Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Elternteil-Kind-Maßnahme. Mitversorgung eines Begleitkindes als Annex der als eigenständige Gesamtleistung konzipierten Vorsorgeleistung des Elternteils. kein eigener Anspruch des Begleitkindes. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht. hier: keine Erstattung der Kosten für Mitversorgung eines GKV-versicherten Begleitkindes während Sanatoriums-/Kurbehandlung seiner PKV-versicherten Pflegemutter
Orientierungssatz
1. Die Mitversorgung eines Begleitkindes im Rahmen einer Elternteil-Kind-Maßnahme in einer Einrichtung des Müttergenesungswerks oder einer gleichartigen Einrichtung ist nach der Konzeption des Gesetzes nur unselbstständiger Teil des einheitlichen Gesamtanspruchs des in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Elternteils auf medizinische Vorsorge. Das Gesetz gibt nach seinem klaren Wortlaut (vgl amtliche Überschrift: "Medizinische Vorsorge für Mütter und Väter") und einer damit kohärenten Normhistorie nur den versicherten Müttern und Vätern, nicht aber den Kindern einen Anspruch auf eine Elternteil-Kind-Maßnahme (§ 24 Abs 1 S 1 Halbs 2, S 2 SGB 5). Hierbei handelt es sich um eine als eigenständige Gesamtleistung konzipierte Vorsorgeleistung, die zur Erreichung des Vorsorgeziels bei Müttern und Vätern als Annex auch die Versorgung von Begleitkindern mit Unterkunft, Verpflegung und Betreuung in der Einrichtung mit umfasst.
2. Die Regelung ist mit höherrangigem Recht vereinbar und verletzt insbesondere nicht die Grundrechte aus Art 2 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip, Art 2 Abs 2 GG, Art 3 Abs 1 GG und Art 6 Abs 1 GG.
3. Zum Streit über die Erstattung der Kosten des stationären Aufenthaltes eines gesetzlich krankenversicherten Begleitkindes während einer von seiner gemäß hessischem Beihilferecht als Angehörige berücksichtigungsfähigen und ergänzend in der privaten Krankenversicherung versicherten Pflegemutter absolvierten Sanatoriums-/Kurbehandlung.
Normenkette
SGB V § 24 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, S. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 4 S. 1, § 13 Abs. 3 S. 1 Alt. 2; GG Art. 2 Abs. 1-2, Art. 3 Abs 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Januar 2018 wird zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten des stationären Aufenthalts des Klägers als Begleitkind während einer von seiner Pflegemutter absolvierten Sanatoriums-/Kurbehandlung.
Die Pflegemutter des bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten, am 8.7.2013 geborenen Klägers ist eine nach ihrem Ehemann, dem Pflegevater, gemäß hessischem Beihilferecht berücksichtigungsfähige Angehörige und ergänzend in der privaten Krankenversicherung (PKV) versichert. Der Pflegevater beantragte bei der Beklagten eine Mutter-Kind-Maßnahme für den Kläger und ein weiteres Pflegekind (15.9.2014). Die Beklagte lehnte Leistungen für den Kläger ab, weil er die medizinischen Voraussetzungen einer solchen Maßnahme nicht erfülle. Die Kosten, die für ihn als Begleitkind aufzuwenden seien, hätten ggf der Beihilfeträger und die PKV zu übernehmen (Bescheid vom 26.9.2014, Widerspruchsbescheid vom 11.11.2014). Noch vor Klageerhebung traten die Pflegemutter und der Kläger - zusammen mit dem zweiten Pflegekind - die vom 26.11. bis 12.12.2014 dauernde stationäre Maßnahme an. Das SG hat die Klage auf Zahlung von 1199,20 Euro nebst Zinsen abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 19.1.2017). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen: Der Kläger habe keinen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V, weil er als Begleitkind gegen die Beklagte keinen Sachleistungsanspruch habe. Mangels medizinischer Erforderlichkeit sei ein Anspruch auf Versorgung mit einer medizinischen Vorsorgeleistung (§ 23 SGB V) ausgeschlossen. Einer Mutter-Kind-Maßnahme (§ 24 SGB V) stehe entgegen, dass die Pflegemutter, die in der Klinik Nordseeküste stationär behandelt worden sei, nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert sei. Eine vom Kläger angenommene gesetzliche Regelungslücke könne angesichts der strikten Trennung zwischen GKV und anderen Systemen der Absicherung gegen das Risiko Krankheit nicht im Wege der Rechtsfortbildung durch die Erweiterung der Leistungspflicht der GKV geschlossen werden (Urteil vom 25.1.2018).
Der Kläger rügt mit seiner Revision sinngemäß die Verletzung von § 24 SGB V sowie von Art 3 Abs 1 und Art 6 Abs 1 GG. § 24 SGB V sei zur Vermeidung einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes iVm dem grundrechtlich verbürgten Schutz der Familie verfassungskonform dahin auszulegen, dass in Fallgestaltungen, in denen die einem Pflegeelternteil gewährte Hauptleistung der Mutter-Kind-Maßnahme einem anderen Sicherungssystem zugeordnet sei, das GKV-versicherte Pflegekind auch als Begleitkind gegenüber seiner KK leistungsberechtigt sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. Januar 2018 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 19. Januar 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 1199,20 Euro nebst Zinsen hierauf von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Dezember 2014 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG die Berufung des Klägers gegen den die Klage abweisenden Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung von 1199,20 Euro Kosten seiner Mitaufnahme in der Klinik Nordseeküste vom 26.11. bis 12.12.2014.
Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Erstattung der Kosten ist allein § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 SGB V (idF durch Art 1 Nr 5 Buchst b Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung ≪Gesundheitsstrukturgesetz≫ vom 21.12.1992, BGBl I 2266). Hat die KK danach eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der KK in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Dieser Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN - LITT; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 13). Daran fehlt es. Die Beklagte lehnte es rechtmäßig ab, den Kläger mit einer stationären Vorsorgeleistung (dazu 1.) oder einer Mutter-Kind-Maßnahme zu versorgen (dazu 2.).
1. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf eine stationäre Vorsorgeleistung (§ 23 Abs 4 SGB V). Eine solche Leistung war nach den unangegriffenen, den erkennenden Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG nicht erforderlich, weil der an einer Atemwegserkrankung leidende Kläger im Maßnahmezeitraum aufgrund seines geringen Alters von etwas mehr als 16 Monaten noch nicht fähig war, an einer multimodalen Komplexbehandlung mit Nutzung von Heilmitteln, physikalischen Maßnahmen und Patientenschulung teilzunehmen.
2. Der Kläger hatte auch als sog Begleitkind schon aus Rechtsgründen aus der Regelung der medizinischen Vorsorge für Mütter und Väter keinen eigenständigen Naturalleistungsanspruch gegen die Beklagte auf aus medizinischen Gründen erforderliche Vorsorgeleistungen in einer Einrichtung des Müttergenesungswerks oder einer gleichartigen Einrichtung.
a) Das Gesetz sieht einen eigenständigen Anspruch in der GKV versicherter Kinder auf medizinische Vorsorgeleistungen nur vor, wenn diese notwendig sind, um einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung der Kinder entgegenzuwirken (vgl § 23 Abs 1 Nr 2, Abs 2 und Abs 4 Satz 1 SGB V). Diese Leistungen werden, auch wenn sie stationär erbracht werden, nicht als Elternteil-Kind-Maßnahme nach § 24 SGB V erbracht. Die Mitversorgung des Begleitkindes im Rahmen einer Elternteil-Kind-Maßnahme in einer Einrichtung des Müttergenesungswerks oder einer gleichartigen Einrichtung ist nach der Konzeption des Gesetzes nur unselbstständiger Teil des einheitlichen Gesamtanspruchs des in der GKV versicherten Elternteils auf medizinische Vorsorge. Das Gesetz gibt nach seinem klaren Wortlaut (vgl amtliche Überschrift: "Medizinische Vorsorge für Mütter und Väter") und einer damit kohärenten Normhistorie nur den versicherten Müttern und Vätern, nicht aber den Kindern einen Anspruch auf eine Elternteil-Kind-Maßnahme (§ 24 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2, Satz 2 SGB V). Hierbei handelt es sich um eine als eigenständige Gesamtleistung konzipierte Vorsorgeleistung, die zur Erreichung des Vorsorgeziels bei Müttern und Vätern als Annex auch die Versorgung von Begleitkindern mit Unterkunft, Verpflegung und Betreuung in der Einrichtung mit umfasst (zum umgekehrten Fall, dass ein stationär zu behandelndes, in der GKV versichertes Kind einer Begleitperson bedarf, vgl § 11 Abs 3 SGB V). Zweck der medizinischen Vorsorge für Mütter und Väter ist die Mütter- und Vätergenesung, nicht eine "Kindergenesung". Die Möglichkeit der Einbeziehung der Kinder in diese Vorsorgeleistungen dient dazu, den Müttern und Vätern den Zugang zu den Vorsorgeleistungen in Einrichtungen des Müttergenesungswerks und in gleichartigen Einrichtungen zu erleichtern. Die Einbeziehung der Kinder soll bestehende Hemmnisse und Hindernisse, die sich aus den Betreuungsverpflichtungen für die eigenen Kinder und Pflegekinder ergeben, durch die Gewährung der Vorsorgeleistung als Mutter/Vater-Kind-Maßnahme aus dem Weg räumen. Die Leistungen erfolgen als Annex der Vorsorge für einen Elternteil allein um der Mütter und Väter willen. Dementsprechend ist der Anspruch eines in der GKV versicherten Elternteils auf diese Leistung auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass das begleitende Kind nicht in der GKV versichert ist (vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 28.5.2019 - B 1 KR 4/18 R - RdNr 9 ff mwN, vorgesehen zur Veröffentlichung in BSGE und SozR).
Es bedürfte einer ausdrücklichen Regelung, an der es fehlt, wollte das Gesetz eigenständige Ansprüche der Begleitkinder begründen. Die Mitversorgung von Begleitkindern betrifft lediglich die aufgezeigten sozialen Rahmenbedingungen des Anspruchs auf "Medizinische Vorsorge für Mütter und Väter". Zu den Aufgaben der GKV gehört es grundsätzlich nicht, die für eine erfolgreiche Krankenbehandlung und Verhütung von Krankheiten notwendigen gesellschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen zu schaffen oder diesbezügliche Defizite durch eine Erweiterung des gesetzlichen Leistungsspektrums auszugleichen. Das Gesetz selbst legt die Ausnahmen ausdrücklich fest (vgl zur Krankenbehandlung BSG Großer Senat BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 19 f). Gesetzessystematisch muss sich die Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften im 3. Kapitel des SGB V nämlich am Gegenstand der GKV als einer Versicherung gegen Krankheit orientieren. Deren Aufgabe ist es, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern (§ 1 Satz 1 SGB V). Es geht dabei um die Bereitstellung der für diese Zwecke benötigten medizinischen Versorgung, wie sich aus zahlreichen Einzelvorschriften des Leistungsrechts, insbesondere aus der Beschreibung der Leistungsziele in § 11 Abs 1 SGB V und zB § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V sowie aus dem Leistungskatalog in § 27 Abs 1 Satz 2 SGB V ersehen lässt. Gleiches gilt auch für die Leistungen zur Verhütung von Krankheiten im dritten Abschnitt des dritten Kapitels des SGB V, speziell auch für den Anspruch auf "Medizinische Vorsorge für Mütter und Väter".
b) Die Regelung ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Ausgestaltung der Anspruchsberechtigung für Mütter und Väter hinsichtlich aus medizinischen Gründen erforderlicher Vorsorgeleistungen in einer Einrichtung des Müttergenesungswerks oder einer gleichartigen Einrichtung mit der Möglichkeit, eigene Kinder mitzunehmen und sie dort zu Lasten der KK versorgen zu lassen, aber ohne eigenständigen Anspruch dieser Begleitkinder, verletzt insbesondere nicht die Grundrechte des Klägers aus Art 2 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip, Art 2 Abs 2 GG, Art 3 Abs 1 und Art 6 Abs 1 GG. Weder Art 6 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG (dazu aa) noch Art 2 Abs 1 GG iVm dem grundgesetzlichen Sozialstaatsprinzip und Art 2 Abs 2 GG (dazu bb) vermögen einen Anspruch des Klägers zu begründen. Auch im Übrigen ist Art 3 Abs 1 GG nicht verletzt (dazu cc).
aa) Aus dem Förderungsgebot des Art 6 Abs 1 GG lassen sich keine konkreten Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen ableiten (vgl BVerfGE 107, 205, 212 f = SozR 4-2500 § 10 Nr 1, RdNr 28; BSG Beschluss vom 2.11.2006 - B 1 KR 111/06 B - juris RdNr 10).
bb) Die Gesetzesregelung verstößt auch nicht gegen die Grundsätze grundrechtsorientierter Auslegung aufgrund des Grundrechts aus Art 2 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art 2 Abs 2 GG (vgl BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5). Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch ist auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr Versicherter beschränkt (vgl BVerfGE 140, 229 = SozR 4-2500 § 92 Nr 18, RdNr 18). Danach ist es von Verfassungs wegen nicht geboten, die Grundsätze des Beschlusses vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) auf Erkrankungen zu erstrecken, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar sind. Dies würde dem Ausnahmecharakter eines solchen verfassungsunmittelbaren Leistungsanspruchs nicht gerecht werden (vgl BVerfGE 140, 229 = SozR 4-2500 § 92 Nr 18, RdNr 18; BSGE 120, 170 = SozR 4-2500 § 34 Nr 18, RdNr 57).
Um eine eigene lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung geht es bei Begleitkindern wie dem Kläger ohnehin nicht. Betroffen sind ihrer Art nach Annexe zu Leistungen der medizinischen Vorsorge zugunsten eines versicherten Elternteils, hier der nicht GKV-versicherten Mutter. Bereits Vorsorgeleistungen für Versicherte, denen Erkrankung droht, betreffen einen Grenzbereich zwischen Krankheit und solchen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen eines Menschen, deren Beseitigung oder Besserung durch Leistungen der GKV nicht von vornherein veranlasst ist. In diesem Bereich hat der Gesetzgeber in besonderem Maße die Freiheit, selbst die Voraussetzungen der Gewährung dieser Leistungen der GKV näher zu bestimmen. Der Gesetzgeber kann schon im Rahmen der Krankenbehandlung aus verfassungsrechtlicher Sicht grundsätzlich frei entscheiden, von welchen Elementen der zu ordnenden Lebenssachverhalte die Leistungspflicht abhängig gemacht und die Unterscheidung gestützt werden soll (vgl BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5, RdNr 27; BVerfG Beschluss vom 5.3.1997 - 1 BvR 1071/95 - NJW 1997, 3085; vgl zum Ganzen zB auch BSGE 96, 153 = SozR 4-2500 § 27 Nr 7, RdNr 23, 29 - D-Ribose; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 46 - Lorenzos Öl; BSG SozR 4-2500 § 55 Nr 2 RdNr 44; BSG Urteil vom 2.9.2014 - B 1 KR 12/13 R - juris RdNr 16). Der Gesetzgeber ist noch freier bei der Ausdehnung von Leistungsansprüchen der GKV auf die Schaffung lediglich sozialer Rahmenbedingungen, wie es bei der Regelung der Mitversorgung von Begleitkindern zur Ermöglichung des Anspruchs auf "Medizinische Vorsorge für Mütter und Väter" der Fall ist.
cc) Eine Grenze des Gestaltungsspielraums ist wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) erst dann erreicht, wenn sich für eine Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund mehr finden lässt (BSG Urteil vom 2.9.2014 - B 1 KR 12/13 R - juris RdNr 16 unter Hinweis auf BVerfGE 102, 68, 87 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42 S 184). Daran fehlt es. Eine nennenswerte Ungleichbehandlung kann sich aufgrund der Absicherung des Krankheitsrisikos der Pflegemutter außerhalb der GKV daraus ergeben, dass nach den für die Pflegemutter maßgeblichen Sicherungssystemen (Beihilfe und PKV; nur PKV) kein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Mitaufnahme eines die Pflegemutter begleitenden Kindes in die Kureinrichtung bzw das Sanatorium besteht. Dies verstößt aber nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, sondern ist Folge der Entscheidung des Gesetzgebers für unterschiedliche Systeme zur Absicherung des Risikos der Krankheit. Es steht unter Geltung des Sozialstaatsprinzips im Ermessen des Gesetzgebers, sich für verschiedene Leistungssysteme zu entscheiden, in denen sich der Gleichheitssatz unterschiedlich auswirkt (vgl BSGE 38, 149, 150 = SozR 2200 § 1267 Nr 3 S 10; BSGE 41, 157, 158 f = SozR 5420 § 2 Nr 2 S 2; BSGE 47, 259, 260 f = SozR 3100 § 40a Nr 6 S 16 f; BSG Beschluss vom 2.11.2006 - B 1 KR 111/06 B - juris RdNr 9; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 12 RdNr 14 mwN; zur Gestaltungsfreiheit hinsichtlich Versicherungspflicht und Versicherungsberechtigung in der GKV vgl zB BVerfGE 18, 38, 45 f; 18, 257, 265 ff; 18, 366 = SozR Nr 54, 55, 56 zu Art 3 GG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
NZS 2020, 509 |
SGb 2019, 538 |