Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsförderung. Arbeitslosengeldanspruch. Bemessung des Arbeitslosengelds. Bemessungszeitraum. rückwirkende Abrechnung einer Provisionszahlung während des Krankengeldbezugs
Normenkette
SGB III §§ 149, 150 Abs. 1 Sätze 1-2; SGB IV § 22 Abs. 1 S. 1, § 23a
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 17. Februar 2023 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Im Streit steht ein Anspruch auf höheres Alg vom 30.6.2017 bis 29.6.2019.
Der Kläger war ab 15.8.2010 als Immobilienvermittler sozialversicherungspflichtig bei der N-Haus GmbH mit einer Brutto-Vergütung von 1300 Euro und einer ab 1.1.2015 vereinbarten regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt. Nach einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag (vom 15.12.2014, gültig ab 1.1.2015) war ein Anspruch auf Provisionszahlungen "nach Rechtskraft der Verträge und Auftragsbestätigung fällig, aber erst nach Baubeginn und Vorlage der Finanzierungszusage". Abrechnung und Auszahlung der Provisionen sollten quartalsweise erfolgen. Vereinbart wurde eine beidseitige Kündigungsfrist des Arbeitsverhältnisses von sechs Wochen.
Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung der Arbeitgeberin am 18.5.2016 zum 31.7.2016; zugleich stellte sie den Kläger unter Fortzahlung der Vergütung mit sofortiger Wirkung von der Erbringung der Arbeit frei. Eine Vergütung ohne Provisionsanteile wurde bis 31.5.2016 gezahlt.
Ab 1.6.2016 bis 12.10.2016 und ab 18.11.2016 bis 29.6.2017 bezog der Kläger ausschließlich Krankengeld, vom 13.10.2016 bis 17.11.2016 Übergangsgeld von der Deutschen Rentenversicherung. Am 30.6.2017 meldete sich der Kläger persönlich bei der beklagten Bundesagentur für Arbeit (BA) arbeitslos und beantragte Alg.
Die Arbeitgeberin bestätigte in einer Arbeitsbescheinigung vom 21.7.2016 für die Zeit vom 1.6.2015 bis 31.5.2016 ein sozialversicherungsrechtliches Bruttoarbeitsentgelt von 1300 Euro monatlich und eine Einmalzahlung von 500 Euro im Dezember 2015. In einer weiteren Arbeitsbescheinigung vom 21.7.2017 bescheinigte sie für Juli 2016 ein Bruttoarbeitsentgelt von 26 297,48 Euro und teilte zudem mit, dass dem Kläger bis 21.8.2016 eine Urlaubsabgeltung zugestanden habe. Eine Provisionszahlung von 5000 Euro erfolgte Ende Oktober 2016, eine weitere iHv 16 572,93 Euro Anfang November 2016; im Dezember 2016 ist die Urlaubsabgeltung von 3824,66 Euro zur Auszahlung gelangt. Der Provision iHv 16 572,93 Euro lagen Verträge über den Verkauf von Eigentumswohnungen vom 30.9.2014, 12.12.2014, 19.12.2014, 24.10.2015 und 11.11.2015 zugrunde, der Provision in Höhe von 5000 Euro ein Verkaufsabschluss vom 24.9.2015. Baubeginn des Objekts war am 5.1.2015. Finanzierungszusagen liegen der Arbeitgeberin nach den Feststellungen des LSG nicht vor.
Die Beklagte legte ihrer Berechnung ein Bemessungsentgelt von 44,05 Euro, Lohnsteuerklasse I sowie den allgemeinen Leistungssatz zugrunde, ohne das für Juli 2016 bescheinigte Entgelt von 26 297,48 Euro zu berücksichtigen. Sie errechnete einen Anspruch auf Alg ab 30.6.2017 bis 29.6.2019 (720 Kalendertage) von kalendertäglich 20 Euro (Bescheid vom 27.7.2017; Widerspruchsbescheid vom 28.8.2017). Der Bemessungszeitraum umfasse die Entgeltabrechnungszeiträume vom 1.7.2015 bis 31.5.2016, nicht aber den Monat Juli 2016. In diesem Monat sei kein Entgelt, sondern Krankengeld bezahlt worden. Die im Juli 2016 abgerechnete Einmalzahlung dürfe damit nicht in die Bemessung des Alg einfließen.
Während die Klage vor dem SG ohne Erfolg geblieben ist (Urteil vom 19.2.2020), hat das LSG die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG und Änderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger vom 30.6.2017 bis 29.6.2019 höheres Alg unter Berücksichtigung von im Juli 2016 abgerechneten Provisionsleistungen iHv insgesamt 19 713,51 Euro zu bewilligen (Urteil vom 17.2.2023). Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt, das BSG habe seine Rechtsprechung (Urteil vom 8.7.2009 - B 11 AL 14/08 R) aufgegeben, auf die die Beklagte die Nichtberücksichtigung des im Juli 2016 abgerechneten Entgelts stütze. Mit Urteil vom 30.8.2018 (Az: B 11 AL 15/17 R) sei vielmehr entschieden worden, dass für die Konkretisierung des Bemessungszeitraums nicht mehr der Begriff der Beschäftigung im leistungsrechtlichen, sondern im versicherungsrechtlichen Sinne maßgeblich und damit auch Entgelt bei der Bemessung des Alg zu berücksichtigen sei, das während einer Phase der unwiderruflichen Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge erzielt werde. Dies gelte gleichermaßen, wenn - wie hier - krankheitsbedingt keine Arbeitsleistung erbracht werden könne, solange das Beschäftigungsverhältnis im versicherungsrechtlichen Sinne nicht beendet sei. Dieses habe im Fall des Klägers erst mit Ablauf des 31.7.2016 geendet. Beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis ab 1.8.2016 sei der Anspruch auf Arbeitsentgelt in Form der Provisionszahlungen bereits entstanden gewesen, wenn ihm die Zahlungen auch erst zu einem späteren Zeitpunkt (Oktober/November 2016) zugeflossen seien. Das Entgelt gelte daher als im Bemessungszeitraum erzielt (§ 151 Abs 1 Satz 2 Alt 1 SGB III).
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 150 Abs 1 Satz 1, 151 SGB III. In den Bemessungszeitraum fielen nur abgerechnete Entgeltabrechnungszeiträume versicherungspflichtiger Beschäftigungen nach § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III, Zeiten des Krankengeldbezugs blieben außer Betracht. In seiner Entscheidung vom 30.8.2018 habe sich das BSG nur zu Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Bezüge geäußert, nicht aber zu Fällen, in denen - wie im Fall des Bezugs von Krankengeld - das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis in der Zeit der Freistellung gerade nicht fortbestehe. Schließlich habe es sich bei den im Oktober und November 2016 ausgezahlten Provisionen nicht um den Fall einer nachträglichen Vertragserfüllung nach § 151 Abs 1 Satz 2 Alt 1 SGB III gehandelt. Zwar habe die Arbeitgeberin dem Kläger Provisionsansprüche im Juli 2016 bestätigt - auch wenn, anders als arbeitsvertraglich vereinbart - der Arbeitgeberin Finanzierungszusagen nicht vorgelegen hätten. Dieser Monat liege aber nach dem Ausgeführten außerhalb des Bemessungszeitraums. Selbst wenn man aber davon ausgehe, die Finanzierungszusagen hätten zeitnah zu den Kaufvertragsabschlüssen vorgelegen, wären die Provisionen für Kaufvertragsabschlüsse vom 30.9.2014, 24.10.2014, 12.12.2014 und 19.12.2014 bei einem Baubeginn am 5.1.2015 im März 2015 fällig gewesen und damit ebenfalls außerhalb des Bemessungszeitraums. Zudem könne Entgelt nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze (§ 341 Abs 4 SGB III) der Bemessung des Alg zugrunde gelegt werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 17. Februar 2023 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 19. Februar 2020 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Er erachtet die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung der Entscheidung des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob dem Kläger ab 30.6.2017 ein Anspruch auf höheres Alg zusteht.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist neben den vorinstanzlichen Entscheidungen der Bescheid vom 27.7.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.8.2017. Dagegen wendet sich der Kläger zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG), zulässigerweise gerichtet auf den Erlass eines Grundurteils im Höhenstreit (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG), nämlich die Zahlung von höherem Alg für die Zeit vom 30.6.2017 bis 29.6.2019, insbesondere unter Berücksichtigung von im Juli 2016 abgerechneten Provisionsansprüchen.
2. Der Kläger hat die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg (§§ 137 ff SGB III) dem Grunde nach ab 30.6.2017 erfüllt. Er hat sich nach Ende des Krankengeldbezugs am 30.6.2017 persönlich arbeitslos gemeldet (§ 137 Abs 1 Nr 2 SGB III in der ab 1.4.2012 geltenden Normfassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011, BGBl I 2854). Er war auch arbeitslos (§ 137 Abs 1 Nr 1 SGB III iVm § 138 Abs 1 Nr 1 SGB III in der Normfassung des Gesetzes vom 20.12.2011).
Der Kläger hat die Anwartschaftszeit erfüllt (§ 142 Abs 1 Satz 1 SGB III in der ab 1.8.2016 maßgeblichen Normfassung des Gesetzes zur Stärkung der beruflichen Weiterbildung und des Versicherungsschutzes in der Arbeitslosenversicherung - Arbeitslosenversicherungsschutz- und Weiterbildungsstärkungsgesetz ≪AWStG≫ vom 18.7.2016, BGBl I 1710), denn in der Rahmenfrist (§ 143 SGB III in der ab 1.4.2012 maßgeblichen Normfassung) stand er mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis. Die Rahmenfrist umfasst zwei Jahre und begann mit dem Tag vor Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg; sie reichte damit vom 29.6.2017 bis 30.6.2015. In dieser Zeit liegen mindestens zwölf Monate eines Versicherungspflichtverhältnisses iS der §§ 24 ff SGB III. Für die Zeit bis 31.5.2016 folgt dies aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers (vgl § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III in der ab 9.8.2008 maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung wehrrechtlicher und anderer Vorschriften - Wehrrechtsänderungsgesetz 2008 - vom 31.7.2008, BGBl I 1629). Diese umfasst auch die Zeit nach Ausspruch der Kündigung bis 31.5.2016, in der der Kläger unter Fortzahlung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts unwiderruflich von der Arbeit freigestellt war. Ab 1.6.2016 - laufendes beitragspflichtiges Arbeitsentgelt war nach den Feststellungen des LSG ab 1.6.2016 nicht mehr gezahlt worden - war der Kläger jedenfalls wegen des Bezugs von Kranken- und Übergangsgeld aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig (§ 24 Abs 1 2. Alt, Abs 4 SGB III in der ab 1.4.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung vom 24.4.2006, BGBl I 926, iVm § 26 Abs 2 Nr 1 SGB III idF des Gesetzes vom 18.7.2016).
3. Der Kläger hat ab 30.6.2017 Anspruch auf höheres Alg, soweit beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis im Bemessungszeitraum für abgerechnete Entgeltabrechnungszeiträume Ansprüche auf Provisionen entstanden waren. Zur abschließenden Prüfung des Entstehungszeitpunkts der Ansprüche und damit des der Bemessung zugrunde zu legenden Arbeitsentgelts fehlt es jedoch an Feststellungen des LSG.
a) Die Höhe des Alg bemisst sich nach den §§ 149 ff SGB III. Es beträgt wie im Fall des Klägers , der die Voraussetzungen des § 149 Nr 1 SGB III nicht erfüllt, nach § 149 Nr 2 SGB III (in der ab 1.1.2013 maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Neuordnung der Altersversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister und zur Änderung anderer Gesetze vom 5.12.2012, BGBl I 2467) 60 % (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 150 Abs 1 SGB III (in der ab 1.4.2012 maßgeblichen Normfassung) die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 150 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB III).
b) Der Bemessungsrahmen (§ 150 Abs 1 Satz 1 SGB III) läuft nach §§ 187 Abs 2, 188 Abs 2 BGB kalendermäßig ab, bis ein volles Jahr erreicht wird. Er endet vorliegend, weil es auf Zeit- und nicht Kalendermonate ankommt (stRspr seit BSG vom 9.2.1995 - 7 RAr 2/94 - SozR 3-4100 § 44 Nr 11 S 37) mit dem 29.6.2017, dem letzten Tag des Versicherungspflichtverhältnisses wegen des Bezugs von Krankengeld und beginnt am 30.6.2016. In diesem Jahreszeitraum liegen allerdings keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt, sodass der Bemessungsrahmen auf zwei Jahre zu erweitern ist. Er beginnt damit am 30.6.2015 und endet am 29.6.2017.
c) Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 150 Abs 1 Satz 1 SGB III nur die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen.
Zu berücksichtigen sind nur Entgeltabrechnungszeiträume von versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen, die vollständig im Bemessungsrahmen liegen (dazu aa). Zur Bestimmung des für die Bemessung des Alg maßgeblichen Begriffs der Beschäftigung ist auf das Beschäftigungsverhältnis im versicherungsrechtlichen Sinn und dessen Dauer (Beginn bzw Ende) abzustellen (dazu bb). Die Entgeltabrechnungszeiträume müssen beim Ausscheiden vollständig abgerechnet sein (dazu cc). Nachzahlungen auf Arbeitsentgelt, die außerhalb des Bemessungszeitraums abgerechnet werden und zufließen, verschieben den ursprünglichen Bemessungszeitraum nicht (dazu dd).
aa) Der Bemessungszeitraum beginnt am 1.7.2015. Er umfasst nur volle Entgeltabrechnungszeiträume, die in den Bemessungsrahmen fallen (stRspr seit BSG vom 1.6.2006 - B 7a AL 86/05 R - SozR 4-4300 § 133 Nr 3 RdNr 21) und damit nicht den Monat Juni 2015, der nur mit dem 30.6.2015 (wie oben ausgeführt) im Bemessungsrahmen liegt.
bb) Der Bemessungszeitraum endete vorliegend mit dem 31.5.2016, dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses im versicherungsrechtlichen Sinn.
Der Begriff der Beschäftigung in § 150 Abs 1 Satz 1 SGB III stellt nicht auf die Beschäftigung im leistungsrechtlichen, sondern im versicherungsrechtlichen bzw beitragsrechtlichen Sinn ab, wie der Senat in seiner Entscheidung vom 30.8.2018 (B 11 AL 15/17 R - BSGE 126, 217 = SozR 4-4300 § 150 Nr 5, RdNr 22 ff) ausgeführt hat. Deshalb endete mit dem Ende der Zahlung von Arbeitsentgelt zum 31.5.2016, anders als das LSG dies gesehen hat, auch das versicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis. Allein die Freistellung von der Arbeitsleistung bis 31.7.2016 genügt auch bei Fortbestand des Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisses nicht für die Annahme eines fortbestehenden Beschäftigungsverhältnisses im versicherungsrechtlichen Sinn (zur Frage des Anspruchs auf Arbeitsentgelt bei Freistellung und Erkrankung vgl nur BAG vom 23.1.2008 - 5 AZR 393/07 - NJW 2008, 1550 RdNr 13).
Die unterschiedlichen Beschäftigungsbegriffe (leistungsrechtlich bzw versicherungsrechtlich; vgl nur Söhngen in Eicher/Schlegel SGB III nF, § 138 RdNr 39, Stand Oktober 2021; dazu auch Schlegel, NZA 2005, 972 ff) tragen dem doppelten Schutzzweck der Arbeitslosenversicherung Rechnung und kommen daher funktionsdifferent in Abhängigkeit vom jeweiligen normativen Kontext zur Anwendung (vgl dazu zuletzt zusammenfassend BSG vom 12.9.2019 - B 11 AL 20/18 R - juris RdNr 16 f). Der leistungsrechtliche Begriff des Beschäftigungsverhältnisses knüpft nicht an den rechtlichen Bestand eines Arbeitsverhältnisses an, sondern an die tatsächlichen Verhältnisse. Beschäftigungslosigkeit iS des § 138 Abs 1 Nr 1 SGB III liegt deshalb im Fall der tatsächlichen Nichtbeschäftigung des Versicherten unabhängig vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des Arbeitsrechts vor (grundlegend BSG vom 25.4.2002 - B 11 AL 65/01 R - BSGE 89, 243 = SozR 3-4300 § 144 Nr 8). Mit dem tatsächlichen Ende der Beschäftigung können - von weiteren Voraussetzungen abhängig - Leistungen der Arbeitslosenversicherung in Anspruch genommen werden. Die in diesem Sinne beschäftigungslose Person ist zB berechtigt, die Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit in Anspruch zu nehmen. Ein Anspruch auf Alg ruht während der Zeit, für die der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat (§ 157 Abs 1 SGB III). In Betracht kommt für diese Zeit jedoch ein Anspruch auf Alg nach § 157 Abs 3 SGB III (sog Gleichwohlgewährung), wenn tatsächlich kein Arbeitsentgelt gezahlt wird.
Dem gegenüber zielt der Begriff des versicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses darauf ab, die Höhe des versicherten Risikos zu bestimmen. Es entspricht daher ständiger Rechtsprechung, dass in einer konsequenten Ausrichtung auf das Versicherungsprinzip das versicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis iS des § 25 SGB III und die daraus resultierende Beitragspflicht zur BA für die Erfüllung der Anwartschaftszeit (§ 142 SGB III; vgl BSG vom 29.10.2008 - B 11 AL 13/07 R - SozR 4-4300 § 124 Nr 5 RdNr 12) und die Dauer des Alg-Anspruchs (§ 147 Abs 1 Satz 1 SGB III; vgl insoweit nur Valgolio in Hauck/Noftz SGB III, § 147 RdNr 41 mwN, Stand Mai 2021) maßgeblich ist. Unter Berücksichtigung von Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelungen zur Bestimmung des Bemessungsentgelts im Anwendungsbereich des § 150 SGB III hat der Senat in seiner Entscheidung vom 30.8.2018 (BSG vom 30.8.2018 - B 11 AL 15/17 R - BSGE 126, 217 = SozR 4-4300 § 150 Nr 5, RdNr 25) und in Abkehr von früherer Rechtsprechung (vgl nur BSG vom 8.7.2009 - B 11 AL 14/08 R - SozR 4-4300 § 130 Nr 6 RdNr 22; BSG vom 30.4.2010 - B 11 AL 160/09 B - RdNr 3) ausgeführt, dass auch bei dem für die Höhe des Alg-Anspruchs maßgeblichen Begriff der "versicherungspflichtigen Beschäftigung" in § 150 Abs 1 Satz 1 SGB III auf den Beschäftigungsbegriff im versicherungsrechtlichen Sinn abzustellen ist. Denn auch die Höhe des versicherten Risikos orientiert sich am ausgefallenen beitragspflichtigen Entgelt mit dem Ziel, den Lebensunterhalt und den auf das Arbeitsentgelt begründeten durchschnittlichen Lebensstandard durch die Gewährung von Alg sicherzustellen (BSG vom 30.8.2018 - B 11 AL 15/17 R - BSGE 126, 217 = SozR 4-4300 § 150 Nr 5, RdNr 26 mwN).
Für den Fall der Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung der Vergütung bedeutet dies: Das Beschäftigungsverhältnis im versicherungsrechtlichen Sinn besteht auch bei tatsächlicher Nichtbeschäftigung fort, wenn und solange das zur BA beitragspflichtige Arbeitsentgelt fortgezahlt wird (so auch zum Beitragsrecht BSG vom 24.9.2008 - B 12 KR 22/07 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 9 RdNr 13 f; vgl auch BSG vom 3.6.2004 - B 11 AL 70/03 R - SozR 4-4300 § 123 Nr 2 RdNr 22). Gleiches gilt im Fall der Nichtzahlung von Arbeitsentgelt, wenn zwar eine Pflicht des Arbeitgebers zu dessen Fortzahlung besteht, zB bei einer unwirksamen Kündigung eines Arbeitsvertrags, der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, der Arbeitgeber sie aber nicht annimmt und dadurch in Annahmeverzug gerät (BSG vom 5.5.1988 - 12 RK 43/86 - SozR 2400 § 2 Nr 25 S 42; BSG vom 16.2.2005 - B 1 KR 19/03 R - SozR 4-2500 § 47 Nr 2 RdNr 9). In beiden Fällen bleibt der Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des versicherten Risikos, ein Anspruch auf beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, bestehen. Im Regelfall endet das Beschäftigungsverhältnis im versicherungsrechtlichen Sinne damit mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses (vgl auch § 24 Abs 4 SGB III). Das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne endet hingegen schon mit dem Zeitpunkt der tatsächlichen Nichtbeschäftigung infolge der Freistellung des Arbeitnehmers, gleichgültig - weil es nur auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt -, ob in dieser Zeit Arbeitsentgelt gezahlt wird oder beansprucht werden kann. Die Freistellung des Arbeitnehmers unter Fortzahlung der Vergütung stellt deshalb ein "geradezu typisches Beispiel" (so Schlegel in Eicher/Schlegel SGB III nF, § 25 RdNr 52, Stand Juli 2020) für die rechtliche Möglichkeit der leistungsrechtlichen Beschäftigungslosigkeit bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis dar.
Im vorliegenden Verfahren war der Kläger mit Ausspruch der Kündigung am 18.5.2016 mit sofortiger Wirkung unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeitsleistung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist mit dem 31.7.2016 freigestellt worden. Allerdings hat er nur bis 31.5.2016 Arbeitsentgelt und ab 1.6.2016 ausschließlich Krankengeld (anders als in der vom LSG in Bezug genommenen Senatsentscheidung vom 30.8.2018 - B 11 AL 15/17 R - BSGE 126, 217 = SozR 4-4300 § 150 Nr 5) erhalten. Beschäftigungslos im leistungsrechtlichen Sinn war der Kläger bereits ab 18.5.2016, versicherungsrechtlich mit Ende der Entgeltzahlung zum 31.5.2016. Arbeitsrechtlich war das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.7.2016 beendet. Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass die Ausführungen in der Senatsentscheidung vom 30.8.2018 (BSG vom 30.8.2018 - B 11 AL 15/17 R - BSGE 126, 217 = SozR 4-4300 § 150 Nr 5, RdNr 24), wonach zur Bestimmung der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses im versicherungsrechtlichen Sinn an das rechtsgeschäftlich vereinbarte Ende des Arbeitsverhältnisses anzuknüpfen sei, nur vor dem Hintergrund zu verstehen ist, dass in dem damals entschiedenen Verfahren sowohl das Beschäftigungsverhältnis im versicherungsrechtlichen Sinn - wegen der dort zusätzlich zum Krankentagegeld ab 23.3.2012 erfolgten Zahlung von Arbeitsentgelt - als auch das Arbeitsverhältnis bei Freistellung unter Fortzahlung der Bezüge am 30.4.2012 endeten. Anders hier: Mit Beginn des Krankengeldbezugs ab 1.6.2016 war der Kläger zwar immer noch von der Arbeit freigestellt. Beitragspflichtiges Arbeitsentgelt wurde allerdings nicht mehr fortgezahlt. Die Zeit des Bezugs von Krankengeld bleibt bei der Berechnung des Alg unberücksichtigt (BSG vom 21.7.2009 - B 7 AL 23/08 R - SozR 4-4300 § 132 Nr 3 RdNr 26, 28).
Die Abrechnung der Provisionsansprüche und ihre Verbeitragung durch die Arbeitgeberin für Juli 2016 ändert am Ende der Beschäftigung im versicherungsrechtlichen Sinne mit dem 31.5.2016 nichts. Die Provisionen sind nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG nicht geleisteter Arbeit im Juli 2016 zuzuordnen (zu diesem Maßstab und zur Abgrenzung von Einmalzahlungen im Beitragsrecht vgl nur BSG vom 3.6.2009 - B 12 R 12/07 R - BSGE 103, 229 = SozR 4-2400 § 23a Nr 5, RdNr 16 f mwN). Es handelt sich vielmehr um Nachzahlungen von Arbeitsentgelt aus dem Beschäftigungsverhältnis für Zeiten vor dem 31.5.2016 (dazu gleich).
cc) Da es sich um Nachzahlungen von Arbeitsentgelt handelt, ändert die Abrechnung der Provisionsansprüche für Juli 2016 zudem nichts daran, dass für die Zeit bis 31.5.2016 von vollständig abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträumen iS des § 150 Abs 1 Satz 1 SGB III auszugehen ist. Vollständig abgerechnet ist Arbeitsentgelt immer dann, wenn es ohne weiteres an den Arbeitnehmer ausbezahlt werden kann (BSG vom 29.6.2000 - B 11 AL 89/99 R - SozR 3-4100 § 136 Nr 12 S 68). Vollständig abgerechnet waren nach den Feststellungen des LSG in dem so bestimmten Bemessungszeitraum vom 1.7.2015 bis 31.5.2016 zwar lediglich die festen Entgeltbestandteile des Klägers in Höhe von 1300 Euro brutto monatlich. Es kann vorliegend offen bleiben, ob Entgeltabrechnungszeiträume, in denen ein Anspruch auf eine Provision entstanden ist, immer erst dann vollständig abgerechnet sind, wenn auch die Provision als Bestandteil des Arbeitsentgelts abgerechnet ist (so BSG vom 29.6.2000 - B 11 AL 89/99 R - SozR 3-4100 § 136 Nr 12 S 68 noch unter Geltung des § 112 Arbeitsförderungsgesetz ≪AFG≫). Denn die Ausführungen des Senats können in den Fällen der nachträglichen Vertragserfüllung, auf die § 151 Abs 1 Satz 2 SGB III Anwendung findet, nur so verstanden werden, dass im Entgeltabrechnungszeitraum bereits feststehende Provisionsansprüche abzurechnen sind, um von einem vollständig abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum auszugehen, nicht aber solche, über deren Bestehen noch gestritten wird.
dd) Zugleich verschiebt sich im Fall der nachträglichen Vertragserfüllung der Bemessungszeitraum nicht (so BSG vom 28.6.1995 - 7 RAr 102/94 - BSGE 76, 162 = SozR 3-4100 § 112 Nr 22, S 91 f; BSG vom 21.3.1996 - 11 RAr 101/94 - BSGE 78, 109 = SozR 3-1300 § 48 Nr 48, S 113, 114 zur Rechtslage im AFG, das eine § 151 Abs 1 Satz 2 SGB III vergleichbare Regelung nicht vorsah). Daran hat sich mit Einführung des SGB III nichts geändert. Ansonsten wäre die Regelung des § 151 Abs 1 Satz 2 SGB III nicht verständlich, die gerade die Fälle erfasst, in denen ein Anspruch im Bemessungszeitraum entstanden ist, die Auszahlung aber außerhalb dieses Zeitraums erfolgt.
4. Die Provisionen sind als nachgezahltes, beitragspflichtiges laufendes Arbeitsentgelt bei der Bemessung des Alg zu berücksichtigen, soweit ein Anspruch hierauf im Bemessungszeitraum entstanden und einem im og Sinne beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum zuzuordnen ist.
a) Nach § 151 Abs 1 Satz 1 SGB III (in der Normfassung des Gesetzes vom 18.7.2016) ist Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Arbeitsentgelt, auf das der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gilt nach § 151 Abs 1 Satz 2 SGB III als erzielt, wenn es zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen ist. Mit dieser Regelung führte der Gesetzgeber die bis dahin in der Rechtsprechung diskutierte und in der zeitlichen Entwicklung unterschiedlich beantwortete Frage in ein normatives Konzept zusammen, unter welchen Voraussetzungen nachgezahltes Arbeitsentgelt als für die Bemessung des Alg erzielt und bei der Bemessung des Alg zu berücksichtigen ist.
Während zunächst noch unter Geltung des § 112 AFG vertreten worden war, dass nur Arbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer schon beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis tatsächlich zugeflossen war, als erzielt anzusehen sei (reine Zuflusstheorie, vgl nur BSG vom 18.4.1991 - 7 RAr 52/90 - SozR 3-4100 § 112 Nr 10 S 33), galt später auch Arbeitsentgelt, das erst nach dem Ausscheiden infolge nachträglicher Vertragserfüllung tatsächlich zugeflossen war, als erzielt. Ausgenommen blieb aber Arbeitsentgelt, auf das nur ein Anspruch bestanden oder was ein Arbeitnehmer lediglich vor Ende der Beschäftigung geltend gemacht hatte (modifizierte Zuflusstheorie, BSG vom 21.3.1996 - 11 RAr 101/94 - BSGE 78, 109 = SozR 3-1300 § 48 Nr 48 S 113; zur Gesetzeshistorie im Übrigen vgl nur BSG vom 5.12.2006 - B 11a AL 43/05 R - SozR 4-4300 § 134 Nr 1 RdNr 23 f; zusammenfassend und zur Frage der Verzinsung von wegen Nachzahlung von Arbeitsentgelt höherem Alg unter Geltung des § 131 Abs 1 Satz 2 SGB III zuletzt BSG vom 15.2.2023 - B 11 AL 42/21 R - SozR 4-4300 § 151 Nr 6 - RdNr 16 ff).
b) Maßgeblich ist nach § 151 Abs 1 Satz 2 SGB III auch für die hier streitbefangenen Provisionen als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, wann hierauf ein Anspruch des Klägers entstanden war. Abzustellen ist insoweit die für das Beitragsrecht maßgeblichen Bestimmungen der §§ 22 ff SGB IV.
aa) Der Begriff des Arbeitsentgelts, der nach § 151 Abs 1 Satz 1 SGB III Ausgangspunkt der Bestimmung des Bemessungsentgelts ist, ist im Leistungs- und Beitragsrecht identisch (BSG vom 21.4.1993 - 11 BAr 143/92 - juris; BSG vom 9.5.1996 - 7 RAr 36/95 - SozR 3-4100 § 112 Nr 28; BSG vom 31.10.1996 - 11 RAr 85/95 - juris; BSG vom 14.5.2014 - B 11 AL 12/13 R , juris). Maßgeblich für den Begriff des Arbeitsentgelts ist damit § 14 SGB IV. Nach § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung (§ 7 SGB IV, § 25 Abs 1 SGB III), gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung und in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Zugleich legt § 151 Abs 1 Satz 1 SGB III fest, dass bei der Bemessung nur beitragspflichtiges Arbeitsentgelt zu berücksichtigen ist. Auf die Regelung in Satz 1 nimmt auch § 151 Abs 1 Satz 2 SGB III Bezug, sodass es ohne rechtliche Bedeutung ist, dass der Wortlaut von Satz 2 den Begriff "beitragspflichtig" nicht enthält. Zur Sicherstellung des Gleichlaufs von Leistungs- und Beitragsrecht ist mithin für die Bestimmung des Zeitpunkts der Entstehung des Anspruchs auf (beitragspflichtiges) Arbeitsentgelt iS des § 151 Abs 1 Satz 2 SGB III darauf abzustellen, wann die jeweiligen Beitragsansprüche auf dieses Arbeitsentgelt entstehen (Behrend in Eicher/Schlegel SGB III nF, § 151 RdNr 42, Stand Januar 2024). Liegt in diesem Sinne beitragspflichtiges Arbeitsentgelt vor, auf das im Bemessungszeitraum ein Anspruch entstanden ist, ist die Höhe des zu berücksichtigenden Arbeitsentgelts durch die jeweils maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze begrenzt (§ 342 SGB III iVm § 341 Abs 3 Satz 1 SGB III).
bb) Die abgerechneten und später in zwei Tranchen ausgezahlten Provisionen sind - anders als dies die Beklagte gesehen hat - nicht jeweils als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt zu bewerten, sodass - im Gleichklang von Beitrags- und Bemessungsrecht - ein Anspruch erst mit der Abrechnung für Juli 2016 oder der tatsächlichen Zahlung (Oktober/November 2016) und damit in beiden Fällen jedenfalls außerhalb des Bemessungszeitraums entstanden wäre. Vielmehr handelt es sich um laufendes Arbeitsentgelt.
Beitragsansprüche entstehen grundsätzlich, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB IV in der ab 1.4.2011 maßgeblichen Normfassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011, BGBl I 2854). Im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ist dies der Zeitpunkt, zu dem der Anspruch auf Arbeitsentgelt entsteht, also arbeitsvertraglich geschuldet wird (dazu Udsching in Hauck/Noftz SGB IV, § 22 RdNr 4, Stand Februar 2021, Behrend in Eicher/Schlegel SGB III nF, § 151 RdNr 41, Stand Januar 2024). Der Beitragsanspruch bei einmalig gezahltem Arbeitsentgelt entsteht hingegen erst im Zeitpunkt seiner Auszahlung (§ 22 Abs 1 Satz 2 SGB IV). Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt sind Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und die nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden (§ 23a Abs 1 Satz 1 SGB IV in der ab 22.4.2015 maßgeblichen Normfassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 15.4.2015, BGBl I 583); ihnen fehlt also eine Beziehung zu einem oder mehreren Abrechnungszeiträumen (BSG vom 7.2.2002 - B 12 KR 6/01 R - SozR 3-2400 § 14 Nr 23 RdNr 21; BSG vom 26.1.2005 - B 12 KR 3/04 R - SozR 4-2400 § 14 Nr 7 RdNr 26; BSG vom 3.6.2009 - B 12 R 12/07 R - BSGE 103, 229 = SozR 4-2400 § 23a Nr 5, RdNr 16 mwN).
Bei den an den Kläger im Oktober/November 2016 gezahlten Provisionen handelt es sich nach Maßgabe der ihrem Anspruch zugrundeliegenden arbeitsvertraglichen Vereinbarungen um laufendes Arbeitsentgelt (Provisionen ordnen generell als laufendes Arbeitsentgelt ein Knospe in Hauck/Noftz SGB IV, § 23a RdNr 34, Stand August 2021 und Pietreck in jurisPK-SGB IV, § 23a RdNr 46, 4. Aufl 2021). Es kann zwar nach der Aufstellung der früheren Arbeitgeberin über provisionsbegründende Kaufvertragsabschlüsse des Klägers den Jahren 2014 und 2015 zugeordnet werden. Wann der Anspruch aber jeweils entstanden war, kann aufgrund fehlender Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden. Denn das Entstehen der Provisionsansprüche war nach Maßgabe der arbeitsvertraglichen Regelungen nicht allein vom Abschluss entsprechender Kaufverträge abhängig, sondern von weiteren Voraussetzungen, nämlich ihrer "Rechtskraft", einer Auftragsbestätigung, dem tatsächlichen Baubeginn und der Vorlage von Finanzierungszusagen. Erst wenn diese Voraussetzungen vorgelegen hatten, war ein Anspruch des Klägers auf eine Provision als Bestandteil des laufenden, beitragspflichtigen Arbeitsentgelts iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB IV entstanden. Nur die Abrechnung und Auszahlung der Provisionen sollte quartalsweise erfolgen.
Das LSG hat den Baubeginn mitgeteilt, den jeweiligen Zeitpunkt des Kaufvertrags (wenn auch als Zeitpunkt der verbindlichen Reservierung bezeichnet), nicht jedoch das Datum der Auftragsbestätigung und der Vorlage von Finanzierungszusagen. Es dürfte zwar naheliegend sein, dass Finanzierungszusagen vor oder spätestens bei Abschluss der notariellen Kaufverträge vorgelegen haben, Feststellungen hierzu fehlen jedoch. Zudem dürften, ausgehend von Kaufvertragsabschlüssen in den Jahren 2014 und 2015, nur einige (wenige) Provisionsansprüche im Bemessungszeitraum tatsächlich entstanden sein; auch dies wird das LSG noch zu prüfen haben. Hinsichtlich des Betrags von 5000 Euro könnte zudem (auch) an die Prüfung des § 151 Abs 2 Nr 1 SGB III (dazu im Zusammenhang mit der Urlaubsabgeltung sogleich unter 5.) zu denken sein. Sind nach Maßgabe dieser Kriterien Ansprüche im Bemessungszeitraum entstanden, ist das jeweilige Entgelt, zusammen mit dem in dem Monat erzielten Bruttoarbeitsentgelt von jeweils 1300 Euro, nur bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze West (2015: 6050 Euro monatlich; 2016: 6200 Euro monatlich) der Bemessung des Alg zugrunde zu legen. Insoweit wird ggf auch aufzuklären sein, worauf die Differenz zwischen den bescheinigten Provisionsansprüchen und dem in der Arbeitsbescheinigung von Juli 2017 angegebenen Bruttoentgelt beruht.
cc) Dass die frühere Arbeitgeberin die Provisionen rechtlich wohl als Einmalzahlungen bewertet und im Juli 2016 verbeitragt hat (vgl zum normativen Hintergrund § 23a Abs 2 SGB IV) ist bemessungsrechtlich nicht von Bedeutung. Beitragsansprüche entstehen kraft Gesetzes, wenn die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind. Auf die rechtliche Einordnung durch die Arbeitgeberin kommt es weder für die Entstehung der Beitragsansprüche noch für die Frage an, zu welchem Zeitpunkt bemessungsrechtlich vom Entstehen eines Arbeitsentgeltanspruchs auszugehen ist. Ansonsten hätte es der Arbeitgeber ggf in der Hand, durch entsprechende Verbeitragung auch die Höhe des Alg-Anspruchs zu beeinflussen. Entsprechendes gilt, soweit die Arbeitgeberin in der Arbeitsbescheinigung (§ 312 SGB III) vom 21.7.2017 für Juli 2016 ein Bruttoarbeitsentgelt von 26 297,48 Euro bescheinigt hat. Die Verpflichtung zur Erstellung und Aushändigung der Arbeitsbescheinigung begründet eine Indienstnahme des Arbeitgebers als Privater und ist keine Delegation öffentlich-rechtlicher Aufgaben auf ihn. Eine Bindung der Beklagten an die Angaben in der Bescheinigung besteht folglich nicht (BSG vom 12.12.1990 - 11 RAr 43/88 = SozR 3-4100 § 133 Nr 1 S 5). § 312 SGB III dient lediglich der Verwirklichung des Untersuchungsgrundsatzes nach § 20 SGB X (vgl zum SGB II BSG vom 4.6.2014 - B 14 AS 38/13 R - SozR 4-4200 § 60 Nr 2 RdNr 19) und damit der bloßen Unterstützung der Verwaltung.
5. Der Berücksichtigung von Provisionszahlungen als beitragspflichtigem Arbeitsentgelt im Bemessungszeitraum steht - anders als der nach § 7 Abs 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlbG) gezahlten Urlaubsabgeltung (vgl dazu Bayerisches LSG vom 26.3.2009 - L 8 AL 200/08 - juris RdNr 23; LSG Niedersachsen-Bremen vom 31.3.2014 - L 11 AL 129/10 - juris RdNr 25; Sächsisches LSG vom 23.8.2016 - L 3 AL 113/14 - juris RdNr 55) - § 151 Abs 2 Nr 1 SGB III nicht entgegen (zum "Provisionsanspruch" iHv 5000 Euro vgl aber das soeben Ausgeführte). Danach bleiben bei der Bemessung des Alg solche Arbeitsentgelte außer Betracht, die Arbeitslose "wegen" der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten hat oder die im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit vereinbart worden sind. Zwischen der Zahlung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss danach ein Ursachenzusammenhang im Sinne einer wesentlichen Bedingung bestehen (stRspr; vgl nur BSG vom 6.8.2014 - B 11 AL 16/13 R - BSGE 116, 272 = SozR 4-3250 § 2 Nr 6 juris, RdNr 22). Zwar sind die Provisionsansprüche des Klägers im zeitlichen Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Juli 2016 abgerechnet worden. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG ist aber nicht der Schluss gerechtfertigt, die Abrechnung und Zahlung sei vollständig "wegen" des Ausscheidens im Sinne einer wesentlichen Ursache erfolgt (dazu BSG vom 24.8.2017 - B 11 AL 16/16 R - BSGE 124, 75 = SozR 4-4300 § 151 Nr 1, RdNr 27), sondern nur aus Anlass der Beendigung zur Abgeltung aller noch offenen Ansprüche des Klägers gegen seine (frühere) Arbeitgeberin.
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6. Das LSG wird im wiedereröffneten Verfahren ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben. |
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Söhngen |
Neumann |
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Fundstellen
Dokument-Index HI16651206 |