Beteiligte
Innungskrankenkasse Rheinland-Pfalz |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. März 1997 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld.
Der 1938 geborene Kläger war selbständiger Zimmermann und Inhaber eines Handwerksbetriebs für Holz- und Innenausbau, den er Ende Mai 1995 aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat. Bis zu diesem Zeitpunkt war er bei der beklagten Innungskrankenkasse freiwillig mit Anspruch auf Krankengeld ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit versichert.
Im Anschluß an einen Verkehrsunfall (Arbeitsunfall) im Dezember 1988, bei dem er ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule erlitten hatte, erhielt der Kläger bis 6. Februar 1989 von der zuständigen Berufsgenossenschaft (BG) Verletztengeld. Unabhängig davon bestand nach ärztlicher Beurteilung ebenfalls seit Dezember 1988 Arbeitsunfähigkeit wegen degenerativer Kniegelenks- und Wirbelsäulenschäden. Nachdem dies am 7. April 1989 ärztlich festgestellt worden war, gewährte die Beklagte dem Kläger vom 19. Mai 1989 bis 15. November 1990 für 78 Wochen Krankengeld. Ab 21. November 1990 bewilligte ihm die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Rente wegen Berufsunfähigkeit, weil er nach dem Ergebnis des eingeholten Gutachtens in seinem Beruf als selbständiger Zimmermann seit Dezember 1988 nicht mehr arbeitsfähig sei. Dessenungeachtet nahm er nach eigenen Angaben seine Tätigkeit im Betrieb im Januar 1991 wieder auf.
Am 9. Oktober 1992 trug der Kläger bei einem erneuten Verkehrsunfall (Arbeitsunfall) multiple Körperprellungen und eine Schürfwunde am linken Knie davon. Die BG anerkannte eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis 28. Oktober 1992 und zahlte Verletztengeld. Von seinen behandelnden Ärzten wurde der Kläger in der Folge wegen Störungen des Bewegungsapparats, beiderseitiger Kniegelenksarthrose und eines chronischen Wirbelsäulensyndroms weiterhin krankgeschrieben. Nach Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld aufgrund der ab 9. Oktober 1992 bestehenden Arbeitsunfähigkeit ab, weil der Kläger infolge der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und der Kniegelenke sowie eines hirnorganischen Psychosyndroms seit Dezember 1988 durchgehend arbeitsunfähig sei und deshalb die Voraussetzungen für das Entstehen eines neuen Krankengeldanspruchs nach Ablauf der Dreijahresfrist des § 48 Abs 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht erfülle (Bescheid vom 16. Juli 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. September 1993). Die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Koblenz durch Urteil vom 31. Mai 1994 abgewiesen.
Wegen der Folgen eines am 13. September 1994 auf dem Weg zum Arzt erlittenen weiteren Verkehrsunfalls war der Kläger bis 14. November 1994 arbeitsunfähig. Danach schrieb ihn sein behandelnder Orthopäde erneut wegen der Gonarthrose und des chronischen Wirbelsäulensyndroms krank. Die Beklagte lehnte die Zahlung von Krankengeld im Anschluß an den Unfall vom 13. September 1994 mit der Begründung ab, bei den Unfallfolgen habe es sich um eine während bestehender Arbeitsunfähigkeit hinzugetretene Erkrankung gehandelt, die keinen neuen Anspruch ausgelöst habe (Bescheid vom 22. November 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 1995). Auch die hiergegen gerichtete Klage war erfolglos (Urteil des SG vom 21. September 1995).
Die gegen die Urteile vom 31. Mai 1994 und 21. September 1995 eingelegten Berufungen hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und durch Urteil vom 26. März 1997 zurückgewiesen. Aus den zur Verfügung stehenden ärztlichen Gutachten ergebe sich, daß die gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die im Oktober 1992 und im September 1994 erlittenen Unfälle lediglich zu der bestehenden Grunderkrankung hinzugekommen seien, welche mit ihren vielfältigen Beschwerden und Funktionseinschränkungen bereits für sich allein durchgehend seit Dezember 1988 Arbeitsunfähigkeit verursacht habe. Da der Kläger dafür bereits in dem ersten Dreijahreszeitraum (Blockfrist) vom 27. Dezember 1988 bis 26. Dezember 1991 Krankengeld im Umfang der Höchstbezugsdauer von 78 Wochen erhalten habe, habe in dem nachfolgenden Dreijahreszeitraum kein neuer Anspruch wegen derselben Krankheit entstehen können. Der Krankengeldanspruch sei auch nicht mit Beginn der dritten Blockfrist am 27. Dezember 1994 wiederaufgelebt. Die Regelung des § 48 Abs 2 SGB V könne ungeachtet ihres Wortlauts nicht in diesem Sinne verstanden werden, denn sie sei gerade zu dem Zweck geschaffen worden, einen rentenähnlichen Bezug von Krankengeld bei dauernder Unfähigkeit zur Verrichtung einer Erwerbstätigkeit zu unterbinden.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 48 Abs 2 SGB V. Diese Bestimmung sei in seinem Fall von vornherein nicht anwendbar, weil es sich bei den Krankheitszuständen nach den Unfällen vom Oktober 1992 und vom September 1994 nicht mehr um „dieselbe” Krankheit im Sinne des Gesetzes gehandelt habe. Auch könne von einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit seit 1988 keine Rede sein, nachdem er zwischenzeitlich wieder in seinem Betrieb gearbeitet und diesen, wenn auch mit Unterstützung durch seine Familie, geleitet habe. Daran zeige sich, daß zumindest eine Restarbeitsfähigkeit bestanden habe.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. März 1997 und des Sozialgerichts Koblenz vom 31. Mai 1994 und 21. September 1995 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 16. Juli 1993 (Widerspruchsbescheid vom 6. September 1993) und 22. November 1994 (Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 1995) zu verurteilen, ihm wegen der mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Erkrankungen ab 9. Oktober 1992 und ab 13. September 1994 Krankengeld nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Das Berufungsgericht hat, gestützt auf das im Verwaltungsverfahren eingeholte sozialmedizinische Gutachten des Chirurgen L -W vom 29. Juni 1993, den Bericht des behandelnden Orthopäden Dr. P vom 30. Oktober 1994 sowie die für die BfA und die Bau-BG erstatteten Gutachten des Arbeitsmediziners Dr. H vom 19. Februar 1991 und des Nervenarztes Dr. J vom 8. Juni 1993, festgestellt, daß der Kläger aufgrund degenerativer Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule und beider Kniegelenke sowie eines hirnorganischen Psychosyndroms seit Dezember 1988 durchgehend arbeitsunfähig krank gewesen und eine eventuelle zeitweilige Mitarbeit im Betrieb in den Jahren 1991 und 1992 auf Kosten der Gesundheit erfolgt ist. An diese Feststellungen ist der Senat gemäß § 163 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebunden, weil gegen sie keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen erhoben worden sind. Der Einwand des Klägers, im Hinblick auf seine Mitarbeit im Betrieb müsse zumindest von einer „Teilarbeitsfähigkeit” ausgegangen werden, beruht auf einer abweichenden Bewertung des Beweisergebnisses und kann im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden.
Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen steht dem Kläger weder für die Zeit nach dem zweiten Unfall im Oktober 1992 noch für die Zeit nach dem dritten Unfall im September 1994 ein Anspruch auf Krankengeld zu. Das angefochtene Urteil folgert dies zu Recht aus § 48 SGB V. Krankengeld wird danach grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung gewährt, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an (§ 48 Abs 1 Satz 1 SGB V). Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert (§ 48 Abs 1 Satz 2 SGB V). Für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krankengeld bezogen haben, besteht nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit (nur), wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate (1) nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren und (2) erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen (§ 48 Abs 2 SGB V).
Der Kläger gehört zu dem Kreis von Versicherten, bei denen § 48 Abs 2 SGB V die erneute Gewährung von Krankengeld in einer späteren Blockfrist von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig macht. Denn die während der streitigen Zeit bestehende Arbeitsunfähigkeit, die den Leistungsanspruch begründen soll, beruht auf derselben Krankheit, deretwegen ihm bereits in der Zeit vom 19. Mai 1989 bis 15. November 1990 für die Dauer von 78 Wochen Krankengeld gewährt worden ist. Um „dieselbe” Krankheit iS des § 48 Abs 2 SGB V handelt es sich, wenn der Arbeitsunfähigkeit ein im ursächlichen Sinne einheitliches Krankheitsgeschehen zugrunde liegt. Das ist der Fall, solange der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand weiterbesteht und – fortlaufend oder mit Unterbrechungen – zu Arbeitsunfähigkeit bedingenden Krankheitserscheinungen (Krankheitsbeschwerden) führt. Art und Ausprägungsgrad der Krankheitserscheinungen können unterschiedlich sein; entscheidend ist, daß sie auf dasselbe, medizinisch nicht ausgeheilte Grundleiden zurückzuführen sind (vgl Urteil des 3. Senats des BSG vom 12. Oktober 1988 - 3/8 RK 28/87, veröffentlicht in ZfS 1989, 16 = NZA 1989, 287 = USK 88135). Letzteres trifft hier zu, denn die Arbeitsunfähigkeit des Klägers hat nach den bindenden Feststellungen des LSG ungeachtet vielfältiger und immer wieder wechselnder Beschwerden und Funktionseinschränkungen während der gesamten Zeit von Dezember 1988 bis zur Aufgabe des Betriebes im Mai 1995 auf denselben Grunderkrankungen beruht.
Zu Unrecht meint die Revision, § 48 Abs 2 SGB V greife nicht ein, weil durch die Unfälle vom 9. Oktober 1992 und vom 13. September 1994 jeweils ein neues Krankheitsgeschehen in Gang gesetzt worden sei und die nachfolgende Arbeitsunfähigkeit deshalb ihre Ursache nicht mehr in der ursprünglichen, sondern in einer neu aufgetretenen Krankheit habe. Soweit dies damit begründet wird, daß die ursprüngliche Krankheit vor Eintritt der genannten Unfälle behoben gewesen sei oder jedenfalls keine Arbeitsunfähigkeit mehr verursacht habe, widerspricht das den vom LSG getroffenen Feststellungen und ist deshalb unbeachtlich. Soweit rechtliche Erwägungen angeführt werden, kann ihnen nicht gefolgt werden. Das Hinzutreten einer neuen Krankheit zu der weiterbestehenden und fortlaufend Arbeitsunfähigkeit verursachenden Ersterkrankung führt weder zur Entstehung eines neuen Krankengeldanspruchs nach § 44 Abs 1 Satz 1 iVm § 48 Abs 1 SGB V noch zur Verlängerung der Leistungsdauer, wie sich aus § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V ergibt. Das gilt auch, wenn für die erste Krankheit kein Krankengeld mehr gezahlt wird, sei es, weil der Leistungsanspruch durch Erreichen der Höchstbezugsdauer von 78 Wochen innerhalb des Dreijahreszeitraums erschöpft wurde oder weil die Voraussetzungen des § 48 Abs 2 SGB V für das Entstehen eines neuen Anspruchs wegen derselben Krankheit in einer späteren Blockfrist nicht erfüllt sind. Solange die Arbeitsunfähigkeit wegen der ersten Krankheit als der für den Krankengeldanspruch maßgebende Leistungsfall andauert, kann ein weiterer Leistungsfall nicht eintreten und weitergehende Ansprüche begründen. Daß die neue Krankheit für sich allein genommen ebenfalls Arbeitsunfähigkeit verursachen würde, ändert daran nichts. Erst wenn die ursprüngliche Krankheit bzw die auf ihr beruhende Arbeitsunfähigkeit behoben ist, kann, sofern nicht die Regelung des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V entgegensteht, die nunmehr allein Arbeitsunfähigkeit verursachende Zweiterkrankung ihrerseits einen Anspruch auf Krankengeld auslösen (BSGE 71, 290, 292 = SozR 3-2500 § 48 Nr 3 S 14 f). Ein solcher Sachverhalt liegt jedoch nicht vor. Angesichts dessen kann offenbleiben, ob die Unfallereignisse vom Oktober 1992 und September 1994 überhaupt mehr als eine nur kurzzeitige Arbeitsunfähigkeit bewirkt haben und inwieweit wegen der Zuständigkeit der gesetzlichen Unfallversicherung Ansprüche gegen die Beklagte nach § 11 Abs 4 SGB V ausgeschlossen wären.
Dem LSG ist schließlich darin beizupflichten, daß der Krankengeldanspruch des Klägers nicht mit Beginn der dritten Blockfrist am 27. Dezember 1994 wiederaufgelebt ist. Der Wortlaut des § 48 Abs 2 SGB V scheint allerdings ein anderes Ergebnis nahezulegen. Denn danach gelten die dort normierten Einschränkungen nur für den Fall, daß der Versicherte „im letzten Dreijahreszeitraum” wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krankengeld bezogen hat. Wurde die Bezugsdauer nicht in der letzten, sondern in der vorletzten Blockfrist ausgeschöpft, greift die Vorschrift bei einer allein am Wortlaut orientierten Auslegung nicht ein, so daß der nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB V im Grundsatz ohne zeitliche Begrenzung bestehende Krankengeldanspruch trotz ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit in der jeweils übernächsten Blockfrist wieder aufleben würde. Indessen wäre ein solches Verständnis mit der aus der Regelung ersichtlichen Zielsetzung nicht vereinbar.
Der durch das Gesundheitsreformgesetz (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) neu eingeführte § 48 Abs 2 SGB V hat die Voraussetzungen, unter denen nach Ausschöpfung der Höchstbezugsdauer im folgenden Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit erneut Anspruch auf Krankengeld besteht, gegenüber dem zuvor unter der Geltung der Reichsversicherungsordnung bestehenden Rechtszustand erheblich verschärft (s dazu im einzelnen BSGE 71, 31, 33 = SozR 3-2500 § 48 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-2500 § 48 Nr 2 S 8 f). Im Entwurf der Koalitionsfraktionen zum GRG (BT-Drucks 11/2237 S 181) und dem damit übereinstimmenden Regierungsentwurf (BT-Drucks 11/2493 S 181) wurde dies damit begründet, daß der im geltenden Recht enthaltene Anreiz, das Krankengeld als eine unterbrochene Dauerleistung mit Rentenersatzfunktion in Anspruch zu nehmen, beseitigt werden solle. Nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums bestehe künftig ein Anspruch auf Krankengeld nur dann, wenn zwischen dem Ablauf des Krankengeldes nach 78 Wochen und dem erneuten Eintritt von Arbeitsunfähigkeit ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten liege, in dem der Versicherte nicht wegen der bisherigen Krankheit arbeitsunfähig und überdies entweder erwerbstätig gewesen sei oder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden habe. Außerdem sei Voraussetzung für den Anspruch auf Krankengeld, daß die bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit bestehende Versicherung den Anspruch auf Krankengeld einschließe. Dadurch werde sowohl für die Bezieher der in § 49 (jetzt: § 50) SGB V genannten Leistungen (zB Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, Alters- und Ruhegeld) als auch für freiwillig Versicherte, deren Anspruch auf Krankengeld durch die Satzung ausgeschlossen sei, auch bei Wiedererkrankungen kein Krankengeld gezahlt (zu der Möglichkeit des Wiederauflebens trotz zwischenzeitlicher Umwandlung der Mitgliedschaft in eine solche ohne Krankengeldberechtigung vgl BSGE 71, 290, 293 = SozR 3-2500 § 48 Nr 3 S 16; BSGE 51, 281, 282 = SozR 2200 § 183 Nr 35 S 91). Aus dieser Begründung wird deutlich, daß jedenfalls nach den Vorstellungen der Gesetzesinitiatoren ein intervallweiser Krankengeldbezug bei andauernder Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit generell nicht mehr möglich sein sollte. Das kommt auch in der Regelung selbst zum Ausdruck; denn wenn dort, um einen rentenähnlichen Bezug des Krankengeldes zu verhindern und den Lohnersatzcharakter der Leistung zu wahren, eine Wiedergewährung schon nach Ablauf von drei Jahren vom Nachweis einer zumindest vorübergehenden Rückkehr des Versicherten in das Erwerbsleben abhängig gemacht wird, muß dies sinnvollerweise nach sechs Jahren, in denen sich die Arbeitsunfähigkeit noch weiter in Richtung auf eine endgültige Erwerbsunfähigkeit verfestigt hat, erst recht gelten.
Ungeachtet dieser Zusammenhänge wird in der Kommentarliteratur zu § 48 Abs 2 SGB V ganz überwiegend angenommen, daß die Vorschrift in ihrer geltenden Fassung ein Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs in der jeweils übernächsten Blockfrist nach Ausschöpfung der Bezugsdauer nicht ausschließe und daß deshalb dem Versicherten trotz ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit entsprechend der Grundregel des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB V in jedem zweiten Dreijahreszeitraum Krankengeld für die volle Dauer von 78 Wochen zustehe (Schmidt in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Oktober 1997, § 48 SGB V RdNrn 15, 70; Höfler in: Kasseler Kommentar, Stand Januar 1998, § 48 SGB V RdNrn 8a und 8b; Didong, SGb 1992, 394, 395; aA: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand Dezember 1997, § 48 SGB V RdNr 20). Begründet wird das außer mit dem Wortlaut vor allem mit der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Die Worte „im letzten Dreijahreszeitraum” seien in den Entwürfen zum GRG ursprünglich nicht enthalten gewesen, sondern erst nachträglich auf Vorschlag des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung (vgl dessen Beschlußempfehlung, BT-Drucks 11/3320 S 32) zwecks Klarstellung des Gewollten in den Gesetzestext eingefügt worden. Angesichts dieser Entwicklung müsse davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber die intervallweise Zahlung des Krankengeldes an dauernd Arbeitsunfähige nicht vollständig habe abschaffen, sondern lediglich das leistungsfreie Intervall von 78 auf 234 Wochen habe verlängern wollen (Schmidt, aaO, RdNr 70).
Dieser Bewertung vermag der Senat nicht zu folgen. Der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung hat in seinem Bericht vom 24. November 1988 (BT-Drucks 11/3480 S 55) zu der von ihm beschlossenen Ergänzung des Entwurfstextes ausgeführt, bei dem Hinweis, daß für den Bezug von 78 Wochen Krankengeld nur die Bezugszeiten innerhalb des letzten Dreijahreszeitraums berücksichtigt werden, handele es sich um eine bloße redaktionelle Klarstellung, die Mißverständnisse vermeiden solle. Die Äußerung zeigt, daß an der Konzeption der Gesetzentwürfe und an deren Zielsetzung gerade nichts geändert werden sollte. Noch deutlicher ergibt sich das aus den Protokollen der Ausschußberatungen. Die in Aussicht genommene Regelung war dort vom Vertreter der Bundesregierung mit der Notwendigkeit einer sachgerechten Abgrenzung zwischen Kranken- und Rentenversicherung begründet worden. Bei einem Versicherten, der für eineinhalb Jahre Krankengeld bekommen habe und am Beginn der nächsten Blockfrist weiter arbeitsunfähig sei, habe das Krankengeld nicht mehr den Charakter einer Lohnersatzleistung, sondern den einer Zeitrente, so daß hier nicht mehr die Krankenkasse eintreten solle (Protokoll der 31. Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung am 18. Mai 1988, S 190). In der mündlichen Begründung des dem Ausschuß später zur Beschlußfassung vorgelegten Änderungsantrags hatte der Berichterstatter ausdrücklich betont, daß mit der Textergänzung keine sachliche Änderung, sondern nur eine redaktionelle Klarstellung verbunden sei. Der Vertreter der Bundesregierung hatte ergänzend ausgeführt, durch Zuschriften aus dem Kreis der Krankenkassen sei man darauf aufmerksam gemacht worden, daß der Text des Entwurfs etwas mißverständlich sei (Protokoll der 57. Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung am 27. Oktober 1988, S 61). Durch die umstrittene Passage sollte offenbar verdeutlicht werden, daß bei der Ermittlung der Bezugsdauer von 78 Wochen nicht Zeiten des Leistungsbezugs aus mehreren vorausgegangenen Dreijahreszeiträumen zusammengerechnet werden dürfen. Mit der Formulierung „innerhalb des letzten Dreijahreszeitraums” wäre dann nicht die unmittelbar vorhergehende, sondern die letzte Blockfrist gemeint, in der der Versicherte Krankengeld bezogen hat. Dafür spricht, daß der Text des Gesetzentwurfs abgesehen von dem Einschub unverändert geblieben ist, insbesondere die Formulierung „nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums” beibehalten und nicht, wie es sonst nahegelegen hätte, durch die Worte „nach Beginn des folgenden Dreijahreszeitraums” oder eine ähnliche Formulierung ersetzt worden ist. Auch wenn letztlich Unklarheiten verbleiben, lassen die Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren jedenfalls keinen Zweifel daran, daß auch mit der geänderten Fassung an der ursprünglichen Zielsetzung des Entwurfs festgehalten und keinesfalls ein voraussetzungsloses Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs in einer späteren Blockfrist ermöglicht werden sollte.
Das alles zwingt zu dem Schluß, daß durch die als Klarstellung gedachte Einfügung der Worte „innerhalb des letzten Dreijahreszeitraums” der Anwendungsbereich des § 48 Abs 2 SGB V versehentlich in einer Weise eingeengt worden ist, daß bei alleiniger Zugrundelegung des Wortlauts der aus den Gesetzesmaterialien ersichtliche und auch in der Vorschrift selbst zum Ausdruck kommende Regelungszweck teilweise verfehlt würde. Bei dieser Sachlage ist es methodisch gerechtfertigt und sachlich geboten, zur Verwirklichung der gesetzgeberischen Ziele und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen die gesetzliche Regelung dahin zu präzisieren, daß nach Erschöpfung des Krankengeldanspruchs in einem früheren Dreijahreszeitraum ein neuer Anspruch wegen derselben Krankheit künftig nur noch unter den in der Vorschrift genannten besonderen Voraussetzungen entstehen kann. Da der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, steht ihm auch für die Zeit ab 27. Dezember 1994 kein Krankengeld zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
BSGE, 7 |
SGb 1998, 653 |
SozSi 1999, 341 |