz Urteil vom 30.7.2014 - S 16 KA 100/13). Dafür, alle den Inhalt und die Durchführung der Abrechnungsprüfungen betreffenden Regelungen in dem durch § 106a Abs 5 und 6 SGB V vorgesehenen Normwerk zu treffen, spricht nicht zuletzt der Gesichtspunkt, dass jedenfalls das Zustandekommen der bundeseinheitlichen PrüfRL § 106a eigenen Regeln unterliegt, weil insoweit - anders als beim BMV-Ä - besondere Einwirkungsmöglichkeiten des Bundesministeriums für Gesundheit bestehen (siehe § 106a Abs 6 Satz 2 bis 4 SGB V). Dementsprechend wäre auch die Ermächtigungsnorm in § 51 Satz 2 BMV-Ä seit Inkrafttreten des § 106a SGB V so zu lesen, dass entsprechende Regelungen der Gesamtvertragspartner nicht im Gesamtvertrag, sondern in der - von denselben Vertragspartnern - nach § 106a Abs 5 SGB V zu schließenden Prüfvereinbarung zu treffen sind.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).
Fundstellen
WzS 2016, 261 |
MedR 2017, 337 |
SGb 2016, 269 |
GesR 2017, 83 |