Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld. Irrtum über die Kündigungsfrist
Leitsatz (amtlich)
Vom Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach § 117 Abs 2 AFG sind nicht die Fälle ausgenommen, in denen die Partner des Arbeitsverhältnisses irrtümlich von einer kürzeren als der von Rechts wegen richtigen ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers ausgegangen sind.
Orientierungssatz
§ 117 Abs 2 AFG enthält die unwiderlegliche Vermutung, daß Abfindungen, Entschädigungen und ähnliche Leistungen, die wegen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt werden, in einem bestimmten, durch § 117 Abs 3 AFG pauschalierten Umfang Arbeitsentgelt enthalten (vgl BSG vom 21.5.1980 - 7 RAr 81/79 = BSGE 50, 121, 125 = SozR 4100 § 117 Nr 3).
Normenkette
AFG § 117 Abs. 2-3
Verfahrensgang
SG Stade (Entscheidung vom 09.03.1987; Aktenzeichen S 6 Ar 276/85) |
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 28.07.1988; Aktenzeichen L 10 Ar 98/87) |
Tatbestand
Der 1939 geborene Kläger begehrt Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 24. August bis 8. Oktober 1984.
Der Kläger war seit Mai 1970 - zuletzt als Kraftfahrer - beim Bundesminister für Innerdeutsche Beziehungen beschäftigt. Für sein Arbeitsverhältnis galten die Vorschriften des Manteltarifvertrages für Arbeiter des Bundes (MTB II). Mit Schreiben vom 10. Februar 1984, beim Kläger eingegangen am 14. Februar 1984, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis wegen Erkrankung des Klägers gemäß § 57 MTB II "fristgemäß" zum 30. Juni 1984. Im anschließenden Kündigungsschutzprozeß berief sich der Kläger auf die fehlende erforderliche Zustimmung der Hauptfürsorgestelle, da er zwischenzeitlich als Schwerbehinderter anerkannt worden war. Die Arbeitsvertragsparteien einigten sich im Mai 1984 zur Beendigung des Kündigungsschutzprozesses dahin, daß der Kläger nach den §§ 9, 10 des Kündigungsschutzgesetzes am 30. Juni 1984 gegen Zahlung einer Abfindung von 12.000,-- DM für den Verlust des Arbeitsplatzes aus dem Ministerium ausschied. Außerdem wurde ihm wegen des in den Jahren 1983/1984 zustehenden und noch nicht verbrauchten Urlaubs von 39 Tagen durch das Arbeitsgericht eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 6.179,55 DM brutto zuerkannt.
Am 2. Juli 1984 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Alg. Dieses wurde ihm von der Beklagten ab 1. Oktober 1984 zunächst vorschußweise und später endgültig nach Maßgabe des § 117 Abs 4 Satz 1 AFG, solange der Kläger Leistungen aus seinem früheren Arbeitsverhältnis noch nicht erhalten hatte, gewährt. Im Januar 1985 teilte der Arbeitgeber des Klägers dem Arbeitsamt mit, daß bei Kündigung und Vergleichsabschluß im Mai 1984 davon ausgegangen worden sei, im Falle des Klägers gelte eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Quartalsschluß. Nach der ab 1. Juli 1983 geltenden Fassung des § 57 MTB II betrage die Kündigungsfrist jedoch bei einer zwölfjährigen Beschäftigung des Arbeitnehmers sechs Monate zum Ende des Kalendervierteljahres.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 3. April 1985 den Antrag des Klägers auf Alg für die Zeit vom 2. Juli bis 8. Oktober 1984 unter Hinweis auf § 117 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ab. Mit Schreiben vom 17. April 1985 teilte die Beklagte dem Kläger ua mit, nach § 117 Abs 1 AFG ruhe der Anspruch auf Alg bzw Arbeitslosenhilfe so lange, wie noch Arbeitsentgelt gezahlt werde. In seinem Falle müsse der Anspruch auf Leistungen für die Zeit vom 1. bis 8. Oktober 1984 "ruhend gesetzt und gemäß § 48 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - (SGB 10) entzogen werden". In Höhe der während dieser Zeit gezahlten Leistungen - 231,70 DM - sei der Anspruch auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis auf die Beklagte übergegangen. Der Arbeitgeber sei verpflichtet, diesen Betrag an die Beklagte zu zahlen und ihn von den dem Kläger zustehenden Bezügen abzusetzen. Der vom Kläger gegen den Bescheid vom 3. April 1985 und das Schreiben vom 17. April 1985 eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 21. August 1985 zurückgewiesen: Da das Arbeitsverhältnis des Klägers ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 30. Juni 1984 einvernehmlich beendet worden sei, bringe die aus diesem Anlaß gezahlte Abfindung nach Maßgabe des § 117 Abs 2 und Abs 3 AFG das Alg teilweise zum Ruhen. Entsprechendes gelte für die Zeit der Urlaubsabgeltung (§ 117 Abs 1a AFG). Dies führe dazu, daß 50 % der Abfindung (6.000,-- DM) auf den Alg-Anspruch anzurechnen seien, so daß das Alg für 46 Tage ruhe. Hinzu komme die Zeit des abgegoltenen Urlaubs von 54 Kalendertagen. Der Beginn des Alg habe daher um 100 Kalendertage hinausgeschoben werden müssen, dh bis zum 8. Oktober 1984. In Höhe des für die Zeit vom 1. bis 8. Oktober 1984 gezahlten Alg von 231,70 DM sei der Anspruch des Klägers auf Urlaubsabgeltung auf die Bundesanstalt übergegangen und bereits vom früheren Arbeitgeber erstattet worden.
Mit seiner Klage hat sich der Kläger lediglich dagegen gewandt, daß ihm die Beklagte für die Zeit vom 24. August bis 8. Oktober 1984 die Zahlung von Alg verwehrt und die Bewilligung des für die Zeit vom 1. bis 8. Oktober 1984 gewährten Alg aufgehoben hat. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen (Urteil vom 9. März 1987).
Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 28. Juli 1988 das erstinstanzliche Urteil und den "Rückforderungsbescheid" vom 17. April 1985 aufgehoben, den Bescheid vom 3. April 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 1985 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 24. August bis 30. September 1984 Alg zu zahlen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Beklagte habe für die Zeit vom 24. August bis 8. Oktober 1984 zu Unrecht das Ruhen von Alg nach § 117 Abs 2 AFG festgestellt. Die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bestehende unwiderlegbare Vermutung, daß jede wegen vorzeitiger Arbeitsaufgabe vereinbarte Abfindung auch teilweise Entgeltcharakter habe, könne nicht losgelöst von den Vorstellungen der Vertragsschließenden gelten. Nur wenn diese unter Mißachtung der gesetzlichen Ruhensfolge dem Arbeitnehmer leistungsrechtlich Vorteile in der Arbeitslosenversicherung verschaffen wollten, sei ihr dahingehender Wille unbeachtlich. Gingen aber beide Parteien des Arbeitsverhältnisses nachweisbar übereinstimmend bei Festlegung der Abfindung von einer kürzeren als der gesetzlich oder tarifvertraglich bestimmten Kündigungsfrist aus und hielten sie diese einvernehmlich für gültig angesehene Frist auch ein, so habe die Zahlung der Abfindung keinerlei Entgeltcharakter. Ob die ordentliche Kündigungsfrist iS des § 117 Abs 2 Satz 1 AFG eingehalten worden sei, könne ohne genaue Kenntnis der zu dieser Abfindung führenden Willensbildung der Parteien nicht beantwortet werden. Insoweit gelte für die Kündigungsfrist die subjektive Beurteilung der Parteien, wenn diese von der geregelten Fristbestimmung abweiche. Die entgegengesetzte Gesetzesauslegung, die keine Rücksicht auf den Willen der Vertragsschließenden nehme, sei auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil sie zu einer nicht beabsichtigten Benachteiligung des Arbeitnehmers führen könne. Das zeige der hier zu beurteilende Fall. Der Kläger habe nach den §§ 65, 66 MTB II aufgrund seines langjährigen Beschäftigungsverhältnisses beim Ministerium unabhängig von den Umständen seines Ausscheidens mit einer erheblichen Übergangsgeldzahlung rechnen können. Dieser Rechtsanspruch habe vor seiner Kündigung bestanden und deshalb nicht zum Ruhen iS des § 117 Abs 2 AFG führen können. Er sei aber wegen der vom Kläger vereinbarten Abfindung entfallen. Hätte der Kläger gewußt, daß ihm nur ein Teil der Abfindung wirtschaftlich zugute kommen würde, hätte er verständlicherweise das Übergangsgeld gewählt und auf die Abfindung verzichtet. Der von den Parteien im Mai 1984 geschlossene Vergleich habe dementsprechend eine Abfindung vorgesehen, die keinen Entgeltcharakter habe. In Ziffer 2 werde die Zahlung von 12.000,-- DM deutlich als Entschädigung "für den Verlust des Arbeitsplatzes" bezeichnet. Hierbei seien die Beteiligten von einem fristgemäßen Ende des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 1984 ausgegangen. Eine Umgehung des § 117 Abs 2 AFG sei von den Vertragsschließenden nicht beabsichtigt worden. Das Arbeitsverhältnis sei nach allem bei verständiger Würdigung der beiderseitigen Willensbildung subjektiv unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist beendet worden. Ein Ruhen des Alg seit dem 24. August 1984 liege somit nicht vor. Demgemäß sei die Beklagte zur Zahlung von Alg für die Zeit vom 24. August bis 30. September 1984 zu verurteilen. Ein Leistungsausspruch für die Zeit vom 1. bis 8. Oktober 1984 sei nicht erforderlich gewesen, weil der Kläger insoweit bereits Alg erhalten habe, das er nunmehr endgültig behalten dürfe.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 117 Abs 2 und 3 AFG und des § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie trägt vor:
Das LSG hätte die auch im Berufungsverfahren aufrechterhaltene Klage auf Zahlung von Alg hinsichtlich des Zeitraums vom 1. bis 8. Oktober 1984 teilweise abweisen müssen, weil der Kläger sein Klageziel bereits mit der Anfechtungsklage habe erreichen können.
Das LSG verkenne im übrigen den Inhalt des § 117 Abs 2 AFG. Dieser stelle allein auf die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist und die Gewährung einer finanziellen Entschädigung ab. Obwohl dem Gesetzgeber bekannt gewesen sei, daß die Zahlung von Abfindungen wegen der Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowohl als Ersatz von Arbeitsentgelt als auch zur Entschädigung für den Verlust des sozialen Besitzstandes, des Arbeitsplatzes, erfolgen könne, habe er bewußt keine Prüfung des Charakters der jeweiligen konkreten Abfindung vorgesehen. Eine derartige Prüfung wäre wegen möglicher Abgrenzungsschwierigkeiten und Umgehungsversuche auch kaum praktikabel gewesen. Daher habe der Gesetzgeber eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes in pauschalierter Form in Abs 3 Satz 3 des § 117 AFG vorgesehen. Dem Gesetzgeber sei dabei sehr wohl bewußt gewesen, daß die auf objektive Voraussetzungen abstellende Regelung im Einzelfalle zu Härten führen könne. Er habe es dennoch bei dieser Regelung belassen. Auch Irrtümer über die Dauer einer gesetzlichen Kündigungsfrist zwischen Arbeitsvertragsparteien könnten daher nicht zu Lasten der Gemeinschaft der Versicherten gehen. Bei der Anwendung des § 117 Abs 2 AFG komme es allein auf das Vorhandensein objektiver Voraussetzungen an. Der Anspruch auf Alg solle nämlich grundsätzlich immer dann ruhen, wenn der Arbeitnehmer gegen Zahlung einer Abfindung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist des Arbeitgebers ausgeschieden ist. Daß die Voraussetzungen des § 117 Abs 2 AFG vorliegen, habe das LSG insoweit zutreffend festgestellt. Der Ruhensbescheid der Beklagten sei damit rechtmäßig.
Inwieweit das Schreiben der Beklagten vom 17. April 1985 überhaupt einen Verwaltungsakt darstelle, könne letztlich dahinstehen. Der ehemalige Arbeitgeber des Klägers habe den nach § 115 SGB 10 auf die Beklagte übergegangenen Anspruch inzwischen befriedigt, was dem Kläger bereits im Widerspruchsbescheid mitgeteilt worden sei. Das Schreiben vom 17. April 1985 beschwere ihn daher ohnehin nicht mehr.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. Juli 1988 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stade vom 9. März 1987 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Nach seiner Auffassung sei das LSG zutreffend davon ausgegangen, daß die nach der Rechtsprechung des BSG im Gesetz zum Ausdruck gebrachte unwiderlegbare Vermutung, jede wegen vorzeitiger Arbeitsaufgabe vereinbarte Abfindung habe auch teilweise Entgeltcharakter, nicht losgelöst von den Vorstellungen der Vertragsschließenden gelten könne. Der von den Parteien im Mai 1984 geschlossene Vergleich habe eine Abfindung vorgesehen, die keinen Entgeltcharakter habe, sondern eine Entschädigung für den Verlust eines sozialen Besitzstandes sei. Das LSG habe zudem zutreffend erkannt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nach der beiderseitigen Willensbildung subjektiv unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist beendet worden sei, so daß ein Ruhen des Alg nicht vorliege. Darüber hinaus habe der Kläger nach den §§ 65, 66 MTB II aufgrund seines Beschäftigungsverhältnisses im Ministerium mit einer erheblichen Übergangszahlung rechnen können. Unter Zugrundelegung des im Urteil des Arbeitsgerichts festgestellten Wochenlohns in Höhe von 792,28 DM hätte sich ein Übergangsgeld in Höhe von 11.091,92 DM ergeben. Dieser Rechtsanspruch habe vor der Kündigung bestanden und hätte nicht zum Ruhen führen können. Zwar sei das Übergangsgeld nicht gezahlt worden, weil der Anspruch wegen der vereinbarten Abfindung entfallen sei. Jedoch sei gedankennotwendig das Übergangsgeld in der vorbezeichneten Höhe bei der gezahlten Abfindungssumme von 12.000,-- DM mitenthalten. Diese Leistungen des Arbeitgebers müßten daher gewissermaßen als Surrogat anrechnungsfrei bleiben.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet, soweit sie sich gegen die Aufhebung des "Rückforderungsbescheides" vom 17. April 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 1985 wendet. Im übrigen ist die Revision im Sinne der Zurückverweisung an das LSG begründet.
Das Verfahren des LSG leidet weder an einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel noch an dem von der Beklagten gerügten Verstoß gegen § 123 SGG. Nach dieser Vorschrift entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. § 123 SGG könnte folglich nur dann verletzt sein, wenn das LSG dem Kläger mehr oder etwas anderes zugesprochen hätte, als dieser beantragt hat. Das ist jedoch selbst nach dem Vortrag der Beklagten nicht der Fall. Der Kläger hatte mit der Berufung ua beantragt, die Beklagte zur Zahlung von Alg für die Zeit vom 24. August bis 8. Oktober 1984 zu verurteilen. Über diesen Antrag ist das LSG nicht hinausgegangen, im Gegenteil. Es hat die Beklagte (nur) verurteilt, Alg für die Zeit vom 24. August bis 30. September 1984 zu zahlen. Mit ihrer Rüge beanstandet es die Beklagte denn auch nur, daß das LSG die Leistungsklage für die Zeit vom 1. bis 8. Oktober 1984 verfahrensfehlerhaft nicht abgewiesen habe. Das trifft im Ergebnis jedoch nicht zu. Zwar enthält der Tenor des Berufungsurteils insoweit keinen ausdrücklichen Ausspruch, der mit Rücksicht auf die Klageabweisung durch das SG dahin hätte lauten müssen, daß die Berufung der Klägerin im übrigen zurückgewiesen wird. Aus dem Umfang der Verurteilung einerseits und den Gründen des Urteils folgt jedoch unzweideutig, daß das LSG dem Leistungsantrag nur für die Zeit bis 30. September 1984 stattgegeben hat und stattgeben wollte, im übrigen nicht. Angesichts dessen ist das Fehlen einer ausdrücklichen Entscheidung des LSG über den Leistungsantrag des Klägers für die Zeit vom 1. bis 8. Oktober 1984 im Tenor des Urteils unerheblich.
Soweit die Beklagte die Kostenentscheidung rügt, hat sie keinen Verfahrensmangel bezeichnet, auf dem die Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 162 SGG). Im übrigen ist diese Kostenentscheidung im Rahmen der Hauptsachentscheidung ohnedies zu überprüfen.
Den Bescheid der Beklagten vom 17. April 1985 hat das LSG zu Recht aufgehoben; insoweit bleibt die Revision der Beklagten ohne Erfolg. Das vom LSG als "Rückforderungsbescheid" bezeichnete Schreiben vom 17. April 1985 ist ein Verwaltungsakt. In zulässiger Weise hat der Kläger hiergegen deshalb die Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 SGG erhoben (BSGE 39, 86, 87 = SozR 2200 § 628 Nr 1).
Nach § 31 SGB 10 ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Hier hat die Beklagte dem Kläger mit dem Schreiben vom 17. April 1985 erklärt, daß sein Anspruch auf Leistung (Alg) für die Zeit vom 1. bis 8. Oktober 1984 "ruhend gesetzt" und gemäß § 48 SGB 10 entzogen werden mußte. Diese Erklärung ist nur so zu verstehen, daß dem Kläger wegen des Ruhens der Leistung für den genannten Zeitraum kein Alg zugestanden habe, so daß ihm dieses deshalb entzogen wurde. Damit hat die Beklagte zur Regelung eines Einzelfalles eine Entscheidung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts getroffen. Diese Entscheidung war keine verwaltungsinterne Angelegenheit. Sie sollte vielmehr Rechtswirkung gegenüber dem Kläger haben und wurde ihm deshalb mitgeteilt. Das Schreiben der Beklagten vom 17. April 1985 erfüllt damit die rechtlichen Anforderungen an einen Verwaltungsakt.
Unzutreffend ist das LSG allerdings davon ausgegangen, dieser Bescheid sei ein Rückforderungsbescheid. Dem steht sein Regelungsinhalt entgegen, den der Senat nachprüfen kann. Anders als bei der Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des Vordergerichts (§ 163 SGG) ist das Revisionsgericht berechtigt, die Auslegung von öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen - insbesondere von Verwaltungsakten - frei vorzunehmen. Es handelt sich insoweit um die rechtliche Würdigung von Erklärungen und die richtige Anwendung von Auslegungsgrundsätzen (BSGE 48, 56, 58 = SozR 2200 § 368a Nr 5 mwN). Die Auslegung einer solchen Erklärung ist jedenfalls dann revisibel, wenn es sich um Bundesrecht handelt (§ 162 SGG). Hier handelt es sich um Bundesrecht. Es geht um die Gewährung bzw Ablehnung oder Rückforderung von Leistungen, also um bundesrechtliche Bestimmungen des SGB 10 (§ 1 Abs 1 SGB 10 iVm Art I § 1 SGB 1). Bei der Auslegung der getroffenen Regelungen ist davon auszugehen, daß es auf den zum Ausdruck gekommenen Willen der erklärenden Stelle ankommt, und zwar so, wie ihn der Empfänger verstehen mußte (BSGE 48, 56, 59 = SozR 2200 § 368a Nr 5). Hier konnte der Kläger als Adressat der Erklärung dem Regelungsinhalt des Bescheides vom 17. April 1985 nicht entnehmen, daß Leistungen zurückgefordert werden. Einen solchen Verfügungssatz enthält der Bescheid nicht. Er bestimmt vielmehr, daß der Anspruch auf Leistung für die Zeit vom 1. bis 8. Oktober 1984 "ruhend gesetzt" und die Leistung gemäß § 48 SGB 10 entzogen werden mußte. Das ist nur so zu verstehen, daß dem Kläger wegen des Ruhens der Leistungen für die Zeit vom 1. bis 8. Oktober 1984 kein Alg zugestanden habe und die Bewilligung der Leistung für diesen Zeitraum aufgehoben werde. Dafür spricht auch der Hinweis auf § 48 SGB 10, der als Rechtsfolge die Aufhebung von Verwaltungsakten vorsieht.
Der Bescheid vom 17. April 1985 ist rechtswidrig. Eine Aufhebung bzw Rücknahme der Bewilligung, wie sie durch den Bescheid erfolgt ist, wäre nur dann rechtmäßig, wenn die Gewährung der Leistung von Anfang an rechtswidrig war oder dies später geworden ist (vgl §§ 45, 48 SGB 10). Beides ist nicht der Fall. Das Alg ist dem Kläger in der Zeit vom 1. bis 8. Oktober 1984 im Wege der Gleichwohlgewährung gemäß § 117 Abs 4 AFG bewilligt worden. Nach dieser Vorschrift wird, soweit der Arbeitslose die in § 117 Abs 1 und 2 AFG genannten Leistungen nicht erhält, das Alg auch in der Ruhenszeit gewährt. Das bedeutet, daß die BA in Fällen dieser Art Alg von Gesetzes wegen zu gewähren hat und mit der Bewilligung einem bestehenden Rechtsanspruch nachkommt. Die Leistung nach § 117 Abs 4 AFG wird nicht vorbehaltlich einer Arbeitsentgeltzahlung, sondern endgültig gewährt. Die Gewährung bleibt rechtmäßig, auch wenn der Empfänger des Alg später das Arbeitsentgelt oder eine nach § 117 AFG an sich zum Ruhen des Anspruchs auf Alg führende Leistung erhält. Die Zahlung des Arbeitgebers wirkt nicht auf die Zeit der Gleichwohlleistung zurück (BSGE 60, 168, 172 = SozR 4100 § 117 Nr 16; SozR 4100 § 117 Nrn 18, 19, 20 und 23). Das Gesetz sieht nicht vor, daß die Alg-Bewilligung rückwirkend aufzuheben ist, sobald sich herausstellt, daß der Arbeitgeber der Beklagten die Aufwendungen für den Versicherungsfall erstattet hat. Selbst wenn die Beklagte vom Alg-Empfänger das Alg erstattet verlangt, weil das Arbeitsentgelt trotz des Übergangs des Anspruchs auf die Beklagte an den Arbeitslosen gelangt ist, setzt dies nicht die Aufhebung der Alg-Bewilligung voraus, wie der Senat zu dem früheren § 152 Abs 2 AFG (in der ursprünglichen, bis zum 31. Dezember 1980 geltenden Fassung des Gesetzes) entschieden hat (Urteil vom 20. Juni 1978 - 7/12/7 RAr 126/75 = DBlR der BA Nr 2360a zu § 152 AFG). Dies hat zur Folge, daß bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft ua auch die Dauer des bisherigen Anspruchs maßgebend ist (BSG SozR 4100 § 117 Nrn 20 und 22); denn nach § 110 Abs 1 Nr 1 Halbsatz 1 iVm § 117 Abs 4 Satz 1 wird die Dauer des Anspruchs auf Alg grundsätzlich auch um die Tage der Gleichwohlgewährung gekürzt. Aus Billigkeitsgründen entfällt lediglich von dem Zeitpunkt an, zu dem die Beklagte aus dem auf sie übergegangenen Arbeitsentgeltanspruch (hier Urlaubsabgeltungsanspruch) Ersatz für das gezahlte Alg erhalten hat, die eingetretene Minderung der Dauer des Anspruchs (BSGE 60, 168, 173 = SozR 4100 § 117 Nr 16; SozR 4117 Nrn 18, 2, 22 und 23). Dies hat zur Folge, daß der Kläger durch den Bescheid vom 17. April 1985 entgegen der Auffassung der Beklagten beschwert bleibt. Würde der Aufhebungsbescheid bestandskräftig werden, wäre davon auszugehen, daß der Kläger keinen Anspruch auf Alg gehabt hätte. Er liefe dann Gefahr, zur Erstattung herangezogen zu werden. Die Entscheidung des LSG, ihn zu beseitigen, ist mithin nicht zu beanstanden.
Soweit die Beklagte sich gegen die Aufhebung ihres Bescheides vom 3. April 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 1985 sowie ihre Verurteilung zur Alg-Zahlung für die Zeit vom 24. August bis 30. September 1984 wendet, ist ihre Revision im Sinne der Zurückverweisung an das LSG begründet. Es fehlen ausreichende Feststellungen für eine abschließende Entscheidung darüber, ob und ggf in welchem Umfang der Bescheid vom 3. April 1985, durch den die Beklagte den Antrag des Klägers auf Alg ua für den oa Zeitraum abgelehnt hat, rechtmäßig ist oder nicht.
Zunächst gilt dies schon für die Auswirkungen, die sich aus der dem Kläger ausgezahlten Urlaubsabgeltung ergeben können. Nach § 117 Abs 1a (idF des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes -AFKG- vom 22. Dezember 1981 - BGBl I 1497) ruht der Anspruch auf Alg für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen hat (Satz 1). Der Ruhenszeitraum beginnt mit dem Ende des die Urlaubsabgeltung begründenden Arbeitsverhältnisses (Satz 2). Im Fall des Ruhens auch wegen einer Abfindung gem § 117 Abs 2 AFG verlängert sich der Ruhenszeitraum nach Abs 2 Satz 1 um die Zeit des abgegoltenen Urlaubs (§ 117 Abs 2 Satz 5 AFG). Kommen in einem Leistungsfall zugleich Ruhenswirkungen als Folge von Urlaubsabgeltung und Abfindung in Betracht, sind beim Streit um die Rechtmäßigkeit eines aus diesen Gründen Leistungen ablehnenden Verwaltungsakts folglich die Rechtsfolgen aus § 117 Abs 1a und Abs 2 AFG konkret festzustellen.
Im vorliegenden Fall ist zwar dem Grunde nach davon auszugehen, daß die dem Kläger zugeflossene Urlaubsabgeltung die Rechtsfolge aus § 117 Abs 1a AFG ausgelöst hat. Die Feststellungen des LSG ergeben jedoch nicht, in welchem Umfang dies der Fall war. Dasselbe gilt für die Auswirkungen der dem Kläger zugebilligten Abfindung auf seinen Alg-Anspruch. Diese Feststellungen sind nicht entbehrlich; denn entgegen der Auffassung des LSG handelt es sich bei der Abfindung um eine Leistung des Arbeitgebers iS von § 117 Abs 2 AFG, die folglich den streitigen Alg-Anspruch mit der Rechtsfolge des Ruhens belastet.
Nach § 117 Abs 2 Satz 1 AFG in der hier maßgeblichen Fassung des 4. AFG-ÄndG vom 12. Dezember 1977 (BGBl I 2557) ruht der Anspruch auf Alg vom Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem es bei Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden wäre, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ua eine Abfindung erhalten hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist. Nach § 117 Abs 2 Satz 2 AFG beginnt diese Frist mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist, bei Fehlen einer solchen Kündigung mit dem Tage der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die letztere Alternative scheidet hier aus.
Die Abfindung von 12.000,-- DM hat der Kläger iS von § 117 Abs 2 Satz 1 AFG wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten, wie nach den Feststellungen des LSG nicht zweifelhaft ist. Das Arbeitsverhältnis ist ferner ohne Einhaltung der der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden.
Für den Beginn dieser Frist ist vom 14. Februar 1984 auszugehen, dem Zugang des Schreibens vom 10. Februar 1984, durch das der bisherige Arbeitgeber dem Kläger zum 30. Juni 1984 gekündigt hat. Diese Kündigung ist der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen. Dabei ist es für die Beurteilung nach § 117 Abs 2 Satz 2 AFG unerheblich, ob die Kündigung rechtmäßig war. Dies folgt schon daraus, daß auch eine rechtswidrige Kündigung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen kann, wenn sie nicht angefochten wird (SozR 4100 § 117 Nr 25). Daß die Kündigung selbst den Rechtsgrund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgibt, ist nicht geboten. Erforderlich ist lediglich, daß sie Anlaß für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses war. Insoweit muß allerdings, wie der Senat bereits entschieden hat (SozR 4100 § 117 Nr 25), ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Das ist hier nicht zweifelhaft. Die Kündigung des Arbeitgebers hat den Kündigungsschutzprozeß ausgelöst. Um diesen zu beenden, haben die Beteiligten den außergerichtlichen Vergleich vom Mai 1984 geschlossen. Infolgedessen ist davon auszugehen, daß die Frist des § 117 Abs 2 Satz 2 AFG mit dieser Kündigung beginnt und mit dem Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers endet. Gründe für eine berechtigte Kündigung aus wichtigem Grund liegen hier nicht vor, so daß eine entsprechende Begrenzung des Ruhenszeitraums iS von § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG ausscheidet.
Die von dem bisherigen Arbeitgeber vorgenommene Auflösung des Arbeitsverhältnisses erfolgte ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers iS von § 117 Abs 2 Satz 1 AFG. Wie das LSG festgestellt hat, fanden auf das Arbeitsverhältnis des Klägers die Vorschriften des MTB II Anwendung. Nach § 57 Abs 1 MTB II idF vom 1. Juli 1983 beträgt die Kündigungsfrist für beide Teile nach einer Beschäftigungszeit von mindestens 12 Jahren, wie sie beim Kläger vorlag, sechs Monate zum Schluß eines Kalendervierteljahres. Das bedeutet, daß der frühere Arbeitgeber des Klägers bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist das Arbeitsverhältnis am 10. Februar 1984 von Rechts wegen erst zum 30. September 1984 kündigen konnte. Da die Abfindung dem Kläger wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingeräumt wurde, hat dies zur Folge, daß der Anspruch auf Alg nach den Regelungen des § 117 Abs 2 und 3 AFG ruht.
Die Rechtsfolge des Ruhens eines Alg-Anspruchs nach § 117 Abs 2, 3 AFG wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Parteien des Arbeitsverhältnisses subjektiv davon ausgegangen sind, eine gewährte Abfindung besitze keinen Entgeltcharakter. Entgegen der Auffassung des LSG kommt es deshalb nicht darauf an, daß der Kläger und sein bisheriger Arbeitgeber bei Festlegung der Abfindung übereinstimmend - irrtümlich - von einer kürzeren als der gesetzlichen oder tariflichen Kündigungsfrist ausgegangen sind und diese einvernehmlich für gültig angesehene Frist auch eingehalten haben; ebensowenig ist von Bedeutung, wie die Beteiligten den Zweck oder die Ursache der Abfindung in ihrer Vereinbarung bezeichnet haben und ob sie dadurch die Rechtsfolgen aus § 117 Abs 2, 3 AFG umgehen wollten oder nicht. Wie das LSG nicht verkannt hat, enthält § 117 Abs 2 AFG die unwiderlegliche Vermutung, daß Abfindungen, Entschädigungen und ähnliche Leistungen, die wegen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt werden, in einem bestimmten, durch § 117 Abs 3 AFG pauschalierten Umfang Arbeitsentgelt enthalten (BSGE 50, 121, 125 = SozR 4100 § 117 Nr 3). Zur Auslegung des § 117 Abs 2 AFG ist ferner der Grundsatz aus Abs 1 heranzuziehen, wonach der Anspruch auf Alg in der Zeit ruht, in der der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat (BSGE 46, 20, 29 = SozR 4100 § 117 Nr 2). Der Senat hat in seiner Rechtsprechung stets darauf hingewiesen, daß das Ziel des § 117 Abs 1 AFG, den Doppelbezug von Arbeitsentgelt und Alg zu verhindern, ohne die Regelung des Abs 2 umgangen werden könnte, zB durch einvernehmliche Abkürzung der gültigen ordentlichen Kündigungsfrist. In der vereinfachten und typisierenden Aussage des § 117 Abs 2 AFG wird dieser Doppelbezug (bis zu den Grenzen des Abs 3) deshalb folgerichtig unwiderlegbar vermutet, solange das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist beendet wird. Das setzt begrifflich voraus, daß der Arbeitnehmer eigentlich Anspruch auf die Einhaltung einer längeren Kündigungsfrist gehabt hätte, als sie der Arbeitgeber eingehalten hat, und er - der Arbeitnehmer - die Verkürzung wie auch immer durch sein Verhalten ermöglicht und hingenommen hat (BSGE 50, 121, 125 = SozR 4100 § 117 Nr 3). Angesichts dieser Struktur des § 117 Abs 2 AFG kann es für seine Anwendung nur auf die objektive Rechtslage ankommen und nicht auf die subjektiven Vorstellungen des Arbeitnehmers oder der Vertragsparteien. Letzteres wäre bereits mit der begrifflichen Voraussetzung der unwiderleglichen Vermutung des Doppelbezuges nicht zu vereinbaren. Darüber hinaus geht die Regelung des § 117 Abs 2 AFG von den Kündigungsmöglichkeiten der einzelnen Arbeitsverhältnisse aus, wie sie durch Gesetz, Tarif- oder Einzelarbeitsvertrag vorgeschrieben sind (BSGE 50, 121, 124, 127 = SozR 4100 § 117 Nr 3). Nach § 57 Abs 1 MTB II hatte der Kläger Anspruch auf die Einhaltung einer Kündigungsfrist bis zum 30. September 1984. Wenn er es dennoch durch sein Verhalten ermöglicht und hingenommen hat, daß ihm bereits zum 31. Mai 1984 gekündigt wurde, hat dies die unwiderlegliche Vermutung des § 117 Abs 2 AFG zur Folge, daß die Abfindung in dem von § 117 Abs 2, 3 AFG umschriebenen Umfang Entgeltcharakter besitzt. Hieran ändert es nichts, daß die Vertragsparteien im vorliegenden Fall irrtümlich von einer kürzeren als der von Rechts wegen richtigen ordentlichen Kündigungsfrist ausgegangen sind.
Der Senat sieht keine Veranlassung, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen. Diese beruht nicht nur auf der Rechtsentwicklung und dem Wortlaut des § 117 Abs 2 AFG. Sie entspricht auch der Absicht des Gesetzgebers. So ist in der Regierungsbegründung zur Änderung des § 117 AFG durch das 4. AFG-ÄndG ausgeführt worden, daß der Anspruch auf Alg künftig immer dann ruhen soll, wenn der Arbeitnehmer gegen Zahlung einer Abfindung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist des Arbeitgebers ausgeschieden ist. Eine Ausnahme soll allein dann gelten, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis hätte fristlos kündigen können, weil in diesen Fällen eine etwa gezahlte Abfindung allein der Entschädigung für den Verlust des sozialen Besitzstandes dient (vgl BT-Drucks 8/857, Begründung zu Nr 8 des Gesetzesentwurfs - S 9 -). Der Bundestagsausschuß für Arbeit und Sozialordnung hat die Regelung ausdrücklich einhellig begrüßt (vgl BT-Drucks 8/1053, Bericht des Abgeordneten Müller-Remscheid unter I Ziff 2).
An der Qualität der Abfindung als eine das Ruhen von Alg bewirkende Leistung iS von § 117 Abs 2 Satz 1 AFG ändert nichts der Vortrag des Klägers, er habe nach §§ 65, 66 MTB II aufgrund seiner langjährigen Beschäftigung mit einem Übergangsgeld von 11.091,92 DM rechnen können. Insbesondere geht der Hinweis des Klägers fehl, dieses Übergangsgeld sei "gedankennotwendig" bei der gezahlten Abfindung von 12.000,-- DM mit enthalten und führe als ein Surrogat zur Anrechnungsfreiheit der Abfindung. Der Kläger führt selbst aus, daß der Anspruch auf das Übergangsgeld wegen der vereinbarten Abfindung entfallen ist; in der Tat handelt es sich bei Abfindung und Übergangsgeld um zwei unterschiedliche Leistungen, die einander ausschließen (§ 65 Abs 2 Buchst e MTB II). Dies verbietet es von vornherein, die tatsächliche gezahlte Abfindung als Surrogat des nicht mehr zustehenden Übergangsgeldes anzusehen und ersteres deshalb von der Rechtsfolge nach § 117 Abs 2 Satz 2 AFG auszunehmen.
Nach allem steht fest, daß sowohl die dem Kläger zugebilligte Urlaubsabgeltung als auch die vereinbarte Abfindung seinen Anspruch auf Alg mit der Rechtsfolge des Ruhens belasten. In welchem Umfang sich dies auswirkt, läßt sich den tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht entnehmen. Bei seiner erneuten Entscheidung wird das LSG die Regelung des § 117 Abs 2 letzter Satz AFG zu berücksichtigen haben, auf die schon hingewiesen wurde.
Das angefochtene Urteil war daher, soweit die Revision der Beklagten nicht zurückgewiesen worden ist, aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Fundstellen