Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 25. Oktober 1961 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I
Die beigeladene Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) hatte seit 1951 die kassenzahnärztlichen Leistungen nach einem Kopfpauschale unter Bindung an die Grundlohnsumme honoriert Ende 1956 kündigte die klagende Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen (KZVN) den bestehenden Rahmenvertrag. Am 29. Mai 1958 schlossen die KZVN und der Landesverband der Ortskrankenkassen Niedersachsen (LdO) einen neuen Rahmenvertrag über die Gestaltung der Vertragsbeziehungen vom 1. Januar 1957 an. Hiernach wurden grundsätzlich folgende Vergütungssysteme vorgesehen:
Honorierung:
- nach Einzelleistungen ohne Fallkostenbegrenzung,
- nach Einzelleistungen mit Fallkostenbegrenzung,
- durch Bindung an die Gesamtgrundlohnsumme.
Nach § 2 Abs. 2 des Rahmenvertrags sollten diejenigen Krankenkassen, die – wie die beigeladene AOK – bisher „durch Bindung an die Gesamtgrundlohnsumme” vergütet hatten, gesondert mit der KZVN verhandeln mit dem Ziel des Abschlusses eines Gesamtvertrags, sofern sie sich nicht entschlössen, zum Honorierungssystem nach Einzelleistungen ohne Fallkostenbegrenzung überzugehen.
Während die Mehrzahl (49) der 71 niedersächsischen Ortskrankenkassen das in § 3 des Rahmenvertrags näher geregelte Vergütungssystem nach Einzelleistungen ohne Fallkostenbegrenzung wählte und ein weiterer Teil (19) sich für das System der Vergütung nach Einzelleistungen mit Fallkostenbegrenzung nach § 4 des Rahmenvertrags entschied, konnte die KZVN mit der beigeladenen AOK – sowie zwei anderen größeren Ortskrankenkassen – keine Einigung erzielen. Daraufhin beantragte die KZVN beim beklagten Landesschiedsamt (LSchA) die Festsetzung eines Gesamtvertrags auf der Grundlage des Rahmenvertrags vom 29. Mai 1958 mit Vergütung nach Einzelleistungen ohne Fallkostenbegrenzung. Jedoch beanspruchte sie in Abweichung von dem Rahmenvertrag erheblich höhere Zuschläge zu den zugrunde gelegten Sätzen der Gebührenordnungen.
Das beklagte LSchA machte in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 1958 einen Vermittlungsvorschlag, der eine Abrechnung nach Einzelleistungen ohne Fallkostenbegrenzung im Sinne des Rahmenvertrags vom 29. Mai 1958 vorsah. Zur Begründung führte das LSchA aus, mit dem Vermittlungsvorschlag werde der KZVN das gegeben, was sie „prinzipiell und ideell” anstrebe. Andererseits werde der AOK nicht zugemutet, wirtschaftlich schon jetzt über das hinauszugehen, was die Mehrzahl der niedersächsischen Ortskrankenkassen leiste.
Den am Schiedsamtsverfahren Beteiligten wurde zur Erklärung über Annahme oder Ablehnung des Vorschlags eine Frist bis zum 10. November 1958 gesetzt. Die AOK teilte am 10. November 1958 fernmündlich mit, daß sie den Vorschlag annehme. Die KZVN zeigte hingegen mit einem am 10. November 1958 bei dem LSchA eingegangenen Schreiben an, daß sie dem Vermittlungsvorschlag nicht zustimmen könne.
Das beklagte LSchA erließ nunmehr am 5. Dezember 1958 einen Schiedsspruch, der im wesentlichen seinem Vermittlungsvorschlag entsprach. Die KZVN erhob gegen das LSchA Aufhebungsklage verbunden mit einer Verpflichtungsklage, einen Schiedsspruch bestimmten Inhalts zu erlassen.
Das Sozialgericht (SG) Hannover wies die Klage mit Urteil vom 31. Mai 1960 ab.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt mit dem Antrag,
- den Beschluß des beklagten LSchA vom 5. Dezember 1958 und das Urteil des SG Hannover vom 31. Mai 1960 aufzuheben,
- das LSchA zu verurteilen, den Gesamtvertrag festzusetzen, und zwar mit folgendem Inhalt:
§ 1
Die AOK Osnabrück vergütet die konservierenden und chirurgischen Leistungen der Kassenzahnärzte für ihre nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) anspruchsberechtigten Mitglieder einschließlich der krankenversicherten Rentner:
- im Jahre 1957 nach den Gebühren der Kassenzahnärztlichen Gebührenordnung in der Fassung vom 11. Februar 1954 (KazGO) ohne Fallkostenbegrenzung mit einem Aufschlag von 100 v.H., mindestens aber mit einem Aufschlag in der Höhe, daß die Sätze des Teils III der Preugo in der Fassung vom 17. April 1953 erreicht werden;
- im Jahre 1958 und 1959 nach Einzelleistungen ohne Fallkostenbegrenzung gemäß den Gebühren der KazGO in der zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und den Bundesverbänden der gesetzlichen Krankenkassen am 21. Dezember 1957 vereinbarten Fassung (Neue KazGO) mit einem Aufschlag von 50 v.H., so daß mindestens die Sätze des Teils III der Preugo in der Fassung vom 23. Dezember 1957 erreicht werden.
§ 2
Die Röntgenleistungen im Jahre 1957 werden nach den Mindestsätzen des Teils III der Preugo in der Fassung vom 17. April 1953 vergütet.
Die Vergütung der Röntgenleistungen in den Jahren 1958 und 1959 regelt sich nach Teil III der Preugo in der Fassung vom 23. Dezember 1957.
§ 3
Für das Abrechnungs- und Prüfungsverfahren gelten die §§ 6 bis 9 des Rahmenvertrags, den die KZVN und der LdO Niedersachsen am 29. Mai 1958 abgeschlossen haben.
Die Klägerin führte aus:
Der Rahmenvertrag vom 29. Mai 1958 hätte der beigeladenen AOK, die bisher unter Bindung an die Grundlohnsumme honoriert hatte, nur die Wahl gelassen, ob sie bei dem bisherigen Vergütungssystem bleiben oder auf die Einzelleistungsvergütung ohne Fallkostenbegrenzung übergehen wolle. Da die AOK aber bei den Vertragsverhandlungen und noch während des Schiedsamtsverfahrens die Einzelleistungsvergütung mit Fallkostenbegrenzung angestrebt habe, seien die Vertragsverhandlungen zwischen der Klägerin und der AOK völlig offen gewesen. Die Klägerin sei deshalb auch dieser AOK gegenüber nicht im Sinne eines verbindlichen Angebots an die Bedingungen des Rahmenvertrags gebunden gewesen. Für die Verhandlungen habe vielmehr volle Vertragsfreiheit bestanden, so daß die Klägerin – ohne Rücksicht auf die Absprache mit anderen Krankenkassen – von der beigeladenen AOK andere Bedingungen habe verlangen dürfen, namentlich für die Einzelleistungsberechnung nicht an die Sätze der KazGO alter und neuer Fassung gebunden gewesen sei. Das LSchA sei zwar insoweit frei gewesen, als es nicht von den Ergebnissen der bisherigen Parteiverhandlungen hätte ausgehen müssen; es sei nicht darauf beschränkt gewesen, nur noch das zu entscheiden, worauf sich die Vertragsparteien noch nicht geeinigt hätten. Nach dem Scheitern der Parteiverhandlungen seien alle vorläufigen Verhandlungsergebnisse überholt gewesen. Bei seiner Entscheidung hätte sich das Schiedsamt aber an den gesetzlichen Rahmen halten müssen, insbesondere an § 368 Abs. 1 RVO. Den Begriff der „Angemessenheit” in dieser Vorschrift habe das LSchA verkannt. Es hätte dabei nicht als entscheidend ansehen dürfen, daß die Klägerin selbst den festgesetzten Vertragsinhalt mit der Mehrzahl der Krankenkassen vereinbart habe. Tatsächlich seien allenfalls die Vomhundertsätze des Teils III der Preugo angemessen. Diese dürften nicht unterschritten werden. Die Gebührensätze der KazGO unterschritten diese Mindestsätze erheblich und lehnten sich an die Sätze des Teils IV der Preugo an. Teil IV verstoße aber gegen das Grundgesetz, insbesondere den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und sei nichtig. Für ihre Ansicht, daß Teil IV der Preugo verfassungswidrig sei, hat die Klägerin ein Rechtsgutachten des Richters am Bundesverfassungsgericht i.R. Wilhelm Ellinghaus vorgelegt.
Außerdem hat die Klägerin ein weiteres Rechtsgutachten des gleichen Verfassers darüber vorgelegt, daß die Angemessenheit der Vergütung nach § 368 g RVO zunächst nach der Gesamtsituation des behandelnden Zahnarztes und des einzelnen Patienten beurteilt werden müsse und daß erst dann die wirtschaftliche Lage der Krankenkasse begrenzend zu berücksichtigen sei. Eine Regelung, die diese Grundsätze nicht beachte, sei für die Vertragsbeteiligten und für die Kassenzahnärzte nicht verbindlich.
Das beklagte LSchA hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es hat ausgeführt: Das LSchA habe im Schiedsspruch das Vergütungssystem festgesetzt, das die Klägerin angestrebt habe, nämlich die Vergütung nach Einzelleistungen ohne Fallkostenbegrenzung. Die Klägerin sei deshalb durch die Schiedsamtsentscheidung nicht beschwert. Tatsächlich wende sich die Klägerin auch nicht gegen das festgesetzte Vergütungssystem, sondern gegen die Vergütungshöhe. Da sie aber im Rahmenvertrag und in den Gesamtverträgen mit der Mehrzahl der Ortskrankenkassen die Sätze der KazGO vom 11. Februar 1954 bzw. 21. Dezember 1957 mit geringen Abweichungen vereinbart habe, habe sie selbst zum Ausdruck gebracht, daß sie diese Sätze als angemessene und damit gesetzmäßige Vergütung betrachte. Sie könne nunmehr nicht einer einzelnen Krankenkasse gegenüber diese Sätze als unangemessen bezeichnen und dem LSchA eine Ermessensverletzung vorwerfen, wenn es seiner Entscheidung die gleichen Vergütungssätze zugrunde gelegt habe. – Die Ausführungen der Klägerin über die Verfassungswidrigkeit des Teils IV der Preugo gingen schon deshalb fehl, weil Teil IV der Preugo nach dem Schiedsspruch nicht unmittelbare Anwendung finde, der Schiedsspruch vielmehr auf die KazGO (alt und neu) verweise; als Vertragsrecht hätten diese Gebührenordnungen ohne Rücksicht darauf, ob sie rechtmäßig erlassen seien, von den Vertragsparteien und demgemäß auch vom LSchA in Bezug genommen werden können.
Der beigeladene LdO und die beigeladene AOK sind den Ausführungen des beklagten LSchA beigetreten. Sie haben zusätzlich noch geltend gemacht, daß die AOK den Vermittlungsvorschlag ausdrücklich angenommen habe. Da in dem Abschluß des Rahmenvertrags ein Angebot der Klägerin an alle niedersächsischen Krankenkassen zu sehen sei, mit ihr entsprechende Gesamtverträge abzuschließen, und das Schiedsamtsverfahren nur eine Fortführung der Verhandlungen zwischen den Parteien darstelle, müsse der Gesamtvertrag durch die Erklärung der AOK, daß sie den Vermittlungsvorschlag des LSchA annehme, als zustandegekommen angesehen werden.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der klagenden KZVN zurückgewiesen; die Revision wurde zugelassen (Urteil vom 25. Oktober 1961, veröffentlicht in Ärztliche Mitteilungen 1962, 1891, 1892 ff.) Das LSG ist davon ausgegangen, die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des beklagten LSchA werde nicht dadurch beeinträchtigt, daß die Schiedsamtsentscheidung nicht innerhalb der in § 368 h Abs. 2 RVO bestimmten Frist – drei Monate nach Ablauf des gekündigten Vertrags – ergangen sei. – Ebenso sei unschädlich, daß das LSchA den Beteiligten nur eine Frist von 19 Tagen – anstelle eines Monats (vgl. § 368 h Abs. 1 Satz 2 RVO) – für die Erklärung auf den vom LSchA genannten Vermittlungsvorschlag eingeräumt habe; denn die Bestimmung einer zu kurzen Frist habe jedenfalls infolge der ausdrücklichen Ablehnung des Vermittlungsvorschlags durch die KZVN keinen Einfluß darauf gehabt, daß eine gütliche Einigung nicht zustandegekommen sei. – Der Antrag der klagenden KZVN, das beklagte LSchA zur Festsetzung eines Gesamtvertrags mit einem von der Klägerin formulierten Inhalt zu verpflichten, sei prozessual zulässig; denn der Beschluß des LSchA stelle keine Ermessensentscheidung dar, sondern sei Rechtsanwendung, die die Konkretisierung des in § 368 g Abs. 1 RVO enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffs zum Gegenstand habe mit dem Ziel, eine „angemessene” Vergütung der ärztlichen Leistungen festzusetzen. – Dieser Aufgabe sei das LSchA in vollem Umfange gerecht geworden. Was das Vergütungssystem betreffe, so sei – trotz des weitergehenden Antrags der Klägerin – davon auszugehen, daß das im Schiedsspruch festgesetzte Honorarsystem – Vergütung nach Einzelleistungen ohne Fallkostenbegrenzung – von allen Beteiligten gebilligt werde und die Schiedsamtsentscheidung insoweit außer Streit stehe. In Wirklichkeit wende sich die klagende KZVN nur gegen die Bewertung der einzelnen Leistungen (unter Zugrundelegung der KazGO). – Daß die KZVN die KazGO sowohl im Rahmenvertrag vom 29. Mai 1958 als auch in den Gesamtverträgen mit der Mehrzahl der niedersächsischen Ortskrankenkassen als Bewertungsgrundlage anerkannt habe, binde sie nicht gegenüber der beigeladenen AOK. Der Rahmenvertrag vom 29. Mai 1958 habe – anders als arbeitsrechtliche Tarifverträge – keinen zwingend ergänzenden oder vernichtenden Charakter. Die Vertragspartner seien deshalb nicht gehindert, im Gesamtvertrag auf Grund gütlicher Absprache Vereinbarungen zu treffen, die vom Rahmenvertrag zu Lasten eines Partners abwichen. – Ob das LSchA berechtigt oder verpflichtet sei, die Beteiligten des Schiedsverfahrens ohne eigene Prüfung der „Angemessenheit” auf die Bedingungen des Rahmenvertrags zu verpflichten, könne dahinstehen, weil das LSchA diese Prüfung tatsächlich vorgenommen habe. Es sei bei Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Angemessenheit” zutreffend davon ausgegangen, daß hierfür nicht nur die vom Arzt erbrachte Leistung nach Art und Umfang maßgebend sei, sondern auch die wirtschaftliche Lage der Patienten oder der für sie Zahlungspflichtigen Körperschaften. Zwar habe das LSchA weder die KazGO in den verschiedenen Fassungen mit dem derzeitigen Preisniveau in Beziehung gesetzt noch die wirtschaftliche Lage der betroffenen Ortskrankenkassen geprüft, sondern entscheidendes Gewicht darauf gelegt, daß die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und die KZVN selbst die Sätze der KazGO nicht als unangemessene Vergütung angesehen und deshalb auch dem Rahmenvertrag und der Mehrzahl der Gesamtverträge zugrunde gelegt hätten. Besonders unter Zugrundelegung dieser Tatsache könnten die im angefochtenen Beschluß vorgeschriebenen Bewertungsgrundlagen nicht als unangemessen bezeichnet werden.
Gegen dieses Urteil hat die klagende KZVN Revision eingelegt mit dem Antrag,
- das angefochtene Urteil und das Urteil des SG Hannover vom 31. Mai 1960 sowie den Beschluß des beklagten LSchA vom 5. Dezember 1958 aufzuheben,
- das LSchA zu verurteilen, den Gesamtvertrag festzusetzen, und zwar mit dem bereits in Berufungsantrag formulierten Inhalt,
- hilfsweise: den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Sie hat vorgetragen:
Zu Unrecht habe das LSG der Fristbestimmung des § 368 h Abs. 2 Satz 2 RVO nur die Bedeutung beigemessen, daß bei Nichteinhaltung der Frist Untätigkeitsklage oder Dienstaufsichtsbeschwerde gegeben sei. Im übrigen hätten sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt, daß die Frist um ein Geringes überschritten werden könne. Die Erwägungen des LSG über das Erfordernis der Fristwahrung bei einem Vermittlungsvorschlag des LSchA nach § 368 h Abs. 1 Satz 2 RVO lägen neben der Sache; denn im vorliegenden Streitfall handele es sich um eine Vertragsfestsetzung nach § 368 h Abs. 2 RVO, für die ein Vermittlungsvorschlag – mit einer im Gesetz festgelegten Erklärungspflicht – nicht vorgesehen sei. – „Allgemeiner Verwaltungsübung und auch dem Gesetz entsprechend” habe jede Partei in einem Sozialrechtsstreit die Möglichkeit zu beantragen, daß das LSchA verurteilt werde, einen bestimmten Vertragsinhalt festzusetzen. –
Das LSG habe zu Unrecht den zwischen der KZVN und dem LdO abgeschlossenen Vertrag vom 29. Mai 1958 als Mantelvertrag im Sinne des § 368 g Abs. 2 Satz 5 RVO angesehen.Dieser Vertrag habe sich jedenfalls von vornherein nicht auf die beigeladene AOK – und die anderen Krankenkassen, „die bisher durch Bindung an die Gesamtgrundlohnsumme vergütet haben” (§ 2 Abs. 4 des Vertrags) – bezogen. Der mit der beigeladenen AOK abzuschließende Gesamtvertrag oder an seiner Stelle der Schiedsspruch des LSchA hätten daher ohne Bindung an den Vertrag vom 29. Mai 1958 frei gestaltet werden können, wie auch das LSG im Ergebnis zutreffend angenommen habe. – Nicht richtig sei aber die Auffassung des LSG, daß der Schiedsspruch nur wegen der Höhe der Vergütungssätze angefochten sei. Der Beschluß des LSchA sei vielmehr in vollem Umfange angefochten, da er insgesamt an dem Mangel leide, unangemessene Honorare festgesetzt zu haben. –
Das LSG habe den gesetzlichen. Begriff der angemessenen Honorierung falsch angewendet. Für die Frage, was angemessen sei, gebe es weder ein Ermessen noch einen Beurteilungsspielraum. Angemessen könne kein Maßstab sein, der dem Gesetz, insbesondere dem Grundgesetz, widerspreche. Da aber der im angefochtenen Schiedsspruch festgesetzte Bewertungsmaßstab den Sätzen des Teils IV der Preugo entspreche, dieser Teil der Preugo aber verfassungswidrig sei, hätte das LSchA in seinem Verwaltungsakt diesen Bewertungsmaßstab nicht übernehmen dürfen. – Das LSG hätte sich bei der Prüfung der Angemessenheit nicht mit einigen allgemeinen Erwägungen begnügen dürfen, sondern mit Hilfe von Sachverständigen das gesamte Wirtschaftsgefüge, die Lohnsteigerungen, die Steigerung der Lebenshaltungskosten, die Altersversorgung, die erhöhten Ausbildungskosten u. a.m. untersuchen müssen. – Wenn das LSG bei der Beurteilung der Angemessenheit der ärztlichen Vergütung Sowohl den Wert der ärztlichen Leistung als auch die wirtschaftliche Lage der Krankenkassen berücksichtigt wissen wolle, so sei das nicht praktikabel. Nach richtiger Auffassung, wie sie von Ellinghaus in seinem Gutachten dargelegt sei, müsse zunächst unter Abwägung der Gesamtsituation des einzelnen Zahnarztes und des einzelnen Patienten – unter Zugrundelegung von Mittelwerten – ein Rahmen für die gerechte Vergütung ermittelt werden, an dem gegebenenfalls bei schlechter wirtschaftlicher Lage der Krankenkassen Abstriche zu machen seien.
Das LSG habe verkannt, daß die KZVN sich bei Abschluß ihrer Verträge mit dem LdO und den meisten niedersächsischen Krankenkassen in einer Zwangslage befunden habe. Sie befände sich gegenüber ihren Vertragspartnern in einer schwierigen Situation. Auf der einen Seite treffe sie und die ihr angehörigen Zahnärzte die gesetzliche Verpflichtung zur ärztlichen Hilfeleistung. Andererseits stehe sie einer geschlossenen Front der niedersächsischen Krankenkassen gegenüber, die notwendige Erhöhungen der Vergütungen für kassenzahnärztliche Leistungen zu verhindern suchten. Deshalb habe die KZVN sich zum Abschluß von Verträgen verstehen müssen, die sie freiwillig niemals abgeschlossen hätte.
Das beklagte LSchA hat beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Nach seiner Auffassung ist die in § 368 h RVO bestimmte Frist von drei Monaten eine im Interesse der Schiedsparteien erlassene Ordnungsvorschrift, deren Nichtinnehaltung die Rechtswirksamkeit des Schiedsspruchs nicht berührt. Was die Angemessenheit der Vergütungen der zahnärztlichen Leistungen betreffe, so seien, wie sich aus der Voranstellung der wirtschaftlichen Lage der Krankenkassen im Gesetzestext (§ 368 g Abs. 1 RVO) ergebe, in erster Linie diese und erst in zweiter Linie der Wert der ärztlichen Leistungen und andere Gesichtspunkte zu berücksichtigen. In jedem Falle enthalte dieser Begriff einen justizfreien Beurteilungsspielraum. Das LSchA habe sich in den Grenzen dieses Beurteilungsspielraums gehalten, wenn es seinem Schiedsspruch die Vereinbarungen der KZVN im Rahmenvertrag vom 29. Mai 1958 und in den Gesamtverträgen mit den meisten niedersächsischen Ortskrankenkassen zugrunde gelegt habe.
Der beigeladene LdO und die beigeladene AOK haben sich dem Antrag des beklagten LSchA angeschlossen.
II
Die Revision ist nicht begründet.
1. Die klagende KZVN hat eine Aufhebungsklage, verbunden mit einer Verpflichtungsklage, erhoben.
Die Zulässigkeit der Aufhebungsklage unterliegt keinen Bedenken. Zwar kann der Auffassung des LSG, die Klage setze keine Beschwer voraus, nicht beigetreten worden; zum mindesten ist sie mißverständlich ausgedrückt. Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gehört es zur Zulässigkeit der Klage, daß der Kläger „behauptet”, durch den angefochtenen Verwaltungsakt beschwert zu sein; die näher zu begründende Beschwer liegt in der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts (§ 54 Abs. 2 SGG). Die Klägerin hat substantiiert dargelegt, worin sie die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Schiedsspruchs erblickt, der einen Verwaltungsakt darstellt: Das LSchA hat als Behörde in Erfüllung einer ihm kraft Gesetzes übertragenen Aufgabe auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts einen Einzelfall – die vertraglichen Beziehungen zwischen der KZVN und der beigeladenen AOK – mit unmittelbarer Wirkung für die Beteiligten (vgl. § 368 h Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 RVO) geregelt. Bestätigt wird diese Auffassung durch § 368 i Abs. 5 RVO, wonach im Falle der Zuständigkeit der Schiedsämter ein Vorverfahren nicht stattfindet. Dieser Vorschrift hätte es nicht bedurft, wenn der Schiedsspruch kein Verwaltungsakt wäre; denn nur Verwaltungsakte unterliegen überhaupt der Nachprüfung im Vorverfahren (§ 78 SGG).
Demnach ist die Aufhebungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 SGG zulässig.
2. Hingegen ist die Verpflichtungsklage mit dem von der KZVN gestellten Antrag unzulässig.
Die Klägerin verkennt das Wesen des Schiedsspruchs und die Gestaltungsfreiheit des LSchA, wenn sie meint, das Gericht könnte das Schiedsamt zum Erlaß eines bestimmten Schiedsspruchs mit einem von ihr formulierten Vertragsinhalt verpflichten. Eine solche Verurteilung wäre nur möglich, wenn die KZVN einen Rechtsanspruch auf Erlaß des Verwaltungsakts in der von ihr beantragten Gestalt hätte oder, falls dem Verwaltungsakt eine Ermessensentscheidung zugrunde liegt, jede andere als die beantragte Entscheidung einen Ermessensfehler darstellen würde und die Sache daher im Sinne des § 131 Abs. 2 SGG in jeder Beziehung spruchreif wäre (vgl. BSG 5, 238, 245 f.). Beides ist hier nicht der Fall. Die Festsetzung des Vertragsinhalts durch den Schiedsspruch des LSchA ist eine Form der Schlichtung, nicht der Rechtsfindung; der Schiedsspruch hat die Rechtswirkung einer vertraglichen Vereinbarung im Sinne des § 368 g Abs. 2 und 3 RVO (§ 368 h Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 RVO), d. h. im vorliegenden Falle eines Gesamtvertrags. Was die Beteiligten – hier: die KZVN und die beigeladene AOK – in freier Vereinbarung hätten regeln können, wird in streitschlichtenden Schiedsverfahren durch den Schiedsspruch ersetzt. Daraus folgt, daß das LSchA bei der Festsetzung des Vertragsinhalts die gleiche Gestaltungsfreiheit hat, wie sie für die Vertragsparteien bei der gütlichen Vereinbarung besteht. Das LSG hat zwar nicht mit Unrecht darauf hingewiesen, daß dem LSchA kein Entscheidungsermessen insofern zusteht, ob es den Schiedsspruch erläßt, wenn die Voraussetzungen seiner Anrufung gegeben sind. Das heißt aber nicht, daß damit auch ein Ermessen bei der Festsetzung des Vertragsinhalts ausgeschlossen und der Schiedsspruch nur ein Fall reiner Rechtsanwendung ist. Soweit nicht „der allgemeine Inhalt” des Gesamtvertrags auf Grund von Mantelverträgen nach § 368 g Abs. 2 Satz 2 und 3 RVO festliegt und soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften Schranken errichten, besteht für die Beteiligten, die sich über den Gesamtvertrag gütlich einigen, Vertragsfreiheit und für das LSchA ein dementsprechendes Gestaltungsermessen, das sich nach den Kriterien der Sachgemäßheit und Zweckmäßigkeit auszurichten hat.
Wie die klagende KZVN einräumt, war das LSchA bei der Festsetzung des Vertragsinhalts auch nicht insoweit schon festgelegt, als sich in den vorangegangenen Vertragsverhandlungen übereinstimmende Auffassungen der Vertragsparteien gebildet hatten. Nachdem eine vollständige Einigung nicht zustande gekommen und das LSchA angerufen worden war, hatte dieses volle Gestaltungsfreiheit auch in den Punkten, in denen die Vertragsparteien bereits zu einer Teileinigung gekommen waren. Zutreffend hat das LSG in diesem Zusammenhang auf den allgemeinen Rechtsgedanken hingewiesen, der § 154 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu entnehmen ist: Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Die volle Freiheit des LSchA zur Vertragsgestaltung zeigt sich auch darin, daß das Gesetz selbst dessen Verpflichtung, den Inhalt des Vertrags festzusetzen, ohne jede Einschränkung ausspricht (§ 368 h Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 RVO).
Allerdings sind in dem Schiedsspruch die für alle Verträge über die kassenärztliche Versorgung gezogenen Grenzen zu beachten: Es muß eine gleichmäßige, ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Kranken gewährleistet sein, und die ärztlichen Leistungen sind unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Krankenkassen angemessen zu vergüten (§ 368 g Abs. 1 RVO). In einem Gesamtvertrag, der die Vergütung der zahnärztlichen Leistungen zu regeln hat, ist der zweite Teil dieses gesetzlichen Gebots über die Honorierung der ärztlichen Leistungen bedeutsam. Nach der strikten Fassung dieser Vorschrift – „Die kassenärztliche Versorgung ist … so zu regeln, … daß die ärztlichen Leistungen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Krankenkassen angemessen vergütet werden” – liegt nicht nur eine mehr oder weniger unverbindliche Richtlinie, sondern ein zwingendes Gebot vor. Bei der Festsetzung der Vergütung der ärztlichen Leistungen kann weder die wirtschaftliche Lage der Krankenkassen – etwa weil sie in der Regelung zuerst genannt ist, wie das beklagte LSchA hervorhebt – noch das Gebot der Angemessenheit der Honorierung – wie die KZVN unter Bezugnahme auf das Gutachten des Bundesverfassungsrichters a.D. Ellinghaus meint – in den Vordergrund gerückt werden. Beide Gesichtspunkte stellt die gesetzliche Regelung nebeneinander, ohne dem einen oder dem anderen einen Vorrang einzuräumen. Im Ergebnis bedeutet dies, daß die Frage der Angemessenheit der Vergütung der kassenärztlichen Leistungen nicht von der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Krankenkassen getrennt werden darf.
Damit ist aber auch klargestellt, daß die von der KZVN vertretene Rechtsauffassung, bei der Festsetzung der Vergütung der kassenärztlichen Leistungen handele es sich um reine Rechtsanwendung, nicht dem Sinn der gesetzlichen Regelung gerecht wird. Allenfalls könnte im Sinne der herkömmlichen Terminologie von der Konkretisierung eines unbestimmten Rechtsbegriffs im Sinne der reinen Rechtsanwendung gesprochen werden, wenn nur die „Angemessenheit” der Vergütung ärztlicher Leistungen zur Beurteilung stünde (vgl. für den unbestimmten Rechtsbegriff der „Wirtschaftlichkeit” der kassenärztlichen Behandlungsweise BSG 11, 102, 117; 17, 79, 84). Selbst dann wäre ein – in diesem Fall offensichtlich besonders großer – Beurteilungsspielraum gegeben, der nicht völlig objektivierbar wäre (BSG 11, 118), so daß die hierauf fußenden Entscheidungen niemals das Prädikat „allein richtig”, sondern nur „noch richtig” beanspruchen könnten. Da die Angemessenheit der Vergütung der kassenärztlichen Leistungen nicht ohne Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Krankenkassen beurteilt werden darf, ist die Gestaltungsfreiheit der Vertragsparteien oder – im Nichteinigungsfalle – des LSchA besonders groß. Somit ist es rechtlich ausgeschlossen, die mit der Festsetzung der Vergütungshöhe befaßten Vertragsparteien oder das LSchA aufeine allein mögliche – weil allein richtige – Entscheidung festzulegen.
Erst recht gilt dies von der Wahl des Abrechnungssystems. Das Abrechnungssystem – z. B. unter Zugrundelegung eines Kopfpauschales unter Bindung an die Grundlohnsumme (§ 368 f Abs. 2 RVO) oder nach Einzelleistungen (vgl. § 368 f Abs. 3 RVO) – ist für die Frage, ob die Vergütung der kassenzahnärztlichen Leistungen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Krankenkassen angemessen ist, erfolgsneutral; denn auf jedem dieser Wege läßt sich eine Gesamtvergütung erzielen, die dem Erfordernis des § 368 g Abs. 1 RVO entspricht. Halten die beteiligten Verbände und Krankenkassen ein bestimmtes Vergütungssystem – wie im vorliegenden Fall die Abrechnung nach Einzelleistungen – für zweckmäßig, so wird das zur Festsetzung des Gesamtvertrags berufene LSchA nicht ohne zwingende Gründe von der Auffassung derer, die es angeht, abweichen; doch behält es auch insoweit die Freiheit der Entscheidung.
Zusammenfassend ist somit festzustellen, daß das beklagte LSchA nicht zum Erlaß eines Schiedspruchs mit festgelegtem Inhalt verurteilt werden darf. Die Verpflichtungsklage der KZVN ist unzulässig.
3. Ihre Aufhebungsklage ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das LSG festgestellt, daß der angefochtene Schiedsspruch rechtmäßig ist.
a) Zutreffend hat das LSG es nicht als einen die Rechtmäßigkeit des Schiedspruchs berührenden Mangel des Verwaltungsverfahrens angesehen, daß das beklagte LSchA nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des gekündigten Vertrags entschieden hat. Das LSchA hat angenommen, sein Schiedsspruch betreffe die Festsetzung eines Gesamtvertrags nach § 368 h Abs. 2 RVO, soweit es sich um die Vergütung der kassenzahnärztlichen Leistungen an die „Allgemeinversicherten” handele, und nach § 368 h Abs. 1 RVO, soweit die Vergütung der kassenzahnärztlichen Leistungen für versicherte Rentner geregelt werde. Für die letztgenannte Auffassung des LSchA spricht, daß das Verfahren nach § 368 h Abs. 2 RVO nach der Wortfassung des Gesetzes wohl nur bei gekündigten Verträgen Platz greift; die Regelung der Vergütung der kassenzahnärztlichen Leistungen für versicherte Rentner war aber nicht gekündigt worden, sondern – mangels Verlängerung des Vertrags – zum 31. Dezember 1956 ausgelaufen (vgl. Jantz-Prange, Das gesamte Kassenarztrecht, Teil C, § 368 h RVO, Anm. II 3 b). Andererseits ist, worauf die Revision mit Recht hinweist, kein innerer Grund dafür ersichtlich, daß das nach § 368 h Abs. 1 Satz 1 RVO. dem eigentlichen Schiedsverfahren vorausgehende Einigungsverfahren (mit dem zwingend vorgeschriebenen Vermittlungsvorschlag des LSchA) zwar für Verträge, die durch Zeitablauf beendet, aber nicht erneuert sind, jedoch nicht für gekündigte Verträge gelten soll. Der Senat braucht zu dieser Frage jedoch nicht abschließend Stellung zu nehmen, da jedenfalls der die Vergütung der kassenzahnärztlichen Leistungen für „Allgemeinversicherte” regelnde Teil des Schiedsspruchs eine Vertragskündigung betrifft und es daher einer Klärung bedarf, ob und wie sich die Überschreitung der in § 368 h Abs. 2 Satz 2 RVO bestimmten Frist von drei Monaten für die Festsetzung des Vertragsinhalts auf die Rechtmäßigkeit des Schiedsspruchs auswirkt.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die für die Entscheidung des LSchA genannte Frist nicht, wie in § 368 h Abs. 2 Satz 2 RVO vorgeschrieben, mit dem Ablauf des Vertrags begonnen hat. Damals (31. März 1957) bestand noch kein LSchA. Dieses hat sich erst am 30. April 1958 konstituiert, wie in dem angefochtenen Beschluß festgestellt ist. Diesem Umstand, daß Schiedsämter erst längere Zeit nach Vertragsende überhaupt errichtet worden sind, trägt § 24 der Schiedsamtsordnung vom 28. Mai 1957 (BGBl I, 570) Rechnung, wonach in solchen Fällen das Verfahren vor dem Schiedsamt erst mit dem auf die Errichtung des Schiedsamts folgenden Werktag beginnt. Demnach hat die Frist des § 368 h Abs. 2 Satz 2 RVO im vorliegenden Fall erst am 2. Mai 1958 zu laufen begonnen. Die Fristüberschreitung – am 5. Dezember 1958 ist die Entscheidung des LSchA ergangen – ist deshalb nicht ganz so groß, wie es zunächst den Anschein hat.
Entscheidend ist aber, daß die Überschreitung der Frist sich überhaupt nicht auf die Rechtmäßigkeit des Schiedsspruchs auswirkt, wie das LSG zutreffend angenommen hat. Es handelt sich hierbei – wie bei den im Honorarprüfungsverfahren für das Tätigwerden der Prüfungsinstanzen gesetzten Fristen (vgl. BSG 17, 89, 95) – um das Verwaltungsverfahren regelnde Ordnungsfristen. Sie sollen sicherstellen, daß nicht zu lange nach Beendigung des Vertrags nach der bisherigen Regelung übergangsweise (vgl. § 368 h Abs. 2 Satz 4 RVO) weiter verfahren werden muß. Nicht selten wird es auf nicht vom Schiedsamt zu vertretende Umstände zurückzuführen sein, daß die in § 368 h Abs. 2 Satz 2 RVO gesetzte Frist überschritten wird; im vorliegenden Fall hat das beklagte LSchA darauf hingewiesen, es habe die Mitteilung über die Kündigung (vgl. § 368 h Abs. 2 Satz 1 RVO, § 13 Abs. 2 Satz 2 Schiedsamtsordnung) von der KZVN erst am 12. August 1958 erhalten. Jedenfalls kann die Überschreitung der Frist weder zur Folge haben, daß der nur noch übergangsweise geltende gekündigte Vertrag wieder voll auflebt, noch gar, daß der Schiedsspruch wegen der Fristüberschreitung nach Anfechtung aufgehoben wird, so daß nunmehr eine neue Entscheidung des Schiedsamts ergehen müßte, die noch weit mehr die im Gesetz für die Entscheidung vorgesehene Frist überschreiten würde. Die Nichteinhaltung der Drei-Monats-Frist kann auch nicht, wie die Revision meint, zum Ausschluß des nicht fristgerechten Vorbringens der Beteiligten führen; denn die Schiedsämter haben den Sachverhalt ohne Rücksicht auf das Vorbringen der Beteiligten von Amts wegen zu ermitteln. Die Fristüberschreitung eröffnet allenfalls, wie das LSG mit Recht erwogen hat, die Möglichkeit einer Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) oder einer Dienstaufsichtsbeschwerde.
b) Ebenso unschädlich ist es, daß das beklagte LSchA den Beteiligten zur Erklärung auf seinen in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 1958 gemachten Vermittlungsvorschlag nur eine Frist bis zum 10. November 1958 eingeräumt hatte. Im Verfahren nach § 368 h Abs. 2 RVO ist ohnehin ein Vermittlungsvorschlag des Schiedsamts nicht vorgesehen; versucht es auf diesem Wege eine Einigung, so ist es ihm unbenommen, eine angemessene Erklärungsfrist nach seinem Ermessen festzusetzen. Sofern man davon ausgeht, der die Vergütung der kassenzahnärztlichen Leistungen für Rentnerversicherte betreffende Teil des Schiedsspruchs sei im Verfahren nach § 368 h Abs. 1 RVO festzusetzen, hätte das LSchA allerdings beachten müssen, daß für die Annahme des Vermittlungsvorschlags eine Frist von einem Monat nach seiner Zustellung vorgesehen ist (§ 368 h Abs. 1 Satz 2 RVO). Welche Folgen die zu knappe Bemessung der Erklärungsfrist hat – ob etwa anstelle der vom Schiedsamt bestimmten Frist die im Gesetz für die Annahme des Vermittlungsvorschlags festgelegte tritt, wie das LSG angenommen hat – kann jedoch auf sich beruhen; denn ein etwa hierin zu erblickender Mangel des Verwaltungsverfahrens ist jedenfalls dann bedeutungslos, wenn der Versuch der gütlichen Einigung – wie im vorliegenden Fall – an der ausdrücklichen Ablehnung des Vermittlungsvorschlags durch einen Beteiligten vor Ablauf der gesetzten Frist gescheitert ist.
4. Der angefochtene Schiedsspruch unterliegt auch in sachrechtlicher Hinsicht keinen Bedenken.
a) Mit Recht hat sich das LSchA einer Entscheidung nicht deshalb für enthoben erachtet, weil die beigeladene AOK seinen Vermittlungsvorschlag angenommen hatte. Zwar entsprach dieser Vermittlungsvorschlag im wesentlichen dem schon in § 2 Abs. 4 des Rahmenvertrags auch an die beigeladene AOK gemachten Angebot der KZVN; denn die gesonderten Verhandlungen über den Abschluß eines Gesamtvertrags zwischen KZVN und der beigeladenen AOK – sowie den anderen Krankenkassen, die bisher durch Bindung an die Gesamtgrundlohnsumme vergütet hatten – sollten nur stattfinden „sofern sich diese Krankenkassen nicht entschließen, zum Honorierungssystem nach Einzelleistungen ohne Fallkostenbegrenzung überzugehen”. Die beigeladene AOK hätte hiernach dem Rahmenvertrag vom 29. Mai 1958 – ohne weitere Verhandlung mit der KZVN – wie die anderen niedersächsischen Ortskrankenkassen beitreten können, allerdings unter Beschränkung auf das Vergütungssystem nach Einzelleistungen ohne Fallkostenbegrenzung. Dieses Angebot war jedoch nicht unbefristet. Wie § 2 Abs. 2 des Rahmenvertrags vom 29. Mai 1958, wonach die Vertragsschließenden „umgehend” in einer Anlage die Krankenkassen nach dem von ihnen gewählten Vergütungssystem aufführen werden, erkennen läßt, war den Krankenkassen für ihre Entscheidung nur eine sehr begrenzte Zeit („umgehend”) gelassen. Jedenfalls konnte die beigeladene AOK nach längeren, ergebnislosen Verhandlungen mit der KZVN, in denen sie Gegenvorschläge gemacht und damit das im Rahmenvertrag vom 29. Mai 1958 enthaltene Angebot abgelehnt hatte, nicht mehr auf dieses durch Annahme des Vermittlungsvorschlags des LSchA am 10. November 1958 zurückgreifen.
b) Bei seiner Entscheidung hatte das beklagte LSchA – entgegen der Auffassung des LSG – seine Bindung durch Mantelverträge zu beachten. Wie bereits dargelegt, werden Mantelverträge kraft der ihnen vom Gesetz (§ 368 g Abs. 2 Satz 2 RVO) beigelegten normativen Wirkung „allgemeiner Inhalt der Gesamtverträge”, ohne daß es hierüber einer Vereinbarung der am Gesamtvertrag Beteiligten oder – mangels einer gütlichen Einigung – einer Festsetzung des Vertragsinhalts durch das LSchA insoweit bedarf. Was auf Grund von Mantelverträgen – Bundesmantelvertrag (§ 368 g Abs. 2 Satz 2 RVO) oder Landesmantelvertrag (§ 368 g Abs. 2 Satz 3 RVO) – als allgemeiner Inhalt der Gesamtverträge festliegt, ist für das im Nichteinigungsfalle zur Festsetzung des Gesamtvertrags angerufene Schiedsamt (§ 368 h Abs. 1 und 2 RVO) gleichermaßen bindend vorgegeben wie für die Vertragsparteien, die sich gütlich einigen.
Im vorliegenden Fall war allerdings die Beachtung der mantelvertraglichen Bindungen dadurch erschwert, daß die zwischen der KZVN und dem LdO geschlossene Vereinbarung vom 29. Mai 1958 komplexer Natur ist und nicht mit völliger Klarheit erkennen läßt, welche Teile „den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge” bestimmen sollen und daher Mantelvertrag im Sinne des § 368 g Abs. 2 Satz 3 RVO sind. Sicherlich gehören dazu die Bestimmungen über die grundsätzliche Aufrechterhaltung des Bezirksvertrags (§ 1) und über Abrechnungs- und Prüfverfahren (§§ 6 bis 9). Auch die Festlegung der im Vertragsbereich zulässigen Honorarsysteme (§ 2 AbSo 2) rechnet dazu.
Schließlich ist auch die Festsetzung der Bewertungsmaßstäbe – KazGO für 1957 und Neue KazGO für die. Zeit nach dem 1. Januar 1958 – zu den – das Schiedsamt bindenden – mantelvertraglichen Abreden zu rechnen. Das Bewertungsschema durch Mantelvertrag festzulegen, ist zulässig und – im Interesse der Vereinfachung des Abrechnungsverkehrs – auch zweckmäßig (vgl. Jantz-Prange, Das gesamte Kassenarztrecht, § 368 g RVO Anm. III 1 b S. 7). Im vorliegenden Fall galt allerdings der in der Vereinbarung vom 29. Mai 1958 festgesetzte Bewertungsmaßstab uneingeschränkt nur für die Krankenkassen, die nicht „bisher durch Bindung an die Gesamtgrundlohnsumme vergütet” hatten (§ 2 Abs. 4 der Vereinbarung). Hingegen ist nicht unzweifelhaft, ob die in der Vereinbarung vom 29. Mai 1958 (§ 3) und der Zusatzvereinbarung vom gleichen Tag festgelegten Bewertungsmaßstäbe auch für die beigeladene AOK – sowie für die beiden anderen Krankenkassen, die bisher durch Bindung an die Gesamtgrundlohnsumme vergütet hatten – gelten sollten. Aus Zweck und Gestaltung der Rahmenvereinbarung vom 29. Mai 1958 wird jedoch geschlossen werden müssen, daß auch für diese Krankenkassen die Bewertungsmaßstäbe der Vereinbarung als bedingte Festsetzung – nämlich für den Fall, daß auch diese Krankenkassen zur Abrechnung nach Einzelleistungen übergehen – verbindlich sein sollten. Wenn in § 2 Abs. 4 der Vereinbarung diesen Krankenkassen vorbehalten ist, zum Honorierungssystem nach Einzelleistungen ohne Fallkostenbegrenzung überzugehen, und nach § 2 Abs. 5 der Vereinbarung nachträglich jederzeit vereinbart werden kann, daß weitere Ortskrankenkassen zur Vergütung nach Einzelleistungen ohne Fallkostenbegrenzung übergehen, so ist dabei immer vorausgesetzt, daß mit der Einbeziehung der letzten, bisher widerstrebenden Krankenkassen in das schon überwiegend praktizierte Abrechnungsschema die Bewertungsmaßstäbe dieses Abrechnungssystems Anwendung finden sollen.
Hingegen können die Bestimmungen der Rahmenvereinbarung (§§ 3 bis 5) und der Zusatzvereinbarung über die Vergütungshöhe nicht mehr zumallgemeinen Inhalt eines Gesamtvertrags gerechnet worden. Nach der geltenden gesetzlichen Regelung sind die mit den Krankenkassen abzuschließenden Gesamtverträge das Kernstück des Vertragswerks über die kassenärztliche Versorgung (vgl. § 368 g Abs. 2 Satz 1 RVO). Sie enthalten im Gegensatz zum „allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge”, der durch Mantelverträge vereinbart wird (§ 368 g Abs. 2 Satz 2 und 3 RVO), den „besonderen” Inhalt des Gesamtvertrags, der eine individuelle Wertung erfordert. Dazu gehört in erster Linie die Regelung der Vergütungshöhe; denn die wirtschaftliche Lage der Krankenkassen (§ 368 g Abs. 1 RVO) kann entscheidend nur bei der Vergütung der kassenzahnärztlichen Leistungen berücksichtigt werden. Deshalb kann die Vergütungshöhe nach geltendem Recht nicht Gegenstand eines Bundes- oder Landesmantelvertrags sein.
Kann demnach der Mantelvertrag auch nicht regeln, was als besonderer Teil des Gesamtvertrags der Vereinbarung mit den einzelnen Krankenkassen vorbehalten ist, so ist es diesen doch unbenommen, ihren Landesverband zum Abschluß solcher Vereinbarungen zu bevollmächtigen (vgl. § 414 e Buchst. c RVO). Solche Bevollmächtigungen können allein schon im Interesse einer möglichst weitgehenden Verwaltungsvereinfachung zweckmäßig sein und sind, wie Hess in seiner Anmerkung zu dem angefochtenen Urteil (Ärztl. Mitteilungen 1962, 1891, 1898 Abs. 3) erwähnt, in der Praxis nicht selten. Das kann allerdings – wie auch im vorliegenden Fall – dazu führen, daß sich der Landesverband mit einereinheitlichen Bemessung der Zu- und Abschläge zu den Bewertungsmaßstäben einverstanden erklärt, so daß die Vergütungshöhe nicht mehr bei den einzelnen Krankenkassen unterschiedlich ist. Gegen eine solche einheitliche Festsetzung der Vergütungshöhe – bei der die Kassenzahnärztliche Vereinigung und die beteiligten Krankenkassen bzw. ihr Landesverband davon ausgehen, daß sich diese Krankenkassen in ihrer wirtschaftlichen Lage nicht in dem Maße unterscheiden, daß dies in der Festsetzung der Vergütungshöhe seinen Ausdruck finden müßte – ist grundsätzlich nichts einzuwenden, wofern nur die beteiligten Krankenkassen ihrem Landesverband eine entsprechende Vertretungsmacht eingeräumt haben. Auch dann sind jedoch die von Landesverbänden zur Vergütungshöhe getroffenen Vereinbarungen keine Mantelverträge, sondern – in Vertretung der Krankenkassen abgeschlossene – Gesamtverträge. Demnach enthält die Vereinbarung zwischen KZVN und LdO vom 29. Mai 1958 neben Mantelvertragsabreden auch gesamtverträgliche Regelungen, die erst durch Beitrittserklärungen der einzelnen Mitgliedskrankenkassen – und die damit verbundene Ausübung des Wahlrechts, ob Fallkostenbegrenzung gelten solle oder nicht – für diese bindend wurden.
Hieraus folgt, daß diejenigen Krankenkassen, die – wie die beigeladene AOK – „bisher durch Bindung an die Gesamtgrundlohnsumme vergütet” hatten und mit der KZVN gesondert mit dem Ziel des Abschlusses eines Gesamtvertrags verhandeln sollten (§ 2 Abs. 4 der Vereinbarung), nicht an den Teil der Vereinbarung vom 29. Mai 1958 gebunden waren, der Gesamtvertrag ist; das gleiche gilt im Falle der Nichteinigung für das zur Festsetzung des Gesamtvertrags berufene LSchA. Mit Recht hat daher das beklagte LSchA nicht nur angenommen, daß es nach freiem Ermessen eines der drei in der Rahmenvereinbarung zugelassenen Honorarsystems wählen könne, sondern auch, daß es – wenn es sich für das System der Abrechnung nach Einzelleistungen ohne Fallkostenbegrenzung entschied – nicht an die in der Vereinbarung für diesen Fall enthaltenen Bestimmungen über die Vergütungshöhe gebunden sei.
c) Zutreffend ist das LSchA vielmehr davon ausgegangen, es habe insoweit bei der Festsetzung des Vertragsinhalts nur die im Gesetz selbst aufgerichtete Schranke zu beachten, daß die ärztlichen Leistungen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Krankenkassen angemessen vergütet werden (§ 368 g Abs. 1 RVO).
Was „unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Krankenkassen angemessen” ist, hängt von einer Fülle von Faktoren ab, wie alle Beteiligten – wenn auch mit unterschiedlicher Akzentsetzung – einräumen. Sicherlich ist hierbei die zahnärztliche Leistung als solche gebührend zu berücksichtigen, nämlich als eine Leistung, die unter den Bedingungen des freien Berufs mit allen seinen Risiken, nach einer langen, kostspieligen Ausbildung und unter Einsatz erheblicher Mittel für die Einrichtung der Praxis erzielt wird. Sicher ist aber auch, daß von vornherein die besondere Lage derKassenzahnärzte mit in Rechnung gestellt werden muß, daß nämlich die Zulassung zur kassenzahnärztlichen Versorgung die Einbeziehung in ein System bedeutet, das die dauernde Gewährung ärztlicher Leistungen in einem Umfang ermöglicht, wie es ohne die gesetzliche Krankenversicherung nicht der Fall wäre, und das dem Kassenzahnarzt zudem sichere Einkünfte anstelle oft unsicherer Forderungen gegenüber zahlungsunfähigen oder zahlungsunwilligen Schuldnern garantiert. Schließlich gehört in diese Betrachtung, wie bereits dargelegt, untrennbar und mit dem gleichen Gewicht wie die anderen Faktoren die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Krankenkassen.
Schon diese summarische Übersicht zeigt, daß eine sachgemäße Konkretisierung der „Angemessenheit unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Krankenkassen” Ermittlungen schwierigster Art in einem außergewöhnlichen Umfang erfordern würde, wenn diese Aufgabe losgelöst von dem Ergebnis langjähriger vertraglicher Beziehungen zwischen Ärzten und Krankenkassen bewältigt werden müßte. Dabei müßte auf jeden Fall in Kauf genommen werden, daß angesichts der unbestimmten, komplexen Natur der einzelnen zu berücksichtigenden Umstände und noch mehr der Zweifelhaftigkeit, welcher Wert dem einzelnen Faktor im Zusammenwirken mit den anderen zukommt, der richterlichen Nachprüfung verhältnismäßig enge Grenzen gezogen sind.
In der Erkenntnis, daß eine Fülle vertretbarer Antworten auf die Frage nach der „gerechten” Vergütung möglich sind und daß jede dieser Antworten von der Person des Wertenden abhängt, hat der Gesetzgeber der übereinstimmenden Wertung derer, die es unmittelbar angeht, den Vorrang gegeben. Deshalb ist die kassenzahnärztliche Versorgungdurch Verträge im Rahmen der gemeinsamen Selbstverwaltung der Kassenzahnärzte und der Krankenkassen zu regeln (§ 368 g Abs. 1 RVO). Soweit diese Verträge die Höhe der Vergütung der kassenzahnärztlichen Leistungen regeln, kommt ihnen daher nicht nur die Wirkung eines Indizes für die Angemessenheit der Vergütung zu. Vielmehr bringen sie die Wertung der hierfür in erster Linie berufenen Beteiligten zum Ausdruck, wobei wiederum zu berücksichtigen ist, daß diese in aller Regel an ältere Regelungen anknüpfen können und das Überkommene nur den inzwischen eingetretenen Veränderungen anzupassen brauchen. Bei einem solchen Vertragswerk öffentlich-rechtlicher Körperschaften kann vermutet werden, daß die darin vorgesehenen Vergütungen der ärztlichen Leistungen angemessen im Sinne des § 368 g Abs. 1 RVO sind, sofern nicht offenkundige Irrtümer, insbesondere die Verwertung sachfremder Gesichtspunkte bei der Vertragsgestaltung diese Vermutung ausräumen.
Mit Recht hat daher das beklagte LSchA für die ihn obliegende Festsetzung des Vertragsinhalts entscheidendes Gewicht darauf gelegt, wie die KZVN und der beigeladene LdO in der Vereinbarung vom 29. Mai 1958 die Höhe der Vergütung der kassenzahnärztlichen Leistungen geregelt haben. War es auch insoweit nicht auf die entsprechenden Regelungen der Vereinbarung festgelegt, so war es ihm auch andererseits nicht verwehrt, sich bei der Festsetzung des Gesamtvertrags für die beigeladene AOK daran anzulehnen, was bereits für die weitaus überwiegende Mehrzahl der niedersächsischen Ortskrankenkassen gütlich vereinbart war. Dabei hatte das LSchA, wie bereits dargelegt, von dem durch Mantelvertrag festgelegten Bewertungsmaßstab – nämlich KazGO für 1957 und Neue KazGO für die Zeit nach dem 1. Januar 1958 – auszugehen, nach- dem es sich für das System der Abrechnung nach Einzelleistungen ohne Fallkostenbegrenzung entschieden hatte. Seine Aufgabe beschränkte sich darauf,durch Zu- oder Abschläge zu den festgelegten Bewertungssystemen die angemessene Höhe der Vergütung zu bestimmen. Wenn die Revision in diesem Zusammenhang die Verfassungsmäßigkeit der KazGO – oder des mit dieser im wesentlichen übereinstimmenden Teils IV der Preugo – bezweifelt, so richtet sich dieser Angriff offenbar nicht gegen die Verwendung der KazGO als Bewertungsmaßstab; denn die KZVN selbst begehrt mit ihrem im Revisionsverfahren aufrechterhaltenen Klagantrag, daß KazGO bzw. Neue KazGO Grundlage des Abrechnungsverfahrens sein sollen. Auch sie hält offensichtlich die genannten Gebührenordnungen als Maßstäbe der Bewertung für die einzelnen kassenzahnärztlichen Leistungen im Verhältnis zueinander für verfassungsrechtlich unbedenklich. Es geht ihr nur um die Festsetzung der Zuschläge zu diesen Gebührenordnungen; denn erst durch sie werden aus den Bewertungsmaßstäben Vergütungsfestsetzungen.
Das beklagte LSchA hat – wie die Vertragsparteien in der Vereinbarung vom 29. Mai 1958 – für das Jahr 1957 die KazGO ohne Veränderung, für das Jahr 1958 die Neue KazGO mit einem Abschlag von 12 1/2 % und für die folgende Zeit ohne Abschlag als verbindlich festgesetzt. Daraus geht hervor, daß das Erfordernis der Anpassung an das veränderte Lohn- und Preisgefüge, auf die in der Frage der Vergütungshöhe die Aufgabe der Vertragsparteien – und damit auch des LSchA – im praktischen Ergebnis im wesentlichen hinausläuft, beachtet wurde. Daß die bei der beigeladenen AOK gegebenen Verhältnisse sich wesentlich von denen der großen Mehrzahl der niedersächsichen Ortskrankenkassen unterscheiden, ist weder von einem Beteiligten behauptet worden noch aus dem Ergebnis der Verhandlungen ersichtlich geworden. Unter diesen Umständen lag es für das LSchA nahe, die Vergütungssätze der Vereinbarung vom 29. Mai 1958 zu übernehmen; jedenfalls bestehen dagegen keine rechtlichen Bedenken.
Wenn die KZVN sich demgegenüber darauf beruft, sie habe sich bei Abschluß der Vereinbarung vom 29. Mai 1958 in einer Zwangslage befunden, so mag das in begrenztem Umfang zutreffen. Bei Verträgen zwischen Partnern, die zwar vielfach gleichlaufende, in entscheidenden Punkten aber auch entgegengesetzte Interessen vertreten, wird nicht selten der eine oder der andere Vertragsteil das erreichte Verhandlungsergebnis nur unter Zurückstellung schwerer Bedenken im Interesse einer Einigung endgültig annehmen können. Ein solcher Kompromiß ist im Wesen der Sache begründet und stellt jedenfalls dann keine Ausnutzung der Notlage des einen Vertragsteils dar, wenn eine Alternative zum Vertragsschluß gegeben ist. Das ist aber hier der Fall. Ist ein Vertragspartner im Rahmen der Verhandlungen über den Abschluß eines Vertrags über die kassenzahnärztliche Versorgung zur Überzeugung gekommen, daß der Abschluß des Vertrags eine Verletzung zwingender Rechtssätze, insbesondere der sich aus § 368 g Abs. 1 RVO ergebenden gesetzlichen Schranken, bedeuten würde, so ist er nicht nur berechtigt, sondern entsprechend seiner Pflicht zum gesetzmäßigen Handeln auch verpflichtet, dem Vertragsentwurf seine Zustimmung zu versagen und die Festsetzung des Vertragsinhalts dem Schiedsverfahren (§ 368 h RVO) zu überlassen. Hat aber umgekehrt eine Kassenzahnärztliche Vereinigung Verträge über Vergütungsregelungen abgeschlossen, so ist davon auszugehen, daß sie selbst diese Regelung als einen für sie noch tragbaren Kompromiß innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen ansieht. Sie muß gegen sich gelten lassen, daß ihre die Vermutung der Gesetzmäßigkeit in sich tragende Wertung – wie im vorliegenden Fall – in einem späteren Schiedsverfahren als Leitbild für einen im wesentlichen gleich liegenden Sachverhalt in Anspruch genommen wird.
Aus den gleichen Erwägungen ist auch die Regelung über die Vergütung der Röntgenleistungen in § 2 Satz 2 des angefochtenen Schiedsspruchs rechtlich nicht zu beanstanden. Auch in diesem Punkte durfte das LSchA die Regelung der Vereinbarung vom 29. Mai 1958 (§ 5) übernehmen, deren Kernstück die Verweisung auf die „jeweils zwischen den Bundesverbänden der Krankenkassen und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung vereinbarten Gebühren” ist. Dabei kann, wie das LSG zutreffend erwogen hat, die organisationsrechtliche Frage, ob die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung mit dem Abschluß eines Röntgentarifs in die Kompetenz der Landesvereinigungen eingreift, auf sich beruhen. Jedenfalls war es dem LSchA wie den Vertragsparteien der Vereinbarung vom 29. Mai 1958 unbenommen, den Inhalt eines auf Bundesebene abgeschlossenen Röntgentarifs als Vertragsbestandteil eines Gesamtvertrags festzusetzen.
Demnach ist der angefochtene Schiedsspruch rechtmäßig. Die Revision der KZVN ist im vollen Umfang zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Unterschriften
Dr. Bogs, Richter, Dr. Langkeit
Fundstellen