Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 19.12.2007; Aktenzeichen 5 S 1612/07) |
VG Stuttgart (Urteil vom 08.05.2007; Aktenzeichen 13 K 4254/05) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, die die Teileinziehung einer öffentlichen Straße zum Gegenstand haben.
1. Der Beschwerdeführer ist unter der im Rubrum genannten Firma Inhaber eines Omnibusunternehmens, das im Stadtgebiet von Schwäbisch Gmünd Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen gemäß § 42 Personenbeförderungsgesetz (im Folgenden: PBefG) betreibt, darunter eine Buslinie über den südlichen Marktplatz. Mit Bescheid vom 23. Januar 2003 erließ die Stadt unter Anordnung des Sofortvollzuges die im Ausgangsverfahren gegenständliche Verfügung, mit der sie den südlichen Teil des Marktplatzes als Straße teilweise einzog und auf den Fußgängerverkehr beschränkte. Damit sollte die Fußgängerzone erweitert und ein Busverkehr auf diesem Teil des Marktplatzes ausgeschlossen werden. Die Ziele der Maßnahme waren die Verbesserung der Verkehrssicherheit, die Stärkung des Einzelhandels, die Erhöhung der Aufenthaltsqualität sowie städtebauliche und verkehrsplanerische Gründe. Für das Busliniennetz sollte eine alternative Routenführung gefunden werden.
Der gegen diese Verfügung eingelegte Widerspruch des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid vom 8. Juli 2004 zurückgewiesen. Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes blieb ohne Erfolg.
Der Beschwerdeführer erhob gegen die Teileinziehungsverfügung Klage, die vom Verwaltungsgericht durch Urteil vom 8. Mai 2007 abgewiesen wurde. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, die Klage sei unzulässig, weil es dem Beschwerdeführer an der Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO fehle. Die Teileinziehung der Straße könne ihn nicht in subjektiven Rechten verletzen. Nach § 13 Abs. 2 Straßengesetz für Baden-Württemberg in der Fassung vom 11. Mai 1992 (GBl S. 330; im Folgenden: StrG BW) bestehe kein Rechtsanspruch auf die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs an öffentlichen Straßen. Daher werde der Benutzer einer Straße durch den Wegfall des Gemeingebrauchs nicht in subjektiven Rechten verletzt. Auch aus einem von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb könne der Beschwerdeführer vorliegend keine Klagebefugnis ableiten, weil Art. 14 GG keinen Schutz vor dem Wegfall von Erwerbschancen biete. Aus dem Umstand, dass dem Beschwerdeführer nach dem Personenbeförderungsgesetz eine Linienverkehrsgenehmigung erteilt worden sei, ergebe sich ebenfalls keine Klagebefugnis. Die personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften räumten einem Unternehmer kein subjektives Recht auf Aufrechterhaltung des (uneingeschränkten) Gemeingebrauchs an bestimmten von ihm befahrenen Straßen ein. Die Benutzung der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze halte sich in gleicher Weise im Rahmen des Gemeingebrauchs wie der (nicht-öffentliche) Individualverkehr. Aus den Vorschriften des Personenbeförderungsrechts ergebe sich keine „privilegierte Rechtsposition” für den Beschwerdeführer. Eine solche folge insbesondere nicht aus § 14 Abs. 1 Nr. 2 PBefG, der vor der Erteilung der Linienverkehrsgenehmigung die Anhörung verschiedener Behörden verlange. Auch aus der in § 21 Abs. 1 PBefG normierten Pflicht des Unternehmers, den genehmigten Betrieb aufzunehmen und während der Geltungsdauer der Genehmigung den öffentlichen Verkehrsinteressen und dem Stand der Technik entsprechend aufrechtzuerhalten, folge kein subjektives öffentliches Recht. Entsprechendes gelte für die Regelungen über die Fahrpläne in § 45 Abs. 2 und § 40 PBefG, weil die Behörde deren Änderung verlangen könne, wenn sich die maßgebenden Umstände wesentlich geändert hätten.
Der gegen dieses Urteil gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung blieb ohne Erfolg. Er wurde vom Verwaltungsgerichtshof durch Beschluss vom 19. Dezember 2007 abgelehnt.
2. Der Beschwerdeführer hat am 28. Januar 2008 Verfassungsbeschwerde erhoben. Er rügt die Verletzung von Art. 19 Abs. 4, Art. 14 Abs. 1 sowie von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 31 GG. Zur Begründung führt er aus, das Recht auf effektiven Rechtsschutz sei verletzt, weil die Gerichte § 42 Abs. 2 VwGO zu eng ausgelegt hätten. § 42 Abs. 2 VwGO setze voraus, dass eine Verletzung von subjektiven Rechten durch den angefochtenen Verwaltungsakt jedenfalls nicht offensichtlich und eindeutig unmöglich erscheine. Diese Voraussetzung hätten die Gerichte unzumutbar eng gehandhabt. Denn wegen des sich aus dem Personenbeförderungsrecht ergebenden gesteigerten Gemeingebrauchs und wegen Art. 14 Abs. 1 GG habe ihm ein subjektives öffentliches Recht zugestanden. Jedenfalls hätten die Gerichte vorliegend das Bestehen eines solchen Rechts erst im Rahmen der Begründetheitsprüfung verneinen dürfen. Ansonsten gäbe es für die Teileinziehung einer Straße keinen Rechtsschutz. Darüber hinaus sei auch sein Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt, weil die Gerichtsentscheidungen der Eigentumsgarantie nicht hinreichend Rechnung getragen hätten. Art. 14 Abs. 1 GG umfasse auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Aus der Linienverkehrsgenehmigung folge nicht nur die Pflicht zur Betreibung des Linienverkehrs und zum Anfahren der zugewiesenen Haltestellen, sondern auch ein vermögenswertes Recht, das von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt werde. Dieser Vermögenswert sei durch die Teileinziehung zunichte gemacht worden. Die Umgestaltung des Linienverkehrs führe zu einem Rückgang der Kundenzahlen. Schließlich verletzten die Gerichtsentscheidungen auch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 31 GG. Die auf Landesstraßenrecht beruhende Teileinziehung einer Straße führe dazu, dass eine auf Bundesrecht beruhende bestandskräftige Linienverkehrsgenehmigung gegenstandslos werde. Damit werde der in Art. 31 GG normierte Vorrang des Bundesrechts verletzt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen nach § 93a Abs. 2 BVerfGG hierfür nicht vorliegen (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24 ff.≫). Den von der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Sie können auf der Grundlage der bisherigen Senatsrechtsprechung ohne ernstliche Zweifel beantwortet werden. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung eines der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Denn die Verfassungsbeschwerde ist in der Sache ohne Aussicht auf Erfolg.
1. Die geltend gemachte Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG ist nicht feststellbar.
a) Art. 19 Abs. 4 GG eröffnet den Rechtsweg gegen jede behauptete Verletzung subjektiver Rechte durch ein Verhalten der öffentlichen Gewalt. Gewährleistet wird nicht nur formal die Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes. Der Bürger hat einen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle. Der Zugang zum Gericht darf nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 35, 263 ≪274≫; 40, 272 ≪274 f.≫; 77, 275 ≪284≫). Allerdings eröffnet Art. 19 Abs. 4 GG nur demjenigen den Rechtsweg, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt ist. Es genügt weder die Verletzung nur wirtschaftlicher Interessen noch die Verletzung von Rechtssätzen, in denen der Einzelne nur aus Gründen des Interesses der Allgemeinheit begünstigt wird, die also reine Reflexwirkung haben (vgl. BVerfGE 31, 33 ≪39 f.≫). Denn Art. 19 Abs. 4 GG garantiert dem Bürger keine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle der Verwaltung, sondern trifft eine Systementscheidung für den Individualrechtsschutz (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 1. Oktober 2008 – 1 BvR 2466/08 –, juris Rn. 22).
b) Bei Anwendung dieser Vorgaben verletzen die hier angegriffenen Gerichtsentscheidungen Art. 19 Abs. 4 GG nicht.
Die Gerichtsentscheidungen gehen nicht von einem unzumutbar engen Verständnis der in § 42 Abs. 2 VwGO normierten Voraussetzung für die Zulässigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle aus.
Nach der genannten Vorschrift ist eine Klage vor den Verwaltungsgerichten nur dann zulässig, wenn der Kläger geltend macht, in seinen Rechten verletzt zu sein. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung und die herrschende Meinung der Literatur lassen es hierfür ausreichen, dass die behauptete Rechtsverletzung möglich erscheint. Dies ist danach bereits dann anzunehmen, wenn eine Verletzung eigener subjektiver Rechte des Klägers nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Juli 2001 – BVerwG 1 C 35.00 –, juris Rn. 15; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 42 Rn. 66; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 42 Rn. 64 ff. ≪Februar 1996≫). Die genannte Auslegung des § 42 Abs. 2 VwGO verlangt jedoch zudem, dass die Anwendung von Rechtssätzen möglich erscheint, die abstrakt auch dem Schutz der Interessen von Personen zu dienen bestimmt sind, die sich in der Lage des Klägers befinden. Nicht erforderlich ist danach, dass der unter diese Normen zu subsumierende Sachverhalt tatsächlich vorliegt. Diesbezüglich wird nur auf die Möglichkeit abgestellt. Die abstrakte Eignung eines Rechtssatzes zur Begründung von subjektiven Rechten muss dagegen tatsächlich bestehen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 42 Rn. 66; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 42 Rn. 64 ff. ≪Februar 1996≫). Dieser Maßstab für die Prüfung der Voraussetzungen des § 42 Abs. 2 VwGO wurde von den hier angegriffenen Entscheidungen der Sache nach angewandt, weil sie bereits im Rahmen der Prüfung von § 42 Abs. 2 VwGO das Vorhandensein einer Norm verneinten, die einem Kläger in der Situation des Beschwerdeführers abstrakt subjektive Rechte verleiht.
Die Anwendung dieses Maßstabs ist im Lichte der Garantie effektiven Rechtsschutzes nicht zu beanstanden, weil dadurch der Rechtsschutz des Betroffenen nicht unzumutbar erschwert wird. Denn bei der Frage, ob die streitentscheidenden Normen subjektive öffentliche Rechte verleihen, handelt es sich um eine reine Rechtsfrage, über die das Gericht auch schon im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung entscheiden kann, ohne dass es der Ermittlung weiterer Tatsachen durch eine Beweiserhebung bedürfte und der Kläger durch die Verneinung der Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf deren Erfolgsaussicht Nachteile erleiden würde. Zudem erscheint es auch deshalb verfassungsrechtlich nicht geboten, die bloße Behauptung eines Klägers, eine bestimmte Norm verleihe ihm abstrakt besehen subjektive öffentliche Rechte, für die Zulässigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle ausreichen zu lassen, weil Art. 19 Abs. 4 GG gerade nicht die Möglichkeit einer Popularklage verlangt. Verneinen die Verwaltungsgerichte die Klagebefugnis, so überprüfen sie abschließend und sachlich uneingeschränkt, ob solche Rechte bestehen können. Eine mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbare Rechtsschutzlücke bleibt damit nicht offen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 1994 – 1 BvR 1767/91, 1 BvR 1117/92 –, juris Rn. 10).
2. Auch die geltend gemachte Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG bei der Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO durch die hier angegriffenen Gerichtsentscheidungen ist nicht feststellbar.
Dabei ist zu beachten, dass die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts auf den einzelnen Fall allein Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte ist. Das Bundesverfassungsgericht kann nur bei einer Verletzung spezifischen Verfassungsrechts eingreifen. Spezifisches Verfassungsrecht ist aber nicht schon dann verletzt, wenn eine Entscheidung, am einfachen Recht gemessen, objektiv fehlerhaft ist; der Fehler muss gerade in der Nichtbeachtung von Grundrechten liegen. Allgemein wird sich sagen lassen, dass die Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Tatbestands, die Auslegung des einfachen Rechts sowie seine Anwendung auf den einzelnen Fall so lange der Nachprüfung des Bundesverfassungsgerichts entzogen sind, als nicht Fehler sichtbar werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫).
a) Ein solcher Verstoß gegen Art. 14 GG kann zunächst insoweit nicht festgestellt werden, als der Beschwerdeführer aus der ihm erteilten Genehmigung für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 PBefG einen eigentumsrechtlichen Schutz ableitet, der im Rahmen der Prüfung von § 42 Abs. 2 VwGO nicht beachtet worden sei.
Das Bundesverfassungsgericht hat bisher offen gelassen, ob auch eine Betriebsgenehmigung dem Schutz von Art. 14 GG unterliegt (vgl. BVerfGE 17, 232 ≪247 f.≫). Gegen eine Einbeziehung der dem Beschwerdeführer erteilten Linienverkehrsgenehmigung in den Schutz der Eigentumsgarantie spricht insbesondere, dass es sich bei ihr um eine Unternehmergenehmigung handelt (vgl. § 3 PBefG), die nicht frei verfügbar ist (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 und § 19 PBefG). Darüber hinaus stellt die Genehmigung eine durch das öffentliche Recht gewährte und bestimmte Rechtsposition dar (vgl. zur Taxikonzession: BGH, Urteil vom 27. September 1989 – VIII ZR 57/89 –, juris Rn. 19). Damit fehlt es an der für die Anerkennung öffentlichrechtlicher Positionen als Eigentum notwendigen Voraussetzung des Beruhens auf nicht unerheblicher eigener Leistung (vgl. Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 14 Rn. 13; Michael/Morlok, Grundrechte, 2008, Rn. 383; zum Eigenleistungskriterium vgl. BVerfGE 100, 1 ≪33≫).
Es braucht vorliegend jedoch nicht abschließend entschieden werden, ob die dem Beschwerdeführer erteilte Linienverkehrsgenehmigung von Art. 14 GG geschützt ist. Denn selbst dann würde sie jedenfalls keinen Schutz gegen die Teileinziehung einer Straße bieten, die für den Betrieb der genehmigten Verkehrslinie benutzt wurde. Die Nutzung einer Straße gehört zum Regelungsgegenstand des Straßenrechts (vgl. Krämer, in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Aufl. 1999, Kap. 1 Rn. 1; von Danwitz, in: Schmidt-Aßmann/Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2008, 7. Kap. Rn. 2). Der konkrete Rahmen der Straßennutzung wird bestimmt durch eine auf der Grundlage des Straßenrechts erlassene Widmungs- oder Einziehungsverfügung (vgl. Herber, in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Aufl. 1999, Kap. 7 Rn. 2.3 sowie Kap. 10 Rn. 7.3 und 16; von Danwitz, in: Schmidt-Aßmann/Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2008, 7. Kap. Rn. 5). Dagegen bezieht sich die dem Beschwerdeführer erteilte Genehmigung für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, worunter eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung zu verstehen ist, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können (vgl. § 42 Satz 1 PBefG), nur auf die Einrichtung, die Linienführung und den Betrieb (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 3 PBefG). Nach ihrer einfachrechtlichen Ausgestaltung erstreckt sich die Genehmigung dagegen nicht auf die Nutzung des zum Streckenbestand gehörenden Straßenraumes. Insoweit folgt der Verkehr der Straße und nicht die Straße dem Verkehr (vgl. VGH BW, Beschluss vom 1. August 2003 – 5 S 1004/03 –, juris Rn. 4; Heinze, Personenbeförderungsgesetz, 2007, § 9 Rn. 4; Bidinger, Personenbeförderungsrecht, § 9 PBefG Nr. 5 ≪Februar 2004≫). Bei der Linienverkehrsgenehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 PBefG handelt es sich vielmehr um eine Genehmigung, deren Gegenstand ein bestimmtes unternehmerisches Verhalten ist (vgl. §§ 2 f. PBefG; Heinze, Personenbeförderungsgesetz, 2007, § 2 Rn. 3). Diese sich aus der Literatur und der Rechtsprechung ergebende Auslegung des Inhalts der Linienverkehrsgenehmigung ist vom Bundesverfassungsgericht seiner Prüfung am Maßstab der Verfassung zugrunde zu legen.
b) Darüber hinaus ist auch insoweit, als sich der Beschwerdeführer auf ein möglicherweise von der Eigentumsgarantie geschütztes Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb beruft, eine grundsätzliche Verkennung der Vorgaben von Art. 14 GG durch die hier angegriffenen Gerichtsentscheidungen nicht ersichtlich.
Die Eigentumsgarantie soll dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich sichern und ihm damit eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens ermöglichen. Sie schützt den konkreten Bestand an vermögenswerten Gütern vor ungerechtfertigten Eingriffen durch die öffentliche Gewalt. Eine allgemeine Wertgarantie vermögenswerter Rechtspositionen folgt aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht. Art. 14 Abs. 1 GG erfasst nur Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen, nicht aber in der Zukunft liegende Chancen und Verdienstmöglichkeiten (vgl. BVerfGE 105, 252 ≪277≫).
Ob und inwieweit der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb als tatsächliche Zusammenfassung der zum Vermögen eines Unternehmens gehörenden Sachen und Rechte in eigenständiger Weise von der Gewährleistung der Eigentumsgarantie erfasst wird, hat das Bundesverfassungsgericht bisher offen gelassen (vgl. BVerfGE 51, 193 ≪221 f.≫; 68, 193 ≪222 f.≫; 105, 252 ≪277≫). Ein aus dem Personenbeförderungsrecht abgeleitetes Recht zur Nutzung der von der Teileinziehung betroffenen Straße, das als Teil des Rechts auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützt sein könnte, steht dem Beschwerdeführer – wie sich aus obigen Ausführungen ergibt – jedenfalls nicht zu.
Es bedarf hier auch keiner Entscheidung darüber, ob im Übrigen das vom Beschwerdeführer betriebene Busunternehmen als solches von Art. 14 GG geschützt wird. Denn selbst wenn dies unterstellt wird, unterfällt die Möglichkeit der Benutzung einer öffentlichen Straße im Rahmen des Gemeingebrauchs nicht dem Schutz des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Der Schutz der Eigentumsgarantie beschränkt sich nämlich nur auf den konkreten Bestand an Rechten und Gütern. Bloße Umsatz- und Gewinnchancen und tatsächliche Gegebenheiten sind zwar für das Unternehmen von erheblicher Bedeutung. Sie werden jedoch nicht dem geschützten Bestand des einzelnen Unternehmens zugeordnet (vgl. BVerfGE 68, 193 ≪223≫). Der Schutz des Gewerbebetriebes kann zudem nicht weiter gehen als der Schutz, den seine wirtschaftliche Grundlage genießt (vgl. BVerfGE 58, 300 ≪353≫).
Als solche bloße, von Art. 14 GG nicht geschützte tatsächliche Gegebenheit ist die hier bis zur Teileinziehung vorhandene Möglichkeit des Unternehmens des Beschwerdeführers zur Nutzung des Marktplatzes im Rahmen des Gemeingebrauchs zu werten. Zwar mag sich aus Art. 3 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG und – sofern man den Schutz des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch Art. 14 GG unterstellt – auch aus Art. 14 Abs. 1 GG ein subjektives Recht auf Ausübung eines verkehrsrechtlich unbedenklichen Gemeingebrauchs ergeben (vgl. Steiner, in: Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2006, S. 629; von Danwitz, in: Schmidt-Aßmann/Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2008, 7. Kap. Rn. 56). Dagegen kann aus diesen Grundrechten – entgegen der einfachrechtlichen Ausgestaltung des Nutzungsrechts an öffentlichen Straßen (vgl. § 13 Abs. 2 StrG BW) – kein Recht auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs einer bestimmten Straße abgeleitet werden. Zwar wird teilweise vertreten, es bestehe ein grundrechtlicher Anspruch darauf, dass die bisherigen Nutzungsmöglichkeiten einer Straße nur im Einklang mit dem geltenden Recht und unter Berücksichtigung der Nutzerinteressen eingeschränkt oder aufgehoben werden dürfen (vgl. Steiner, in: Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2006, S. 629; von Danwitz, in: Schmidt-Aßmann/Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2008, 7. Kap. Rn. 56). Dagegen spricht jedoch, dass weder aus den oben genannten Grundrechten noch aus dem einfachen Recht ein Anspruch auf Begründung des Gemeingebrauchs abgeleitet werden kann, weshalb auch dessen Beseitigung nicht in die betreffenden Rechte eingreifen kann (vgl. Herber, in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Aufl. 1999, Kap. 10 Rn. 12.4 ff.; Sauthoff, Straße und Anlieger, 2003, Rn. 418; Schnebelt/Sigel, Straßenrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2004 Rn. 100). In Betracht kann es allenfalls kommen, aus den Freiheitsrechten abzuleiten, dass die Gemeinwesen verpflichtet sind, ein öffentlichrechtliches Straßennetz mit öffentlichrechtlichen Benutzungsrechten des Bürgers in angemessenem Umfang zur Verfügung zu stellen (vgl. Schnebelt/Sigel, Straßenrecht Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2004 Rn. 100). Im Übrigen muss sich jedoch der Benutzer mit dem abfinden, was und wie lange es geboten wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 1969 – BVerwG IV C 77.67 –, juris Rn. 20).
Die Grundsätze, die zum sogenannten „Anliegergebrauch” entwickelt worden sind (vgl. dazu: BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 – BVerwG 4 VR 7.99 –, NVwZ 1999, S. 1341; Schnebelt/Sigel, Straßenrecht Baden-Württemberg, 2004, Rn. 101; Steiner, in: Steiner, Besonderes Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2006, S. 634 ff.), kann der Beschwerdeführer vorliegend nicht auf ein möglicherweise von Art. 14 GG geschütztes Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb übertragen und für sich zur Begründung eines gesteigerten Gemeingebrauchs zu Nutze machen. Denn hinsichtlich des „Anliegergebrauchs” wird nur der Kernbereich der Erschließungsinteressen der Grundstückseigentümer von Art. 14 GG vor straßenrechtlichen Veränderungen geschützt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. September 1990 – 1 BvR 988/90 –, NVwZ 1991, S. 358). Dass der Beschwerdeführer vorliegend durch die Teileinziehung der Straße im Kern seiner gewerblichen Tätigkeit betroffen ist, wurde von ihm nicht dargetan. Die bloße Befürchtung des Rückgangs von Kundenzahlen wegen der nun notwendigen Umgestaltung des Linienverkehrs reicht hierzu jedenfalls nicht aus.
3. Schließlich ist auch die geltend gemachte Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 31 GG nicht erkennbar.
Art. 31 GG regelt als eine grundlegende Vorschrift des Bundesstaatsprinzips die Lösung von Widersprüchen zwischen Bundes- und Landesrecht. Er bestimmt das Rangverhältnis für alle Arten von Rechtssätzen jeder Rangstufe. Art. 31 GG löst die Kollision von Normen und setzt daher zunächst voraus, dass die Regelungen des Bundes- und Landesrechts auf denselben Sachverhalt anwendbar sind. Können die sich in ihrem Regelungsbereich überschneidenden Normen bei ihrer Anwendung zu verschiedenen Ergebnissen führen, so bricht Bundesrecht jeder Rangordnung eine landesrechtliche Regelung auch dann, wenn sie Bestandteil des Landesverfassungsrechts ist (vgl. BVerfGE 96, 345 ≪364≫).
Eine solche Kollision von Normen ist vorliegend schon deshalb nicht gegeben, weil die hier einschlägigen straßenrechtlichen Bestimmungen die Benutzung einer Straße durch die Öffentlichkeit zum Gegenstand haben, wohingegen die Regelungen des Personenbeförderungsgesetzes über die Linienverkehrsgenehmigung das Verhalten eines Unternehmers betreffen.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Bryde, Schluckebier
Fundstellen