Entscheidungsstichwort (Thema)
Vereinbarkeit des Anwaltsberufs mit anderen beruflichen Tätigkeiten
Leitsatz (amtlich)
1. Die Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung, nach denen die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verweigert, zurückgenommen oder widerrufen wird, wenn ein zweiter Beruf des Bewerbers mit dem Anwaltsberuf oder dem Ansehen der Rechtsanwaltschaft unvereinbar ist (§ 7 Nr. 8 BRAO, § 15 Nr. 2 BRAO a. F., § 14 Abs. 2 Nr. 9 BRAO n. F.), verletzen nicht Art. 12 Abs. 1 GG.
2. Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Rechtsprechung, soweit sie fordert, daß der Zweitberuf ausreichenden Handlungsspielraum für eine Anwaltstätigkeit läßt. Das gleiche gilt für die Rechtsprechung zu Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, soweit durch diese in den Augen der Öffentlichkeit die erforderliche Unabhängigkeit beeinträchtigt erscheint.
3. Hingegen wird die Freiheit der Berufswahl übermäßig beschränkt, soweit die Rechtsprechung einen Unvereinbarkeitsgrund schon darin sieht, daß der Zweitberuf keine „gehobene Position” vermittelt.
4. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft darf auch nicht allein deshalb verweigert werden, weil der Berufsbewerber in seinem Zweitberuf als Angestellter verpflichtet ist, Dritte im Auftrag eines standesrechtlich ungebundenen Arbeitgebers rechtlich zu beraten.
5. Kaufmännisch-erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten können den Ausschluß vom Beruf des Rechtsanwalts nur dann rechtfertigen, wenn sich die Gefahr einer Interessenkollision deutlich abzeichnet oder dem Berufsbewerber nicht genügend Zeit für die Ausübung des Anwaltsberufs zur Verfügung steht.
Normenkette
GG Art. 12 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; BRAO § 7 Nr. 8, § 15 Nr. 2 Fassung: 1964-01-01, § 14 Abs. 2 Nr. 9 Fassung: 1989-12-13, § 46
Verfahrensgang
BGH (Beschluss vom 25.03.1991; Aktenzeichen AnwZ (B) 44/90) |
BGH (Beschluss vom 17.12.1990; Aktenzeichen AnwZ (B) 51/90) |
BGH (Beschluss vom 23.07.1990; Aktenzeichen AnwZ (B) 22/90) |
Ehrengerichtshof für Rechtsanwälte Celle (Entscheidung vom 23.04.1990; Aktenzeichen EGH 31/89 (II 24)) |
Ehrengerichtshof für Rechtsanwälte Stuttgart (Entscheidung vom 27.01.1990; Aktenzeichen EGH 46/89 (II) - 25 -) |
Ehrengerichtshof für Rechtsanwälte Celle (Entscheidung vom 22.01.1990; Aktenzeichen EGH 18/89 (II/13)) |
BGH (Beschluss vom 04.12.1989; Aktenzeichen AnwZ (B) 43/89) |
Ehrengerichtshof für Rechtsanwälte Frankfurt (Entscheidung vom 08.05.1989; Aktenzeichen 2 EGH 14/87) |
BGH (Beschluss vom 13.02.1989; Aktenzeichen AnwZ (B) 62/88R) |
Ehrengerichtshof für Rechtsanwälte Celle (Entscheidung vom 17.10.1988; Aktenzeichen EGH 9/88) |
BGH (Beschluss vom 23.02.1987; Aktenzeichen AnwZ (B) 43/86) |
BGH (Beschluss vom 05.11.1984; Aktenzeichen AnwZ (B) 26/84) |
Ehrengerichtshof für Rechtsanwälte Celle (Entscheidung vom 29.05.1984; Aktenzeichen EGH 18/84 (II/16)) |
Tatbestand
A.
Die Verfassungsbeschwerden betreffen die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Unvereinbarkeit des Anwaltsberufs mit anderen beruflichen Tätigkeiten.
I.
1. a) Den Beruf des Rechtsanwalts kann nur ausüben, wer zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist. Über den entsprechenden Antrag entscheidet die Landesjustizverwaltung (§ 8 Abs. 1 BRAO), die zuvor ein Gutachten des Vorstands der regional zuständigen Rechtsanwaltskammer einholen muß (§ 8 Abs. 2 BRAO) und an dieses gebunden ist, wenn bestimmte Versagungsgründe geltend gemacht werden. In einem solchen Fall hat die Landesjustizverwaltung die Entscheidung über die Zulassung auszusetzen und dem Anwaltsbewerber das Gutachten zuzustellen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 BRAO). Dieser muß innerhalb eines Monats eine Entscheidung des zuständigen Ehrengerichtshofs beantragen. Bleibt sein Antrag erfolglos, so steht ihm die sofortige Beschwerde zu (§ 42 Abs. 1 BRAO), über die der Bundesgerichtshof (Senat für Anwaltssachen) entscheidet.
Beim nachträglichen Auftreten von Versagungsgründen konnte die Landesjustizverwaltung ursprünglich die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zurücknehmen; seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und Patentanwälte vom 13. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2135) hat sie die Zulassung in diesen Fällen zu widerrufen. Der Rechtsanwalt und der Vorstand der regional zuständigen Rechtsanwaltskammer sind zuvor zu hören (§ 16 Abs. 1 und 2 BRAO). Auch hier kann der betroffene Rechtsanwalt innerhalb eines Monats beim Ehrengerichtshof Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen; der Antrag hat aufschiebende Wirkung (§ 16 Abs. 4 und 5 BRAO). Die Entscheidung des Ehrengerichtshofs ist mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde angreifbar (§ 42 Abs. 1 BRAO).
b) Die Gründe, die eine Versagung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft rechtfertigen, sind in § 7 BRAO, die entsprechenden Rücknahme- und Widerrufsgründe in den §§ 14 und 15 BRAO aufgezählt. Beide Kataloge enthalten eine Vorschrift zur Unvereinbarkeit des Rechtsanwaltsberufs mit anderen Tätigkeiten. § 7 Nr. 8 BRAO lautet:
Versagung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist zu versagen,
1. bis 7. …
8. wenn der Bewerber eine Tätigkeit ausübt, die mit dem Beruf eines Rechtsanwalts oder mit dem Ansehen der Rechtsanwaltschaft nicht vereinbar ist;
9. und 10. …
Dieselben Merkmale sollen auch für die Zurücknahme und den Widerruf maßgeblich sein. In der für die Ausgangsverfahren maßgebenden Fassung bestimmte § 15 Nr. 2 BRAO a.F.:
Zurücknahme der Zulassung aus anderen Gründen
Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft kann zurückgenommen werden,
1. …
2. wenn der Rechtsanwalt eine Tätigkeit aus- übt, die mit dem Beruf eines Rechtsanwalts oder mit dem Ansehen der Rechtsanwaltschaft nicht vereinbar ist.
Diese Kann-Bestimmung wurde durch das Gesetz zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und Patentanwälte vom 13. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2135) geändert und in einen zwingenden Widerrufstatbestand umgestaltet. Die Vorschrift lautet jetzt:
§ 14
Rücknahme und Widerruf der Zulassung
(1) …
(2) Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist zu widerrufen,
1. bis 8. …
9. wenn der Rechtsanwalt eine Tätigkeit ausübt, die mit dem Beruf eines Rechtsanwalts oder mit dem Ansehen der Rechtsanwaltschaft nicht zu vereinbaren ist, es sei denn, daß der Widerruf für ihn eine unzumutbare Härte bedeuten würde.
Die Neuregelung führt nach einhelliger Ansicht nicht zu einer Minderung des Bestandsschutzes. Zwar ist der Widerruf jetzt obligatorisch, die damit verbundene Härteregelung entspricht aber der Zumutbarkeitsprüfung, die auch nach früherem Recht im Rahmen einer Ermessensentscheidung vorzunehmen war.
2. Die umstrittene Unvereinbarkeitsregelung hat eine lange Tradition. Schon die Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878 (RGBl. S. 177) bestimmte in § 5 Nr. 4, daß die Zulassung versagt werden muß, „wenn der Antragsteller ein Amt bekleidet oder eine Beschäftigung betreibt, welche nach den Gesetzen oder nach dem Gutachten des Vorstandes der Anwaltskammer mit dem Beruf oder der Würde der Rechtsanwaltschaft nicht vereinbar sind”. Die beiden Senate des Ehrengerichtshofs, der dem Reichsgericht angegliedert war, entwickelten dazu in einer umfangreichen Rechtsprechung Fallgruppen. Dabei wurde zwischen den Merkmalen des Berufs und der Würde der Rechtsanwaltschaft praktisch nicht unterschieden. Die Reichs-Rechtsanwaltsordnung in der Fassung vom 21. Februar 1936 (RGBl. I S. 107) beschränkte den Zugang zum Beruf so weitgehend, daß eine Zulassungsbeschränkung aus Gründen der Unvereinbarkeit des Berufs entbehrlich erschien (Noack, Reichs-Rechtsanwaltsordnung, 2. Aufl., § 15 Anm. 18 e). Statt dessen wurden entsprechende Rücknahmegründe normiert, die an die frühere Rechtslage anknüpften und es dem Reichsgericht erlaubten, seine bisherige Rechtsprechung fortzusetzen.
Nach 1945 führte die Gesetzgebung der neu gebildeten Länder zu einer starken Rechtszersplitterung (vgl. die Übersicht in BTDrucks. III/120, S. 44 ff.). Die Bundesrechtsanwaltsordnung vom 1. August 1959 (BGBl. I S. 565) sollte diese Zersplitterung überwinden und dabei an die „altbewährten Grundsätze” der Rechtsanwaltsordnung von 1878 anknüpfen (BTDrucks. III/120, S. 47). In der Begründung des Regierungsentwurfs ist zur Unvereinbarkeit des Anwaltsberufs mit anderen Tätigkeiten folgendes ausgeführt (BTDrucks. III/120, S. 56 f.):
Versagung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
Der Entwurf geht, wie in der Einleitung unter IV 1 näher ausgeführt ist, von dem Grundsatz der freien Advokatur aus. Er garantiert damit das Grundrecht der Berufsfreiheit. Der einzelne muß sich jedoch mit seinen Freiheitsrechten in die Allgemeinheit einordnen (Artikel 2 Abs. 1 des Grundgesetzes). Er darf in der Freiheit der Berufsausübung nicht die Rechte anderer, insbesondere nicht die Rechte der Allgemeinheit gefährden. Ist nach der Erfahrung des Lebens damit zu rechnen, daß in einem konkreten Einzelfall ein Bewerber in der Ausübung des Berufes die Allgemeinheit gefährden wird, so muß solchen Gefahren vorgebeugt werden. Wenn der Staat den Rechtsuchenden gebietet, sich in bestimmten Fällen vor den Gerichten durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen, so ist er auch verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß nur geeignete und zuverlässige Rechtsanwälte den Beruf ausüben. So hat sich im Laufe der Zeiten ein Berufsbild des Anwalts geformt, nach dem der Bewerber nicht nur die fachlichen Voraussetzungen erfüllen, sondern auch bestimmte persönliche Qualitäten besitzen muß. Sind diese Bedingungen nicht gegeben und sind deshalb Gefahren für die Allgemeinheit zu befürchten, so ist es verfassungsmäßig gerechtfertigt und auch geboten, den Bewerber von der Ausübung des Berufes fernzuhalten.
…
Zu Nr. 8:
Der hier angeführte Versagungsgrund war bereits in der Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878 (§ 5 Nr. 4) enthalten. Er kann angesichts der Vielgestaltigkeit der denkbaren Fälle nur allgemein dahin umschrieben werden, daß die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht erteilt wird, wenn der Bewerber eine Tätigkeit ausübt, die mit dem Beruf oder mit dem Ansehen der Rechtsanwaltschaft nicht vereinbar ist.
Bei der Prüfung im Einzelfall wird der Maßstab anzulegen sein, der sich aus dem allgemeinen Berufsbild des Rechtsanwalts ergibt. Der Rechtsanwalt muß als solcher in der Beratung und Vertretung unabhängig und objektiv sein. Will der Bewerber z.B. eine Tätigkeit beibehalten, die seine ganze Arbeitskraft in Anspruch nimmt und in der er streng an fremde Weisungen gebunden ist, so bleibt für eine Ausübung des Berufes als Anwalt, an den sich jeder Rechtsuchende wenden könnte, kein Raum mehr. Die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt würde in einem solchem Fall zu einem inhaltsleeren Titel werden. – Unter ähnlichen Gesichtspunkten lassen sich die Grenzen für den sogen. Syndikusanwalt bestimmen, der in einem Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber steht. Zwar wird ein Bewerber, der Syndikus und Rechtsanwalt zugleich sein will, in seiner Eigenschaft als S y n d i k u s eine juristische Tätigkeit ausüben, wenn er seinem Arbeitgeber in Rechtsangelegenheiten Rat und Beistand gewährt; diese Tätigkeit kann, rein fachlich betrachtet, der beratenden Tätigkeit eines Rechtsanwalts durchaus entsprechen; seine Stellung als Syndikus mag auch so bedeutend sein, daß er seinem Arbeitgeber gegenüber selbständig und eigenverantwortlich zu handeln vermag. Jedoch würde eine ausschließliche Tätigkeit für ein Unternehmen nicht dem Bild entsprechen, das bei dem Beruf des Rechtsanwalts, von der Allgemeinheit der Rechtsuchenden her gesehen, in seiner Stellung innerhalb der Rechtspflege gegeben sein muß. Das Berufsbild des Rechtsanwalts kann nur dann vorhanden sein, wenn der Syndikus rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, neben seiner Tätigkeit in dem Unternehmen Rechtsuchende als freier Anwalt zu beraten und zu vertreten. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so wäre einem Bewerber die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen. – Nach ähnlichen Gesichtspunkten ist auch die Frage zu beurteilen, ob z.B. einem Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erteilt werden kann. Diese Tätigkeiten sind an sich miteinander vereinbar. Es kommt aber im Einzelfall darauf an, ob der Bewerber in der Lage und willens ist, abgesehen von seiner anderen Tätigkeit, den anwaltlichen Beruf tatsächlich auszuüben. Kann er die Pflichten der beiden Berufe ordnungsgemäß erfüllen, so besteht kein Bedenken, die Zulassung zu erteilen (vgl. die letzte einschlägige Entscheidung des alten Ehrengerichtshofs für Rechtsanwälte vom 1. Februar 1934 – EGH, Bd. 28, S. 12 ff. –). In einem solchen Falle darf der Bewerber, nachdem er die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erhalten hat, neben der Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt” die Bezeichnung dieses anderen Berufs führen.
Unvereinbar mit dem anwaltlichen Beruf ist z.B. eine Tätigkeit, die gegen die Staatsordnung, die guten Sitten oder die Interessen der Rechtspflege verstößt. Hierher würde u.a. die Beschäftigung in einem Unternehmen zu rechnen sein, das unter Umgehung des Gesetzes zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I S. 1478) Rechtsuchende berät.
Eine Tätigkeit rührt auch dann zur Versagung, wenn sie dem Ansehen der Anwaltschaft abträglich ist. Beide Wesensmerkmale (Unvereinbarkeit mit dem Beruf, Unvereinbarkeit mit dem Ansehen der Rechtsanwaltschaft) werden häufig ineinander übergehen. So wäre es mit dem anwaltlichen Beruf und mit dem Ansehen der Rechtsanwaltschaft nicht vereinbar, wenn der Bewerber nach seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft weiter als Reisender oder Agent für irgendwelche Unternehmungen tätig bleiben wollte.
3. Das Berufsbild des Rechtsanwalts wird im Ersten Teil der Bundesrechtsanwaltsordnung (§§ 1 bis 3 BRAO) sehr allgemein umschrieben. In der Gesetzesbegründung (BTDrucks. III/ 120, S. 48 f.) heißt es zur Stellung des Rechtsanwalts:
Der Anwalt kann seine Aufgabe nur erfüllen, wenn er seinen Beruf frei ausübt (Gneist: Freie Advocatur, S. 50 ff.). Mit seiner besonderen Stellung innerhalb der Rechtspflege wäre es unvereinbar, wenn er zu dem Staate in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stünde.
…
Das Wesen des freien Berufes erschöpft sich aber nicht darin, daß seine Angehörigen nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Staat oder zu einem Auftraggeber stehen. Vielmehr liegt die Eigenart des freien Berufes vornehmlich darin begründet, daß seine Angehörigen sich nicht vom Streben nach Gewinn bestimmen lassen dürfen (vgl. Feuchtwanger: Die freien Berufe, S. 17 ff.). So werden die Handlungen und Unterlassungen eines Anwalts, der von der ethischen Aufgabe seines Berufes erfüllt ist, von dem Motiv geleitet sein, das Recht zu verwirklichen. Von diesem idealen Streben her gesehen übt der Rechtsanwalt einen freien Beruf aus. In dieser Feststellung soll keine Wertung gegenüber anderen Berufsgruppen liegen. Das Wesen des freien Berufes zu betonen, ist aber deshalb wichtig, weil es den Standespflichten im einzelnen das Gepräge gibt. So ist es einem Anwalt in seinem Beruf nicht erlaubt, Wettbewerb zu treiben, seine Kollegen zu unterbieten oder sich am Gewinn eines Prozesses zu beteiligen. Damit sind natürliche Grenzen zum Gewerbe gezogen. Deshalb rechtfertigt sich auch die Feststellung nach der negativen Seite, daß die Tätigkeit des Anwalts kein Gewerbe ist.
§ 46 BRAO begründet besondere Berufspflichten für Syndikusanwälte. Daraus ergibt sich, daß es mit der Rechtsstellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege und mit dem Grundsatz der freien Advokatur vereinbar ist, neben dem Anwaltsberuf eine weisungsgebundene Tätigkeit auszuüben. Die abhängige Beschäftigung muß anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen sein und darf die Arbeitszeit und -kraft sogar überwiegend in Anspruch nehmen. Der Anwaltsberuf kann danach als Nebenberuf ausgeübt werden. In der Begründung heißt es dazu (BTDrucks. III/120, S. 77):
Nachdem die Institution des Syndikusanwalts sich im modernen Wirtschaftsleben herausgebildet und gefestigt hat und damit die Frage der Zulassung nicht mehr ausschließlich im negativen Sinne zu lösen ist, kann es sich jetzt nur darum handeln, die beiden Aufgabengebiete des Syndikusanwalts gegeneinander abzugrenzen. Der Syndikusanwalt entspricht bei seiner Tätigkeit als Syndikus für seinen Dienstherrn nicht dem allgemeinen anwaltlichen Berufsbild, wie es in der Vorstellung der Allgemeinheit besteht. In das Berufsbild des Anwalts, das sich von ihm als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege geformt hat, läßt sich nur die Tätigkeit einfügen, die der Syndikus als Anwalt außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt. Dagegen sind bei der Tätigkeit, die er als Syndikus für seinen Dienstherrn leistet, die typischen Wesensmerkmale der freien Berufsausübung, die das Bild des Anwalts bestimmen, nicht gegeben (vgl. die Ausführungen zu § 2). Die Scheidung zwischen beiden Aufgabenbereichen, in denen der Syndikusanwalt in seiner Doppelstellung tätig wird, ist im Interesse der geordneten Rechtspflege insbesondere dann beizubehalten, wenn er vor Gericht auftritt. Deshalb kann es nicht zugelassen werden, daß der Syndikusanwalt seinen Dienstherrn vor einem Gericht oder Schiedsgericht in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt vertritt. Diese Beschränkung gilt für alle Verfahrensarten und für alle Zweige der Rechtspflege. Dagegen soll es dem Syndikusanwalt nicht verwehrt werden, in Verfahren ohne Anwaltszwang z.B. als Vorstandsmitglied des Unternehmens oder als Angestellter für seinen Dienstherrn aufzutreten; er darf jedoch in einem solchen Fall nicht in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt tätig werden.
4. Der Bundesgerichtshof hat im Anschluß an die Rechtsprechung des Ehrengerichtshofs beim Reichsgericht Merkmale beruflicher Tätigkeiten entwickelt, deren Vorliegen generell zur Unvereinbarkeit mit dem Anwaltsberuf führen soll.
a) Der Anwaltsberuf dürfe nicht nur am Feierabend ausgeübt werden. Als Rechtsanwalt im Zweitberuf könne nur zugelassen werden, wer rechtlich und tatsächlich in der Lage sei, den Anwaltsberuf neben seinem Hauptberuf in einem, wenn auch beschränkten, so doch irgendwie nennenswerten Umfang und jedenfalls mehr als bloß gelegentlich auszuüben (BGHZ 33, 266 ≪268≫). Je nach individueller Leistungsfähigkeit könne auch ein Syndikus mit einer Vollzeitbeschäftigung den Anforderungen des Anwaltsberufs gerecht werden, er müsse dann aber auch während der normalen Dienstzeit erreichbar sein, unverschiebbare Gerichtstermine wahrnehmen und in Eilfällen tätig werden können (BGHZ 71, 138 ≪140 f.≫). Zeitliche Konfliktlagen, wie sie ein vielbeschäftigter Rechtsanwalt ebenso kenne, seien hingegen unschädlich (vgl. zu den Einzelheiten Pfeiffer, in: Festschrift für Walter Oppenhoff, S. 249 ≪254 ff.≫ mit zahlr. Nachw.).
b) Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft neben einer Daueranstellung im öffentlichen Dienst sei zwar nicht völlig ausgeschlossen, komme aber nur dann in Betracht, wenn durch die gleichzeitige Ausübung beider Berufe die Interessen der Rechtspflege nicht gefährdet würden. Bestehe die konkrete Möglichkeit eines Interessenkonflikts, sei die Daueranstellung im öffentlichen Dienst von vornherein nicht mit dem Rechtsanwaltsberuf vereinbar (BGHZ 36, 71 ≪76 f.≫). Die danach vorzunehmende Einzelabwägung habe sowohl die Art der ausgeübten Tätigkeit als auch den Aufgabenbereich und die Bedeutung der Anstellungskörperschaft zu berücksichtigen. Während eine rein wissenschaftlich ausgerichtete Arbeit im allgemeinen kein Zulassungshindernis bilde, seien die Interessen der Rechtspflege regelmäßig gefährdet, wenn der Bewerber auch dienstlich mit Angelegenheiten künftiger Mandanten befaßt werden könnte (BGH, a.a.O.). Darüber hinaus müsse im Interesse der Rechtspflege beim Publikum der Eindruck vermieden werden, eine bedeutende Stellung im öffentlichen Dienst verschaffe dem Rechtsanwalt besondere Möglichkeiten der Interessenwahrung (BGHZ 66, 283 ≪287 f.≫ und zu weiteren Einzelheiten Pfeiffer, a.a.O., S. 249 ≪269 f.≫).
c) Zur Rechtsanwaltschaft dürfe ferner nur zugelassen werden, wer in seinem zweiten Beruf eine gehobene Position bekleide. Begründet wird das in Anknüpfung an die Rechtsprechung des Ehrengerichtshofs beim Reichsgericht (Urteil vom 28. Juni 1930, EGH XXIV, 16) mit dem Erfordernis innerer und äußerer Unabhängigkeit des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege und mit dem Schutz des Ansehens der Anwaltschaft (BGHZ 35, 119 ≪122 f.≫; BGH, EGE VII, S. 36, 40 f.). Nur Inhaber einer gehobenen Stellung könnten regelmäßig über ihre Dienstzeit hinreichend frei und ohne ständige Abstimmung mit ihren Vorgesetzten verfügen (BGH, EGE XIV, S. 48, 50). Zwar sei keine Spitzenstellung erforderlich, aber eine nach Bedeutung und Verantwortung untergeordnete Sachbearbeiterfunktion genüge nicht. Die Rechtsprechung fordert eine Gesamtwürdigung, bei der es auf Indizien ankommen soll, wie etwa die Erteilung einer Handlungsvollmacht, die Dauer der Kündigungsfrist, die Höhe des Gehalts und Weisungsbefugnisse gegenüber Betriebsangehörigen (vgl. zu Einzelheiten Feuerich, Bundesrechtsanwaltsordnung, 2. Aufl., § 7 Rdnr. 122 ff. und Pfeiffer, Festschrift für Walter Oppenhoff, S. 249 ≪263 f.≫, beide m.w.N.).
d) Unvereinbar mit dem Beruf des Rechtsanwalts sei zudem die Tätigkeit eines Angestellten, wenn der Dienst- oder Arbeitsvertrag dazu verpflichte, Dritte juristisch zu beraten, Dienstherr oder Arbeitgeber jedoch anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen seien. Allerdings sei es kein Zulassungshindernis, wenn der Syndikus seinem Dienstherrn selbst, dessen Mitarbeitern oder auch Tochterunternehmen des Konzerns Rechtsrat erteilen müsse. Erstrecke sich die Beratung jedoch auf Außenstehende, wozu auch Verbands- und Vereinsmitglieder zu rechnen seien (BGHZ 40, 282 ≪285 f.≫), komme es zu einer Doppelrolle, die nicht in das Berufsbild des Rechtsanwalts passe, die Erwartungen des rechtsuchenden Publikums enttäusche und die Rechtssicherheit gefährde, weil die Aufspaltung der Verantwortlichkeiten für Außenstehende nicht immer klar erkennbar sei (BGH, BRAK-Mitt. 1988, S. 271 f.).
e) Schließlich hat der Bundesgerichtshof den Grundsatz aufgestellt, daß jede kaufmännische Tätigkeit, die nicht verwaltender Natur, sondern erwerbswirtschaftlich geprägt sei, ein Zulassungshindernis darstelle. Es gelte, „daß kommerzielles Denken schlechthin vom Anwaltsberuf ferngehalten werden soll” (BGHZ 40, 194 ≪196≫; Pfeiffer, Festschrift für Walter Oppenhoff, S. 249 ≪266≫). Vom Kaufmann unterscheide sich der Anwalt grundlegend dadurch, daß er sich nicht maßgebend von der Gewinnerzielungsabsicht und der Rücksichtnahme auf den jeweiligen Kundenkreis leiten lassen dürfe (BGHZ 72, 282 ≪287 f.≫). Unerheblich sei, ob der Betroffene selbst erwerbswirtschaftlich in Erscheinung trete oder Mitarbeiter für sich handeln lasse; deren Tätigkeit müsse ihm nämlich zugerechnet werden. Dieser Gedanke der Zurechenbarkeit fremden Handelns führt dazu, daß auch Organe einer juristischen Person (Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer) unabhängig von der internen Aufgabenverteilung grundsätzlich nicht zur Anwaltschaft zugelassen werden, wenn das Unternehmen ein Gewerbe betreibt (BGHZ 72, 282 ≪284 f.≫; BRAK-Mitt. 1987, S. 89 f.).
II.
1. Der Beschwerdeführer zu 1) arbeitete als wissenschaftliche Hilfskraft an der Universität Göttingen. Seine monatliche Arbeitszeit von zunächst 30 Stunden wurde im Laufe des Ausgangsverfahrens auf 10 Stunden beschränkt. Zu seinen Aufgaben gehörte die Betreuung von Referaten studentischer Seminarteilnehmer, das Erarbeiten von Klausuren sowie in Einzelfällen die Vertretung des Lehrstuhlinhabers bei Vorlesungen. Nachdem er die Zweite Juristische Staatsprüfung bestanden hatte, beantragte er seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Die Rechtsanwaltskammer Braunschweig machte demgegenüber den Versagungsgrund des § 7 Nr. 8 BRAO geltend. Der Beschwerdeführer sei weisungsabhängig und verrichte keine gehobene Tätigkeit.
Seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung wies der Ehrengerichtshof für Rechtsanwälte zurück. Der Beschwerdeführer sei als wissenschaftliche Hilfskraft nicht selbständig und eigenverantwortlich tätig und somit weisungsgebunden. Das sei mit der Stellung des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege nicht vereinbar. Auf den geringen Umfang der Tätigkeit (damals noch 30 Monatsstunden) komme es nicht an.
Die sofortige Beschwerde blieb erfolglos. Der Bundesgerichtshof führte aus: Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter einer Universität mit zeitlich begrenztem Dienstverhältnis (inzwischen nur noch 10 Monatsstunden) könne nicht als Rechtsanwalt zugelassen werden, weil er keine gehobene Stellung innehabe. Daß die Universität dem Beschwerdeführer keine Weisungen in bezug auf die beabsichtigte Anwaltstätigkeit erteile, sei unerheblich.
Als der Beschwerdeführer daraufhin seine wissenschaftliche Nebentätigkeit aufgab, wurde er antragsgemäß zur Rechtsanwaltschaft zugelassen.
2. Die Beschwerdeführerin zu 2) war bei der Universität Hannover als Angestellte mit einer Arbeitszeit von 20 Wochenstunden beschäftigt. Sie bezog ein Gehalt nach Vergütungsgruppe II a BAT. Entsprechend dem Organisationsplan der Universität war sie als Sachbearbeiterin dem Vertreter des Kanzlers zugeordnet. Zu ihren Aufgaben gehörte die „juristische Unterstützung in Übernahme-, Besitzstandswahrungs- und Zuordnungsverfahren (Bearbeitung von Widersprüchen im Einzelfall, Prozeßführung); Prozeßführung in Personalangelegenheiten nach Einzelzuweisung”. Innerhalb ihres Aufgabengebietes war sie zeichnungsbefugt. Sie erteilte Bescheide und Widerspruchsbescheide. Der Präsident der Universität genehmigte ihr gemäß § 11 BAT in Verbindung mit § 73 des Niedersächsischen Beamtengesetzes eine Nebentätigkeit als Rechtsanwältin im Umfange von 28 Wochenstunden außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit. Die Genehmigung wurde dahin eingeschränkt, daß keine Prozesse gegen das Land Niedersachsen oder die Universität Hannover geführt werden dürften und Gerichtstermine aus dem Arbeitsbereich der Beschwerdeführerin „vorrangig” wahrzunehmen seien.
Der Vorstand der Rechtsanwaltskammer widersprach dem Zulassungsantrag der Beschwerdeführerin und machte den Versagungsgrund des § 7 Nr. 8 BRAO geltend. Die Beschränkung der erteilten Nebentätigkeitsgenehmigung behindere die Beschwerdeführerin bei der Ausübung des Anwaltsberufs zu stark. Auch stehe § 46 BRAO der Zulassung entgegen. Daraufhin legte die Beschwerdeführerin eine modifizierte Nebentätigkeitsgenehmigung vor, in der das Wort „… vorrangig …” gestrichen war. Der Ehrengerichtshof für Rechtsanwälte stellte fest, daß der geltend gemachte Versagungsgrund nicht vorliege. Die Tätigkeit an der Universität Hannover sei mit dem Beruf einer Rechtsanwältin und mit dem Ansehen der Rechtsanwaltschaft vereinbar.
Auf die sofortige Beschwerde der Rechtsanwaltskammer hob der Bundesgerichtshof mit dem angegriffenen Beschluß die Entscheidung des Ehrengerichtshofs auf. Durch die Anstellung der Beschwerdeführerin im öffentlichen Dienst würden Rechtspflegeinteressen gefährdet. Die Universität spiele im öffentlichen Leben der Stadt Hannover eine herausragende Rolle. Die Beschwerdeführerin nehme hoheitliche Aufgaben wahr und repräsentiere die Universität nach außen. Das erwecke dem rechtsuchenden Publikum gegenüber den Anschein, die dienstliche Stellung könne zur Förderung privater Interessen genutzt werden. Hierfür genüge der bloße Schein einer Möglichkeit. Darüber hinaus lasse es ihre Angestelltentätigkeit nicht zu, den Beruf einer Rechtsanwältin in dem erforderlichen Umfang auszuüben.
3. Der Beschwerdeführer zu 3) ist Angestellter eines Genossenschaftsverbandes und leitet zusammen mit vier weiteren Juristen dessen Rechtsabteilung. Ihm obliegt unter anderem die rechtliche Beratung des Vorstandes, dem er untersteht. Der Genossenschaftsverband, dem etwa 1000 Genossenschaften als Mitglieder angehören, hat die satzungsmäßige Aufgabe, die Verbandsmitglieder umfassend zu betreuen und zu beraten.
Der Beschwerdeführer beantragte seine Zulassung als Syndikusanwalt und legte ein Bestätigungsschreiben seines Arbeitgebers vor, das ihm sachliche und rechtliche Unabhängigkeit in denkbar weitreichendem Ausmaß zusicherte. Demgegenüber machte der Vorstand der Rechtsanwaltskammer den Versagungsgrund des § 7 Nr. 8 BRAO geltend. Der Beschwerdeführer übe eine rechtsberatende Tätigkeit im Auftrag eines dem anwaltlichen Standesrecht nicht unterworfenen Arbeitgebers aus. Es fehle ihm an der das Berufsbild des Rechtsanwalts prägenden Eigenverantwortlichkeit.
Dieser Ansicht schloß sich der Ehrengerichtshof für Rechtsanwälte an und wies den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurück. Der Beschwerdeführer sei von seinem Arbeitgeber abhängig, und dieser sei anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfen. Bei der Annahme von Mandaten sei der Beschwerdeführer nicht frei, soweit er Verbandsmitgliedern als Angestellter Rechtsrat erteilen müsse.
Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde wies der Bundesgerichtshof zurück. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers widerspreche dem Berufsbild des Rechtsanwalts als unabhängigem Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten. Es fehle an der das Berufsbild des Anwalts prägenden Eigenverantwortlichkeit. Ob der Beschwerdeführer bei seiner beratenden Tätigkeit Weisungen befolgen müsse, sei unerheblich; für die Rechtsberatung trage jedenfalls nicht er, sondern der Genossenschaftsverband die Verantwortung. Solche verbandsinterne Beratung unterscheide sich grundlegend von der Tätigkeit eines Syndikusanwalts. Dieser erbringe nämlich seine Beratungsleistung ausschließlich gegenüber seinem Dienstherrn und nicht gegenüber Dritten.
4. Die Beschwerdeführerin zu 4) ist bei einer Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs tätig. Im wesentlichen erstattet sie Gutachten über wettbewerbsrechtliche Tatbestände und erarbeitet Stellungnahmen für die Staatsanwaltschaft oder öffentlichrechtliche Körperschaften. Geplante oder bereits durchgeführte Werbemaßnahmen der Mitglieder der Wettbewerbszentrale überprüft sie auf ihre Zulässigkeit hin. Wettbewerbsstreitigkeiten soll sie möglichst außergerichtlich beilegen; gelingt das nicht, soll sie Anwälte mit der gerichtlichen Vertretung beauftragen.
Ihren Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft begründete sie unter anderem mit dem Hinweis, daß bisher alle vergleichbaren Angestellten ihrer Arbeitgeberin als Rechtsanwälte zugelassen worden seien. Demgegenüber berief sich der Vorstand der Rechtsanwaltskammer auf den Versagungsgrund des § 7 Nr. 8 BRAO. Die Beschwerdeführerin übe keine gehobene Tätigkeit mit besonderen Befugnissen aus. Sie habe keine Organstellung und trete auch innerhalb der Geschäftsführung nicht besonders hervor.
Der Ehrengerichtshof für Rechtsanwälte wies ihren Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurück. Sie habe keine gehobene Position und erteile als Angestellte Mitgliedern der Wettbewerbszentrale Rechtsrat. Ihr fehle jegliche Eigenverantwortlichkeit für diese beratende Tätigkeit; auch trage sie insoweit kein Haftungsrisiko.
Die sofortige Beschwerde blieb ebenfalls ohne Erfolg. Die Unvereinbarkeit mit dem Beruf des Rechtsanwalts ergibt sich nach Ansicht des Bundesgerichtshofs daraus, daß die Beschwerdeführerin in abhängiger Stellung als Angestellte eines anwaltlichen Standespflichten nicht unterworfenen Dienstherrn Rechtsrat erteile. Ob sie eine gehobene Position innehabe, sei insoweit unerheblich. Soweit sich die Beschwerdeführerin darauf berufe, daß bereits 16 Dezernenten der Wettbewerbszentrale zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden seien, könne das dahingestellt bleiben, weil niemand Anspruch auf die Wiederholung von Fehlern habe.
5. Der Beschwerdeführer zu 5) wurde erstmals 1970 beim Landgericht Osnabrück zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Danach wechselte er zum Landgericht Hanau (1975 bis 1980) und zum Landgericht Frankfurt/Main (1980 bis 1988). Im April 1988 beantragte er erneut die Zulassung beim Landgericht Osnabrück. Dabei wurde der Landesjustizverwaltung bekannt, daß er nicht nur als Geschäftsführer einer Baubetreuungs-GmbH, sondern darüber hinaus in mehreren eigenen Gesellschaften geschäftsführend tätig war. Dennoch wurde ihm die beantragte Zulassung erteilt. Der Beschwerdeführer ist alleiniger geschäftsführender Gesellschafter dreier Kapitalgesellschaften. Daneben ist er an fünf Personengesellschaften als persönlich haftender Gesellschafter beteiligt. Schließlich besitzt er noch Gesellschaftsanteile als Kommanditist.
Mit Bescheid vom 20. Juni 1989 nahm der Präsident des Oberlandesgerichts Oldenburg die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft gemäß § 15 Nr. 2 BRAO a.F. zurück. Die Stellung als alleiniger Geschäftsführer von Handelsgesellschaften sei mit dem Berufsbild eines Rechtsanwalts nicht vereinbar. Der Beschwerdeführer trete erwerbswirtschaftlich mit dem Streben nach Gewinnerzielung in Erscheinung. Unerheblich sei, ob er seine Unternehmen selbst leite oder sich hierzu der Hilfe von Mitarbeitern bediene; seine umfassende Verantwortlichkeit werde dadurch nicht berührt. Als alleiniger Geschäftsführer müsse er sich die kaufmännisch-erwerbswirtschaftliche Betätigung des Unternehmens zurechnen lassen.
Der Ehrengerichtshof für Rechtsanwälte wies den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurück und nahm auf die Begründung des angegriffenen Bescheides Bezug. Gründe des Vertrauensschutzes könne der Beschwerdeführer nicht anführen; eine unzumutbare Härte sei nicht ersichtlich.
Die sofortige Beschwerde blieb erfolglos. Der Bundesgerichtshof führte aus: Die Novellierung der Bundesrechtsanwaltsordnung durch das Gesetz zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 13. Dezember 1989 habe sich nicht zugunsten des Beschwerdeführers ausgewirkt. Die Zulassung sei ermessensfehlerfrei zurückgenommen worden; nach der neuen Gesetzesfassung liege ein Widerrufsgrund vor. Mit dem Berufsbild eines Rechtsanwalts sei eine außerjuristische Tätigkeit unvereinbar, durch die der Rechtsanwalt erwerbswirtschaftlich in Erscheinung trete. Soweit der Anwalt gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person sei, müsse auf die Tätigkeit des Unternehmens abgestellt werden. Betreibe dieses ein Gewerbe, lasse es sich maßgeblich vom Streben nach Gewinn leiten. Die Tätigkeit des gesetzlichen oder organschaftlichen Vertreters sei dadurch kaufmännisch- erwerbswirtschaftlich geprägt.
6. Der Beschwerdeführer zu 6) war seit 1968 Leiter der Rechtsabteilung einer Aktiengesellschaft. Im Februar 1982 wurde er als Rechtsanwalt zugelassen. Seine Anwaltstätigkeit übte er in Sozietät mit zwei weiteren Anwälten aus. Seit 1983 ist er alleiniger Geschäftsführer einer Versicherungs-Vermittlungs-GmbH, die sich mit dem Nachweis, der Vermittlung und der Bearbeitung von Versicherungen jeder Art befaßt.
Als die Rechtsanwaltskammer hiervon erfuhr, regte sie die Rücknahme der Zulassung an. Das Landesjustizministerium entsprach dem mit der angegriffenen Verfügung. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung wies der Ehrengerichtshof für Rechtsanwälte zurück. Auch die sofortige Beschwerde blieb erfolglos. Der Bundesgerichtshof berief sich auf seine ständige Rechtsprechung zur kaufmännisch- erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit und wiederholte das Postulat, daß „kommerzielles Denken” vom Anwaltsberuf „schlechthin fernzuhalten” sei. Anhaltspunkte dafür, daß die Rücknahme der Zulassung eine unzumutbare Härte darstellen könnte, seien nicht ersichtlich.
7. Der Beschwerdeführer zu 7) war seit 1953 in einem stahlverarbeitenden Unternehmen seiner Familie tätig, seit 1956 als Justitiar. Im Jahre 1957 erhielt er die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Seitdem betrieb er eine Anwaltspraxis in Bürogemeinschaft mit einem weiteren Rechtsanwalt und Notar. 1966 wurde er persönlich haftender Gesellschafter des Familienunternehmens. Nach Umwandlung der Personengesellschaft in eine GmbH & Co KG wurde er einer von zwei Geschäftsführern der als Verwaltungs-GmbH geführten Komplementärin. Innerhalb der Geschäftsführung ist er für Personal-, Sozial- und Rechtsfragen sowie für Investitionssteuerung zuständig.
Als die Präsidentin des Oberlandesgerichts im Jahre 1989 von der unternehmerischen Funktion des Beschwerdeführers Kenntnis erhielt, nahm sie die Zulassung als Rechtsanwalt zurück und verwies auf § 15 Nr. 2 BRAO a.F. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hatte keinen Erfolg. Auch die sofortige Beschwerde wurde zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof verwies auf seine ständige Rechtsprechung, wonach eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit mit dem Berufsbild des Anwalts unvereinbar sei. Ergänzend führte er aus, das anwaltliche Berufsbild sei zwar seit einigen Jahren im Umbruch, diese Veränderungen hätten aber keinen Einfluß auf das Verbot gewerblicher Tätigkeit.
III.
1. Der Beschwerdeführer zu 1) greift mit seiner Verfassungsbeschwerde sämtliche im zulassungs- und ehrengerichtlichen Verfahren ergangenen Entscheidungen an. Zum Rechtsschutzbedürfnis trägt er vor, die verspätete Zulassung zur Rechtsanwaltschaft habe seine Versorgungsansprüche gegenüber dem berufsständischen Versorgungswerk beeinträchtigt und verzögere seine Zulassung zum Notar. Zudem habe sie zu finanziellen Einbußen geführt. Die Nebentätigkeit an der Universität habe er aufgeben müssen. Auch die Gewinnbeteiligung als Sozius in der Kanzlei seines Vaters habe er erst mit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erhalten können. Deswegen behalte er sich die Geltendmachung von Schadensersatz- oder Folgebeseitigungsansprüchen vor.
Der Beschwerdeführer meint, die Zulassungsversagung schränke ihn in seiner Berufswahlfreiheit unverhältnismäßig ein. Die Versagung der Zulassung gemäß § 7 Nr. 8 BRAO sei in seinem Falle zum Schutze der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege und eines unabhängigen und leistungsfähigen Berufsstandes der Rechtsanwälte weder geeignet noch erforderlich. Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspreche allenfalls eine Zulassung unter Auflagen, deren Kontrolle der Anwaltskammer möglich und zumutbar gewesen wäre.
Darüber hinaus hält der Beschwerdeführer auch Art. 3 Abs. 1 GG für verletzt. Der Bundesgerichtshof stütze sich auf eine Rechtsprechung, die eine Anwaltszulassung im Nebenberuf zum Gegenstand habe. Hingegen habe er die Zulassung zur hauptberuflichen Ausübung dieses Berufes erstrebt, so daß ihn die Versagung in wirtschaftlicher und beruflicher Hinsicht ungleich härter getroffen habe.
2. Die Beschwerdeführerin zu 2) greift die Entscheidung des Bundesgerichtshofs an, durch die der Beschluß des Ehrengerichtshofs aufgehoben wurde.
Ob § 7 Nr. 8 BRAO dem Bestimmtheitsgebot genüge, sei zweifelhaft. Der Gesetzgeber müsse den wesentlichen Inhalt von Inkompatibilitätsregeln selbst bestimmen. Den Gerichten sei es von Verfassungs wegen verwehrt, die gesetzgeberische Grundentscheidung zu ersetzen und das Grundrecht der Berufsfreiheit über die gesetzlichen Vorgaben hinaus einzuschränken. Nach § 7 Nr. 8 und § 46 BRAO sei ein Nebeneinander von Anwaltstätigkeit und Angestelltentätigkeit (auch im öffentlichen Dienst) möglich. Die Versagung der Zulassung sei auch zum Schutze von Interessen der Rechtspflege nicht erforderlich. Mögliche Interessenkollisionen seien durch § 356 StGB, § 45 Nr. 1 bis 3, § 46 BRAO und die Grundsätze des anwaltlichen Standesrechts hinreichend geregelt. Jedenfalls könne der bloße Schein eines Interessenkonfliktes eine Beschränkung der Berufswahlfreiheit nicht rechtfertigen.
Schließlich beruhe der Beschluß des Bundesgerichtshofs auch auf der Verletzung rechtlichen Gehörs. Wenn ihr die Möglichkeit eingeräumt worden wäre, die zeitliche Flexibilität ihrer vertraglichen Arbeitspflicht näher zu belegen, wäre eine ihr günstigere Entscheidung nicht ausgeschlossen gewesen.
3. Der Beschwerdeführer zu 3) wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen sämtliche im zulassungs- und ehrengerichtlichen Verfahren ergangenen Entscheidungen und rügt die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.
Für die Versagung der Anwaltszulassung fehle eine gesetzliche Grundlage. § 7 Nr. 8 BRAO genüge nicht rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen. Zwar dürfe der Gesetzgeber im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG Berufsbilder fixieren und Zulassungsvoraussetzungen aufstellen, er müsse dann aber die Zulassungskriterien selbst festlegen. Diese Aufgabe dürfe er nicht der Judikatur übertragen. Auch wenn die Gerichte zur Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe befugt seien, überschreite die Rechtsprechung im vorliegenden Fall die durch das Gesetz gezogenen Grenzen. Die Bundesrechtsanwaltsordnung schließe rechtsberatende Tätigkeit im Angestelltenverhältnis nicht aus. Ein Zweitberuf sei mit demjenigen des Rechtsanwalts nur dann unvereinbar, wenn durch ihn die Unabhängigkeit und Freiheit der Beratung und Vertretung und damit die Stellung des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege gefährdet würden. Dafür fehle in seinem Fall jeder Anhaltspunkt.
Im übrigen bestünden zwischen Syndikusanwälten und Angestellten, die Dritte rechtlich beraten, keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, daß sie die Ungleichbehandlung bei der Anwaltszulassung rechtfertigen könnten. Gleiches gelte im Vergleich zu denjenigen Rechtsanwälten, die im Nebenberuf für Mietervereine, Verbraucherschutzverbände und sonstige Organisationen rechtsberatend tätig seien.
4. Die Beschwerdeführerin zu 4) greift sämtliche im Ausgangsverfahren zu ihren Lasten ergangenen Entscheidungen mit der Rüge an, ihre Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG seien verletzt. Sie beanstandet nicht die Verfassungswidrigkeit der Norm, jedoch deren Auslegung und Anwendung in den angegriffenen Entscheidungen.
Die Versagung der Anwaltszulassung sei ein schwerwiegender Eingriff in die Berufswahlfreiheit und nur zur Wahrung wichtiger Gemeinschaftsgüter zulässig. Das verpflichte zu einer restriktiven Anwendung des § 7 Nr. 8 BRAO. Bei der Konkretisierung dieser Norm müsse der Bundesgerichtshof dem Wandel im Berufsbild der Rechtsanwälte Rechnung tragen. Eine pauschale Zulassungsverweigerung, die allein an den beruflichen Status des Anwaltsbewerbers anknüpfe, sei nicht mehr durch § 7 Nr. 8 BRAO gedeckt. Ihre Angestelltentätigkeit unterscheide sich nicht von derjenigen eines Syndikusanwalts. Sie berate lediglich ihren Arbeitgeber, sei durch die konkrete Ausgestaltung ihrer Angestelltentätigkeit nicht in der Ausübung des Anwaltsberufs eingeschränkt und unterliege keinen diesbezüglichen Weisungen.
Im übrigen sei die Versagung der Zulassung schon deswegen willkürlich, weil bisher sämtliche vergleichbaren Angestellten der Wettbewerbszentrale als Syndikusanwälte zugelassen worden seien.
5. Der Beschwerdeführer zu 5) wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen die Rücknahme seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Die Rechtsgrundlage des § 15 Nr. 2 BRAO a.F. (§ 14 Abs. 2 Nr. 9 BRAO n.F.) sei nicht hinreichend bestimmt. Aus ihr lasse sich nicht eindeutig entnehmen, daß seine Tätigkeit als alleiniger Geschäftsführer mehrerer Unternehmen mit dem Beruf eines Rechtsanwalts unvereinbar sei.
6. Der Beschwerdeführer zu 6) rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.
Für die Rücknahme seiner Zulassung fehle es bereits an einer ausreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage. § 15 BRAO a.F. enthalte keine dem Gesetzesvorbehalt genügende eindeutige Regelung der Inkompatibilität. Aber auch Auslegung und Anwendung der Vorschriften durch die angegriffenen Entscheidungen hielten einer Überprüfung am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG nicht stand. Konkrete Gemeinwohlbelange, die eine Versagung der Zulassung in seinem Fall rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Er übe beide Berufe selbständig und unabhängig in verschiedenen Büros aus, so daß eine Irreführung des rechtsuchenden Publikums ausscheide. Auch sei er tatsächlich und zeitlich in der Lage, der Tätigkeit als Rechtsanwalt in qualifizierter Weise nachzugehen.
7. Auch der Beschwerdeführer zu 7) greift mit seiner Verfassungsbeschwerde die Rücknahmeverfügung und die ehrengerichtlichen Entscheidungen an. Er beanstandet vor allem die Unbestimmtheit der berufswahlbeschränkenden Regelung des § 15 Nr. 2 BRAO a.F., die der Grund für viele Widersprüche in der Rechtsprechung der Ehrengerichte sei. Die Konkretisierung der Generalklausel mit Hilfe einer historisierenden Auslegung verfehle die Veränderungen des anwaltlichen Berufsbildes, das in zunehmendem Maße durch außergerichtliche wirtschaftsberatende Tätigkeiten gekennzeichnet sei. Die Vorstände vieler bedeutender Unternehmen und Verbände seien als Rechtsanwälte zugelassen, was das Ansehen der Anwaltschaft nicht mindere, sondern mehre.
Bei der Auslegung und Anwendung der Norm sei verkannt worden, daß die Rücknahme seiner Zulassung zum Schutze eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes weder erforderlich noch zumutbar sei. Eine Gefährdung der Allgemeininteressen müsse konkret belegt und dürfe nicht abstrakt aufgrund starrer Fallgruppen vermutet werden. Soweit es darum gehe, die Vermischung ungleicher Berufstätigkeiten zu vermeiden, bedürfe es dazu nicht des Eingriffs in die Berufswahlfreiheit, es genügten Berufsausübungsregelungen.
Zugleich rügt der Beschwerdeführer eine willkürliche Ungleichbehandlung. Ihm werde die Tätigkeit der Gesellschaft, deren Geschäftsführer er sei, bei der Beurteilung der Unvereinbarkeit zugerechnet, obwohl er nicht nach außen in Erscheinung trete; hingegen werde eine entsprechende Zurechnung des Unternehmensgegenstandes bei Syndikusanwälten nicht in Betracht gezogen. Verletzt sei auch Art. 14 GG, der sowohl sein Recht am Unternehmen als auch seine freiberufliche Tätigkeit als Anwalt schütze. Die Rücknahme der Zulassung verwehre ihm die Betreuung seines Mandantenstamms.
IV.
1. Zu den Verfahren der Beschwerdeführer zu 1) und 5) hat der Bundesminister der Justiz namens der Bundesregierung Stellung genommen. Er hat der Begründung der Verfassungsbeschwerden widersprochen.
Die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG umfasse zwar das Recht, mehrere Berufe zu wählen und gleichzeitig nebeneinander auszuüben, der Gesetzgeber sei aber zur rechtlichen Ordnung von Berufen befugt. Dazu könne er auch Unvereinbarkeitsregeln schaffen, die dem Zweck einer klaren Berufsbildprägung dienten. An eine gesetzlich normierte Inkompatibilität bei der Zuwahl eines zweiten Berufes seien geringere Anforderungen zu stellen als an andere objektive Zulassungsbeschränkungen. Dem genügten die Vorschriften des § 7 Nr. 8 BRAO und des § 15 Nr. 2 BRAO a.F. Das Gesetz sei hinreichend bestimmt. Das Berufsbild des Rechtsanwalts ergebe sich aus dem Regelungszusammenhang der §§ 1 bis 3 und §§ 43 ff. BRAO. Es sei durch die Rechtsprechung der Ehrengerichte ausreichend konkretisiert worden.
Die angegriffenen Entscheidungen hält der Bundesminister für zutreffend. Das Erfordernis einer gehobenen Stellung ergebe sich aus dem durch Eigenverantwortung und Unabhängigkeit geprägten Berufsbild des Rechtsanwalts als eines selbständigen Organs der Rechtspflege und diene der Sicherung des Prinzips der freien Advokatur. Erwerbswirtschaftliche Betätigung würde die grundsätzliche Unabhängigkeit des Rechtsanwalts aus der Sicht des rechtsuchenden Publikums in Frage stellen. Der Rechtsanwalt, der als Kaufmann am Wirtschaftsleben teilnehme, werde zwangsläufig als „kaufmännischer Rechtsanwalt” oder „anwaltlicher Kaufmann” angesehen. Auch wenn er in seinem persönlichen Verhalten völlig integer sei, ergäben sich dennoch Zweifel an seiner Unabhängigkeit. Das gefährde das Vertrauen der Bürger in die Rechtspflege. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei gewahrt.
2. Die Bundesrechtsanwaltskammer hat sich zu allen Verfahren geäußert. Sie bejaht die Verfassungsmäßigkeit des § 7 Nr. 8 BRAO wie auch des § 15 Nr. 2 BRAO a.F. Die Vorschriften seien hinreichend bestimmt. Die Konkretisierung der Generalklausel sei durch herkömmliche Auslegungsmethoden erreichbar. Mit dem Anwaltsberuf seien diejenigen Tätigkeiten unvereinbar, die das gesetzlich normierte Berufsbild in Frage stellten oder in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckten, der Anwaltsbewerber unterliege den besonderen anwaltlichen Bindungen und Verantwortlichkeiten, obwohl dies in Wahrheit nicht der Fall sei.
Verfassungsrechtliche Bedenken werden lediglich im Verfahren des Beschwerdeführers zu 1) geltend gemacht. Allerdings sei das Merkmal der gehobenen Stellung zur Kennzeichnung des Syndikusanwalts unentbehrlich. Eine nachgeordnete Angestelltentätigkeit würde die Unabhängigkeit des Anwalts als Organ der Rechtspflege und das Ansehen der Anwaltschaft beeinträchtigen. Nur der Inhaber einer gehobenen Stellung könne über seine Dienstzeit ohne Abstimmung mit dem Arbeitgeber frei verfügen und den Anwaltsberuf mehr als nur gelegentlich ausüben. Das Merkmal der gehobenen Stellung versage aber bei wissenschaftlichen Hilfstätigkeiten. Es wirke hier im Ergebnis als absolute Berufszugangssperre und könne vor Art. 12 Abs. 1 GG nicht bestehen. Von Art und Umfang her sei die wissenschaftliche Hilfstätigkeit stets von untergeordneter Bedeutung. Gerade deswegen hindere sie nicht an der freien und unabhängigen Wahrnehmung des Anwaltsberufs. Eine Umfrage habe ergeben, daß auch der überwiegende Teil der regionalen Rechtsanwaltskammern bei einer wissenschaftlichen Hilfstätigkeit, die deutlich unterhalb einer zeitlichen Grenze von 40 Wochenstunden liege, die Zulassung nicht ablehne.
Keine verfassungsrechtlichen Bedenken werden im Falle der Beschwerdeführerin zu 2) geäußert. Als Beschäftigte in einer örtlich bedeutsamen staatlichen Körperschaft nehme sie in nicht unerheblichem Umfang hoheitliche Aufgaben wahr und trete dabei einem größeren Personenkreis gegenüber. Das sei mit dem anwaltlichen Berufsbild eines vom Staat unabhängigen und freien Beraters nicht vereinbar, wie auch § 7 Nr. 10 BRAO zeige.
In den Verfahren des Beschwerdeführers zu 3) und der Beschwerdeführerin zu 4) betont die Bundesrechtsanwaltskammer, der Gesetzgeber dürfe durch Unvereinbarkeitsregelungen Unklarheiten über Bindungen und Verantwortlichkeiten entgegenwirken. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs befürchtet sie Enttäuschungen des rechtsuchenden Publikums, das sich an dem herkömmlichen Berufsbild der Rechtsanwälte orientiere und weder erkennen könne noch verstehe, daß ein Angestellter, der Rechtsrat erteile, nicht eigenverantwortlich wie ein freiberuflicher Anwalt handele und hafte.
Auch die Rechtsprechung zur Unvereinbarkeit anwaltlicher Tätigkeit mit kaufmännisch-erwerbswirtschaftlichen Berufen wird verfassungsrechtlich gebilligt. Abgeschwächt wird lediglich das Postulat, kommerzielles Denken sei schlechthin vom Beruf eines Rechtsanwalts fernzuhalten; ein gewisses Gewinnstreben könne sich innerhalb der Grenzen des fortgeltenden Standesrechts und der Berufsausübungsregelungen der Bundesrechtsanwaltsordnung entfalten. Hingegen führe eine kaufmännisch-erwerbswirtschaftliche Tätigkeit neben dem Anwaltsberuf grundsätzlich zu einer „Trübung” des anwaltlichen Berufsbildes. Die Erwartungen des Publikums könnten bei einer solchen Berufskombination enttäuscht werden. Die unterschiedlichen Bindungen, denen der Rechtsanwalt im Anwaltsberuf einerseits und in seiner gewerblichen Tätigkeit andererseits unterliege, seien für die Öffentlichkeit schwer erkennbar und verständlich. Sie verlangten von dem auf zwei verschiedenen Berufsfeldern tätigen Rechtsanwalt eine „Schizophrenie”, die ihm von der Öffentlichkeit verständlicherweise nicht zugetraut werde. Das gelte vor allem dann, wenn die kaufmännisch-erwerbswirtschaftliche Betätigung den Zweitberuf wesentlich präge und auch anwaltstypische Aufgaben enthalte.
3. Der Deutsche Anwaltverein hält die Verfassungsbeschwerden mit Ausnahme der Verfassungsbeschwerde zu 2) für begründet.
§ 7 Nr. 8 BRAO, § 15 Nr. 2 BRAO a.F. und § 14 Abs. 2 Nr. 9 BRAO n.F. entsprächen allerdings dem Bestimmtheitsgebot und seien durch die Rechtsprechung ausreichend präzisiert. Da es sich aber um objektive Zulassungsbeschränkungen handele, sei eine restriktive Auslegung geboten. Bedenklich sei es, dabei an das traditionelle Berufsbild des Rechtsanwalts anzuknüpfen, weil dieses innerhalb und außerhalb der Rechtsanwaltschaft umstritten sei und sich tiefgehend wandele. Grundsätzlich sei die Ausübung einer weisungsabhängigen Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf vereinbar, wie § 46 BRAO zeige. Die Forderung, kommerzielles Denken „schlechthin” vom Anwaltsberuf fernzuhalten, sei eine Idealvorstellung, die die Realität verfehle und jedenfalls unter den heutigen Konkurrenzbedingungen ihren Sinn verloren habe. Daß ein kaufmännischer und ein freier Beruf „wesensgemäß” nicht nebeneinander als Erst- und Zweitberuf ausgeübt werden könnten, lasse sich nicht begründen. Typenvermischungen und Rollenwechsel seien im Berufsleben gang und gäbe und gerade Rechtsanwälten geläufig. Die angebliche „Verwirrung” des rechtsuchenden Publikums lasse sich nicht belegen. Die theoretische Möglichkeit eines Interessenkonflikts genüge nicht, um ein „Anwaltsberufsverbot” zu rechtfertigen. Die notwendige Unterscheidung der verschiedenen Tätigkeitsgebiete könne durch strikte Berufsausübungsregeln erreicht werden.
Verfassungsrechtlichen Bedenken begegne vor allem das Merkmal der gehobenen Stellung. Hier stelle der Bundesgerichtshof ausschließlich auf den dienstrechtlichen Status des Anwaltsbewerbers ab, verzichte hingegen auf die Feststellung einer Konfliktlage. Dadurch würden Berufsanfänger erheblich benachteiligt. Nur von der konkreten Ausgestaltung einer Tätigkeit könne es abhängen, ob die Interessen einer funktionsfähigen Rechtspflege gefährdet würden. Im Falle des Beschwerdeführers zu 1) fehle dafür jeder Anhaltspunkt. Eine wissenschaftliche Hilfstätigkeit sei für das Ansehen des Anwaltsberufs sogar günstig.
Hinsichtlich der Verfassungsbeschwerden zu 3) und 4) kommt der Deutsche Anwaltverein zum gleichen Ergebnis. Daß die Beschwerdeführer im Auftrag eines Dienstherrn Dritte rechtlich berieten, sei nicht zu beanstanden. Sie seien in der Lage, den Rechtsanwaltsberuf auszuüben, ohne in ihrer anwaltlichen Unabhängigkeit beschränkt zu sein. Auch in den übrigen Verfahren seien die angegriffenen Entscheidungen zu pauschal begründet und mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht haltbar.
Dagegen hält der Deutsche Anwaltverein die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin zu 2) für unbegründet. Zwar sei dem Bundesgerichtshof nicht zu folgen, soweit er auf den zeitlichen Umfang der Angestelltentätigkeit abstelle, aber die zweite Begründung sei tragfähig. Eine auf Dauer angelegte Tätigkeit im öffentlichen Dienst mit teilweise hoheitlichen Funktionen schließe die Zulassung zum Anwaltsberuf aus. Jede hoheitliche Tätigkeit stehe in Widerspruch zu der in § 3 BRAO normierten Unabhängigkeit des Rechtsanwalts. Sie erwecke beim Publikum einen falschen und dem Berufsbild des Rechtsanwalts schädlichen Eindruck.
4. Im Verfahren des Beschwerdeführers zu 1) hat auch der Bund Freier Rechtsanwälte Stellung genommen. Er hält die Verfassungsbeschwerde für begründet. Die Gerichte hätten bei der Anwendung des § 7 Nr. 8 BRAO die Bedeutung der Berufswahlfreiheit verkannt. Eine Zulassungsversagung dürfe nur dazu dienen, die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege zu sichern, und müsse sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung eines Anstellungsverhältnisses richten. Dem Beschwerdeführer sei offenkundig eine unabhängige Ausübung des Anwaltsberufs neben seiner wissenschaftlichen Hilfstätigkeit möglich gewesen. Ob letztere als „gehoben” gelten könne, sei gleichgültig. Das Merkmal erinnere an überholten „Kastengeist”.
5. Die regionalen Rechtsanwaltskammern und Justizverwaltungen verteidigen ihre angegriffenen Entscheidungen.
Entscheidungsgründe
B.
Die Verfassungsbeschwerden sind im wesentlichen zulässig.
Unzulässig sind nur die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 1) und 3), soweit sie sich gegen die Aussetzungsverfügungen der Oberlandesgerichtspräsidenten wenden. Bei diesen handelt es sich nicht um Entscheidungen in der Sache. Die Landesjustizverwaltung hat zwar nach § 8 Abs. 1 BRAO über den Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu befinden; erstattet aber der Vorstand der zuständigen Rechtsanwaltskammer ein Gutachten dahin, daß ein Versagungsgrund nach § 7 Nr. 8 BRAO vorliege, muß das Zulassungsverfahren nach § 9 BRAO ausgesetzt werden. Zur Entscheidung über das Vorliegen dieses Versagungsgrundes sind nur die Ehrengerichte zuständig. Eine Aufhebung der Aussetzungsverfügungen durch das Bundesverfassungsgericht hätte für die Beschwerdeführer auch keinen Vorteil, weil sie dadurch der begehrten Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht näher kämen. Dazu bedarf es einer positiven Entscheidung im ehrengerichtlichen Verfahren.
Im übrigen bestehen keine Zulässigkeitsbedenken. Das Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers zu 1) ist nicht dadurch entfallen, daß er inzwischen antragsgemäß zur Rechtsanwaltschaft zugelassen wurde. Das geschah erst nach erheblicher Verzögerung und nur deshalb, weil der Beschwerdeführer seinen Zweitberuf als wissenschaftliche Hilfskraft an einer Universität aufgegeben hatte. Ihm sind dadurch berufliche Nachteile entstanden. Diese begründen sein Interesse an der Feststellung, daß die Verweigerung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft rechtswidrig war. Die Geltendmachung von Folgenbeseitigungs- und Schadensersatzansprüchen hat er sich ausdrücklich vorbehalten.
C.
Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 1) und 3) bis 7) sind im wesentlichen begründet. Hingegen hat die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 2) keinen Erfolg.
I.
1. Ablehnung und Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft sind Eingriffe in die Freiheit der Berufswahl, die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet wird. Diese Freiheit umfaßt grundsätzlich auch das Recht, mehrere Berufe zu wählen und nebeneinander auszuüben (vgl. BVerfGE 21, 173 ≪179≫). Wird sie mit dem Ziel beschränkt, die Verbindung bestimmter beruflicher Tätigkeiten auszuschließen, so ist das nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes und nur zum Schutze eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zulässig.
Die Anforderungen, die an die Bestimmtheit einer gesetzlichen Berufswahlbeschränkung zu stellen sind, und die Gesichtspunkte, die die Verhältnismäßigkeitsprüfung leiten, hängen davon ab, wie intensiv in die Freiheit der Berufswahl eingegriffen wird. Dabei kann es auf den Zweck und die Mittel des Eingriffs ankommen. Das Bundesverfassungsgericht hat angenommen, die Eingriffsintensität richte sich vor allem danach, ob eine Berufssperre an subjektive oder an objektive Voraussetzungen geknüpft werde. Hänge der Zugang zu einem Beruf von den persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Berufsbewerbers ab, so wirke die Freiheitsbeschränkung für ihn weniger einschneidend als bei Zugangsvoraussetzungen, die mit seiner persönlichen Qualifikation nichts zu tun haben (vgl. BVerfGE 7, 377 ≪406 f.≫). Unvereinbarkeitsvorschriften lassen sich jedoch diesen Unterscheidungsmerkmalen jedenfalls nicht generell zuordnen, weil sie sowohl objektive als auch subjektive Elemente enthalten können. Die Unterscheidung besagt auch wenig über die Auswirkung von Unvereinbarkeitsvorschriften für die Berufsbewerber. Bei der Bewertung von Inkompatibilitätsregelungen kommt es vor allem darauf an, welche wirtschaftlichen Folgen eine Berufssperre für die Bewerber verursacht und welchen Aufwand es kostet, die Sperre zu übersteigen (BVerfGE 21, 173 ≪181 f.≫).
Wer den Beruf des Rechtsanwalts ergreifen will, muß sich den besonderen Bedingungen des Anwaltsmarktes stellen. Auf diesem besteht eine äußerst angespannte Wettbewerbssituation, die sich durch eine wachsende Zahl von Berufsanfängern, die Niederlassungsfreiheit im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft und die rechtsberatende Tätigkeit anderer Berufsgruppen (vor allem der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer) zunehmend verschärft (vgl. zu Zahlen und Einzelheiten: Winters, Der Rechtsanwaltsmarkt, Köln 1990, S. 10 ff.). Bei dieser Sachlage ist die Ausübung eines zweiten Berufes für viele Berufsanfänger unentbehrlich, um den Lebensunterhalt zu sichern, bis ein ausreichender Mandantenstamm oder die erforderliche Bekanntheit erreicht sind. Inkompatibilitätsvorschriften können sich deshalb hier besonders einschneidend auswirken. Auf diesen Umstand hat auch der Deutsche Anwaltverein in seinen Stellungnahmen nachdrücklich hingewiesen.
2. Vorschriften, die die Unvereinbarkeit des Anwaltsberufs mit anderen beruflichen Tätigkeiten anordnen, müssen ausreichend bestimmt sein. Der Gesetzgeber hat wenigstens seine Grundgedanken, das Ziel seines gesetzgeberischen Wollens, deutlich zu machen (vgl. BVerfGE 17, 306 ≪314≫). Das gilt um so mehr, je stärker auf der Grundlage der betreffenden Regelung in grundrechtlich geschützte Bereiche eingegriffen werden kann (BVerfGE 83, 130 ≪145≫). Der Normadressat muß erkennen können, von welchen Voraussetzungen seine Berufsaufnahme abhängig gemacht wird. Auslegungs- und Anwendungsprobleme müssen zwar nicht völlig ausgeschlossen sein; bei starken Eingriffen in die Freiheit der Berufswahl ist aber zu fordern, daß mit herkömmlichen juristischen Methoden klare Ergebnisse erzielt werden können. Diesen Anforderungen genügen die rechtlichen Grundlagen der angegriffenen Entscheidungen – § 7 Nr. 8 BRAO, § 15 Nr. 2 BRAO a.F. und § 14 Abs. 2 Nr. 9 BRAO n.F. – nur dann, wenn sie in enger Anlehnung an die Gesetzesbegründung ausgelegt werden.
a) Die genannten Vorschriften umschreiben die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der Unvereinbarkeit eines zweiten Berufs mit der Ausübung des Rechtsanwaltsberufs oder mit dem Ansehen der Rechtsanwaltschaft nicht näher. So ist ihnen nicht unmittelbar zu entnehmen, welches Ziel der Gesetzgeber verfolgt, wenn er von der Unvereinbarkeit bestimmter Zweitberufe mit dem Rechtsanwaltsberuf ausgeht. Ebensowenig kommt zum Ausdruck, an welche Berufe dabei gedacht ist und worauf die Justizverwaltung und die Ehrengerichte bei ihren Zulassungsentscheidungen abstellen sollen. Diese Unschärfe, die nur historisch zu erklären ist, wäre verfassungsrechtlich zu beanstanden, könnten nicht andere Auslegungsmittel zur Klärung beitragen. Diese Möglichkeit besteht jedoch.
Der eingehenden Begründung des Regierungsentwurfs ist zu entnehmen, daß die umstrittene Regelung an vergleichbare Vorschriften der Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878 und an die dazu bis 1933 ergangene Rechtsprechung des Reichsgerichts anknüpfen soll. Dem Gesetzgeber war jedoch klar, daß insoweit Korrekturen geboten waren. In der Gesetzesbegründung wird betont, das Grundrecht der Berufsfreiheit lasse eine Versagung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nur zu, wenn die Besorgnis gerechtfertigt sei, daß der Bewerber nach der Aufnahme des Berufes die Ausübung der Rechtspflege oder die Interessen der Rechtsuchenden gefährden würde (BTDrucks. III/120, S. 56 zu § 19). Angesichts der Vielgestaltigkeit denkbarer Fälle sei eine abschließende Definition nicht möglich, vielmehr eine Prüfung im Einzelfall erforderlich. Dabei soll es entscheidend darauf ankommen, ob der Rechtsanwalt – entsprechend seinem allgemeinen Berufsbild – in der Beratung und Vertretung unabhängig und objektiv sein kann (a.a.O., S. 57 zu Nr. 8). Aus den Beispielen der Begründung ergibt sich, daß der Gesetzgeber eine typisierende Gruppenbildung für möglich hält. So sei eine Tätigkeit, die die ganze Arbeitskraft in Anspruch nehme und an strenge Weisungen gebunden sei, mit dem Anwaltsberuf deshalb unvereinbar, weil sie nicht ausreichend Raum für die Beratungs- und Vertretungstätigkeit lasse, so daß die Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt” zu einem inhaltsleeren Titel werde. Als weitere Beispiele werden Tätigkeiten genannt, die gegen die Staatsordnung, die guten Sitten oder die Interessen der Rechtspflege verstoßen (a.a.O., S. 58).
Diese Sicht findet ihre Stütze im Ersten Teil der Bundesrechtsanwaltsordnung. Dort wird die für das anwaltliche Berufsbild kennzeichnende Bedeutung der Unabhängigkeit und fachlichen Kompetenz des Rechtsanwalts hervorgehoben (§ 1 und § 3 Abs. 1 BRAO). Daß die entsprechende Qualifikation und Integrität durch Umfang und Aufgabenstellung eines zweiten Berufs gefährdet oder beeinträchtigt werden kann, liegt nahe. Wo das von vornherein absehbar ist, sollen die umstrittenen Vorschriften der Justizverwaltung eine Handhabe bieten, die Zulassung zu verweigern oder zu entziehen. Da dieses Ziel dem Gesetz und seiner Begründung eindeutig entnommen werden kann, erweist sich die Regelung insoweit als ausreichend bestimmt. Die Herausarbeitung derjenigen Merkmale, die die mit dem Anwaltsberuf unvereinbaren Tätigkeiten kennzeichnen, durfte der Gesetzgeber der Rechtsprechung überlassen.
b) Größeren Bedenken begegnet es, daß die Zulassung als Rechtsanwalt auch davon abhängen soll, ob ein gleichzeitig ausgeübter Beruf mit dem „Ansehen der Rechtsanwaltschaft” vereinbar ist. Was das bedeuten soll, läßt sich der Entstehungsgeschichte nicht eindeutig entnehmen. An Wertungen der Rechtsanwaltsordnung von 1878 kann hier nicht angeknüpft werden. Damals war von der „Würde der Rechtsanwaltschaft” die Rede, wobei auch standespolitische Vorstellungen eine Rolle spielten. Unter der Geltung des Grundgesetzes kann das aber nicht gemeint sein (vgl. BVerfGE 76, 171 ≪189≫).
Die Begründung des Regierungsentwurfs nennt in diesem Zusammenhang beispielhaft die Tätigkeit „als Reisender oder Agent für irgendwelche Unternehmungen” (BTDrucks. III/120, S. 58). Zur Klärung kann das jedoch nicht beitragen. Zum einen soll damit nur belegt werden, daß sich die Alternativen der Unvereinbarkeit mit dem Beruf und mit dem Ansehen der Rechtsanwaltschaft nicht scharf trennen lassen; zum anderen bleibt unklar, weshalb und unter welchen Voraussetzungen hier das Ansehen der Rechtsanwaltschaft betroffen sein könnte. Die Beispiele lassen sich offenbar nur vor dem Hintergrund eines traditionellen Berufsbildes verstehen, das im Jahre 1959 noch relativ deutliche Umrisse hatte, inzwischen aber als Folge starker gesellschaftlicher Veränderungen einem tiefgreifenden Wandlungsprozeß unterliegt (vgl. Paul, in: Kötz/Paul/Pedamon/Zander, Anwaltsberuf im Wandel, 1982, S. 11 ff.). Darauf weisen auch der Deutsche Anwaltverein und der Bund Freier Rechtsanwälte in ihren Stellungnahmen hin.
Dennoch hat das Tatbestandsmerkmal eine hinreichend bestimmbare Bedeutung, wenn man es nicht isoliert betrachtet, sondern als Ergänzung und Verstärkung der vorangehenden Tatbestandsalternative versteht. Die Frage der Kompetenz und Integrität stellt sich nämlich nicht nur für den einzelnen Berufsbewerber und seine künftigen Mandanten, sondern auch für die Rechtsanwaltschaft insgesamt. Deren Ansehen in der Öffentlichkeit kann durch das berufliche Erscheinungsbild einzelner Rechtsanwälte beeinflußt werden. Das berührt auch die Vertrauensgrundlage, die die Rechtsanwaltschaft im Interesse einer funktionierenden Rechtspflege benötigt. In diesem Sinne verlangt der Regierungsentwurf, daß die Tätigkeit des Rechtsanwalts in ihrer Bedeutung für die Allgemeinheit gesehen werden müsse (BTDrucks. III/120, S. 49 zu § 1). Daraus folgt, daß es bei der Frage der Vereinbarkeit des Anwaltsberufs mit anderen Tätigkeiten nicht nur auf die individuelle Integrität des einzelnen Bewerbers und die Besonderheiten seiner beruflichen Situation ankommt. Selbst wenn diese im Einzelfall durchaus günstig beurteilt werden könnten, soll darüber hinausgehend berücksichtigt werden, ob die Ausübung des zweiten Berufs beim rechtsuchenden Publikum begründete Zweifel an der Unabhängigkeit und Kompetenz eines Rechtsanwalts wecken müßte und dadurch das Ansehen der Rechtsanwaltschaft insgesamt in Mitleidenschaft gezogen würde.
Eine bedeutsame Fallgruppe, die von der Rechtsprechung in diesen Zusammenhang gestellt wird, bilden Anstellungsverhältnisse im öffentlichen Dienst (vgl. die Nachweise unter A I 4 b). Auch die Begründung des Regierungsentwurfs geht ganz allgemein davon aus, daß es dem Grundsatz der freien Advokatur widerspricht, wenn der Rechtsanwalt in irgendeiner Wei se vom Staat abhängig ist (a.a.O., S. 49 zu § 2). Diese Wertung hat ihren Niederschlag in speziellen Vorschriften des Gesetzes gefunden (§ 7 Nr. 10, § 47 BRAO), die aber nach den Vorstellungen des Gesetzgebers durch § 7 Nr. 8 BRAO ergänzt werden (a.a.O., S. 78 zu § 59). Wenn Tätigkeiten im öffentlichen Dienst so scharf vom Anwaltsberuf geschieden werden, ohne daß auf ihre Art und ihren Umfang im konkreten Einzelfall abgestellt wird, so läßt sich das nur mit dem Eindruck erklären, den eine staatlich gebundene Tätigkeit ganz allgemein beim rechtsuchenden Publikum erweckt. Hier geht es tatsächlich in erster Linie um das Berufsbild der freien Advokatur und damit um das Ansehen der Rechtsanwaltschaft. Insoweit erweist sich dieses Tatbestandsmerkmal ebenfalls als hinreichend klar bestimmbar.
3. In dem vorstehend umrissenen Umfang bestehen gegen die umstrittenen Vorschriften (§ 7 Nr. 8 BRAO, § 15 Nr. 2 BRAO a.F. und § 14 Abs. 2 Nr. 9 BRAO n.F.) auch inhaltlich von Verfassungs wegen keine Bedenken. Bei entsprechender Auslegung und Anwendung durch die Rechtsanwaltskammern und Ehrengerichte lassen sie sich mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbaren.
a) Das Ziel der Regelungen besteht darin, die fachliche Kompetenz und Integrität sowie ausreichenden Handlungsspielraum der Rechtsanwälte zu sichern sowie die notwendige Vertrauensgrundlage der Rechtsanwaltschaft zu schützen (oben 2 a und b). Damit dienen sie der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege, also einem Gemeinwohlbelang von großer Bedeutung.
Sie sind dazu auch geeignet. Wird von vornherein und generell ausgeschlossen, daß Tätigkeiten, die unterschiedlichen Berufspflichten unterworfen sind, nebeneinander ausgeübt werden können, so lassen sich Interessenkollisionen und Pflichtverletzungen wirkungsvoller unterbinden als durch eine Standesaufsicht, die die Berufsausübung laufend kontrollieren muß. Auch wird das Berufsbild insgesamt durch Unvereinbarkeitsgrundsätze schärfer umrissen als durch eine Vielzahl von Berufsausübungsregeln. Die Öffentlichkeit erhält für ihre Anforderungen und Erwartungen an den Berufsstand deutliche Anhaltspunkte; ihre Vorstellungen werden seltener Irritationen ausgesetzt.
b) Schwerer ist die Frage zu beantworten, ob die umstrittenen Unvereinbarkeitsvorschriften auch erforderlich und für die betroffenen Berufsbewerber zumutbar sind. Das setzt voraus, daß das gesetzgeberische Ziel mit anderen gleich wirksamen, aber weniger belastenden Maßnahmen nicht erreichbar wäre; ferner darf das Interesse der Berufsbewerber nicht ersichtlich schwerer wiegen als die Belange der Justiz und der Rechtsanwaltschaft. Bei der Antwort auf diese Fragen muß berücksichtigt werden, daß sich der Gesetzgeber darauf beschränkt hat, Generalklauseln zu schaffen. Dabei durfte er zunächst von der bloßen Möglichkeit ausgehen, daß berufliche Kombinationen zu Gefahren für die Rechtspflege führen und eine strikte Trennung deshalb erforderlich ist; bei einer solchen Fallgestaltung kann eine Beschränkung der Berufswahlfreiheit den Betroffenen zumutbar sein. Ob sich die Regelung auf diese Freiheit übermäßig auswirkt, hängt jedoch davon ab, wie die Generalklauseln durch die Rechtsprechung konkretisiert werden. Es ist deshalb besonders wichtig, daß bei deren Auslegung und Anwendung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wird. Er gebietet im Hinblick auf die grundrechtlich gewährleistete Freiheit der Berufswahl Zurückhaltung bei der Entwicklung typisierender Unvereinbarkeitsregeln.
II.
1. Der Bundesgerichtshof hat die hauptberufliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin zu 2) bei der Universität Hannover aus zwei Gründen als unvereinbar mit dem Beruf eines Rechtsanwalts bewertet: Zum einen werde die Beschwerdeführerin durch die Beschränkung ihrer Nebentätigkeitsgenehmigung zu stark behindert, um den Anwaltsberuf in dem erforderlichen Umfang ausüben zu können. Zum anderen erwecke ihre Bindung an eine bedeutende Körperschaft des öffentlichen Rechts bei dem rechtsuchenden Publikum den Eindruck einer zu großen Staatsnähe und der Gefahr von Interessenkollisionen. Beide Versagungsgründe finden in § 7 Nr. 8 BRAO eine ausreichende gesetzliche Grundlage, wie im vorangehenden Abschnitt (vgl. oben I 2 a und b) näher ausgeführt wurde. Die Auslegung und Anwendung des Gesetzes ist grundsätzlich Sache der Fachgerichte und vom Bundesverfassungsgericht nur eingeschränkt nachprüfbar (BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫). Nur wenn die Beschwerdeführerin in ihrer Freiheit der Berufswahl unverhältnismäßig stark eingeschränkt würde, bestünde Anlaß für eine verfassungsgerichtliche Korrektur. Das läßt sich jedoch nicht feststellen.
2. Der rechtliche und tatsächliche Handlungsspielraum, der für die Ausübung des Anwaltsberufs unentbehrlich ist, wird vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung danach bestimmt, ob dem Berufsbewerber der Freiraum für eine irgendwie nennenswerte und nicht nur gelegentliche Beratungs- und Vertretungstätigkeit bleibt (vgl. BGHZ 33, 266 ≪268≫ und Pfeiffer, in: Festschrift für Walter Oppenhoff, S. 249 ≪254 ff.≫ m.w.N.). Dieser konkretisierende Grundsatz ist von dem gesetzgeberischen Ziel geleitet, ein Mindestmaß an Unabhängigkeit und Professionalität des Rechtsanwalts zu gewährleisten. Er ist dazu geeignet und auch erforderlich, um den reinen „Feierabend-Anwalt” auszuschließen und die Berufsbezeichnung des Rechtsanwalts nicht zu einem bloßen Titel werden zu lassen. Die Zumutbarkeit ergibt sich daraus, daß die betroffenen Berufsbewerber bereits über einen ausfüllenden und zeitlich belastenden Hauptberuf verfügen, in der Regel also durch den Ausschluß vom Rechtsanwaltsberuf weniger hart getroffen werden.
Die Beschwerdeführerin zu 2) war allerdings bei der Universität nur halbtags beschäftigt. Eine Teilzeittätigkeit kann die Versagung der Anwaltszulassung nicht ohne weiteres rechtfertigen. Der Bundesgerichtshof hat indessen nicht entscheidend auf die zeitliche Belastung, sondern darauf abgestellt, daß die Nebentätigkeitsgenehmigung zu stark eingeschränkt sei, um eine Anwaltstätigkeit in noch ausreichendem Umfange zuzulassen. Hier setzt die Beschwerdeführerin mit einer Verfahrensrüge an; sie hält den Sachverhalt insoweit nicht für ausreichend geklärt. Ob diese Rüge den Begründungsanforderungen genügt und zu einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung zwingt, kann jedoch dahingestellt bleiben. Die angegriffene Entscheidung ist nämlich auf eine weitere Begründung gestützt, die für sich allein tragfähig ist.
3. Die Beschwerdeführerin zu 2) steht als Angestellte einer Universität im öffentlichen Dienst. Sie vertritt diese Körperschaft des öffentlichen Rechts nach außen und nimmt auch hoheitliche Aufgaben wahr. Daraus ergibt sich eine Staatsnähe, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Regel nicht mit dem Berufsbild der freien Advokatur vereinbar ist und insoweit das Ansehen der Rechtsanwaltschaft in der Öffentlichkeit berührt.
Diese Rechtsprechung ist geeignet, das Ziel des Gesetzes zu fördern, wonach das Erscheinungsbild einer von staatlichen u Einflüssen freien Advokatur nicht dadurch beeinträchtigt werden soll, daß Rechtsanwälte in einem zweiten Beruf beamtenähnliche Funktionen ausüben. Zum Erreichen dieses Zieles ist eine deutliche Trennung der beruflichen Sphären erforderlich, weil die Mittel der Standesaufsicht Abhängigkeitsverhältnisse nicht zuverlässig ausschließen können oder doch jedenfalls in den Augen der Öffentlichkeit nicht gleich wirksam sind. Für die Betroffenen ist die Beschränkung ihrer Berufswahlfreiheit allerdings nur dann zumutbar, wenn der Unvereinbarkeitsgrundsatz nicht starr gehandhabt wird. Der öffentliche Dienst ist weit gefächert, seine vielfältigen Ausformungen und Dienstleistungen verlangen eine differenzierte Bewertung. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird dem gerecht, indem sie auf die Art des Aufgabenbereichs und die Bedeutung der Anstellungskörperschaft abstellt. Es wird verlangt, daß aus der Sicht des rechtsuchenden Publikums wenigstens die Möglichkeit besteht, die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts sei durch Bindungen an den Staat beeinträchtigt. Das ist nicht unangemessen.
Die Anwendung dieser Grundsätze im konkreten Einzelfall muß den Fachgerichten überlassen bleiben. Im Falle der Beschwerdeführerin zu 2) wäre zwar eine großzügigere Betrachtung möglich gewesen, wie der Beschluß des Niedersächsischen Ehrengerichtshofs zeigt; der Bundesgerichtshof nennt aber eine Reihe von Umständen des Falles, die nach seiner Ansicht die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verbieten. Das ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.
III.
In allen übrigen Verfahren werden die angegriffenen Entscheidungen auf Unvereinbarkeitsgrundsätze gestützt, die der Bundesgerichtshof entwickelt hat und normgleich anwendet. Diese Grundsätze beschränken die Freiheit der Berufswahl so weitgehend, daß sie sich mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht mehr vereinbaren lassen. Auch der Gesetzgeber müßte differenziertere Regelungen schaffen, wollte er die Wertungen der Rechtsprechung aufgreifen.
1. Dem Beschwerdeführer zu 1) wurde die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft allein mit der Begründung verweigert, als wissenschaftliche Hilfskraft verfüge er nicht über eine gehobene Stellung. Bei dieser Sachlage komme es auf die Art der Tätigkeit nicht mehr an, weil sie jedenfalls auf Dauer angelegt sei und in ihren Erscheinungsformen durch die Funktionen einer bloßen Hilfskraft geprägt werde. Diese Begründung läßt sich aus mehreren Gründen verfassungsrechtlich nicht halten.
Das Merkmal der gehobenen Stellung ist schon zu unscharf, um einer Berufszugangsschranke die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit geben zu können. Der Bundesgerichtshof will alle „nach Bedeutung und Verantwortung untergeordnete Sachbearbeiterfunktionen” ausschließen; es gelingt ihm aber nicht, dieser Formel typologisch greifbare Konturen zu verleihen. Zwar soll es auf die Dauer der Kündigungsfrist, die Gehaltshöhe sowie Vollmachten und Weisungsbefugnisse ankommen, aber eine zuverlässige Bewertung und Gewichtung solcher Anhaltspunkte ist angesichts der Vielgestaltigkeit und Wandlungsfähigkeit des Arbeits- und Wirtschaftslebens praktisch unmöglich. Die Entscheidung im konkreten Fall läßt sich für einen Berufsbewerber nicht vorhersehen.
Vor allem aber bleibt unklar, welches gesetzgeberische Ziel mit Hilfe des Merkmals der gehobenen Stellung erreicht werden soll. Das Sozialprestige des Anwaltsstandes kann nicht gemeint sein, weil berufsständische Belange allein eine Beschränkung der Berufsfreiheit nicht rechtfertigen (BVerfGE 76, 171 ≪189≫). Der Bundesgerichtshof hat in früheren Entscheidungen ausgeführt, es gehe darum, die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts zu sichern (BGHZ 35, 119 ≪122 f.≫) und seine rechtliche und tatsächliche Handlungsfreiheit typologisch zu erfassen (BGH, EGE XIV, S. 48 ≪50≫). Darauf stellen aber die angegriffenen Entscheidungen nicht ab; die Unabhängigkeit und Handlungsfreiheit des Beschwerdeführers zu 1) konnten ganz offensichtlich durch die geringfügige Tätigkeit bei einer Universität nicht beeinträchtigt werden. Im Hinblick auf welche Belange der Allgemeinheit der Beschwerdeführer dennoch in der Freiheit der Berufswahl beschränkt werden dürfte, wird nicht deutlich.
Greift man auf die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zurück, wonach das Erfordernis einer gehobenen Stellung den Zweck hat, die Freiheit und Unabhängigkeit der anwaltlichen Berufsausübung zu gewährleisten, so verstößt die entsprechende Beschränkung der Berufswahl gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Zugangsvoraussetzung einer gehobenen Stellung im Zweitberuf ist ungeeignet, diesen Zweck zu fördern. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz und auch keine entsprechende öffentliche Meinung, daß leitende Angestellte weniger beruflich eingebunden und Interessenkonflikten ausgesetzt seien als Angestellte in untergeordneten Positionen. Der Gesetzgeber geht im Gegenteil davon aus, daß jene sich mit den unternehmerischen Zielen ihres Arbeitgebers stärker identifizieren (vgl. § 5 Abs. 3 BetrVG) und von dessen Vertrauen besonders abhängig sind (vgl. § 14 KSchG). In untergeordneten Dienst- und Anstellungsverhältnissen können gewiß ebenfalls starke Bindungen und Abhängigkeiten bestehen, sie lassen sich aber mit hierarchischen Merkmalen allein nicht erfassen.
2. Dem Beschwerdeführer zu 3) und der Beschwerdeführerin zu 4) wurde die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft mit der Begründung verweigert, sie seien als Angestellte rechtsberatend tätig. Solche Rechtsberatung sei zwar nicht generell unzulässig, das Beratungsverhältnis bestehe aber hier zwischen ihren Arbeitgebern und deren Vereins- und Verbandsmitgliedern. Deshalb fehle den Beschwerdeführern im Verhältnis zu den Rechtsuchenden die Eigenverantwortlichkeit. Das sei mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar.
Diese Begründung begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken schon insofern, als die rechtliche Grundlage des freiheitsbeschränkenden Eingriffs zweifelhaft erscheint. Der Gesetzgeber hat in § 46 BRAO bestimmt, daß die Tätigkeit eines Syndikus nicht generell unvereinbar mit dem Beruf des Rechtsanwalts ist. Aus der Begründung des Gesetzes geht hervor, daß der Gesetzgeber die Unvereinbarkeit des anwaltlichen Berufsbildes mit einem abhängigen Dienstverhältnis klar erkannt hatte, aber dennoch – anders als bei Anstellungen im öffentlichen Dienst – eine Berufszugangsschranke nicht für erforderlich hielt. Eine Scheidung zwischen den beiden Aufgabenbereichen, in denen ein Syndikusanwalt in seiner Doppelstellung tätig werde, sei allerdings im Interesse der geordneten Rechtspflege unerläßlich, sie sei aber durch Regeln der Berufsausübung zu erreichen (BTDrucks. III/120, S. 77). Als Beispiel für eine rechtsberatende Angestelltentätigkeit, die nicht mit dem Anwaltsberuf vereinbar ist, wird lediglich die Beschäftigung in solchen Unternehmen genannt, die das Rechtsberatungsgesetz umgehen, also verbotene Rechtsberatung betreiben. Eine solche Fallgestaltung kam aber in den Ausgangsverfahren nicht in Betracht. Die Unvereinbarkeit mit dem Anwaltsberuf wird in den angegriffenen Entscheidungen vielmehr daraus abgeleitet, daß die Beschwerdeführer nicht nur ihre Arbeitgeber und Mitarbeiter, sondern einen erweiterten Kreis von Vereins- und Verbandsmitgliedern beraten. Weder im Gesetz noch in dessen Begründung findet sich ein Anhaltspunkt dafür, daß gerade dieser Umstand für den Zugang zum Anwaltsberuf entscheidend sein soll.
Die Frage der gesetzlichen Grundlage kann jedoch offenbleiben. Geht man mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs davon aus, daß die Interessen der Rechtspflege um so stärker betroffen sind, je mehr Rechtsuchende ein Syndikus in abhängiger Stellung berät, so verstößt es jedenfalls gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, den Zugang zum Anwaltsberuf allein deshalb zu versagen, weil sich die Rechtsberatung eines Syndikus auch auf Vereins- und Verbandsmitglieder seines Arbeitgebers erstreckt. Eine spezielle Gefahrenlage sieht die Rechtsprechung hier darin, daß die Aufspaltung der Verantwortlichkeiten im beruflichen Handeln ein und derselben Person für Außenstehende nicht immer klar erkennbar und einsichtig sei, was die Rechtssicherheit gefährde und Mischformen ermögliche (vgl. zuletzt BGH, BRAK-Mitt. 1988, S. 271 ≪272≫). Diese Gefahr allein kann jedoch eine Berufszugangsschranke nicht rechtfertigen. Wollte der Gesetzgeber tatsächlich die Verwechslung und Vermischung unterschiedlicher Beratungstätigkeiten verhindern, so durfte er nicht gerade bei der Rechtsberatung von Vereins- und Verbandsmitgliedern das einschneidende Mittel einer Berufszugangsschranke für erforderlich ansehen, obwohl er bei Syndikusanwälten eine Berufsausübungsregelung grundsätzlich genügen ließ. Durch die Auferlegung von Berufspflichten konnte eine ebenso klare Trennung der verschiedenen Beratungstätigkeiten erreicht, der besonders belastende Eingriff in die Freiheit der Berufswahl jedoch vermieden werden. Im übrigen wäre den betroffenen Berufsbewerbern eine erhebliche Benachteiligung gegenüber Syndikusanwälten im Sinne des § 46 BRAO zumindest nicht zumutbar.
3. Bei den Beschwerdeführern zu 5), 6) und 7) hätte eine sorgfältige Einzelfallprüfung besonders nahegelegen, weil sie bereits seit vielen Jahren Doppelberufe als Rechtsanwälte und Vertreter gewerblicher Unternehmen ausübten. Die angegriffenen Entscheidungen gehen jedoch nicht der Frage nach, ob sich Anhaltspunkte für Interessenkollisionen oder Berufspflichtverletzungen ergeben haben. Sie begründen die Rücknahme der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft allein damit, daß erwerbswirtschaftliche Tätigkeit grundsätzlich mit dem Anwaltsberuf unvereinbar sei und die Organe einer Gesellschaft sich deren Unternehmensziel stets zurechnen lassen müßten; Besonderheiten der Dienst- oder Gesellschaftsverträge, das Vorhandensein von Hilfskräften und die gesamte bisherige Berufspraxis seien unerheblich. Diese Begründung ist verfassungsrechtlich nicht haltbar.
Ein Grundsatz, wonach anwaltliche und erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten grundsätzlich unvereinbar sind, kommt in der Bundesrechtsanwaltsordnung nicht zum Ausdruck. Ebenso fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, daß der Gesetzgeber das Ansehen der Rechtsanwaltschaft durch wirtschaftliche Betätigungen bedroht glaubte. Die Gesetzesbegründung betont zwar, daß sich Anwälte nicht vom Streben nach Gewinn bestimmen lassen dürfen; sie fügt jedoch hinzu, daß dieser Hinweis nur deshalb wichtig sei, weil sich daraus Berufspflichten ergäben; so dürfe der Rechtsanwalt nicht Wettbewerb treiben, er dürfe seine Kollegen nicht unterbieten und sich am Gewinn eines Prozesses nicht beteiligen (BTDrucks. III/120, S. 49 zu § 2). Daraus ergibt sich nichts für die Pflichten bei der Ausübung eines Zweitberufs und für die Vereinbarkeit von Berufen mit unterschiedlichen Pflichtbindungen.
Dem Bundesgerichtshof ist allerdings zuzugeben, daß die Unabhängigkeit und Integrität eines Rechtsanwalts sowie dessen maßgebende Orientierung am Recht und an den Interessen seiner Mandanten durch die erwerbswirtschaftliche Prägung eines Zweitberufs gefährdet werden können. Interessenkollisionen liegen vor allem dann nahe, wenn ein kaufmännischer Beruf die Möglichkeit bietet, Informationen zu nutzen, die aus der rechtsberatenden Tätigkeit stammen (für Steuerberater vgl. BVerfGE 21, 173 ≪182≫). Solchen Gefahren zu wehren, ist im Interesse der Rechtspflege und des Ansehens der Rechtsanwaltschaft geboten und auch erkennbares Ziel der umstrittenen Berufswahlbeschränkungen. Wenn der Bundesgerichtshof jedoch daraus den Grundsatz ableitet, „daß kommerzielles Denken schlechthin vom Anwaltsberuf ferngehalten werden soll” (BGHZ 40, 194 ≪196≫ und Beschluß vom 25. März 1991 des Bundesgerichtshofs im Ausgangsverfahren 1 BvR 772/91 ≪S. 9 des Umdrucks≫), und wenn er mit dieser Begründung jedes Organ einer erwerbswirtschaftlich tätigen Kapitalgesellschaft ohne Ansehen der Aufgabenstellung und der Arbeitsbedingungen von der Rechtsanwaltschaft ausschließt, so verletzt das den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Eine Regel, die den Zugang zum Anwaltsberuf von der Voraussetzung abhängig macht, daß daneben keinerlei erwerbswirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt werden darf, wäre immerhin geeignet, Interessenkollisionen in sehr radikaler Form auszuschließen. Eine so weitgehende Berufswahlbeschränkung ist aber nicht erforderlich. Innerhalb der kaum übersehbaren Vielfalt kaufmännischer Betätigungen gibt es viele Berufe, die sich unschwer vom Tätigkeitsfeld eines Rechtsanwalts trennen lassen, zumindest mit Hilfe von Berufsausübungsregeln. Aufgabe der Rechtsprechung ist es, die denkbaren Gefahren für die Rechtspflege, die von einer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit ausgehen können, zu erfassen und je nach ihrer Wahrscheinlichkeit den verschiedenen Berufsgruppen zuzuordnen. Abgesehen davon, daß den Berufsbewerbern genügend Zeit für eine nennenswerte und nicht nur gelegentliche Beratungs- und Vertretungstätigkeit zur Verfügung stehen muß (vgl. oben II 2), ist eine Berufswahlschranke nur dort erforderlich und zumutbar, wo die Gefahr einer Interessenkollision sich deutlich abzeichnet und nicht mit Hilfe von Berufsausübungsregeln zu bannen ist. Eine generelle Berufszugangssperre ist hingegen unangemessen.
4. Da die Beschwerdeführer zu 1), 3), 4), 5), 6) und 7) durch die Nichtzulassung oder die Rücknahme der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt sind, mußten alle zulässigerweise angegriffenen Entscheidungen aufgehoben werden. Im Verfahren 1 BvR 79/85 ist nur noch über einen etwaigen Feststellungsantrag des Beschwerdeführers zu befinden, während in den Verfahren 1 BvR 442/89 und 1 BvR 238/90 erneut über die Anträge auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft entschieden werden muß. In den Verfahren 1 BvR 1258/90, 1 BvR 772/91 und 1 BvR 909/91 waren nicht nur die gerichtlichen Entscheidungen, sondern auch die diesen zugrunde liegenden Rücknahmeverfügungen der Justizverwaltung aufzuheben (vgl. BVerfGE 84, 1). Den Ehrengerichten bleibt hier nur noch die Aufgabe, über die Kosten des Ausgangsverfahrens zu entscheiden.
Fundstellen