Entscheidungsstichwort (Thema)
Möglichkeit der rückwirkenden Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für Syndikusanwälte nach § 231 Abs 4b S 1 und 2 SGB 6 bei nur freiwilliger Mitgliedschaft im berufsständischen Versorgungswerk. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Von der Rentenversicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt kann nach dem ab 1.1.2016 geltenden Recht rückwirkend vom Beginn dieser Beschäftigung auch befreit werden, wer nur freiwilliges Mitglied im berufsständischen Versorgungswerk war.
2. Die Rückwirkung einer Befreiung für eine davor ausgeübte Beschäftigung erfordert die Pflichtmitgliedschaft.
Orientierungssatz
Dem vom Senat zugrunde gelegten Verständnis des § 231 Abs 4b S 2 SGB 6 stehen auch keine verfassungsrechtlichen Erwägungen entgegen. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG vor.
Normenkette
SGB VI § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 231 Abs. 4b Sätze 1-2, Abs. 4c; BRAO § 46a; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revisionen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. Februar 2019 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig die Rückwirkung der Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung als Syndikusrechtsanwalt.
Der Kläger war zunächst als Rechtsanwalt zugelassen und Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main sowie des zu 3. beigeladenen Versorgungswerks. Auf seinen Antrag befreite die Beklagte ihn mit Bescheid vom 14.9.2012 für eine Tätigkeit als Rechtsanwalt bei der Beigeladenen zu 2. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 31.5.2012 (Beginn der Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung und der Berufskammer). Ab dem 1.7.2014 war der Kläger bei der Beigeladenen zu 1. als Compliance Generalist Senior Professional tätig. Nach den Senatsurteilen vom 3.4.2014 (B 5 RE 9/14 R ua), wonach Syndikusrechtsanwälten kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zustand, verzichtete der Kläger mit Schreiben an die Rechtsanwaltskammer vom 16.9.2014 auf seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Diese wurde am 23.9.2014 widerrufen und der Kläger nur noch als freiwilliges Mitglied des Beigeladenen zu 3. geführt.
Am 16.2.2016 nahm der Kläger erneut eine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2. auf, und zwar als Consultant Compliance Legal & Compliance. Auf seinen Antrag vom 18.3.2016 ließ die Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main den Kläger als Syndikusrechtsanwalt zu (Bescheid vom 31.5.2016). Mit Bescheid vom 10.8.2016 befreite die Beklagte den Kläger für die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2. von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit ab dem 30.6.2016 (Aushändigung der Urkunde über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt). Mit Bescheid vom 22.11.2016 erteilte die Beklagte dem Kläger die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. für die Zeit vom 1.7.2014 bis 23.9.2014. Die vom Kläger am 15.2.2016 begehrte Rückwirkung der Befreiung für die Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. für den Zeitraum 24.9.2014 bis 15.2.2016 und für die Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 2. für den Zeitraum vom 16.2.2016 bis 29.6.2016 lehnte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 22.11.2016 ab. Zur Begründung führte sie aus, die Voraussetzungen für eine rückwirkende Befreiung lägen für diese Zeiträume nicht vor, weil der Kläger infolge des Verzichts auf seine Zulassung nicht Pflichtmitglied in der Rechtsanwaltskammer gewesen sei.
Mit dieser Begründung wies die Beklagte auch den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 22.11.2016 zurück (Widerspruchsbescheid vom 18.5.2017). Durch die rückwirkende Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht habe eine erfolgte Beitragszahlung zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen der Rechtsanwälte legalisiert und der Tatsache Rechnung getragen werden sollen, dass nach der Rechtsprechung des BSG die Möglichkeit zur Befreiung für Syndikusrechtsanwälte vorübergehend nicht gegeben gewesen sei. Nach der Gesetzesbegründung betreffe die Regelung zur rückwirkenden Befreiung nur diejenigen Personen, die für ihre zum Zeitpunkt der Entscheidung am 3.4.2014 ausgeübten Beschäftigungen keinen gültigen Befreiungsbescheid besessen hätten, stets Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer und der berufsständischen Versorgungseinrichtung gewesen und nunmehr als Syndikusrechtsanwälte befreiungsfähig seien.
Das SG hat den Bescheid vom 22.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.5.2017 aufgehoben und entschieden: "Der Kläger wird auch im Zeitraum vom 16.2.2016 bis 29.6.2016 nach § 231 Abs 4b, 4c SGB VI von der Versicherungspflicht befreit". § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI fordere lediglich einen entsprechenden Antrag und eine erteilte Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt. Auf das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer als Rechtsanwalt komme es nicht an. Eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für den früheren Zeitraum ab 24.9.2014 scheitere nach § 231 Abs 4b Satz 2 SGB VI daran, dass der Kläger in dieser Zeit nicht Pflichtmitglied, sondern nur freiwilliges Mitglied eines berufsständischen Versorgungswerks gewesen sei. Die Pflichtmitgliedschaft könne nicht über § 231 Abs 4c SGB VI fingiert werden (Urteil vom 25.6.2018).
Dagegen haben der Kläger und die Beklagte Berufung eingelegt. Das LSG hat das Urteil des SG geändert und wie folgt entschieden: "Unter entsprechender Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 22. November 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2017 wird die Beklagte verurteilt, den Kläger für die Zeit vom 16. Februar 2016 bis 29. Juni 2016 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen". Die weitergehenden Berufungen hat das LSG zurückgewiesen. Auch das LSG hat einen Anspruch des Klägers auf Erteilung einer rückwirkenden Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für den Zeitraum vom 16.2.2016 bis zum 29.6.2016 bejaht und dafür eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk als nicht erforderlich angesehen. Es hat sich auf den Gesetzeswortlaut gestützt und auch der Gesetzesbegründung kein anderes Ergebnis entnommen. Dagegen hat das LSG einen Befreiungsanspruch für die davor liegende Beschäftigung im Zeitraum vom 24.9.2014 bis zum 15.2.2016 verneint, weil hierfür die freiwillige Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk nicht ausreiche. § 231 Abs 4c Satz 1 SGB VI sei nicht einschlägig (Urteil vom 14.2.2019).
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 231 Abs 4b Satz 2 SGB VI und des allgemeinen Gleichheitssatzes. Die Tatbestandsvoraussetzungen seien auch für eine rückwirkende Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für den Zeitraum vom 24.9.2014 bis zum 15.2.2016 erfüllt. Es bedürfe nach dem Wortlaut des § 231 Abs 4b SGB VI nicht stets einer formalen Pflichtmitgliedschaft in einem Versorgungswerk. Nach den Gesetzesmaterialien sei von einer Pflichtmitgliedschaft auch dann auszugehen, wenn eine formal freiwillig fortgeführte Mitgliedschaft in einem bisher zuständigen Versorgungswerk eine an sich bestehende Pflichtmitgliedschaft in einem neu zuständigen Versorgungswerk ersetzt habe. Auf die Zulassung als Rechtsanwalt sowie eine Pflichtmitgliedschaft könne es bei der rückwirkenden Befreiung nicht ankommen. Würde für die rückwirkende Befreiung eine Pflichtmitgliedschaft vorausgesetzt, könne sich diese nur auf die Tätigkeit als Rechtsanwalt beziehen. Nach dem Zweck der Vorschrift müsse darauf abgestellt werden, ob hypothetisch für die Beschäftigung, für die rückwirkend eine Befreiung beantragt wurde, eine Pflichtmitgliedschaft bestanden hätte. Anderenfalls gehe die Befreiung ins Leere. Der Kläger beruft sich zudem auf Vertrauensschutz und verweist auf ein Rundschreiben der Beklagten vom 12.12.2014 zur Umsetzung der Rechtsprechung des BSG vom 3.4.2014.
|
Der Kläger beantragt, |
|
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. Februar 2019 und des Sozialgerichts Darmstadt vom 25. Juni 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2017 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, ihn rückwirkend auch für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. für die Zeit vom 24. September 2014 bis 15. Februar 2016 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien sowie |
|
|
|
die Revision der Beklagten zurückzuweisen. |
|
Die Beklagte beantragt, |
|
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 14. Februar 2019 und des Sozialgerichts Darmstadt vom 25. Juni 2018 zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie |
|
|
|
die Revision des Klägers zurückzuweisen. |
Die Beklagte rügt eine Verletzung von § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI. Die Vorschrift sei geschaffen worden, um den versicherungsrechtlichen "Status Quo" von Personen, die eine anwaltliche Tätigkeit bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber ausgeübt hätten und nach der Rechtsprechung vom 3.4.2014 nicht mehr von der Rentenversicherungspflicht hätten befreit werden können, weitestgehend wiederherzustellen. Lediglich zur Vermeidung zwischenzeitlicher Versicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung sei die Möglichkeit einer rückwirkenden Befreiung geschaffen worden. Nach der Gesetzesbegründung sei in allen Fällen Voraussetzung, dass während der Beschäftigungen zumindest eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk bestanden habe, mithin ein Bezug zur berufsständischen Versorgung. § 231 Abs 4b SGB VI müsse im Kontext mit der zeitgleich eingeführten Regelung in § 286f SGB VI gesehen werden. Sofern ab Aufnahme der aktuellen Beschäftigung eine Pflichtmitgliedschaft im berufsständischen Versorgungswerk noch nicht bestanden habe, könnten die vom Rentenversicherungsträger erstatteten Beiträge von der berufsständischen Versorgungseinrichtung mangels Mitgliedschaft und Beitragspflicht nicht für den Betroffenen angenommen werden. Ferner knüpfe § 231 Abs 4b SGB VI an den Wortlaut des § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI an, der eine Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer sowie im Versorgungswerk erfordere.
Die Beklagte hat zuletzt mit Bescheid vom 14.1.2020 den Kläger in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2. nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI bereits ab dem 21.3.2016 befreit, dh ab Zugang des Antrags auf Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskammer.
Entscheidungsgründe
Nach den übereinstimmenden Erklärungen des Klägers und der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sind nur noch die Zeiten vom 16.2.2016 bis 20.3.2016 sowie vom 24.9.2014 bis 15.2.2016 streitbefangen. Die zulässigen Revisionen des Klägers und der Beklagten sind insofern nicht begründet. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Rückwirkung seiner Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem Beginn der erneuten Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2. bejaht. Ebenfalls zu Recht hat es einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht für die davor liegende Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. vom 24.9.2014 bis 15.2.2016 verneint. Die Voraussetzungen des § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI sind erfüllt, nicht aber diejenigen des § 231 Abs 4b Satz 2 SGB VI.
A. Die kraft Zulassung durch das LSG statthaften Revisionen (§ 160 Abs 1 und 3 SGG) sind zulässig erhoben und genügen hinsichtlich der jeweils gerügten Verletzung materiellen Rechts den Anforderungen an eine formgerechte Begründung iS des § 164 Abs 2 Satz 1 und 3 SGG. Der Kläger ist seit dem Jahr 2016 nicht nur Syndikusrechtsanwalt, sondern auch wieder als Rechtsanwalt zugelassen, sodass er schon aus diesem Grund vor dem BSG postulationsfähig ist (§ 73 Abs 4 Satz 5 Halbsatz 1 SGG).
B. Die Revisionen des Klägers und der Beklagten haben in der Sache jeweils keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat zu Recht die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 22.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.5.2017 verpflichtet, den Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 2. bereits rückwirkend für die Zeit ab dem 16.2.2016 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.
Nach § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI (eingeführt durch Art 7 Nr 2 des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21.12.2015, BGBl I 2517) wirkt eine Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt oder Syndikuspatentanwalt nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, die unter Berücksichtigung der Bundesrechtsanwaltsordnung in der ab dem 1.1.2016 geltenden Fassung oder der Patentanwaltsordnung in der ab dem 1.1.2016 geltenden Fassung erteilt wurde, auf Antrag vom Beginn derjenigen Beschäftigung an, für die die Befreiung von der Versicherungspflicht erteilt wird.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI liegen vor. Die Beklagte hat den Kläger nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt für die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2. ab dem 21.3.2016 befreit (Bescheide vom 10.8.2016 und 14.1.2020). Der Kläger hat den Antrag auf Rückwirkung der Befreiung gemäß § 231 Abs 4b Satz 6 SGB VI auch fristgerecht bis zum Ablauf des 1.4.2016 gestellt.
Darüber hinaus fordert das Gesetz für den hier streitbefangenen Zeitraum nach dem 1.4.2014 keine durch die Pflichtmitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer bedingte Pflichtmitgliedschaft in einem Versorgungswerk.
1. Ein solches Verständnis folgt schon aus dem Wortlaut von § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI. Auf der Tatbestandsseite setzt die Norm danach nur voraus, dass zum einen die Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt oder Syndikuspatentanwalt nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI unter Berücksichtigung der ab dem 1.1.2016 maßgeblichen berufsrechtlichen Vorschriften erteilt wurde und zum anderen ein fristgerechter (§ 231 Abs 4b Satz 6 SGB VI) Antrag auf früheren Beginn der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gestellt wird ("auf Antrag"). Weitere Voraussetzungen formuliert § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI nicht.
2. Das Erfordernis einer (durch die Pflichtmitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer bedingte) Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk ergibt sich auch nicht aus der Gesetzeshistorie. Aus ihr kann allenfalls geschlossen werden, dass für den Zeitraum der rückwirkenden Befreiung bereits ein Bezug zu einem Versorgungswerk bestehen muss. Dies ist hier der Fall.
Nach den Gesetzesmaterialien soll die Regelung in § 231 Abs 4b SGB VI nur Bedeutung haben "für diejenigen Personen, die für ihre zum Zeitpunkt der Urteile des Bundessozialgerichts vom 3. April 2014 ausgeübten Beschäftigungen keinen gültigen Befreiungsbescheid besaßen, stets Pflichtmitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung waren und nunmehr als Syndikusrechtsanwälte oder Syndikuspatentanwälte befreiungsfähig sind". Zu den Sätzen 1 bis 3 heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs, Voraussetzung sei "in allen Fällen" der rückwirkenden Befreiung, "dass während der Beschäftigungen zumindest eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk (nicht unbedingt auch eine einkommensbezogene Beitragszahlung an das Versorgungswerk) bestand, mithin ein Bezug zur berufsständischen Versorgung (gegebenenfalls auch neben einer Pflichtbeitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung) gegeben war" (BT-Drucks 18/5201 S 46). Es kann offenbleiben, ob sich diese Begründung angesichts ihres Wortlauts nicht nur auf § 231 Abs 4b Satz 2 SGB VI bezieht. Die Einschränkung im 2. Halbsatz "Bezug zur berufsständischen Versorgung" lässt jedenfalls keinen zwingenden Schluss von der Begründung auf ein entgegen dem Wortlaut bestehendes Erfordernis der Pflichtmitgliedschaft zu.
3. Der Auffassung der Beklagten, § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI erfordere eine durch die Pflichtmitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer bedingte Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk, kann auch aus systematischen Gesichtspunkten nicht gefolgt werden.
a) Dagegen spricht bereits der Regelungskontext in § 231 Abs 4b SGB VI. Im Gegensatz zu § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI fordert § 231 Abs 4b Satz 2 SGB VI für die Möglichkeit einer Befreiung vom Beginn davor liegender Beschäftigungen an ausdrücklich eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk während dieser Beschäftigung. Die Befreiung nach den Sätzen 1 und 2 wirkt frühestens ab dem 1.4.2014 (§ 231 Abs 4b Satz 3 SGB VI). Eine noch weiter zurückgehende Wirkung der Befreiung (mit Wirkung vor dem 1.4.2014) macht das Gesetz davon abhängig, dass einkommensbezogene "Pflichtbeiträge" in ein berufsständisches Versorgungswerk gezahlt wurden (§ 231 Abs 4b Satz 4 SGB VI). In Anbetracht dieser Formulierungen im Regelungszusammenhang wäre zu erwarten gewesen, dass sich auch im Wortlaut des § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI ein entsprechendes Erfordernis finden würde, wenn auch hier eine Pflichtmitgliedschaft Tatbestandsvoraussetzung hätte sein sollen.
b) Eine solche Tatbestandsvoraussetzung kann insbesondere nicht damit begründet werden, dass § 231 Abs 4b SGB VI an den Wortlaut des § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI anknüpfe. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass eine nur freiwillige Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk grundsätzlich weder zur Erteilung noch zur Aufrechterhaltung einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ermächtigt (noch zur Befreiung nach § 7 Abs 2 AVG vgl BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 34/96 - BSGE 80, 215, 218 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4 S 13). Die Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI stehen jedoch nicht in Frage. Von diesen zu trennen ist die allein auf die Rückwirkung der Befreiung begrenzte Regelung in § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI. Auf der Tatbestandsseite des § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI wird nur eine bereits erteilte Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt vorausgesetzt. Dementsprechend ist auch ein gesonderter Antrag auf Rückwirkung der Befreiung erforderlich.
c) Eine andere Beurteilung ist auch nicht dadurch veranlasst, dass die Beklagte zu Recht darauf verweist, § 231 Abs 4b SGB VI stehe im Kontext mit dem zeitgleich eingeführten § 286f SGB VI. § 286f Satz 1 SGB VI regelt ein vereinfachtes Verfahren zur Rückabwicklung der an die gesetzliche Rentenversicherung durch den Arbeitgeber abgeführten Beiträge aus Beschäftigung ohne Einbindung der Einzugsstellen. Die Bedenken der Beklagten, der Beigeladene zu 3. könne "mangels Mitgliedschaft und Beitragspflicht" die Zahlungen der Beklagten nicht annehmen, teilt der Senat bereits deshalb nicht, weil der Kläger in dem hier streitbefangenen Zeitraum von dem Beigeladenen zu 3. als freiwilliges Mitglied geführt wurde.
4. Gegen das Erfordernis einer Pflichtmitgliedschaft für eine Rückwirkung nach § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI sprechen auch Sinn und Zweck der Regelung. Die Änderungen durch das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte waren die Reaktion auf Brüche in den Versicherungsbiografien, die aus den Entscheidungen des BSG vom 3.4.2014 für die Syndizi folgten (vgl Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BT-Drucks 18/5201 S 1). Die Neuregelungen sollten ermöglichen, "dass Syndikusanwälte wie bisher - unter bestimmten Voraussetzungen auch rückwirkend - von der Rentenversicherungspflicht befreit werden und in den anwaltlichen Versorgungswerken verbleiben können". Im Hinblick auf das Befreiungsrecht von der Rentenversicherungspflicht sollte weitestgehend der bisherige Status quo aufrechterhalten bleiben (Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BT-Drucks 18/5201 S 2). Dieser Zielsetzung entspricht es, wenn eine Beschäftigung, für die unter der Geltung dieses neuen Rechts eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ausgesprochen wird, von ihrem Beginn an keine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung auslöst. Dabei ist es im Interesse einer "weitestgehenden" Aufrechterhaltung des Status quo konsequent, die rückwirkende Befreiung für diese Beschäftigung nicht von einer Pflichtmitgliedschaft in einem Versorgungswerk abhängig zu machen, sofern jedenfalls ein Bezug zu einem Versorgungswerk bestand (siehe dazu die Ausführungen oben unter 2).
Auch die Situation des Klägers beruht ursächlich auf den Senatsentscheidungen vom 3.4.2014. Die freiwillige Mitgliedschaft im Versorgungswerk war die Folge davon, dass der Kläger als Reaktion auf die Rechtsprechung seine Zulassung als Rechtsanwalt zurückgegeben hat, weil er ihre Aufrechterhaltung als nicht mehr sinnvoll ansah. Auch in diesem Fall wird durch die Rückwirkung nach § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI ein Wechsel in der Versicherungsbiografie innerhalb derselben Beschäftigung als Syndikusrechtsanwalt vermieden.
Für die von der Beklagten angestrebte teleologische Reduktion (zu deren Voraussetzungen vgl zuletzt BSG Urteil vom 26.9.2019 - B 5 R 4/19 R - juris RdNr 20 mwN) des § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI dahingehend, dass die Rückwirkung eine Pflichtmitgliedschaft in einem Versorgungswerk erfordert, besteht somit kein Raum.
II. Das Berufungsgericht hat im Übrigen die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, auch für die Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. in der Zeit vom 24.9.2014 bis 15.2.2016 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit zu werden. Für diesen Zeitraum kommt eine Befreiung nur nach § 231 Abs 4b Satz 2 SGB VI in Betracht. Dessen Voraussetzungen liegen nicht vor.
1. Nach § 231 Abs 4b Satz 2 SGB VI (eingeführt durch Art 7 Nr 2 des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21.12.2015, BGBl I 2517) wirkt eine Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt auch vom Beginn davor liegender Beschäftigungen an, wenn während dieser Beschäftigungen eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk bestand. Der Kläger war in der Zeit seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1. vom 24.9.2014 bis zum 15.2.2016 nicht Pflichtmitglied in einem berufsständischen Versorgungswerk. Er hatte nach den insoweit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) seine Zulassung als Rechtsanwalt zurückgegeben und war danach nur noch freiwilliges Mitglied bei dem Beigeladenen zu 3.
2. Einem weitergehenden, über den Wortlaut des § 231 Abs 4b Satz 2 SGB VI ("Pflichtmitgliedschaft") hinausgehenden Verständnis der Rückwirkungsvoraussetzungen dahingehend, dass eine freiwillige Mitgliedschaft im Versorgungswerk für eine auf frühere Beschäftigungen zurückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht genügen soll, steht die Gesetzeshistorie entgegen.
Nach den Gesetzesmaterialien ist zwar von einer Pflichtmitgliedschaft iS von § 231 Abs 4b SGB VI auch dann auszugehen, "wenn die in einem regional neu zuständigen Versorgungswerk an sich bestehende Pflichtmitgliedschaft durch eine formal freiwillig fortgeführte Mitgliedschaft in dem bisher zuständigen Versorgungswerk ersetzt wird" (Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BT-Drucks 18/5201 S 46). Hintergrund hierfür ist der Umstand, dass nach einem Umzug in ein anderes Bundesland durch den Wechsel der berufsständischen Kammer eine neue Pflichtmitgliedschaft im dort regional zuständigen Versorgungswerk begründet wird. Sofern das jeweilige Satzungsrecht dies ermöglicht, kann ein Mitglied von der neu begründeten Pflichtmitgliedschaft befreit und die Mitgliedschaft im bisherigen Versorgungswerk freiwillig aufrechterhalten werden. Dadurch werden "Rumpfanwartschaften" zugunsten einer individuell einheitlichen Versorgungsbiografie vermieden (vgl Meyer, BB 2016, 501, 502). Die Gesetzesmaterialien beschränken sich bei der Formulierung der Ausnahmen von der Pflichtmitgliedschaft aber ausdrücklich auf Fälle der nur "formal" freiwillig bestehenden Mitgliedschaft. In diesen Fällen besteht die nach einem Ortswechsel begründete Pflichtmitgliedschaft nur deshalb nicht, weil davon eine Befreiung durch das örtlich neu zuständige Versorgungswerk erteilt wurde. "An sich" hätte aber eine Pflichtmitgliedschaft bestanden.
Der Gesetzgeber hatte die Situation der Rechtsanwälte, die in der Folge der Entscheidungen des BSG vom 3.4.2014 ihre Zulassung zurückgegeben hatten, bewusst im Blick. Ihr wurde in einer eigenen Vorschrift in § 231 Abs 4c SGB VI Rechnung getragen. Da nach dem Satzungsrecht von 14 der 16 anwaltlichen Versorgungseinrichtungen ab einem Überschreiten der Altersgrenze von 45 Jahren eine Pflichtmitgliedschaft nicht mehr begründet werden konnte (vgl Schafhausen, AnwBl 2016, 116, 119), wurde für diese Personengruppe das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in einem Versorgungswerk iS von § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI als Syndikusanwalt fingiert. Nach den Gesetzesmaterialien wurde diese Fiktion als Übergangsregelung geschaffen, allerdings nur "für die Frage, ob eine Pflichtmitgliedschaft in einem Versorgungswerk im Sinne von § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 SGB VI für eine Befreiung ab dem Inkrafttreten dieses Gesetzes vorliegt (und nur im Sinne dieser Vorschrift und nicht z. B. im Sinne von § 231 Absatz 4b Satz 2 SGB VI-E)" (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, BT-Drucks 18/6915 S 27).
Auf eine weitergehende Berücksichtigung der Personengruppe, die auf ihre Zulassung verzichtet hatte, auch bei der gesondert zu beantragenden Rückwirkung nach § 231 Abs 4b Satz 2 SGB VI wurde nicht nur nach dem zitierten Klammerzusatz bewusst verzichtet. Im Gesetzgebungsverfahren war eine Änderung des Gesetzestextes in § 231 Abs 4b SGB VI ("Mitgliedschaft" statt "Pflichtmitgliedschaft") sogar ausdrücklich gefordert worden (vgl die Information für den Ausschuss für Arbeit und Soziales, Bundesarbeitgeberverband Chemie eV, Ausschussdrucks 18(11)454 S 3), ohne dass eine entsprechende Änderung beschlossen wurde.
3. Auch systematische Gesichtspunkte sprechen für ein enges, dem Wortlaut des § 231 Abs 4b Satz 2 SGB VI folgenden Verständnis.
Auch hier wird - wie schon zu Satz 1 der Vorschrift ausgeführt - eine bereits erteilte Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt vorausgesetzt. Die Regelungsinhalte von § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und der allein auf den Rückwirkungszeitpunkt begrenzten Norm des § 231 Abs 4b SGB VI sind zu trennen (siehe dazu bereits die Ausführungen unter I. 3.b). Die Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt wirkt auch vom Beginn davor liegender Beschäftigungen an, wenn "während dieser Beschäftigungen" eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk bestand. Anders als in § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI heißt es im Wortlaut gerade nicht "wegen dieser Beschäftigungen", sodass auch die Pflichtmitgliedschaft in einem Versorgungswerk aufgrund einer anwaltlichen Nebentätigkeit ausreicht (vgl Schafhausen, AnwBl 2016, 116, 118). Anders als vom Kläger ausgeführt, erfordert § 231 Abs 4b Satz 2 SGB VI nicht eine Pflichtmitgliedschaft "für die Tätigkeit als Syndikusanwalt" in einer davor liegenden Beschäftigung. Eine solche Pflichtmitgliedschaft war - wie der Kläger zu Recht geltend macht - jedenfalls für vor dem 1.1.2016 liegende Zeiträume nach dem damals geltenden Recht, dh ohne die Möglichkeit einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nach § 46a BRAO, gar nicht möglich. Nach dem Wortlaut des § 231 Abs 4b Satz 2 SGB VI wirkt eine Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt vom Beginn davor liegender Beschäftigungen an, "wenn während dieser Beschäftigungen eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk bestand". Anforderungen an die Begründung der Pflichtmitgliedschaft stellt die Norm keine.
Die Rechtsfolge einer Rückwirkung der Befreiung "auch vom Beginn davor liegender Beschäftigungen an" geht damit so weit, dass eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für eine frühere Beschäftigung besteht, ohne dass die Voraussetzungen für die Befreiung auch für diese konkrete Beschäftigung überhaupt geprüft werden. Das steht im Widerspruch zur sonstigen Systematik des Befreiungsrechts. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI werden Beschäftigte von der Rentenversicherungspflicht nur befreit konkret "für die Beschäftigung". Danach kann eine Befreiung nur tätigkeitsbezogen und nicht personen- oder berufsbezogen erteilt werden. Sie ist ausdrücklich beschränkt "auf die jeweilige Beschäftigung", für die sie beantragt wird (§ 6 Abs 5 Satz 1 SGB VI). Nach der ständigen Rechtsprechung kommt eine umfassende Befreiung von der Versicherungspflicht auch für andere als die "jeweilig" ausgeübte Beschäftigung des Betroffenen nach den Vorgaben des Gesetzes nicht in Betracht. Dies gilt selbst dann, wenn ursprüngliche und nachfolgende Erwerbstätigkeiten ähnlich sein mögen (vgl BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 17). In diese Systematik fügt sich die Rückwirkung nach § 231 Abs 4b Satz 1 SGB VI ein. Demgegenüber stellt § 231 Abs 4b Satz 2 SGB VI, der nicht an eine durch die davor liegende Beschäftigung begründete Pflichtmitgliedschaft anknüpft, eine Ausnahme von den Grundstrukturen des Befreiungsrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung dar. Eine solche Ausnahmeregelung ist nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen eng auszulegen.
4. Ein anderes Verständnis folgt auch nicht aus der vom Kläger angeführten Rechtsprechung des BVerfG.
Das BVerfG hat in zwei Beschlüssen vom 19.7.2016 (1 BvR 2584/14) und vom 22.7.2016 (1 BvR 2534/14) zwei Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen die Ablehnung der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI zuletzt durch zwei Senatsurteile vom 3.4.2014 (B 5 RE 9/14 R und B 5 RE 13/14 R) richteten. Wie auch der Kläger in seiner Revisionsbegründung darlegt, hat sich das BVerfG zu den Voraussetzungen der "einkommensbezogenen Pflichtbeiträge" iS von § 231 Abs 4b Satz 4 SGB VI für eine - hier nicht begehrte - Rückwirkung der Befreiung für Zeiträume vor dem 1.4.2014 geäußert. Einen Rückschluss darauf, dass die Tatbestandsvoraussetzungen in § 231 Abs 4b Satz 2 SGB VI weiter zu fassen sind, vermag der Senat daraus nicht zu ziehen. Die Fallkonstellationen waren bereits insofern nicht vergleichbar, als es sich in beiden vom BVerfG entschiedenen Verfahren um Versicherte handelte, die ihre Zulassung als Rechtsanwalt behalten hatten und aufgrund der Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer zugleich Pflichtmitglieder von Versorgungswerken waren.
5. Schließlich stehen dem vom Senat zugrunde gelegten Verständnis des § 231 Abs 4b Satz 2 SGB VI auch keine verfassungsrechtlichen Erwägungen entgegen. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG vor.
Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl BVerfGE 98, 365, 385). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl BVerfGE 79, 1, 17; 126, 400, 416). Dabei verwehrt Art 3 Abs 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl BVerfGE 124, 199, 220). Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl BVerfGE 110, 412, 432). Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl zuletzt BSG Urteil vom 26.9.2019 - B 5 R 6/18 R - juris RdNr 19 mwN - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen).
Die in § 231 Abs 4b Satz 2 SGB VI angelegte unterschiedliche Behandlung der Gruppe von in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Beschäftigten, die Pflichtmitglied in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung waren, und solchen, die - wie der Kläger - nach Rückgabe seiner Zulassung als Rechtsanwalt nur noch freiwilliges Mitglied waren, ist sachlich gerechtfertigt. Das im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich formulierte Ziel, es solle "in Hinblick auf das Befreiungsrecht von der Rentenversicherungspflicht weitgehend der bisherige Status quo aufrecht erhalten bleiben" (Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, BT-Drucks 18/5201 S 2), kann nur bei der ersten Gruppe von Beschäftigten erreicht werden. Nur die Mitglieder dieser Gruppe haben ihre selbstständige Tätigkeit als Rechtsanwalt und damit auch ihre Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer und dem Versorgungswerk fortgeführt. Diejenigen, die ihre Zulassung als Rechtsanwalt zurückgegeben haben, haben hingegen bewusst ihren versorgungsrechtlichen "Status quo" geändert.
Auch soweit sich der Kläger auf Vertrauensschutz nach dem Rundschreiben der Beklagten vom 12.12.2014 (NZA 2015, 29) beruft und eine Gleichbehandlung der Gruppe "Versicherte, die ihre Rechtsanwaltszulassung zurück gegeben haben" mit der Gruppe der Rechtsanwälte begehrt, die aufgrund ihrer selbstständigen (Neben-)Tätigkeit Pflichtmitglieder im Versorgungswerk geblieben sind, ihre Befreiungsanträge nach der Rechtsprechung vom 3.4.2014 jedoch zurückgenommen haben, ist eine Differenzierung aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. Es kann hier offenbleiben, ob und gegebenenfalls in welchen Konstellationen denjenigen, die aufgrund des Rundschreibens ihre Befreiungsanträge zurückgenommen haben, eine rückwirkende Befreiung erteilt werden musste (vgl hierzu BVerfG Beschlüsse vom 19.7.2016 - 1 BvR 2584/14 - und vom 22.7.2016 - 1 BvR 2534/14 - jeweils juris RdNr 13 mwN sowie Schafhausen, FD SozVR 2016, 380485). Jedenfalls gilt auch insoweit, dass sich die erste Personengruppe, zu der auch der Kläger gehört, von der Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer und damit auch im Versorgungswerk durch die Rückgabe der Zulassung als Rechtsanwalt bewusst gelöst hat.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 13855604 |
NJW 2020, 2980 |
NZS 2020, 671 |
SGb 2020, 300 |
SGb 2021, 45 |