Entscheidungsstichwort (Thema)
Einführung einer Altersgrenze für die Zulassung zur kassen-/vertragsärztlichen Tätigkeit
Beteiligte
…, Kläger und Revisionskläger |
Berufungsausschuß für Kassenarztzulassungen Nordrhein,Düsseldorf, Emanuel-Leutze-Straße 8, Beklagter und Revisionsbeklagter |
1) AOK-Landesverband Rheinland, Düsseldorf, Kasernenstraße 61,2) Landesverband der Betriebskrankenkassen Nordrhein-Westfalen, Essen, Kronprinzenstraße 6,3) Landesverband der Innungskrankenkassen Nordrhein und Rheinland-Pfalz, .. |
Tatbestand
G r ü n d e :
I
Der 1930 geborene Kläger war seit 1969 Chefarzt der Geburtshilflich-gynäkologischen Abteilung des S -K in L und als solcher an der kassen- und vertragsärztlichen Versorgung beteiligt. Sein Dienstverhältnis wurde wegen Auflösung der Krankenhausabteilung zum 30. Juni 1990 gekündigt; dem Kläger wurde deswegen eine Abfindung von 500.000,-- DM (brutto) gezahlt. Seine Anträge auf Zulassung als Kassen- und Vertragsarzt lehnten die Zulassungsinstanzen ab, weil er die in § 98 Abs 2 Nr 12 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) und § 25 der Zulassungsverordnung für Kassenärzte (Ärzte-ZV) festgelegte Altersgrenze von fünfundfünfzig Jahren überschritten habe und eine unbillige Härte im Hinblick auf die vorhandene Altersversorgung und die sonstigen wirtschaftlichen Verhältnisse nicht gegeben sei (Bescheide des Zulassungsausschusses vom 19. Juni 1990 und der Beteiligungskommission vom 3. Juli 1990; Bescheide des beklagten Berufungsausschusses und der Berufungskommission für Ersatzkassen vom 12. September 1990).
Die dagegen gerichteten Klagen hat das Sozialgericht (SG) mit Urteilen vom 6. Februar 1991 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Einführung einer Altersgrenze für die Zulassung zur kassen-/vertragsärztlichen Tätigkeit sei mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar. Als Berufsausübungsregelung mit dem Ziel der Sicherung einer wirtschaftlichen Krankenbehandlung und der Vermeidung einer Überversorgung werde sie durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei nicht verletzt, weil die betroffenen Ärzte im Regelfall ein weitgehend abgeschlossenes Berufsleben hinter sich hätten und über eine ausreichende Altersversorgung verfügten. Die Entscheidung der Zulassungsgremien, von der Härtefallregelung des § 25 Satz 2 Ärzte-ZV im Falle des Klägers keinen Gebrauch zu machen, lasse keinen Ermessensfehler erkennen.
Mit den vom SG zugelassenen und vom Senat zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbundenen Sprungrevisionen rügt der Kläger Verstöße gegen § 98 Abs 2 Nr 12 SGB V, § 25 Ärzte-ZV und Art 12 GG. Die vom Gesetz vorgesehene Altersgrenze für die Kassenzulassung sei zur Erreichung des angestrebten Zieles ungeeignet und jedenfalls unverhältnismäßig, so daß ein unzulässiger Eingriff in die Berufsfreiheit vorliege. Folge man dem nicht, müsse das Urteil gleichwohl aufgehoben werden, denn das SG habe mit unzutreffenden rechtlichen Erwägungen eine unbillige Härte iS des § 25 Satz 2 Ärzte-ZV verneint. Es habe verkannt, daß der Begriff der unbilligen Härte als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliege. Überdies habe es auch die inhaltliche Tragweite dieses Begriffes falsch eingeschätzt, indem es ihn rein wirtschaftlich interpretiert und die Bedeutung der Berufstätigkeit für die Selbstverwirklichung des Menschen außer Betracht gelassen habe. Schließlich sei unberücksichtigt geblieben, daß § 98 Abs 2 Nr 12 SGB V eine Ausnahme von der Zulassungsbeschränkung für den Fall vorsehe, daß eine Zulassung oder Ermächtigung trotz Überschreitung der Altersgrenze aus Sicherstellungsgründen erforderlich sei.
Der Kläger sowie die Beigeladene zu 5), die sich diesem Vorbringen angeschlossen hat, beantragen,
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die Urteile des Sozialgerichts Aachen vom 6. Februar 1991 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Beschlusses vom 12. September 1990 sowie der Beschlüsse des Zulassungsausschusses für Ärzte Aachen vom 19. Juni 1990, der Beteiligungskommission für Ersatzkassen Aachen vom 3. Juli 1990 und der Berufungskommission für die Beteiligung an der Ersatzkassenpraxis vom 12. September 1990 zu verurteilen, ihn (den Kläger) zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung mit Vertragssitz in L , R - , zuzulassen. |
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Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) bis 4), 7) und 8) beantragen,
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die Revisionen zurückzuweisen. |
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Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene zu 6) hat von einer Stellungnahme abgesehen.
II
Die Revisionen sind zulässig, aber unbegründet.
Im Ergebnis zutreffend hat das SG die Voraussetzungen für die Zulassung des Klägers zur vertragsärztlichen Versorgung verneint und die dabei zugrunde gelegten Rechtsvorschriften des § 98 Abs 2 Nr 12 SGB V und des § 25 Ärzte-ZV als verfassungsgemäß angesehen.
Bei der erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage beurteilt sich das Klagebegehren nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung durch das Revisionsgericht. Maßgebend sind demnach die Vorschriften des SGB V und der Ärzte-ZV in der derzeit geltenden Fassung des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz [GSG]) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S 2266). Die Rechtsänderungen durch dieses Gesetz haben Auswirkungen auf die Verwaltungszuständigkeit und die Beteiligtenstellung im Prozeß. Das GSG hat die bis zu seinem Inkrafttreten bestehende Aufteilung der ambulanten ärztlichen Versorgung in einen kassenärztlichen und einen vertragsärztlichen Bereich beseitigt und ein für Primär- und Ersatzkassen gleichermaßen geltendes System der vertragsärztlichen Versorgung neuen Rechts mit einheitlicher Zulassung geschaffen (§ 72 Abs 1 und 2 SGB V nF; §§ 11 ff Ärzte-ZV nF [nunmehr: "Zulassungsverordnung für Vertragsärzte"]). Gleichzeitig hat es die Aufgaben der bisher für den Ersatzkassenbereich gebildeten besonderen Beteiligungsgremien - auch mit Wirkung für bereits anhängige Verfahren - auf die seit 1. Januar 1993 für die gesamte vertragsärztliche Versorgung allein zuständigen Zulassungs- und Berufungsausschüsse (§§ 96, 97 SGB V nF) übertragen; diese sind im Wege der Funktionsnachfolge an die Stelle der früheren Beteiligungs- und Berufungskommissionen getreten. Prozessual hat der Funktionsübergang einen gesetzlichen Beteiligtenwechsel (Eintritt des Berufungsausschusses anstelle der Berufungskommission als Beklagter) bewirkt, der nicht den Beschränkungen der § 99 Abs 1, § 168 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unterliegt und daher auch noch im Revisionsverfahren zu beachten ist (ausführlich zu alledem: Urteil des Senats vom 14. Juli 1993 - 6 RKa 71/91 - in SozR 3-2500 § 116 Nr 4).
Die für das materielle Begehren des Klägers maßgebenden Bestimmungen des § 98 Abs 2 Nr 12 SGB V und des § 25 Ärzte-ZV beruhen auf dem Gesundheitsreformgesetz (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S 2477) und sind durch das GSG im Wortlaut nicht verändert worden. Gemäß § 25 Satz 1 Ärzte-ZV ist die Zulassung eines Arztes, der das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet hat, ausgeschlossen. Nach Satz 2 der Vorschrift kann der Zulassungsausschuß in Ausnahmefällen hiervon abweichen, wenn dies zur Vermeidung von unbilligen Härten erforderlich ist.
Der Kläger hat das 55. Lebensjahr vollendet und ist damit nach § 25 Satz 1 Ärzte-ZV von der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen. Anders als der 14a-Senat des Bundessozialgerichts (BSG), der in seinem Vorlagebeschluß vom 16. Juni 1993 - 14a RKa 8/92 - (nicht veröffentlicht) die Einführung einer identischen Altersgrenze für die Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung als mit Art 12 Abs 1 GG unvereinbar angesehen hat, hält der erkennende Senat die Regelung in § 25 Satz 1 Ärzte-ZV für verfassungsgemäß. Der 14a-Senat hat seine Auffassung im wesentlichen damit begründet, daß die Zulassungssperre, die in ihrer Wirkung einer Beschränkung der Berufswahlfreiheit gleichkomme, zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels, die finanziellen Grundlagen der Krankenkassen zu sichern, ungeeignet, zumindest jedenfalls unverhältnismäßig sei. Für die im Gesetzgebungsverfahren geäußerte Befürchtung, über 55jährige Vertrags(zahn)ärzte neigten bei erstmaliger Zulassung vermehrt zu unwirtschaftlichem Verhalten, gebe es keinen Beleg; außerdem lasse sich solches Verhalten gegebenenfalls mit dem Mittel der Wirtschaftlichkeitsprüfung wirksam bekämpfen und erfordere keinen generellen Ausschluß der betroffenen Personengruppe von der Kassenzulassung.
Diese Überlegungen werden vom erkennenden Senat geteilt. Auch er hielte eine Zulassungssperre für ältere Ärzte mit der alleinigen Begründung, diese würden die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung beeinträchtigen, aus den dargestellten Erwägungen für verfassungswidrig. Zu beachten ist indes, daß die umstrittene Regelung nicht losgelöst von den Bemühungen des Gesetzgebers gesehen werden darf, der steigenden Überversorgung mit Ärzten entgegenzuwirken und durch eine wirksame Begrenzung der Arztzahlen die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung zu erhalten. Auch dieser Gesichtspunkt wird im Regierungsentwurf zum GRG als Grund für die Einführung der 55-Jahres-Grenze ausdrücklich genannt (BT-Drucks 11/2237 S 151; vgl auch aaO S 137). Im übrigen steht die zur Prüfung stehende Altersgrenze seit dem Inkrafttreten des GSG in einem Zusammenhang mit den durch dieses Gesetz eingeführten weiteren Zulassungsbeschränkungen in Gestalt einer verschärften Bedarfsplanung mit Sperrung überversorgter Bezirke (§§ 101, 103 SGB V nF) sowie ab 1. Januar 1999 der Einführung einer generellen Bedarfszulassung (§ 102 SGB V nF) und Festlegung einer Höchstaltersgrenze für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit (§ 95 Abs 7 SGB V nF). Mag die Altersgrenze von 55 Jahren bei ihrer Einführung im Jahr 1989 auch nicht als Einstieg in ein gesetzgeberisches Gesamtkonzept zur Beschränkung der Zahl der Vertragsärzte gedacht gewesen sein, so ändert dies doch nichts daran, daß ihr nach geltendem Recht eine solche Funktion zukommt. Dies muß der Senat, der über den Zulassungsanspruch des Klägers auf der Grundlage des im Zeitpunkt der Revisionsentscheidung maßgebenden Rechts zu befinden hat, beachten.
Als eine von mehreren Maßnahmen zur Begrenzung der Zahl der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte ist die Regelung in § 25 Satz 1 Ärzte-ZV mit Art 12 GG vereinbar. Das gilt unabhängig davon, ob die Tätigkeit des Vertragsarztes mit der bisherigen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (BVerfGE 11, 30, 39 f = SozR Nr 15 zu § 368a RVO) als freiberufliche Tätigkeit dem uneingeschränkten Schutz des Berufsgrundrechts unterstellt wird oder ob dem Gesetzgeber, wie teilweise in der Literatur gefordert (vgl H. Bogs, Festschrift für Wannagat, 1981, S 51, 67 ff; Bürck, MedR 1989, 63, 66 ff; von Maydell/Pietzcker, Begrenzung der Kassenarztzulassung, 1993, S 19 ff), wegen der organisatorischen Einbindung des Vertragsarztes in das öffentlich-rechtliche System der gesetzlichen Krankenversicherung und der zunehmenden Überlagerung der freiberuflichen Elemente seiner Tätigkeit durch Elemente eines staatlich gebundenen Berufes weitergehende Eingriffsbefugnisse zugestanden werden. Denn auch im ersten Fall hält die hier in Rede stehende Begrenzungsregelung einer am Maßstab des Art 12 Abs 1 GG ausgerichteten Prüfung stand.
Die Zulassungssperre ab dem 55. Lebensjahr, die durch § 98 Abs 2 Nr 12 SGB V vorgeschrieben und durch den Gesetzgeber selbst mit der Einfügung des § 25 Ärzte-ZV angeordnet worden ist (Art 18 Nr 13 GRG; zur Gesetzesqualität derartiger "Verordnungs"-Vorschriften vgl BSGE 70, 167, 172 = SozR 3-2500 § 116 Nr 2), stellt nach den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entwickelten Kriterien formal gesehen nur eine Berufsausübungsregelung dar, kommt de facto wegen des wirtschaftlichen Angewiesenseins des freipraktizierenden Arztes auf die Kassenzulassung aber einer Beschränkung der Berufswahlfreiheit nahe (BVerfGE 11, 30, 41 ff = SozR Nr 15 zu § 368a RVO). Sie kann deshalb nicht mit jeder vernünftigen Erwägung des Gemeinwohls, sondern nur mit solchen Allgemeininteressen gerechtfertigt werden, die so schwer wiegen, daß sie den Vorrang vor der ungehinderten beruflichen Entfaltung der betroffenen Ärzte verdienen (BVerfGE 61, 291, 311; 77, 84, 106).
Bei der verfassungsrechtlichen Prüfung sind die Gestaltungsfreiheit und der Einschätzungs- und Prognosevorrang des Gesetzgebers zu beachten. Sozialpolitische Entscheidungen, mit denen auf komplexe, schwer überschaubare und im einzelnen unklare Verhältnisse eingewirkt werden soll, erfordern zahlreiche Wertungen und Prognosen, die einzeln und in ihrer Gesamtheit mit einem hohen Maß an Unsicherheit behaftet sind. Die Verfassung billigt dem Gesetzgeber deshalb hinsichtlich der Feststellung und Bewertung etwaiger der Allgemeinheit drohender Gefahren wie auch der Geeignetheit und Erforderlichkeit der zu ihrer Behebung eingesetzten Mittel einen Beurteilungsspielraum zu, den er nur dann überschreitet, wenn seine Erwägungen so offensichtlich unvertretbar sind, daß sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben können. Wie weit seine Einschätzungsprärogative reicht, hängt von der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu verschaffen,und der Bedeutung der auf dem Spiele stehenden Rechtsgüter ab (BVerfGE 50, 290, 332 f; 77, 84, 106; jeweils mwN). Bei Berücksichtigung dieser Grenzen gerichtlicher Kontrollbefugnis genügt die angegriffene Regelung den Anforderungen, die in materiell-rechtlicher Hinsicht an eine Berufsausübungsregelung zu stellen sind.
In der Begründung des Regierungsentwurfs zum GSG (BT-Drucks 12/3608 S 72 und S 96 ff) werden die durch dieses Gesetz eingeführten Zulassungsbeschränkungen mit der bedrohlichen Ausgabenentwicklung bei den Krankenkassen gerechtfertigt, die die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung gefährde. Danach ist infolge des im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt weit überproportionalen Anwachsens der Leistungsausgaben der durchschnittliche Beitragssatz der Krankenkassen von 8,2 % im Jahr 1970 auf 12,6 % im Jahr 1992 gestiegen und würde nach Einschätzung des Gesetzgebers bei einem weiteren Anstieg die für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zumutbare Belastungsgrenze überschreiten. Ein wesentlicher Grund für die genannte Entwicklung wird in einem wachsenden Überangebot an Vertragsärzten und einer darauf zurückzuführenden Ausweitung des Volumens an erbrachten und veranlaßten Leistungen gesehen. Dementsprechend wird von einer Begrenzung der Arztzahlen eine nachhaltige Stabilisierung der Finanzgrundlagen der Krankenversicherung erwartet. Das gesetzgeberische Ziel, im Interesse des Gemeinwohls eine finanzielle Überforderung des ca 90 % der Bevölkerung erfassenden öffentlich-rechtlichen Krankenversicherungssystems zu verhindern und die Funktionsfähigkeit dieses Systems langfristig zu erhalten, rechtfertigt grundsätzlich auch weitreichende Eingriffe in die Berufsfreiheit, sofern diese zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet und erforderlich sowie den betroffenen Ärzten zumutbar sind (BVerfGE 68, 193, 218; 82, 209, 230).
Die Annahmen und Erwartungen, aus denen der Gesetzgeber eine drohende Gefährdung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung durch zu hohe und weiter steigende Arztzahlen herleitet, sind durch statistische Erhebungen und gesundheitsökonomische Analysen hinreichend belegt. Daß die Situation im Bereich der ambulanten ärztlichen Versorgung seit längerem durch ein wachsendes Überangebot an Vertragsärzten gekennzeichnet ist, entspricht allgemeiner Erkenntnis (vgl zB Heberer, ErsK 1984, 357; Fischer, ErsK 1986, 261; Schirmer, BKK 1987, 48; Lubecki, DOK 1989, 194; Jahresgutachten 1988 des Sachverständigenrats für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen [SVRKAiG], S 37 Ziff 71 ff, S 86 Ziff 253 ff). Die insoweit vom 14a-Senat des BSG im Vorlagebeschluß vom 16. Juni 1993 (S 14 f) geäußerten Zweifel beziehen sich auf den Sonderbereich der zahnärztlichen Versorgung, über den hier nicht zu befinden ist. Eine Überversorgung mit Vertragsärzten läßt sich allein an der in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 12/3608 S 96 f) dokumentierten Entwicklung der Arztzahlen seit der Freigabe der Kassenzulassung im Jahre 1960 ablesen. Die seinerzeit für die Versorgung der versicherten Bevölkerung als ausreichend angesehene Zahl von knapp 37.000 zugelassenen Kassenärzten (Vertragsärzten) hat sich danach in den alten Bundesländern bei nur wenig gestiegener und seit 1970 weitgehend stagnierender Bevölkerungszahl auf über 74.000 im Jahre 1991 mehr als verdoppelt. Die Schätzungen der Bundesregierung gehen dahin, daß sie bis zum Inkrafttreten der Bedarfszulassung im Jahre 1999 nochmals um 30 % ansteigen wird. Bereits 1983 bestanden - gemessen an den Vorgaben der Bedarfsplanung -in einzelnen Fachbereichen und generell in größeren Städten und Ballungsgebieten erhebliche Überkapazitäten (vgl Wannagat/Gitter, Zur Gefährdung der Beitragsstabilität und der sachgerechten kassenärztlichen Versorgung durch steigende Arztzahlen, Rechtsgutachten 1985, S 69 ff). Der in den Bedarfsplanungsrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 9. März 1993 (BAnz Nr 110a vom 18. Juni 1993) - nunmehr auf der Grundlage der durchschnittlichen Niederlassungsdichte des Jahres 1990 - als bedarfsgerecht ausgewiesene Versorgungsgrad war Mitte 1993 nach den Feststellungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (Deutsches Ärzteblatt 1993, C-1680 ff) in der alten Bundesrepublik bei allen Arztgruppen in mehr als der Hälfte, bei einzelnen Fachgruppen in bis zu zwei Dritteln der Planungsbereiche um mehr als 10 % überschritten. Auch in den neuen Bundesländern waren zu diesem Zeitpunkt für die meisten Arztgruppen bereits mehr als 50 % der Planungsbereiche wegen Überversorgung gesperrt.
Weitgehend unbestritten ist auch die Tatsache, daß neben anderen kostenwirksamen Faktoren, wie dem medizinischen Fortschritt, der demographischen Entwicklung und der Überalterung der Bevölkerung sowie einer gestiegenen und weiter steigenden Nachfrage nach Gesundheitsleistungen, vor allem die stetige Zunahme der Ärztezahl für den unverhältnismäßigen Anstieg der Gesundheitsausgaben ursächlich ist. Vergleiche zwischen Krankenkassenbezirken mit unterschiedlicher Arztdichte zeigen, daß die Leistungsausgaben pro Versicherten um so höher liegen, je mehr Ärzte eine gleiche Zahl von Versicherten zu versorgen haben (BT-Drucks 12/3608 S 98). Dieser Sachverhalt kann nicht, jedenfalls nicht allein,durch einen entsprechend höheren, objektiv bestimmbaren Bedarf an zusätzlichen ärztlichen Leistungen, sondern nur damit erklärt werden, daß Ärzte in überversorgten Gebieten bestrebt sind, die infolge geringerer Patientenzahlen je Arzt drohenden Einkommenseinbußen durch eine Ausweitung ihres Leistungsvolumens auszugleichen. Die dabei wirksamen Mechanismen, die mit dem Begriff der "anbieterinduzierten Nachfrage" umschrieben werden, sind in zahlreichen Untersuchungen herausgearbeitet worden (vgl die Nachweise bei Schirmer, BKK 1987, 48, 50; SVRKAiG 1992, S 51 Ziff 53, 54; Endbericht der Enquête-Kommission "Strukturreform der gesetzlichen Krankenversicherung" des 11. Deutschen Bundestages, Bd 1, S 126 Ziff 83, 84). Sie bewirken eine erhebliche Verteuerung der medizinischen Versorgung, ohne daß dem ein entsprechender gesundheitlicher Nutzen gegenüberstünde. Daß eine Begrenzung der Zahl der Vertragsärzte entscheidend dazu beitragen kann und mithin geeignet ist, den als untragbar angesehenen Ausgabenzuwachs in der gesetzlichen Krankenversicherung einzudämmen, liegt angesichts dieser Zusammenhänge auf der Hand und wird, soweit ersichtlich, in der Diskussion über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der durch das GSG eingeführten Zulassungsbeschränkungen nicht ernsthaft in Zweifel gezogen.
Auch die Erwägungen, mit denen der Gesetzgeber allgemein die Erforderlichkeit solcher Beschränkungen zur Abwehr der die finanzielle Stabilität der Krankenversicherung bedrohenden Gefahren begründet, sind nachvollziehbar und lassen keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erkennen. Ein Grundrechtseingriff ist erforderlich, wenn ein weniger einschneidendes, aber zur Erreichung des angestrebten Zwecks ebenso taugliches Mittel nicht zur Verfügung steht. Dies abzuschätzen bereitet bei Eingriffen in das Gesundheitssystem wegen der Vielzahl der auftretenden Wertungsprobleme und Prognoseunsicherheiten besondere Schwierigkeiten. Die vorgesehenen Maßnahmen und die in Frage kommenden Alternativen müssen hinsichtlich ihrer Durchsetzbarkeit und Wirksamkeit, aber auch hinsichtlich nachteiliger Nebenwirkungen beurteilt werden, die den angestrebten Nutzen aufheben oder sogar überwiegen können. Die diesbezüglichen Einschätzungen des Gesetzgebers beruhen auf Annahmen und Wahrscheinlichkeitsurteilen, deren Richtigkeit sich einer zuverlässigen Nachprüfung entzieht. Bei dieser Sachlage muß es genügen, wenn die vorgenommenen Wertungen hinreichend plausibel und hinsichtlich ihrer prognostischen Aussagen vertretbar sind. Dabei ist von Bedeutung, daß die Intensität des Grundrechtseingriffs bei der hier zu beurteilenden Zulassungsaltersgrenze deutlich geringer ist als bei den in § 95 Abs 7 und § 102 SGB V für die Zeit ab 1999 vorgesehenen allgemeinen Zulassungsbeschränkungen. Ob für diese weitreichenden Eingriffe ein strengerer Prüfungsmaßstab zu gelten hat, der dem Gesetzgeber die Darlegungs- und Beweisführungslast für die Erforderlichkeit seiner Maßnahmen auferlegt, braucht nicht entschieden zu werden und wird deshalb vom Senat ausdrücklich offen gelassen.
Auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen mußte der Gesetzgeber nicht davon ausgehen, daß es möglich sein werde, das angestrebte Ziel einer nachhaltigen und dauerhaften Kostenbegrenzung im Gesundheitswesen auf einfachere, gleich wirksame, aber die Grundrechte weniger fühlbar einschränkende Weise als mit dem von ihm gewählten Mittel der Zulassungsbeschränkung zu erreichen. Von den im Regierungsentwurf des GSG und in der Literatur diskutierten Handlungsalternativen erfüllt keine diese Anforderungen so eindeutig, daß ihr von Verfassungs wegen der Vorzug gegeben werden müßte.
Versuche, die Ausgabendynamik im Gesundheitswesen durch Veränderungen im Vergütungssystem der Ärzte einzudämmen, haben sich in der Praxis bereits als langfristig wirkungslos erwiesen. Zwar ist es möglich, über eine Pauschalierung der Gesamtvergütung die von den Krankenkassen insgesamt für ärztliche Leistungen aufzuwendende Honorarsumme zu begrenzen. Dadurch wird aber nicht verhindert, sondern wegen des sich verschärfenden Wettbewerbs sogar gefördert, daß sich der Umfang der veranlaßten Leistungen, die im Durchschnitt Ausgaben in Höhe des Vierfachen der Arzthonorare verursachen, über das medizinisch gebotene Maß hinaus erhöht. Die seit 1987 praktizierte globale Begrenzung der Gesamtvergütungen hat deshalb auch nicht zu einer anhaltenden finanziellen Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung geführt.
Abhilfe könnte allenfalls von einer umfassenden und dauerhaften Budgetierung sämtlicher Ausgaben für die ambulante ärztliche Versorgung erwartet werden, wie sie derzeit für die ärztlichen Vergütungen und die Arznei-, Verband- und Heilmittelausgaben vom Gesetz vorgeschrieben ist (§§ 84, 85 Abs 3a SGB V). Dagegen wird jedoch eingewandt, eine strikte Budgetierung werde mittel- und langfristig erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das Behandlungsverhalten der Ärzte und die Qualität der medizinischen Versorgung haben. Bei limitiertem Ausgabenvolumen, aber steigender Arztzahl komme es zwangsläufig zu einem scharfen Verteilungswettbewerb. Ärzte könnten dann versucht sein, einerseits Patienten durch medizinisch nicht indizierte Gefälligkeitsleistungen an sich zu binden und andererseits durch eine unbegründete Ausweitung der Leistungsmenge ihren Anteil an der begrenzten Honorarsumme zu erhöhen. Die Folge seien Verwerfungen und Ungleichgewichte zwischen den Ärzten und Arztgruppen sowie eine vermehrte und zweckwidrige Ausrichtung des Behandlungsverhaltens an ökonomischen Gesichtspunkten statt an Behandlungsnotwendigkeiten (BT-Drucks 12/3608 S 98 f; Balzer, DOK 1993, 21, 22). Zum anderen könne der infolge des medizinischen und medizintechnischen Fortschritts und der steigenden Lebenserwartung objektiv wachsende Behandlungsbedarf nicht mehr in vollem Umfang befriedigt werden, so daß es langfristig zu Qualitätseinbußen und einer Abkoppelung der vertragsärztlichen Versorgung von der medizinischen Entwicklung kommen müsse (Fuchs, Kostendämpfung und ärztlicher Standard, MedR 1993, 323 ff mit weiteren Literaturhinweisen; vgl auch Hess, KassKomm § 85 SGB V Rdn 21; Endbericht der Enquête-Kommission aaO, Bd 2, S 86 f Ziff 4.2.2.3). Der Gesetzgeber selbst hat aufgrund dieser Befürchtungen das Einfrieren der ärztlichen Vergütungen lediglich als eine vorübergehende Notmaßnahme angesehen und die Budgetierung auf eine Übergangszeit bis einschließlich 1995 befristet (dazu BT-Drucks 12/3608 S 69). Es kann nicht als unvertretbar beanstandet werden, wenn er mit Blick auf die dargestellten schädlichen Auswirkungen in der Budgetierung keine auf lange Sicht brauchbare Alternative zu einer Begrenzung der Arztzahlen gesehen hat.
Mit überzeugenden Gründen ist weiter dargelegt worden, daß eine Verschärfung der in der gesetzlichen Krankenversicherung praktizierten Wirtschaftlichkeitsprüfungen kein für eine Kostenbegrenzung taugliches Mittel darstellt (BT-Drucks 12/3608 S 99; von Maydell/Pietzcker, aaO, S 64 ff). Die in § 106 SGB V als gesetzlicher Regelfall vorgesehene und in der Praxis nahezu ausschließlich angewandte Prüfung nach Durchschnittswerten vermag nur individuelle Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot aufzudecken und ist zudem auf die Erfassung gröberer Unwirtschaftlichkeiten beschränkt. Steigt bei wachsender Arztzahl das Leistungs- und Verordnungsvolumen der Ärzte generell an, bleibt eine statistische Prüfung ohne nachhaltige Wirkung in bezug auf den Anstieg der Gesamtausgaben der Krankenkassen. An diesem der Methode selbst anhaftenden Mangel kann eine Verschärfung und Intensivierung der Prüfung nichts ändern. Die daneben bestehende Möglichkeit der Einzelfallprüfung der Behandlungs- und Verordnungsweise kommt schon wegen des damit verbundenen Ermittlungsaufwandes nur in wenigen, besonders gelagerten Fällen in Betracht und kann deshalb die gewünschte Wirkung ebenfalls nicht entfalten; damit scheiden auch die in § 106 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB V vorgesehenen Stichprobenprüfungen als geeignetes Steuerungsinstrument aus.
§ 25 Satz 1 Ärzte-ZV ist schließlich für die betroffenen Ärzte auch im engeren Sinne verhältnismäßig. Bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs in die Berufsfreiheit und dem Gewicht des öffentlichen Interesses an der Erhaltung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung ist in Rechnung zu stellen, daß die Zulassungssperre ab dem 55. Lebensjahr bei Ausklammerung der Härtefälle nur solche Ärzte trifft, die zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes nicht mehr auf die Kassenzulassung angewiesen sind. Anders als den von der Höchstaltersgrenze des § 95 Abs 7 SGB V ab 1. Januar 1999 betroffenen Vertragsärzten wird ihnen auch nicht von Gesetzes wegen die Fortführung ihres bisherigen Berufs, sondern lediglich die Möglichkeit verwehrt, in fortgeschrittenem Alter und bei gesicherter Existenz eine bestimmte Berufstätigkeit neu aufzunehmen. Das Anliegen, weiterhin mit den erworbenen Kenntnissen und Erfahrungen am Berufsleben teilnehmen zu können, ist auch bei dieser Personengruppe keinesfalls gering zu achten, hat aber bei der Interessenabwägung nicht das gleiche Gewicht wie eine objektive Zulassungsbeschränkung für Berufsanfänger. Die Grenzen der Zumutbarkeit sind deshalb bei der Zulassungssperre des § 25 Satz 1 Ärzte-ZV gewahrt.
Obgleich der erkennende Senat die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Altersgrenze des § 25 Satz 1 Ärzte-ZV damit anders beurteilt als der 14a-Senat des BSG für die gleichlautende Vorschrift des § 25 Abs 1 Zahnärzte-ZV, war ihm eine Vorlage an den Großen Senat des BSG verwehrt. Denn über die Verfassungsmäßigkeit einer nachkonstitutionellen gesetzlichen Vorschrift kann als Hauptfrage nur vom BVerfG, nicht aber vom Großen Senat entschieden werden (BVerfGE 6, 222; BVerwG DVBl 1975, 822).
Der Kläger kann auch nicht abweichend von der Regel des § 25 Satz 1 Ärzte-ZV nach Satz 2 der Vorschrift zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden. Einen Ausnahmefall iS des § 25 Satz 2 Ärzte-ZV hat das SG im Ergebnis zu Recht verneint. Die dazu angestellten Erwägungen sind allerdings nicht frei von Rechtsirrtum.
Das SG hat aus der Formulierung des § 25 Satz 2 Ärzte-ZV als Kannbestimmung gefolgert, daß die Zulassung in Härtefällen im Ermessen der Zulassungsgremien stehe und der vorgeschaltete unbestimmte Rechtsbegriff der unbilligen Härte nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Ermessensausübung beschreibe, sondern lediglich Inhalt und Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens näher bestimme. In Anlehnung an die Rechtsprechung zu vergleichbaren Koppelungsvorschriften in verschiedenen Gesetzen (GmS-OGB NJW 1972, 1411 = DVBl 1972, 604 zu § 131 Abs 1 Satz 1 AO; BSGE 34, 269, 270 f = SozR Nr 1 zu § 602 RVO; BSG SozR 4100 § 23 Nr 1 zu § 23 Abs 1 Satz 1 AFG) hat es angenommen, daß damit über das Vorliegen eines Härtefalles allein die Zulassungsgremien befinden und das Gericht den Bescheid lediglich auf Ermessensfehler zu überprüfen habe. Dieser rechtlichen Sichtweise kann nicht beigepflichtet werden. Die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung entscheidet im Ergebnis darüber, ob der Betroffene seinen Beruf als freipraktizierender Arzt ausüben kann oder nicht. Die Bestimmung des Berufszugangs kann aber grundsätzlich nicht in das Ermessen der darüber befindenden Verwaltungsbehörde gestellt werden. Zwar schließt Art 19 Abs 4 GG auch bei grundrechtsbeschränkenden Normen die Eröffnung von Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräumen der Verwaltung nicht von vornherein aus, doch müssen sie hier auf das aus Sachgründen unerläßliche Maß beschränkt werden. Namentlich bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen muß im Rahmen des Möglichen eine umfassende gerichtliche Überprüfung des Verwaltungshandelns gewährleistet werden (BVerfGE 84, 34, 53 ff; 86, 28, 40 f; BVerfG DVBl 1993, 485, 488 ff mit Anm Goerlich). Die Kannbestimmung in § 25 Satz 2 Ärzte-ZV ist vor diesem Hintergrund nicht als Ermessensvorschrift, sondern als bloße Befugnisnorm zu verstehen. Sie besagt, daß es dem Zulassungsausschuß erlaubt ist, in Fällen einer unbilligen Härte von dem Zulassungsverbot des Satzes 1 Ausnahmen zu machen, billigt ihm jedoch insoweit keinen eigenen Entscheidungsspielraum zu. Liegt eine unbillige Härte vor, so steht es nicht in seinem Ermessen, ob er daraus Konsequenzen ziehen will; er muß dann die Zulassung erteilen. Als Anspruchsvoraussetzung auf der Tatbestandsseite der Norm unterliegt der unbestimmte Rechtsbegriff der unbilligen Härte der vollen gerichtlichen Nachprüfung. Den Zulassungsinstanzen ist insoweit auch kein gerichtsfreier Beurteilungsspielraum zuzubilligen, denn es geht im wesentlichen um eine Bewertung der persönlichen Verhältnisse des antragstellenden Arztes und damit nicht um Fragen, deren Beantwortung der Verordnungsgeber erkennbar der speziellen Sachkenntnis oder der höchstpersönlichen Einschätzung der Mitglieder der Zulassungs- und Berufungsausschüsse überlassen wollte.
Was unter dem Begriff der unbilligen Härte zu verstehen ist, kann nur aus dem Gesamtzusammenhang und dem Zweck des § 25 Ärzte-ZV erschlossen werden. In der Begründung des Regierungsentwurfs zum GRG (BT-Drucks 11/2237 S 195 zu § 106 Abs 2) wird die Einführung der Altersgrenze von 55 Jahren damit gerechtfertigt, daß einerseits der Zustrom älterer Ärzte die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährde, andererseits der betroffene Personenkreis ein abgeschlossenes vollständiges Berufsleben hinter sich habe und deshalb, von Ausnahmen abgesehen, auf eine Kassenzulassung nicht mehr angewiesen sei. Wo ausnahmsweise ein berechtigtes Interesse an der Teilnahme bestehe, - als Beispiele werden Aussiedler und Ärzte aus der DDR sowie Ärzte, die aus dem Krankenhaus ausscheiden müssen, genannt -, bleibe die Möglichkeit einer Zulassung aufgrund der Härteklausel erhalten. Aus diesen Erwägungen wird deutlich, daß entgegen dem Revisionsvorbringen nicht etwa schon die Unmöglichkeit, außerhalb der vertragsärztlichen Tätigkeit eine der persönlichen Selbstverwirklichung dienende berufliche Betätigung zu finden, eine unbillige Härte begründen kann, zumal dann die Regelung weitgehend leerliefe. Auch die Tatsache, daß der Kläger vor Erreichen der vertraglich vereinbarten Altersgrenze von 65 Jahren aus dem Krankenhaus ausscheiden mußte, kann für sich alleine die Anwendung der Härteklausel nicht rechtfertigen. Der Senat stimmt der Überlegung des 14a-Senats des BSG in dem bereits erwähnten Vorlagebeschluß vom 16. Juni 1993 zu, daß dies nicht geschehen könnte, ohne gegen den Wortsinn der Vorschrift und den gesetzgeberischen Willen zu verstoßen, nur in Ausnahmefällen eine Zulassung jenseits des 55. Lebensjahres zu ermöglichen. Im Hinblick auf die im Gesetzentwurf begründete Annahme, daß bei Erreichen dieser Altersgrenze von einem im wesentlichen abgeschlossenen Berufsleben auszugehen sei, so daß kein Bedürfnis für eine Kassenzulassung mehr bestehe, können mit den dort erwähnten Ärzten, die aus dem Krankenhaus ausscheiden, nur solche ehemaligen Krankenhausärzte gemeint sein, die aus wirtschaftlichen Gründen weiterhin zwingend auf eine Erwerbstätigkeit angewiesen sind. Letzteres ist beim Kläger, der nach den Feststellungen des SG im Alter von 60 Jahren in geordneten Vermögensverhältnissen und mit einer gesicherten Altersversorgung aus dem Krankenhaus ausgeschieden ist und als Ausgleich für den mit der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses verbundenen Einkommensverlust eine Abfindung von 500.000,-- DM erhalten hat, ersichtlich nicht der Fall.
Eine Ausnahme von dem Zulassungsverbot des § 25 Satz 1 Ärzte-ZV kann entgegen der Ansicht der Revision auch nicht mit der Behauptung verlangt werden, die Zulassung des Klägers sei zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erforderlich. Das Gesetz sieht, wie sich aus dem Wortlaut des § 98 Abs 2 Nr 12 SGB V in Verbindung mit der differenzierenden Regelung in § 25 Satz 2 Ärzte-ZV einerseits und § 31 Abs 9 Ärzte-ZV andererseits ergibt, für einen solchen Fall nur die Möglichkeit einer Ermächtigung vor. Ein etwaiger Ermächtigungsanspruch des Klägers, über den die Beigeladene zu 5) mit Bescheid vom 8. Juli 1991 entschieden hat, ist nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis 31. Dezember 1992 geltenden, hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSGE 72, 148, 156 ff = SozR 3-2500 § 15 Nr 1).BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen