Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe eines (Beitrags-)Zuschusses zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung der Rentner (KVdR)
Beteiligte
…, Kläger und Revisionsbeklagter |
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte,Berlin 31, Ruhrstraße 2, Beklagte und Revisionsklägerin |
Tatbestand
G r ü n d e :
I
Streitig ist die Höhe eines (Beitrags-)Zuschusses zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung der Rentner (KVdR).
Die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) gewährte dem im April 1924 geborenen Kläger mit Bescheid vom 23. November 1988, zur Post gegeben am 25. November 1988, Altersruhegeld (ARG) wegen Vollendung des 65. Lebensjahres ab 1. Mai 1989 und seitdem einen Zuschuß zu seinem Krankenversicherungsbeitrag als versicherungspflichtiges Mitglied der Barmer Ersatzkasse (BEK) in Höhe von 45,67 DM monatlich. Als pensionierter Kommunalbeamter ist der Kläger nach landesrechtlichen Vorschriften beihilfeberechtigt.
Mit eigenhändig unterschriebenem Schriftsatz vom 9. April 1989, der am 11. April 1989 bei der BfA einging, erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, er verzichte mit Wirkung vom 1. Mai 1989 auf den Beitragszuschuß, soweit dieser den Betrag von 40,- DM monatlich übersteigt. Hierdurch wolle er die Voraussetzungen dafür schaffen, einen auf 100 vom Hundert erhöhten Beihilfesatz für pensionierte Beamte nach § 12 Abs 5 der Beihilfeverordnung des Landes Rheinland-Pfalz erhalten zu können. Mit dem streitigen Bescheid vom 16. Oktober 1989 (bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 9. März 1990) lehnte die Beklagte ab, "dem Antrag auf Verzicht zu entsprechen", weil der Beitragszuschuß iS von § 83e Abs 1 Nr 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) nicht zur Disposition des Klägers stehe, sondern ein vom Rentenversicherungsträger zu tragender Beitragsanteil sei.
Das Sozialgericht Koblenz (SG) hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 18. Juli 1990). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) das Urteil des SG sowie die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen aufgehoben und die Beklagte verurteilt, "den vom Kläger erklärten Teilverzicht auf den Beitragszuschuß zu berücksichtigen"(Urteil vom 7. Februar 1991). Das LSG ist folgender Auffassung: Auf den Beitragszuschuß nach § 83e Abs 1 Nr 1 AVG für Pflichtmitglieder der KVdR könne ebenso verzichtet werden wie auf den (antragsabhängigen) Zuschuß nach § 83e Abs 1 Nr 2 AVG, der Rentenbeziehern gewährt wird, die freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung oder privat versichert sind. Denn auch der Zuschuß für pflichtige KVdR-Mitglieder sei eine Sozialleistung iS des § 46 Abs 1 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB I). Die staatlichen und kommunalen Dienstherren seien als Beihilfestellen durch § 46 Abs 2 SGB I nicht geschützt. Im übrigen wirke sich der Verzicht des Klägers nicht unmittelbar zum Nachteil der Beihilfestelle aus.
Mit ihrer - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 46 Abs 1 SGB I, 83e Abs 1 Nr 1 AVG. Der Beitragszuschuß iS von § 83e Abs 1 Nr 1 AVG sei kein echter Zuschuß im sprachlichen Sinne, sondern ein vom Rentenversicherungsträger zu tragender Beitragsanteil. Er unterliege als solcher nicht der Disposition des Rentners, weil er keine Sozialleistung iS des § 46 Abs 1 SGB I sei. Dies entspreche den Regelungen über die Abführung der Krankenversicherungsbeiträge für pflichtversicherte Arbeitnehmer. Auch dabei könne der Arbeitnehmer auf den vom Arbeitgeber zu tragenden Beitragsanteil nicht verzichten. Im übrigen sei fraglich, ob der Kläger von § 12 Abs 5 der Beihilfeverordnung des Landes Rheinland-Pfalz überhaupt erfaßt sei, da ein erhöhter Beihilfesatz nur für freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung in Betracht komme, der Kläger aber Pflichtmitglied der BEK sei.
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Februar 1991 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 18. Juli 1990 zurückzuweisen. |
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Der Kläger beantragt,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.
Der Kläger kann sein Begehren, die BfA möge seine Verzichtserklärung vom 9. April 1989 mit Wirkung vom 1. Mai 1989 berücksichtigen, zulässigerweise mit der - kombinierten - Anfechtungs-und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) verfolgen. Da ihm der Beitragszuschuß durch bindend (§ 77 SGG) gewordenen Verwaltungsakt (Bescheid vom 23. November 1988) in gesetzlicher Höhe zuerkannt ist, darf die BfA ihm einen geringeren Zuschuß nur zahlen, wenn dieser Bescheid insoweit aufgehoben und durch eine neue Feststellung der Höhe des Zuschusses ersetzt wird. Der vom Kläger erhobene Anspruch (§ 123 SGG) ist also darauf gerichtet, den streitigen Bescheid, mit dem - worauf zurückzukommen ist - die BfA dies abgelehnt hat, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Beitragszuschuß ab 1. Mai 1989 auf 40,-- DM festzusetzen.
Zu dieser Klage ist der Kläger befugt (§ 54 Abs 1 Satz 2 SGG). Zwar geht der Verfügungssatz des streitigen Bescheides dahin, es werde abgelehnt, der Verzichtserklärung des Klägers bei der Zahlung des Beitragszuschusses zu entsprechen. Die - in der Kompetenz des Revisionsgerichts liegende - Auslegung dieses Verwaltungsakts führt unter Berücksichtigung des oben dargestellten Begehrens des Klägers, das schon den Gegenstand des Verwaltungsverfahrens (§ 8 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch [SGB X]) bestimmt hat, zu dem Ergebnis, daß die BfA die angestrebte Änderung der bindenden Zuschußregelung und damit sowohl den Neufeststellungsantrag des Klägers abgelehnt als auch sein Recht, auf diesen Zuschuß zu verzichten, in Streit gestellt hat.
Hierzu war die Beklagte nicht befugt. Sie ist nämlich gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 4 Regelung 1 SGB X iVm § 83e Abs 1 Nr 1 AVG ermächtigt und verpflichtet, die bindende Regelung über den Beitragszuschuß zur KVdR, der ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist, in dem vom Kläger gewünschten Sinn abzuändern (vgl zu der Frage, ob bei einem Verzicht ein "Anerkennungsbescheid"/ "Einstellungsbescheid" zu erteilen ist bejahend: Casselmann in: Koch/Hartmann, Die Rentenversicherung im Sozialgesetzbuch, Band I, SGB-AT § 46 Rz 5; Maier/Hannemann/Laufer/Konieczka/ Eibs, SGB I, 6. Auflage 1983, § 46 Anm 6 S 131; ablehnend: Lilge/ von Einem, SGB/RVO/SGG-GesKomm, § 46 SGB I Anm 2; Gitter in: Bochumer Kommentar, SGB-AT § 46 Rz 19). Denn durch die der Beklagten am 11. April 1989 zugegangene Verzichtserklärung des Klägers ist - was hier bei Anwendung von § 48 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 4 SGB X allein fraglich sein kann - mit Wirkung vom 1. Mai 1989 eine wesentliche Änderung gegenüber dem Bescheid vom 23. November 1988 insoweit eingetreten, als dem Kläger seither der Anspruch auf Beitragszuschuß (§ 83e Abs 1 Nr 1 AVG) in Höhe von nur noch 40,-- DM zusteht. Er hat nämlich auf den ihm zuvor bindend zuerkannten höheren Zuschußbetrag wirksam verzichtet.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Anspruch auf einen Beitragszuschuß iS von § 83e Abs 1 Nr 1 AVG nach § 46 SGB I verzichtbar. Nach § 46 Abs 1 SGB I kann auf "Ansprüche auf Sozialleistungen" durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger verzichtet werden. Die Verzichtserklärung ist - wie ihr Gegenstück: der Widerruf des Verzichts iS von § 46 Abs 1 Halbs 2 SGB I -, eine einseitige, gestaltende und empfangsbedürftige Willenserklärung, die - falls wirksam - den verzichtsgegenständlichen "Anspruch" auf die Sozialleistung, nicht das ihm zugrunde liegende subjektive Recht (Stammrecht), - und hierauf ist ihre Gestaltungswirkung begrenzt - erlöschen läßt. Der Beitragszuschuß, den der Kläger nach § 83e Abs 1 Nr 1 AVG zu beanspruchen hat, ist - wie derjenige nach Nr 2 aaO -eine (wiederkehrende) "Sozialleistung" iS von § 46 Abs 1 SGB I, nämlich eine Geldleistung iS von § 11 Satz 1 SGB I, die der Rentenbezieher gemäß § 83e Abs 1 Nr 1 und 2 AVG vom Rentenversicherungsträger monatlich "erhält", auf die er also einen "Anspruch"(§ 194 Abs 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs [BGB]) hat (§ 38 SGB I).
Rentenbezieher, die - wie der Kläger - ua nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, erhalten zu ihrer Rente einen Zuschuß zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung (§ 83e Abs 1 Nr 1 AVG). Entsprechendes gilt für die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versicherten Rentner (§ 83e Abs 1 Nr 2 AVG). Der 1. Senat des BSG (E 66, 198, 200 = SozR 3-5795 § 4 Nr 2) und ihm folgend der 8. Senat des BSG (Urteil vom 26. September 1991 - 8 RKn 15/90, zur Veröffentlichung vorgesehen) haben bereits klargestellt, daß dieser seit dem 1. Januar 1983 individuell berechnete Beitragszuschuß eine "Sozialleistung" ist. Der erkennende Senat tritt den Ausführungen des 1. Senats des BSG (aaO) bei, insbesondere auch dessen Darlegung, daß die Umstellung des Beitrags zur KVdR von einer Pauschalabführung in eine Einzelfalleistung nicht lediglich zu einer anderen Berechnungsmethode geführt, sondern durch eine qualitative Änderung des Beitragszuschusses eine zusätzliche Sozialleistung eingeführt hat. Deswegen ist hier nur ergänzend und bestätigend auf folgendes hinzuweisen:
Gegenstand der sozialen Rechte sind die im SGB I vorgesehenen Sozialleistungen (Dienst-, Sach- und Geldleistungen: § 11 Satz 1 SGB I). Dazu gehören im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung ua auch Zuschüsse zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung (§ 23 Abs 1 Nr 1 Buchst e SGB I). Diese sind nach § 12 Nr 5 AVG Regelleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Weder § 23 Abs 1 Nr 1 Buchst e SGB I noch die §§ 12 Nr 5, 83e Abs 1 Nr 1 AVG bieten einen Ansatzpunkt, diese Regelleistung könne für einen Teil der Empfänger keine Sozialleistung sein. Wortlaut und Systematik des Gesetzes lassen vielmehr keine Differenzierung zwischen Zuschüssen nach § 83e Abs 1 Nr 1 AVG und solchen nach § 83e Abs 1 Nr 2 AVG - je nach der Rechtsnatur des Krankenversicherungsverhältnisses - zu.
Im Gegenteil: Die Ansicht der Beklagten, § 83e Abs 1 Nr 1 AVG enthalte nur eine Beitragslastregelung, ist auch unvereinbar mit der Stellung der Vorschrift im Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung (Zweiter Abschnitt: Leistungen aus der Versicherung/ A: Regelleistungen/ VI: Zuschüsse zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung). Vielmehr setzt § 83e Abs 1 Nr 1 und 2 AVG - wie sich für pflichtige KVdR-Mitglieder ausdrücklich aus § 83e Abs 2 Satz 1 AVG ergibt - voraus, daß der pflichtversicherte Rentner den gesamten Krankenversicherungsbeitrag im Rechtssinne (nicht notwendig wirtschaftlich) allein zu tragen hat.
Die Ansicht der Beklagten steht überdies in Widerspruch zu der noch bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Beitragslastregelung in § 250 Abs 1 Nr 1 SGB V. Nach dieser Vorschrift haben die krankenversicherungspflichtigen Rentner die Beiträge aus den Renten der gesetzlichen Rentenversicherung - rechtlich - "allein" zu tragen. Die Zuschußregelung in § 83e Abs 1 Nr 1 AVG iVm § 250 Abs 1 Nr 1 SGB V ist also rechtlich grundlegend anders ausgestaltet als die Beitragslastregelung im Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern (§ 249 Abs 1 SGB V). Etwas anderes wird erst nach der ab 1. Januar 1992 an die Stelle der §§ 83e Abs 1 Nr 1 AVG, 250 Abs 1 Nr 1 SGB V tretenden Vorschrift des § 249a SGB V idF des Rentenreformgesetzes 1992 vom 18. Dezember 1989 (RRG 1992 - BGBl I S 2261, dort Art 4 Nrn 17, 18; Art 83 Abs 1) gelten. Danach tragen ab 1. Januar 1992 die krankenversicherungspflichtigen Rentner, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, und die Träger der Rentenversicherung die nach der Rente zu bemessenden Beiträge jeweils zur Hälfte. Gemäß § 106 SGB VI idF des RRG 1992 wird ein Beitragszuschuß zur Krankenversicherung nur noch den freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder den privat versicherten Rentnern gewährt werden. Dies ist augenfällig keine rein sprachliche Klarstellung des derzeit gültigen Rechts, sondern eine wesentliche inhaltliche Rechtsänderung für die Zukunft. Der Begründung des Gesetzentwurfes zum RRG 1992 kann deswegen - anders als die Beklagte meint - auch nicht entnommen werden,daß die neue (künftige) Beitragslastregelung lediglich der Vereinfachung und besseren Verständlichkeit der Rentenanpassungsmitteilungen dienen soll. Vielmehr heißt es dort, daß Rentner und Rentenversicherungsträger "in Zukunft" den Krankenversicherungsbeitrag jeweils zur Hälfte tragen und "dafür" die Zahlung des Krankenversicherungszuschusses entfällt (vgl BT-Drucks 11/4124 Seite 211 zu § 249a). Es liegt also fern, aus dieser erst zum 1. Januar 1992 in Kraft tretenden Rechtsänderung zu folgern, der Beitragszuschuß nach derzeit geltendem Recht sei keine Sozialleistung iS von § 46 SGB I.
Der vom Kläger ausgesprochene Teilverzicht auf den Anspruch auf den Beitragszuschuß ist als einseitiges Verfügungsgeschäft über ein bestimmtes einzelnes Vermögensobjekt wirksam und insoweit von dem dadurch begünstigten Schuldner, dh: der BfA, hinzunehmen. Nach § 46 Abs 2 SGB I ist ein Verzicht unwirksam, soweit durch ihn andere Personen oder Leistungsträger belastet oder - was hier nicht in Betracht kommt - Rechtsvorschriften umgangen werden. Diese Vorschrift soll verhindern, daß der Berechtigte durch einen (Teil-)Verzicht die im öffentlichen Interesse durch das SGB geregelte Lastenverteilung zwischen den Leistungsträgern oder die gesetzliche Rangfolge der Ansprüche auf Sozialleistungen (§ 11 SGB I) ändert oder eine sozialrechtliche Versorgungslücke schafft, die seine - zivilrechtliche - Unterhaltsfähigkeit verringert (vgl § 48 SGB I) oder Unterhaltsbedürftigkeit erhöht und deswegen unterhaltspflichtige oder unterhaltsberechtigte natürliche Personen zusätzlich - kraft Gesetzes - belastet (stellvertretend Hauck/Haines, SGB I, K § 46 Rdnr 6 mwN; vgl schon BSG SozR 2200 § 1283 Nr 1).
Der hier streitige Verzicht des Klägers belastet weder die BfA mit einer anderen - höheren - Leistungspflicht noch einen anderen Leistungsträger (§ 12 SGB I), ebensowenig eine unterhaltspflichtige oder unterhaltsberechtigte natürliche Person. Die - von den Beteiligten aufgeworfene - landesrechtliche und damit grundsätzlich bundesgerichtlicher Prüfung entzogene (§ 162 SGG) Frage, ob der für den Kläger zuständige Beihilfeträger diesem wirklich gemäß § 12 Abs 5 der Beihilfeverordnung für das Land Rheinland-Pfalz vom 31. März 1958 idF vom 4. August 1988 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz, Seite 196) höhere Beihilfe gewähren muß, ist in diesem Rechtsstreit nicht zu entscheiden. Der Dienstherr eines Beamten ist nämlich als nach Beamtenrecht Beihilfepflichtiger schon deshalb kein geschützter Leistungsträger iS der §§ 46 Abs 2, 12 Satz 1, 18 bis 29 SGB I (vgl Maier/Hannemann/Laufer/Konieczka/Eibs, SGB I, 6. Auflage 1983, § 46 Anm 5 Seite 130), weil er in dieser Eigenschaft keine Sozialleistungen iS des SGB erbringt. Deswegen ist auch nicht darauf einzugehen, ob der für die BfA gemäß § 46 SGB I wirksame Verzicht für den Träger der Beihilfe nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften überhaupt beachtlich ist (vgl zu einer ähnlichen Fallgestaltung BSGE 21, 279 = SozR Nr 9 zu § 1291 RVO). Keiner Erörterung bedarf, daß der Dienstherr des Klägers auch nicht zu den sonstigen nach bürgerlichem Recht unterhaltspflichtigen oder unterhaltsberechtigten natürlichen "Personen" iS von § 46 Abs 2 SGB I gehört (zu dieser Einschränkung des geschützten Personenkreises vgl stellvertretend Verbandskommentar, Herausgeber: Verband deutscher Rentenversicherungsträger, SGB I § 46 Rz 6; Casselmann, aaO, § 46 SGB I Rz 8; Lilge/von Einem, aaO, § 46 SGB I Anm 5; Gitter in: Bochumer Kommentar, SGB-AT, § 46 Rz 6; BT-Drucks 286/73 Seite 30 zu § 46).
Der Teilverzicht des Klägers wäre auch dann nicht unwirksam, wenn § 12 Abs 5 der Beihilfeverordnung Rheinland-Pfalz - wie die Beklagte meint - nur auf freiwillige Versicherte Anwendung findet, der Kläger also den erhofften Vorteil nicht erlangen kann. In diesem Falle hätte er sich bei Abgabe seiner Verzichtserklärung möglicherweise in einem - unbeachtlichen - Motivirrtum befunden, welcher die Wirksamkeit des Verzichts nicht in Frage stellt. Denn die allgemeine Handlungsfreiheit der Versicherten (Art 2 Abs 1 des Grundgesetzes [GG]), welche als Freiheit im wirtschaftlichen Verkehr ua durch die Rechtsmacht zum Verzicht nach § 46 SGB I für das Sozialleistungsrecht konkretisiert wird, gebietet, den wirksam erklärten Rechtswillen des mündigen Bürgers zu achten (vgl Hommel/Peters, Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil, 35. Lfg 1986, § 46 Anm 3). Deswegen darf die Beklagte ihm den höheren Zuschuß auch nicht aus Fürsorgegründen ohne besondere gesetzliche Ermächtigung "aufdrängen". Ob im Blick auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch etwas anderes gilt, wenn der Berechtigte den Verzicht infolge von ihm nachgefragter und vom verpflichteten Leistungsträger falsch erteilter Auskunft oder Beratung erklärt, ist hier nicht zu entscheiden.
Schließlich wird - entgegen der Ansicht der BfA - die Wirksamkeit des Teilverzichts des Klägers auch nicht durch die hiervon hervorgerufene verfahrenstechnische Mehrbelastung der Beklagten in Frage gestellt. Derartige verwaltungstechnische Probleme benennt § 46 Abs 2 SGB I nicht als Unwirksamkeitsgrund. Ein iS von Mißbrauch oder Schikane (§§ 242, 226 BGB) grobes Mißverhältnis zwischen dem Nutzen des Verzichts für den Kläger und eventueller verwaltungstechnischer Nachteile für die Beklagte ist nicht ersichtlich, gleichfalls nicht ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten (§§ 134, 138 Abs 1 BGB).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen