Beteiligte
3. des Herrn Professor Dr. H … |
Professor Dr. Ulrich Schroth |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag des Beschwerdeführers zu 1) auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.
Tatbestand
Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden richten sich unmittelbar gegen die Regelung der Entnahme von Organen einer lebenden Person in dem Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz – TPG) vom 5. November 1997 (BGBl I S. 2631).
A.
I.
1. Das am 1. Dezember 1997 in Kraft getretene Transplantationsgesetz regelt die rechtlichen Voraussetzungen für die Spende, Entnahme und Übertragung von menschlichen Organen, Organteilen und Geweben. Bei der Entnahme von Organen unterscheidet das Gesetz zwischen der Organentnahme bei toten und bei lebenden Organspendern. Gegenstand der vorliegenden Verfassungsbeschwerden ist allein die Organentnahme bei lebenden Organspendern.
2. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 TPG ist die Entnahme von Organen einer lebenden Person nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Unter anderem muß die Person, der das Organ entnommen werden soll, volljährig und einwilligungsfähig sein. Sie muß über die gesundheitlichen Risiken der Organentnahme und die zu erwartende Erfolgsaussicht der Organübertragung aufgeklärt worden sein, in die Entnahme eingewilligt haben und als Spender nach ärztlicher Beurteilung geeignet sein. Weitere Voraussetzung einer Organentnahme bei einer lebenden Person ist, daß kein geeignetes postmortal entnommenes Spenderorgan zur Verfügung steht und die ärztlich vorgenommene Organübertragung für den vorgesehenen Empfänger zur Lebenserhaltung oder Krankheitslinderung geeignet ist.
Darüber hinaus bestimmt – der mit den Verfassungsbeschwerden angegriffene – § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG, daß die Entnahme von Organen, die sich nicht wieder bilden können, nur zulässig ist zum Zweck der Übertragung auf Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, Verlobte oder andere Personen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen. Diese Vorschrift wird durch den – ebenfalls angegriffenen – Straftatbestand des § 19 Abs. 2 TPG flankiert, nach dessen letzter Alternative es unter Strafe steht, entgegen § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG ein Organ von einer lebenden Person zu entnehmen.
II.
1. Der Beschwerdeführer zu 1) ist 46 Jahre alt. Er leidet an einer terminalen Niereninsuffizienz und Diabetes. Er muß sich seit Anfang 1996 regelmäßig einer Dialysebehandlung unterziehen. Er wurde zunächst im Wege der Peritonealdialyse dialysiert und Mitte 1997 auf Hämodialyse umgestellt. Im November 1998 wurde ihm während eines stationären Klinikaufenthalts ein neuer sogenannter „Shunt” gelegt.
Der Beschwerdeführer zu 1) sieht sich durch die angegriffenen Bestimmungen in seinen Grundrechten aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und 2, Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 1 GG verletzt. § 19 Abs. 2 TPG verstoße außerdem gegen Art. 103 Abs. 2 GG, den Schuldgrundsatz und das Gebot des sinn- und maßvollen Strafens. Zur Begründung seiner Rügen und des Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung trägt er vor:
a) Eine weitere lebenserhaltende Dialysebehandlung komme für ihn nicht mehr lange in Frage, da seine Gefäßsituation erschöpft sei. Sein Allgemeinzustand verschlechtere sich derart rapide, daß er bald auch die für eine Organtransplantation notwendige Operation nicht mehr durchstehen könne. Er befinde sich in konkreter Lebensgefahr, wenn er nicht in Kürze eine Spenderniere erhalte. Die Wahrscheinlichkeit, daß er eine postmortal entnommene Niere erhalte, sei, obwohl er sich seit 1996 auf der Warteliste für eine Spenderniere befinde, gering. Nur die Transplantation eines von einer lebenden Person gespendeten Organs könne die unmittelbare Lebensgefahr abwenden und seine Gesundheit langfristig herstellen.
Im familiären Umfeld habe er keinen geeigneten Spender. Jedoch stehe mit dem Beschwerdeführer zu 2) eine Person zur Verfügung, die ihm aus ausschließlich altruistischen und humanitären Gründen die dringend benötigte Niere spenden wolle. Für ihn sei die Übertragung der Niere des Beschwerdeführers zu 2) die einzige Möglichkeit, die drohende Lebensgefahr abzuwenden. Schon generell sei die Transplantation einer lebend gespendeten Niere gegenüber der Übertragung eines postmortal entnommenen Organs die bessere Therapie. Vor allem sei es aber im konkreten Fall praktisch ausgeschlossen, daß er in absehbarer Zeit ein auch nur halbwegs „passendes” postmortal entnommenes Organ erhalte. Postmortal entnommene Nieren würden derzeit durch die private gemeinnützige Stiftung „Eurotransplant” (Leiden, Niederlande) nach einem festgelegten Verteilungsschlüssel zugeteilt. Gegenwärtig stünden etwa nur halb so viele Nieren zur Verfügung wie benötigt. Die Zahl der Patienten auf der Warteliste nehme ständig zu. Aufgrund seiner Blutgruppe habe er statistisch nur eine schlechte Chance, ein Transplantat zu erhalten.
Zwar könne er den sogenannten Hochdringlichkeitsstatus (High Urgency – HU) erhalten, der ihm eine Vorzugsstellung bei der Verteilung knapper Spenderorgane einräume. Nach den Regeln von Eurotransplant dürfe jedes Transplantationszentrum aber nur jeweils einen Patienten mit diesem Status versehen. Gegenwärtig warteten jedoch in Lübeck 346 Patienten darauf, eine Niere zu erhalten. Mithin sei es keineswegs sicher, daß er im Verteilungsverfahren rechtzeitig eine Leichenniere erhalte. Außerdem müsse ein Patient mit Hochdringlichkeitsstatus jedes Organ akzeptieren, das nur irgendwie geeignet sei, wenigstens vorübergehend sein Leben zu erhalten. Die Ablehnung eines im HU-Verfahren zugeteilten Organs habe die Entfernung von der Hochdringlichkeitsliste zur Folge.
b) Allein § 8 Abs. 1 Satz 2 und § 19 Abs. 2 TPG stünden der für ihn lebensnotwendigen Organübertragung entgegen. Er sei durch die angegriffenen Bestimmungen selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen. Sie berührten den Schutzbereich von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Ohne eine Organtransplantation werde er in kurzer Zeit an endgültigem Nierenversagen sterben. Die Gefahr, daß er wegen § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG sein Leben einbüße, sei nachvollziehbar und konkret.
Der Grundrechtseingriff werde nicht dadurch in Frage gestellt, daß der Gesetzgeber ihm „nur” die Therapie für seine lebensbedrohende Krankheit vorenthalte. Die Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG komme einem „klassischen Grundrechtseingriff” gleich, da sie einen finalen und unmittelbaren Charakter aufweise. Das staatliche Verbot einer konkreten lebensrettenden Therapie stelle einen aktiven, finalen und unmittelbaren staatlichen Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Rechtsgut dar. Der Staat sei zwar nicht verantwortlich für die Krankheit als solche, wohl aber für das Fortbestehen des Krankheitszustands.
Die angegriffenen Bestimmungen berührten auch Art. 1 Abs. 1 GG. Es widerspreche der menschlichen Würde, den Menschen zum bloßen Objekt des Staates zu machen. Das ausnahmslose Verbot der fremdgerichteten altruistischen Lebendspende beraube ihn seiner einzigen konkreten Möglichkeit, die unmittelbare Lebensgefahr abzuwenden. Ferner sei der allgemeine Gleichheitssatz betroffen. § 8 Abs. 1 Satz 2 und § 19 Abs. 2 TPG bewirkten vordergründig zwar nur eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten (Lebendspende zwischen Personen, die in einem Näheverhältnis stünden, und Lebendspende zwischen Personen, bei denen kein Näheverhältnis bestehe). Diese Ungleichbehandlung ziehe mittelbar jedoch eine schwerwiegende Ungleichbehandlung von Personen nach sich. Die Heilungschancen von Dialysepatienten seien höchst unterschiedlich. Gründe für die empfindliche Ungleichbehandlung bestünden nicht.
Er sei auch gegenwärtig und unmittelbar betroffen. Die angegriffenen Regelungen entfalteten ihre Wirkung aktuell und nicht nur virtuell. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG lägen in seinem Fall nicht vor. Er sei mit dem Beschwerdeführer zu 2) nicht verwandt, und zwischen ihnen bestehe auch kein besonderes persönliches Näheverhältnis. Er habe den Beschwerdeführer zu 2) erst im Rahmen der im Transplantationszentrum Lübeck vorgenommenen Untersuchungen kennengelernt. Weder er noch der Beschwerdeführer zu 2) seien an einer weiteren persönlichen Beziehung interessiert.
c) Die angegriffenen Vorschriften seien bereits wegen Verstoßes gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nichtig. Da § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eingreife, hätte dieses Grundrecht im Transplantationsgesetz genannt werden müssen.
In materieller Hinsicht seien § 8 Abs. 1 Satz 2 und § 19 Abs. 2 TPG mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 1 GG jedenfalls unvereinbar, soweit sie die fremdgerichtete Lebendspende auch dann ausnahmslos verböten, wenn bei dem potentiellen Organspender tatsächlich keine Anhaltspunkte dafür festzustellen seien, daß die Einwilligung in die Organspende unfreiwillig erfolge oder das Organ Gegenstand verbotenen Handeltreibens nach § 17 TPG sei.
Der Gesetzgeber habe die restriktive Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG damit gerechtfertigt, daß die Freiwilligkeit der Organspende gesichert und der Gefahr des Organhandels begegnet werden sollte. Das seien sachgerechte und vernünftige gesetzgeberische Ziele, die grundsätzlich eine Einschränkung des Grundrechts rechtfertigten.
Das ausnahmslose Verbot einer Organentnahme beim lebenden Spender zum Zweck der Übertragung auf andere Empfänger als Verwandte oder besonders nahestehende Personen sei jedoch nicht geeignet, die gesetzgeberischen Ziele zu fördern. Zwischen Verwandten und nahen Bekannten seien aufgrund der vielfältigen psychischen und faktischen Abhängigkeiten innerhalb eines familiären und familienähnlichen Beziehungsgeflechts die Risiken der Einflußnahme Dritter auf die Entscheidung des Spenders nicht kleiner, sondern größer als zwischen fremden Personen. Zum Schutz vor unbotmäßigem Druck sei der generelle Ausschluß von Spenden nichtverwandter Personen deshalb kein geeignetes Mittel. Im Gegenteil könne die Freiwilligkeit bei keiner Gruppe potentieller Spender in einem so hohen Maß vermutet werden wie bei Personen, die eine altruistische Fremdspende wünschten. § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG sei auch nicht geeignet, der Gefahr eines (verdeckten) Organhandels zu begegnen. Die Möglichkeit, sich für sein Organ eine Gegenleistung versprechen oder gewähren zu lassen, sei gerade bei verwandtschaftlichen Verhältnissen stärker als außerhalb solcher Verhältnisse.
Die angegriffenen Vorschriften seien auch nicht erforderlich, um die vom Gesetzgeber verfolgten Ziele zu erreichen. Mit der Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen in jedem Einzelfall durch ein geeignetes Verfahren stehe ein gleich wirksames, aber weniger belastendes Mittel zur Verfügung. Auch bei Spenden unter Verwandten sehe das Transplantationsgesetz eine entsprechende Prüfung der Freiwilligkeit der Organspende vor (§ 8 Abs. 3 Satz 2 bis 4 TPG). In gleicher Weise sei es möglich, bei der fremdgerichteten altruistischen Lebendspende die Freiwilligkeit und Motivation des Spenders zu prüfen. Außerdem habe der Gesetzgeber mit dem strafbewehrten Verbot des Organhandels gemäß §§ 17, 18 TPG bereits der möglichen Gefahr einer Kommerzialisierung des Organhandels vorgebeugt.
§ 8 Abs. 1 Satz 2 und § 19 Abs. 2 TPG seien schließlich unverhältnismäßig im engeren Sinn. Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit nehme einen besonders hohen Rang ein. Er werde durch das Verbot der fremdgerichteten Lebendspende existentiell getroffen und schwersten gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausgesetzt. Demgegenüber seien Gefahren für die Freiwilligkeit der Spenderentscheidung und die mit dem Verbot der Kommerzialisierung verfolgten Ziele im vorliegenden Fall nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen.
Auch Art. 3 Abs. 1 GG sei verletzt. Die von den angegriffenen Vorschriften ausgehende Ungleichbehandlung sei nicht erforderlich, um die mit der Differenzierung verfolgten Ziele zu erreichen. Der Gesetzgeber habe selbst eingeräumt, daß eine psychologische Einzelfallprüfung geeignet sei, die genannten Ziele zu erreichen.
Die Strafvorschrift des § 19 Abs. 2 TPG sei ebenfalls verfassungswidrig. Nach dieser Vorschrift stehe es unter Strafe, wenn die Übertragung einer von einer lebenden Person entnommenen Niere nicht auf Verwandte oder andere Personen, „die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen”, erfolge. Dieser Anknüpfungspunkt verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG. Das in § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG enthaltene Tatbestandsmerkmal der „Personen, die dem Empfänger in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen”, sei vage und inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. Wann zwischen Personen eine persönliche Verbundenheit bestehe, lasse sich mit juristischer Auslegungsmethodik nicht klären. Ebensowenig sei klar, für wen die besondere persönliche Verbundenheit „offenkundig” sein müsse.
§ 19 Abs. 2 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG verstoße auch gegen das in der Verfassung verankerte Schuldprinzip. Bestraft würden nach § 19 Abs. 2 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG der transplantierende Arzt als Täter sowie unter Umständen der Organempfänger und -spender als Teilnehmer nur aufgrund des Umstands, daß keine spezifische besondere Nähe, wie sie § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG fordere, vorliege. Sie würden auch dann bestraft, wenn der Organspender freiwillig und altruistisch handele. Der Arzt müsse – selbst wenn er zum Schutz höchstrangiger Verfassungsgüter agiere – mit Bestrafung rechnen. Ein eigenes kriminelles Verhalten des Arztes sei jedoch bereits durch die §§ 223 ff., 229 StGB sowie § 18 in Verbindung mit § 17 TPG unter Strafe gestellt. Mit § 19 Abs. 2 TPG würden mithin die betroffenen Ärzte, Empfänger und Spender allein für ein vermutetes Verhalten Dritter bestraft. Die Strafvorschrift sei schließlich auch mit dem Übermaßverbot nicht in Einklang zu bringen. Der erreichbare Rechtsgüterschutz stehe in keinem angemessenen Verhältnis zur Strafandrohung. Die altruistische Fremdspende sei kein sozialschädliches, sondern ein in hohem Maß fremd- und sozialnützliches Verhalten.
2. Der Beschwerdeführer zu 2) ist 61 Jahre alt und möchte eine seiner beiden Nieren einem ihm nicht bekannten, an terminaler Niereninsuffizienz leidenden Patienten spenden. Er hat sich deshalb im Juli 1998 an den Leiter der Sektion Organtransplantation und Thoraxchirurgie der Klinik für Chirurgie an der Medizinischen Universität zu Lübeck, den Beschwerdeführer zu 3), gewandt. Dieser hat ihn über die Art und den Umfang des Eingriffs und die möglichen Folgen einer Organentnahme aufgeklärt. Ebenso ist er darüber informiert worden, daß das Transplantationsgesetz einer fremdgerichteten altruistischen Lebendspende entgegensteht. Gleichwohl hat er seine Bereitschaft zur Organspende aufrechterhalten. Er will, daß derjenige Patient von der Warteliste des Transplantationszentrums Lübeck sein Organ erhält, der dazu objektiv am besten geeignet sei. Der Beschwerdeführer zu 3) hat deshalb allein nach medizinischen Kriterien den Beschwerdeführer zu 1) als den optimalen Empfänger für die Niere des Beschwerdeführers zu 2) ausgewählt.
Der Beschwerdeführer zu 2) sieht sich durch § 8 Abs. 1 Satz 2 und § 19 Abs. 2 TPG in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 1 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 2 GG verletzt. Zur Begründung seiner Rügen trägt er im wesentlichen dieselben Argumente vor wie der Beschwerdeführer zu 1). Darüber hinaus führt er aus:
a) Die Selektion des potentiellen Empfängers für seine Niere sei im September 1998 erfolgt. Er sei über das dabei angewandte Verfahren, nicht aber über die persönlichen Daten des Beschwerdeführers zu 1) informiert worden. Sein Wunsch, eine Niere zu spenden, beruhe allein auf seinen moralischen Überzeugungen. Ihn habe das Schicksal eines Verwandten, der jahrelang dialyseabhängig gewesen sei, sowie die uneigennützige Organspende des Beschwerdeführers zu 3), über die er in der Presse erfahren habe, ermutigt, selbst eine Niere zu spenden. Gegenleistungen lehne er ab. Er sei bereit, sich vor einer Organentnahme jedem angemessenen Verfahren zu unterziehen, in dem festgestellt werde, daß er freiwillig in die Organentnahme einwillige und sein Organ kein Gegenstand verbotenen Handeltreibens sei.
Für ihn selber seien die Risiken aus medizinischer Sicht sehr gering. Das Mortalitätsrisiko des Spenders werde übereinstimmend mit 0,03 % angegeben. Operationsbedingte Komplikationen träten statistisch nur in wenigen Fällen auf. Auch Spätfolgen träten bei einnierigen Menschen nicht stärker auf als bei Personen mit zwei Nieren. Als Vorteile einer Organspende würden in Studien ein erhöhtes Selbstwertgefühl des Spenders und häufig die Entdeckung und Behandlung sonstiger Krankheiten anläßlich der Organentnahme genannt.
b) Die Verfassungsbeschwerde sei zulässig. Er sei durch die angegriffenen Vorschriften selbst, gegenwärtig und unmittelbar in seinen Grundrechten betroffen. Bis zum Inkrafttreten des Transplantationsgesetzes sei er frei gewesen, freiwillig ein Organ zu spenden. In diese Freiheit habe der Gesetzgeber durch das strafbewehrte Verbot des § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG eingegriffen. Das verletze seine durch Art. 2 Abs. 1 GG verbürgte allgemeine Handlungsfreiheit.
Die angegriffenen Vorschriften des Transplantationsgesetzes beträfen seine engere persönliche Lebenssphäre. Er wolle, einem elementaren moralischem Gebot folgend, Leben und Gesundheit einer anderen Person schützen. Das Risiko für ihn sei minimal. Außerdem umfasse die allgemeine Handlungsfreiheit grundsätzlich auch riskante Tätigkeiten. Der Staat dürfe dem Einzelnen nicht vorschreiben, was dieser zum Selbstschutz zu unterlassen habe.
c) Die Verfassungsbeschwerde sei auch begründet. Die angegriffenen Vorschriften verstießen in formeller Hinsicht schon gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG. Außerdem leide § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG an mangelnder Bestimmtheit. Der psychologische Fachterminus der „besonderen persönlichen Verbundenheit” sei als Rechtsbegriff zu unbestimmt.
In materieller Hinsicht genügten § 8 Abs. 1 Satz 2 und § 19 Abs. 2 TPG nicht dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. Der Gesetzgeber habe mit den angegriffenen Vorschriften die Freiwilligkeit der Organspende sichern und einem unkontrollierten Organhandel vorbeugen wollen. Das seien an sich legitime gesetzgeberische Ziele, zu deren Förderung die angegriffenen Vorschriften jedoch weder geeignet noch erforderlich seien. Soweit der Gesetzgeber zur weiteren Rechtfertigung auch den Schutz des Spenders vor körperlichen Schäden anführe, sei das hingegen kein legitimes Ziel. In einem liberalen Rechtsstaat sei ein solcher Paternalismus gegenüber der freiwilligen, in den Risiken überschaubaren Entscheidung eines einwilligungsfähigen und ärztlich intensiv aufgeklärten Spenders nicht zu rechtfertigen. Die nicht sozialschädliche Entscheidung über die eigene körperliche Integrität, die auch die Inkaufnahme von Risiken und Schäden miteinschließe, genieße den Schutz des Grundgesetzes.
In jedem Fall verlange der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine Härtefallregelung. Jedenfalls dann, wenn die Übertragung des Organs von altruistischen Fremdspendern medizinisch zur Lebenserhaltung oder Krankheitslinderung des potentiellen Empfängers indiziert, wenn ferner durch eine den Anforderungen des § 8 Abs. 3 Satz 3 TPG entsprechende Kommission die Freiwilligkeit der Spenderentscheidung festgestellt sei und schließlich ausgeschlossen werden könne, daß ein Fall von Organhandel vorliege, müsse die Organspende erlaubt sein.
3. Der Beschwerdeführer zu 3) ist Transplantationschirurg. Er hatte sich 1996 selber eine Niere entnehmen lassen, um sie altruistisch zu spenden. Er sieht sich durch § 8 Abs. 1 Satz 2 und § 19 Abs. 2 TPG in seinen Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 103 Abs. 2 GG verletzt. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor:
a) Zahlreiche Menschen wendeten sich an ihn mit dem Wunsch, eine Niere zu spenden. Drei Fallgruppen seien zu unterscheiden: erstens die Gruppe, die für einen unbekannten Empfänger spenden wolle, zweitens die Gruppe, die für eine bestimmte Person spenden wolle, zu der jedoch kein Verwandtschafts- oder besonderes Näheverhältnis bestehe, sowie drittens die Gruppe, die für eine verwandte oder besonders nahestehende Person spenden wolle, daran jedoch wegen einer Blutgruppenunverträglichkeit gehindert sei und deshalb ein geeignetes zweites Paar mit einem ähnlichen Problem für eine „Überkreuz-Spende” suche. In allen Fällen sei ihm unter Strafandrohung eine Organentnahme durch § 8 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 19 Abs. 2 TPG verboten. Insbesondere für die erste und dritte Fallgruppe (anonyme fremdgerichtete Lebendspende und Überkreuz-Spende) stünde, wenn Eurotransplant die Vermittlung übernehme, zudem ein Verfahren zur Verfügung, das den vom Gesetzgeber gewünschten Rechtsgüterschutz sicherstelle. Demgegenüber verdeutliche der Fall der Beschwerdeführer zu 1) und 2) exemplarisch, wie die angegriffenen Vorschriften einer am Patientenwohl orientierten ärztlichen Berufsausübung zuwiderliefen.
b) Die Organentnahme bei lebenden Spendern falle in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG. Die Organexplantation stehe zusammen mit der Übertragung des Organs im Zentrum der Tätigkeit eines Transplantationschirurgen. Vor dem Inkrafttreten des Transplantationsgesetzes sei er in diesen beruflichen Tätigkeiten frei und allein durch die ärztliche Standesethik und die allgemeinen gesetzlichen, insbesondere strafrechtlichen, Bestimmungen gebunden gewesen. Der Eingriff in sein Grundrecht auf Berufsfreiheit sei nicht verhältnismäßig. Der Gesetzgeber habe in § 8 Abs. 3 Satz 2 bis 4 TPG verfahrensmäßige Vorkehrungen dafür getroffen, daß die legitimen Schutzgüter bei Organentnahmen von Lebenden nicht verletzt würden. Es sei kein Grund ersichtlich, warum die psychodiagnostischen Mittel und das medizinischpsychologische Beratungsverfahren bei dem Personenkreis, der die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG nicht erfülle, nicht geeignet sein sollten, die Freiwilligkeit der Spenderentscheidung und die Verhinderung eines Organhandels zu gewährleisten. Außerdem könne durch eine Vermittlung seitens Eurotransplant der Kommerzialisierung des Organhandels vorgebeugt werden. Der Eingriff in die ärztliche Berufsausübungsfreiheit wiege auch besonders schwer. Es sei ein fundamentales Element ärztlicher Tätigkeit, daß sie sich an der Standesethik, welche in erster Linie der Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit verpflichtet sei, orientiere. Indem das Verbot des § 8 Abs. 1 Satz 2 und des § 19 Abs. 2 TPG den Arzt zwinge, von der vorhandenen und realisierbaren Therapie Abstand zu nehmen, liefen die gesetzlichen Vorschriften jenem fundamentalen Prinzip ärztlicher Berufsausübung zuwider.
Außerdem verletzten die angegriffenen Vorschriften sein Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 GG. Ihm werde untersagt, was sein Gewissen und sein ärztliches Ethos forderten. Sein christliches Selbstverständnis gebiete ihm, anderen – wann immer möglich – zu helfen. Daß sich sein Gewissensgebot nicht allein auf seine Berufssphäre beschränke, habe er mit seiner eigenen altruistischen Nierenspende gezeigt. Entgegen seinen Glaubens- und Gewissensgeboten könne er wegen der angegriffenen Vorschriften im vorliegenden Fall die mögliche Lebensrettung oder jedenfalls Schmerzlinderung nicht bewerkstelligen. Er sei mithin in einer Situation, entweder das strafbewehrte Verbot des Gesetzgebers zu mißachten oder seinem sittlichen Gebot nicht zu folgen. Das sei mit Art. 4 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren.
III.
Zu den Verfassungsbeschwerden haben das Bundesministerium für Gesundheit für die Bundesregierung, die Bundesärztekammer, die Deutsche Transplantationsgesellschaft, die Deutsche Stiftung Organtransplantation, der Dialysepatienten Deutschlands e.V., die Evangelische Kirche in Deutschland und die Deutsche Bischofskonferenz Stellung genommen. Die Beschwerdeführer hatten Gelegenheit, sich ihrerseits noch einmal zu den eingegangenen Stellungnahmen zu äußern.
Nach Auffassung des Bundesministeriums sind § 8 Abs. 1 Satz 2 und § 19 Abs. 2 TPG mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Beschränkung der Zulässigkeit der Organentnahme bei Lebenden beruhe vor allem auf der Auffassung des Gesetzgebers, daß die Organentnahme für den Spender kein Heileingriff sei, sondern ihm grundsätzlich körperlich schade und ihn gesundheitlich gefährden könne. In diesem Zusammenhang weist das Bundesministerium darauf hin, daß der Verlust einer Niere im Sozialhilferecht mit einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25 % eingestuft werde. Das Bundessozialgericht habe festgestellt, daß der unfallbedingte Verlust einer Niere auch dann, wenn die andere Niere gesund sei, in der gesetzlichen Unfallversicherung mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 % zu bemessen sei (BSG, Breithaupt, 1976, S. 747 ff.). Eine Person, die nur noch eine gesunde Niere habe, könne sich bei keiner Krankenkasse, keiner Lebensversicherung oder keinem Betriebs- oder Amtsarzt als vollständig gesund bezeichnen. In der medizinischen Literatur werde die Gefahr ernsterer perioperativer Komplikationen und Langzeitfolgen nach einer Lebendspende zwischen 5 und 20 % und hinsichtlich weniger gravierender Komplikationen zwischen 5 und 50 % angesetzt (Eigler, Deutsche Medizinische Wochenschrift 1997, S. 1398 ≪1399≫). Für den Verlust einer Niere werde ein Schmerzensgeld von 25.000 bis 30.000 DM als angemessen angesehen (OLG Köln, VersR 1992, S. 1097). Die restriktive Handhabung der Lebendspende entspreche auch der Rechtslage in den meisten europäischen Staaten und habe ferner in dem vom Ministerkomitee des Europarats vom 2. Februar 1999 vorgestellten Entwurf eines Zusatzprotokolls zur Organtransplantation zum Übereinkommen des Europarats über Menschenrechte und Biomedizin Niederschlag gefunden.
Die Bundesärztekammer weist unter anderem darauf hin, daß die Behauptung einer unmittelbaren Lebensgefahr des Beschwerdeführers zu 1) aufgrund der zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht nachvollziehbar sei. Befinde sich der Beschwerdeführer zu 1) in dem ihm von der Medizinischen Universitätsklinik Lübeck attestierten guten Allgemeinzustand, sei die kombinierte Nieren-Pankreas-Transplantation indiziert. Unterstelle man hingegen einen derart schlechten Allgemeinzustand, wie ihn der Beschwerdeführer zu 3) attestiert habe, könne dem Beschwerdeführer zu 1) auch eine Nierentransplantation nicht entscheidend helfen.
Auch die Deutsche Transplantationsgesellschaft weist auf Unterschiede der medizinischen Beurteilung des Beschwerdeführers zu 1) durch die Universitätsklinik Lübeck und den Beschwerdeführer zu 3) hin. Eine unmittelbare Lebensgefahr sei nicht zu erkennen. Die Lebendtransplantation sei daher nicht die einzige Möglichkeit, dem Beschwerdeführer zu 1) zu helfen. Sein derzeitiger Zustand lasse nicht einmal die Notwendigkeit erkennen, ihn in die High-Urgency-Liste aufzunehmen. Im übrigen verschlechtere der Beschwerdeführer zu 1) durch fortgesetzten Nikotinkonsum seine Lage selbst.
Die Deutsche Stiftung Organtransplantation hat lediglich mitgeteilt, daß der Schwerpunkt ihrer Arbeit im Bereich der postmortalen Organspende liege und sich auf die Unterstützung der Transplantationszentren in administrativer Hinsicht beschränke.
Der Verein der Dialysepatienten verteidigt die gesetzliche Regelung.
Die Evangelische Kirche in Deutschland sowie die Deutsche Bischofskonferenz halten eine Begrenzung der Lebendspende für angemessen.
Entscheidungsgründe
B.
Die Annahmevoraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG sind nicht gegeben.
Den Verfassungsbeschwerden kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Sie richten sich zwar unmittelbar gegen gesetzliche Vorschriften, die bisher noch nicht Gegenstand einer verfassungsrechtlichen Prüfung waren. Sie lassen sich jedoch anhand der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Maßstäbe, insbesondere zu den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsprinzips bei einer Einschränkung der verschiedenen Grundrechte, entscheiden (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24≫). Im übrigen ist es trotz des Vortrags der Beschwerdeführer nicht ersichtlich, daß an der Klärung der verfassungsrechtlichen Fragen derzeit ein über den Einzelfall hinausgehendes Interesse besteht (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪25≫).
Die Annahme der Verfassungsbeschwerden ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
I.
Gegen die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
1. Die Verfassungsbeschwerden richten sich unmittelbar gegen § 8 Abs. 1 Satz 2 und § 19 Abs. 2 TPG. Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz kann nur erheben, wer durch die angegriffene Vorschrift selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen ist (vgl. BVerfGE 90, 128 ≪135≫; stRspr). Das ist hinsichtlich des § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG bei allen Beschwerdeführern der Fall.
a) § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG regelt zwar nur die Entnahme von Organen, so daß der Beschwerdeführer zu 1), dem das entnommene Organ zugedacht ist, nicht als Adressat der Regelung in Betracht kommt. Eine Selbstbetroffenheit kann aber auch dann vorliegen, wenn ein Beschwerdeführer nicht selbst Adressat des Gesetzes ist, durch dieses jedoch in rechtlich erheblicher Weise betroffen wird (vgl. BVerfGE 51, 386 ≪395≫). Das ist hier der Fall. Die Rechtssphäre des Beschwerdeführers zu 1) wird durch § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG über eine reine Reflexwirkung hinaus berührt, weil die vorgesehene Organentnahme beim Beschwerdeführer zu 2) gerade im Interesse der grundrechtlich geschützten Gesundheit des Beschwerdeführers zu 1) erfolgen soll. Aufgrund der konkreten Umstände des Falls ist er folglich selbst von den angegriffenen Vorschriften betroffen.
Die gegenwärtige Betroffenheit des Beschwerdeführers zu 1) liegt darin, daß er aufgrund seiner terminalen Niereninsuffizienz – unstreitig – auf eine Ersatzniere angewiesen ist. Die aktuelle Grundrechtsbetroffenheit wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß es – wie die Äußerungsberechtigten teilweise vorgetragen haben – möglicherweise noch andere lebenserhaltende Maßnahmen, wie eine kombinierte Nieren-Pankreas-Transplantation, eine fortgesetzte Dialysebehandlung oder die Transplantation einer Leichenniere, gibt. Schließlich liegt auch eine unmittelbare Betroffenheit vor. Das Gesetz wirkt ohne einen weiteren vermittelnden Akt, insbesondere ohne besonderen Vollzugsakt der Verwaltung, in den Rechtskreis des Beschwerdeführers zu 1) ein (vgl. BVerfGE 90, 128 ≪135 f.≫).
b) Auch die Beschwerdeführer zu 2) und 3) sind als Adressaten der Regelung selbst und ebenso wie der Beschwerdeführer zu 1) gegenwärtig und unmittelbar betroffen.
2. Von § 19 Abs. 2 TPG ist dagegen nur der Beschwerdeführer zu 3) betroffen. Die Vorschrift stellt eine Organentnahme, die entgegen § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a, b, Nr. 4 oder Satz 2 TPG erfolgt, unter Strafe. Damit stattet sie zwar das die Beschwerdeführer betreffende Verbot der Organentnahme mit einer Sanktion aus. Diese kann aber im vorliegenden Fall nur den Beschwerdeführer zu 3), nicht die beiden anderen Beschwerdeführer treffen.
3. Der Grundsatz der Subsidiarität steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden nicht entgegen. Die Beschwerdeführer haben keine Möglichkeit, ihr Rechtsschutzziel vor den Fachgerichten zu erreichen. Es wäre für sie auch unzumutbar, die Organtransplantation zunächst durchzuführen und sich damit, soweit ihr Verhalten strafbewehrt ist, der Gefahr strafrechtlicher Sanktion auszusetzen. Da zur Entscheidung über die Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerden im übrigen weder in tatsächlicher Hinsicht Aufklärungs- noch in bezug auf das Transplantationsgesetz Auslegungsbedarf besteht, erfordert auch der Gesichtspunkt einer sachgerechten Aufgabenverteilung zwischen Bundesverfassungsgericht und Fachgerichten nicht, die Beschwerdeführer zunächst an die Fachgerichte zu verweisen.
II.
In der Sache haben die Verfassungsbeschwerden jedoch keine Aussicht auf Erfolg.
1. In formeller Hinsicht genügen § 8 Abs. 1 Satz 2 und § 19 Abs. 2 letzte Alternative TPG den Anforderungen des Grundgesetzes.
a) Das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG ist nicht verletzt. Es verlangt, daß ein Gesetz, welches ein Grundrecht einschränkt, das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennt. Es findet allerdings nur Anwendung auf Grundrechte, die aufgrund ausdrücklicher Ermächtigung vom Gesetzgeber eingeschränkt werden dürfen (vgl. BVerfGE 83, 130 ≪154≫; stRspr). Das Bundesverfassungsgericht hat darüber hinaus stets betont, daß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nur für Gesetze gilt, die darauf abzielen, ein Grundrecht über die in ihm selbst angelegten Grenzen hinaus einzuschränken. Als Formvorschrift bedarf die Norm enger Auslegung, wenn sie nicht zu einer leeren Förmlichkeit erstarren und den die verfassungsmäßige Ordnung konkretisierenden Gesetzgeber in seiner Arbeit unnötig behindern soll (vgl. BVerfGE 28, 36 ≪46≫).
Gemessen daran verstößt § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG nicht gegen Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG. Zwar gehört das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) grundsätzlich zu denjenigen Grundrechten, auf die das Zitiergebot Anwendung findet. Ein zielgerichteter (finaler) Grundrechtseingriff, der notwendig wäre, um das Zitiererfordernis auszulösen, ist in § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG jedoch nicht zu sehen. Dagegen spricht schon, daß potentielle Organempfänger – wie der Beschwerdeführer zu 1) – nicht Adressaten der Regelung sind. Sie sind zwar aufgrund des dreipoligen Verhältnisses zwischen Organspender, Arzt und Organempfänger, die für eine erfolgreiche Organtransplantation zusammenwirken müssen, grundrechtlich betroffen (vgl. BVerfGE 77, 84 ≪100≫). Das allein begründet aber keinen zielgerichteten und unmittelbaren Eingriff in das Grundrecht.
Gegen einen gezielten und gewollten Eingriff in das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit spricht ferner, daß die Regelungen des Transplantationsgesetzes eine Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit weder durch den Staat noch durch Dritte zu ermöglichen oder befördern, sondern im Gegenteil zu verhindern suchen. Dem Gesetzgeber ging es nicht darum, um bestimmter Ziele willen die durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Rechtsgüter zu beeinträchtigen. Im Gegenteil ist das Transplantationsgesetz von dem – letztlich lebens- und gesundheitsschützenden – Ziel getragen, durch einen klaren rechtlichen Handlungsrahmen Rechtsunsicherheiten auszuräumen und die dadurch bedingte Zurückhaltung bei der Organspende zu überwinden (vgl. BTDrucks 13/4355 S. 11).
Soweit der Beschwerdeführer zu 2) eine Verletzung des Zitiergebots mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) rügt, hat die Rüge schon deshalb keinen Erfolg, weil sich Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nicht auf die allgemeine Handlungsfreiheit bezieht (vgl. BVerfGE 10, 89 ≪99≫).
b) Die angegriffenen Vorschriften verstoßen weder gegen das rechtsstaatliche Bestimmtheitserfordernis noch gegen Art. 103 Abs. 2 GG. Gesetzliche Regelungen, insbesondere Straftatbestände, müssen allerdings so gefaßt sein, daß der Betroffene seine Normunterworfenheit und die Rechtslage so konkret erkennen kann, daß er sein Verhalten danach auszurichten vermag. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die Norm überhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf. Dem Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr Genüge getan, wenn diese mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden können (vgl. BVerfGE 83, 130 ≪145≫). Auch im Strafrecht darf das Verlangen nach Bestimmtheit nicht überspannt werden (vgl. BVerfGE 75, 329 ≪342≫). Generalklauseln und unbestimmte Begriffe sind jedenfalls dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Norm mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden eine zuverlässige Grundlage für ihre Auslegung und Anwendung bietet oder sie eine gefestigte Rechtsprechung übernimmt und damit aus dieser Rechtsprechung hinreichende Bestimmtheit gewinnt (vgl. BVerfGE 96, 68 ≪97 f.≫).
Gemessen daran genügen § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG und der darauf bezogene Straftatbestand des § 19 Abs. 2 TPG sowohl rechtsstaatlichen Erfordernissen als auch den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG. Den Beschwerdeführern ist zwar zu konzedieren, daß das Tatbestandsmerkmal der „Personen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen”, durch den Wortlaut allein noch nicht hinreichend bestimmt ist. Mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden läßt sich der Inhalt der Norm jedoch feststellen. Insbesondere finden sich im Gesetzentwurf zum Transplantationsgesetz ausführliche Hinweise zur Auslegung des Begriffs der „besonderen persönlichen Verbundenheit” (vgl. BTDrucks 13/4355 S. 20 f. sowie BTDrucks 13/8017 S. 42 zu § 7 Abs. 1). Diese setzt danach sowohl innere als auch regelmäßig äußere Merkmale, wie eine gemeinsame Wohnung oder häufige Kontakte, voraus. Auch eine systematische und teleologische Auslegung legt es nahe, daß zwischen den Personen, die sich in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen, ein Assoziationsgrad in äußerer und innerer Hinsicht bestehen muß, bei dem sich – wie etwa bei Verwandten – typischerweise die Vermutung aufstellen läßt, daß der Entschluß zur Organspende ohne äußeren Zwang und frei von finanziellen Erwägungen getroffen wurde. Die gleichwohl verbleibenden Auslegungsschwierigkeiten (vgl. dazu einerseits Seidenaht, MedR 1998, S. 253, andererseits Schroth, MedR 1999, S. 67) übersteigen nicht das rechtsstaatlich hinnehmbare Maß an Unbestimmtheit oder die Grenzen des Art. 103 Abs. 2 GG.
2. In materieller Hinsicht begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, daß der Gesetzgeber die Entnahme von Organen, die sich nicht wieder bilden können, nur zum Zweck einer Übertragung auf Verwandte, Ehegatten, Verlobte oder andere Personen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen, erlaubt hat.
a) Die Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG verletzt Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht.
aa) Allerdings ist der Schutzbereich des Grundrechts berührt. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gibt jedermann das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Diese Verbürgung wird berührt, wenn staatliche Regelungen dazu führen, daß einem kranken Menschen eine nach dem Stand der medizinischen Forschung prinzipiell zugängliche Therapie, mit der eine Verlängerung des Lebens, mindestens aber eine nicht unwesentliche Minderung des Leidens verbunden ist, versagt bleibt. So liegt es hier.
Der Beschwerdeführer zu 1) leidet an einem Diabetes und einer terminalen Niereninsuffizienz. Er muß sich zur Lebenserhaltung einer Dialysebehandlung unterziehen. Mit der Dialysepflichtigkeit geht regelmäßig eine erhebliche Beeinträchtigung des physischkörperlichen Wohlbefindens einher, die vielfach auch die sozialen Aktivitäten eines Menschen nachhaltig beeinträchtigt. Die Transplantation einer gesunden Niere könnte dem Beschwerdeführer zu 1) nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beschwerdeführer und aller Äußerungsberechtigten jedenfalls zu einer erheblichen Schmerzlinderung, möglicherweise sogar zu einer längerfristigen Gesundung verhelfen. Auch der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, daß „bei vielen schwerkranken Menschen heute durch eine Organtransplantation das Leben gerettet oder die Krankheit weitgehend geheilt oder gelindert und damit die Lebensqualität entscheidend verbessert werden kann” (BTDrucks 13/4355 S. 10).
Das gilt unabhängig von der – zwischen den Beschwerdeführern und einigen Äußerungsberechtigten umstrittenen – Frage, ob für den Beschwerdeführer zu 1) im konkreten Fall eine isolierte Transplantation einer Niere oder eine kombinierte Nieren-Pankreas-Transplantation die medizinisch indizierte Therapie ist. Jedenfalls ist die Organtransplantation eine heute in der medizinischen Wissenschaft anerkannte und praktizierte Therapie, die die Gesundheit des Beschwerdeführers zu 1) wiederherstellen oder jedenfalls verbessern kann. Das gilt auch, soweit das Organ einer lebenden Person entnommen ist. Die Erfolgsaussichten einer Nierentransplantation werden vielfach sogar für höher eingeschätzt, wenn das Organ von einem lebenden Spender stammt (vgl. BTDrucks 13/4355 S. 14; Tarasaki/Cecka/Gjertson/Takemoto, The New England Journal of Medicine, 1995, S. 333).
bb) Die angegriffenen Vorschriften stellen auch einen Eingriff in das Grundrecht dar. Der Gesetzgeber hat – wie bereits ausgeführt – mit § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG zwar nicht zielgerichtet und final in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eingegriffen. Als Abwehrrecht sichert das Grundrecht den Einzelnen aber grundsätzlich auch gegen staatliche Maßnahmen, die lediglich mittelbar zu einer Verletzung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit führen (vgl. BVerfGE 66, 39 ≪60≫). Die mittelbar hervorgerufene Verletzung muß allerdings das Maß einer als sozialadäquat eingestuften Beeinträchtigung übersteigen und bei einer normativen Betrachtung unter Berücksichtigung der Bedeutung des Schutzguts von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG als adäquate Folge der staatlichen Tätigkeit dieser normativ zurechenbar sein, darf also weder aus einer selbständig zu verantwortenden Tätigkeit Dritter resultieren noch auf einer schicksalhaften Fügung beruhen. Das ist hier der Fall.
Das Leben stellt einen „Höchstwert” innerhalb der grundgesetzlichen Ordnung dar und ist „die vitale Basis der Menschenwürde und die Voraussetzung aller anderen Grundrechte” (vgl. BVerfGE 39, 1 ≪42≫). Auch das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit nimmt, wie schon der enge systematische Zusammenhang mit dem Grundrecht auf Leben zeigt, innerhalb der grundrechtlichen Ordnung einen besonderen Platz ein. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muß bei der Krankenversorgung jeder Patient sicher sein, „daß sein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nach allen Regeln ärztlicher Kunst gewahrt wird” (vgl. BVerfGE 57, 70 ≪99≫). In Anbetracht der Bedeutung der Schutzverbürgungen des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG erreichen die von § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG ausgehenden Beeinträchtigungen der Therapiemöglichkeiten von Patienten, die auf Ersatzorgane, insbesondere eine Ersatzniere, angewiesen sind, Eingriffsqualität.
Der Gesetzgeber hat die Therapiemöglichkeiten dieser Patientengruppe kausal zurechenbar nachhaltig beeinträchtigt. Ohne die Regelung würde der Beschwerdeführer zu 1) eine Ersatzniere erhalten. Unzutreffend ist demgegenüber die Argumentation des Bundesministeriums für Gesundheit, mit dem Transplantationsgesetz seien die Möglichkeiten für eine Lebendspende von Organen erheblich erweitert worden. Das wäre nur dann richtig, wenn man die mit dem Transplantationsgesetz geschaffene Rechtslage mit der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes geübten Praxis vergliche, welche vornehmlich auf dem freiwilligen Transplantationskodex der deutschen Transplantationszentren beruhte. Rechtlich sind die Möglichkeiten der Organentnahme von lebenden Spendern durch § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG gegenüber der vor dem Inkrafttreten des Transplantationsgesetzes bestehenden Lage jedoch beschränkt worden. Bis dahin standen einer Organentnahme bei Lebenden nur die allgemeinen strafrechtlichen Vorschriften entgegen, die auch heute noch prinzipiell Anwendung finden. Eine darüber hinausgehende Restriktion gab es nicht. Insbesondere gab es kein Verbot einer ziel- und fremdgerichteten altruistischen Lebendspende, wie sie der Beschwerdeführer zu 2) im vorliegenden Fall beabsichtigt. Die Beeinträchtigung des Beschwerdeführers zu 1) liegt mithin darin, daß er eine Spenderniere nicht oder nur später erhält. Dies läßt sich in Anbetracht der betroffenen Rechtsgüter auch nicht mehr als nur schicksalhaftes Ereignis, das der Beschwerdeführer zu 1) mit vielen anderen Patienten teilt, einstufen.
cc) Der von § 8 Abs. 1 Satz 2 GG ausgehende Grundrechtseingriff ist jedoch gerechtfertigt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen Eingriffe in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verhältnismäßig sein. Konflikte zwischen den Schutzgütern dieses Grundrechts und anderen Rechtsgütern sind nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsprinzips durch Abwägung der einander widerstreitenden Interessen zu lösen. Führt diese Abwägung zu dem Ergebnis, daß die dem Eingriff entgegenstehenden Interessen im konkreten Fall ersichtlich wesentlich schwerer wiegen als diejenigen Belange, deren Wahrung die staatliche Maßnahme dienen soll, so verletzt der gleichwohl erfolgte Eingriff das Prinzip der Verhältnismäßigkeit und damit das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 51, 324 ≪346≫).
Allerdings hat der Gesetzgeber bei der verhältnismäßigen Zuordnung der Rechtsgüter, die bei der Organtransplantation in Frage stehen, einen weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum. Jede Regelung der Organtransplantation muß in einem Grenzbereich von medizinischen Möglichkeiten, ethischen Anforderungen und gesellschaftlichen Vorstellungen einen Ausgleich schaffen. Dabei sind zunehmend auch internationale Entwicklungen zu beachten, wie etwa der sogenannte „Transplantationstourismus” zeigt. Dieser Ausgleich einander widerstreitender, zudem jeweils grundrechtlich fundierter Interessen ist in erster Linie Aufgabe des Gesetzgebers.
(1) Der Gesetzgeber hat die restriktive Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG damit begründet, daß der Vorrang der postmortalen Organentnahme gegenüber der Entnahme eines Organs einer lebenden Person zum Ausdruck gebracht werden solle, da die Organentnahme für den lebenden Spender kein Heileingriff sei, sondern ihm grundsätzlich körperlich schade und ihn gesundheitlich gefährden könne. Außerdem verfolgt der Gesetzgeber mit der Regelung das Ziel, die Freiwilligkeit der Organspende sicherzustellen und jeder Form des Organhandels vorzubeugen (vgl. BTDrucks 13/4355 S. 20).
Alle drei Ziele beruhen auf vernünftigen Gründen des Allgemeinwohls, die den Gesetzgeber grundsätzlich zu einem Grundrechtseingriff berechtigen. Das ist unproblematisch und wird auch von den Beschwerdeführern nicht bestritten, soweit es darum geht, die Freiwilligkeit der Organspende zu sichern und jeder Form des Organhandels vorzubeugen. Es gilt aber auch für das Ziel, den Vorrang der postmortalen Organspende deutlich zu machen. Zwar bedarf der Schutz des Menschen vor sich selbst als Rechtfertigungsgrund staatlicher Maßnahmen in Ansehung der durch Art. 2 Abs. 1 GG verbürgten allgemeinen Handlungsfreiheit grundsätzlich seinerseits einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Auch selbstgefährdendes Verhalten ist Ausübung grundrechtlicher Freiheit. Das ändert aber nichts daran, daß es ein legitimes Gemeinwohlanliegen ist, Menschen davor zu bewahren, sich selbst einen größeren persönlichen Schaden zuzufügen (vgl. BVerfGE 60, 123 ≪132≫).
(2) § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG ist zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele geeignet. Soweit die Vorschrift die Entnahme eines Organs bei lebenden Menschen verbietet, kann es weder unfreiwillige Organspenden noch einen Organhandel noch eine Gefährdung der Organspender geben. Die Erwägungen, mit denen die Beschwerdeführer die Geeignetheit der Regelung anzweifeln, greifen demgegenüber nicht durch. Sie bezweifeln die Geeignetheit der Regelung mit dem Argument, die Gefahren, denen der Gesetzgeber begegnen wolle, seien gerade bei den Gruppen, bei denen eine Organspende nach § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG zulässig ist (Verwandte, Nahestehende), besonders groß. Eine solche Argumentation streitet allenfalls dafür, die Lebendspende generell zu untersagen, kann die Geeignetheit der Regelung als solche aber nicht in Frage stellen.
(3) Die Regelung ist zur Zweckerreichung auch erforderlich. Erforderlich ist ein Gesetz, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können (vgl. BVerfGE 90, 145 ≪172≫). Auch insoweit kommt dem Gesetzgeber ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu.
Nach Ansicht der Beschwerdeführer steht mit einer Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen der Lebendspende in jedem Einzelfall entsprechend dem Verfahren, das der Gesetzgeber in § 8 Abs. 3 Satz 2 bis 4 TPG zur Voraussetzung einer Lebendspende unter Verwandten vorgesehen hat, ein gleich wirksames, aber weniger belastendes Mittel zur Verfügung. Dabei verkennen sie jedoch, daß die Freiwilligkeit der Spenderentscheidung, die der Gesetzgeber als unerläßliche Voraussetzung einer Lebendspende erachtet hat, als Willensentscheidung immer nur begrenzt für Dritte feststellbar ist. Unter diesen Umständen bleibt es stets eine Frage der Einschätzung, ob ein bestimmtes Verfahren tatsächlich geeignet ist, die Freiwilligkeit des Willensentschlusses zu verifizieren. Diese Frage hat der Gesetzgeber im Grundsatz verneint und ist davon ausgegangen, daß die Freiwilligkeit der Organspende grundsätzlich nur bei einem verwandtschaftlichen oder sonstigen Näheverhältnis vermutet werden kann. Die Kommission gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 bis 4 TPG soll die Freiwilligkeit der Spenderentscheidung demgemäß nicht positiv feststellen, sondern prüft allein, ob im konkreten Fall „tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die Einwilligung in die Organspende nicht freiwillig erfolgt oder das Organ Gegenstand verbotenen Handeltreibens nach § 17 ist”.
Die darin liegende Einschätzung des Gesetzgebers ist in Ansehung seines weiten Beurteilungsspielraums von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber konnte sich dabei insbesondere darauf stützen, daß nach aller Erfahrung das Leiden eines anderen immer dann besonders intensiv empfunden wird, wenn es sich um einen Verwandten oder besonders nahestehenden Menschen handelt, und deshalb gerade in diesen Fällen Anlaß zu einer (freiwilligen) Organspende sein kann. Damit hat der Gesetzgeber nicht in Abrede gestellt, daß es auch unter Fremden im Einzelfall eine wirklich altruistische Organspende geben kann. Er ist aber davon ausgegangen, daß kein Verfahren, so ausgereift es auch sein möge, für sich genommen in der Lage wäre, die Freiwilligkeit der Spenderentscheidung und die Verhinderung eines Organhandels sicherzustellen. Damit hat er seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten.
Unabhängig davon ist die Regelung erforderlich, um das Ziel, potentielle Organspender vor Gesundheitsgefährdungen möglichst weitgehend zu schützen und damit den Vorrang der postmortalen Organentnahme zu verdeutlichen, zu erreichen. Dieses vom Gesetzgeber legitimerweise verfolgte Anliegen wäre nicht zu verwirklichen, wenn die Organentnahme bei einer lebenden Person generell zulässig wäre und nur unter dem Vorbehalt der Prüfung der Freiwilligkeit der Spenderentscheidung durch ein entsprechendes Verfahren stünde.
(4) Die Regelung ist auch verhältnismäßig im engeren Sinn. Auf seiten des Beschwerdeführers zu 1) stehen zwar herausragende Rechtsgüter auf dem Spiel. Auf der anderen Seite hat der Gesetzgeber aber zur Rechtfertigung seiner Regelung ebenfalls Gemeinwohlbelange von hoher Bedeutung angeführt. Dabei ist zu berücksichtigen, daß gerade die mit § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG verfolgten Ziele dazu beitragen, in einem sensiblen Bereich wie der Transplantationsmedizin ein Höchstmaß an Seriosität und Rechtssicherheit herzustellen. Das ist unabdingbare Voraussetzung, wenn – um des Lebensschutzes willen – die Bereitschaft der Menschen zur Organspende langfristig gefördert werden soll. Für die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn spricht ferner, daß die Lebendspende für den potentiellen Organempfänger in aller Regel nicht das einzige Mittel der Lebenserhaltung oder Gesundheitsverbesserung ist. Regelmäßig haben transplantationsbedürftige Patienten die Möglichkeit, ihre lebensbedrohende Krankheit durch die Implantation eines postmortal gespendeten Organs zu kurieren. Zwar mag die Transplantation eines bei einem lebenden Menschen entnommenen Organs medizinisch vorzugswürdig sein; immerhin ist es aber möglich, ein postmortal entnommenes Organ zu transplantieren und dadurch eine wirkungsvolle Maßnahme der Lebenserhaltung und Gesundheitsförderung vorzunehmen. Für die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn spricht schließlich, daß der Gesetzgeber Aspekte des Gesundheitsschutzes auch auf seiten des potentiellen Organspenders berücksichtigen durfte.
b) Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) ist nicht ersichtlich.
Der Beschwerdeführer zu 1) sieht die Ungleichbehandlung darin, daß er gegenüber der Patientengruppe, die einen Spender im Sinn des § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG zur Verfügung habe, benachteiligt werde. Bei den vom Beschwerdeführer zu 1) zum Vergleich herangezogenen „Patientengruppen” handelt es sich jedoch nicht um einen solchermaßen festumrissenen Kreis von Personen, bei denen eine Prüfung der Regelung anhand des Gleichheitssatzes indiziert wäre (vgl. BVerfGE 98, 1 ≪12≫). Tatsächlich werden alle Normadressaten von der einschränkenden Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG in gleicher Weise betroffen. Soweit von der gesetzlichen Regelung für den Beschwerdeführer zu 1) faktisch eine Benachteiligung gegenüber anderen Patienten ausgeht, findet diese ihre Rechtfertigung in der Einschätzung des Gesetzgebers, daß eine verwandtschaftliche oder entsprechende enge persönliche Beziehung grundsätzlich die einzige Gewähr für die Erreichung der gesetzgeberisch verfolgten legitimen Ziele ist.
c) Die von dem Beschwerdeführer zu 2) gerügte Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Der Beschwerdeführer zu 2) greift § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG insoweit im wesentlichen mit denselben Argumenten wie der Beschwerdeführer zu 1) als unverhältnismäßige Einschränkung seiner allgemeinen Handlungsfreiheit an. Der von § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG ausgehende Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit ist jedoch – ebenso wie der Eingriff in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG – durch legitime Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt.
Das gilt auch, soweit der Beschwerdeführer zu 2) vorträgt, ihm müsse es jedenfalls möglich sein, seine Niere an die Stiftung Eurotransplant, die zu einer Vermittlung tatsächlich auch bereit und in der Lage wäre, oder eine andere ähnliche Einrichtung zu spenden. Es ist zwar richtig, daß bei einer Vermittlung durch eine Vermittlungsstelle im Sinn des § 12 TPG ähnlich wie bei postmortal gespendeten Organen die Gefahr eines Organhandels durch die Anonymität der Vermittlung praktisch ausgeschlossen wäre. Auch die Freiwilligkeit der Spenderentscheidung dürfte bei einer solchen Konstruktion gesichert sein. Damit wäre aber noch nicht das Problem gelöst, daß jede Organentnahme für den Spender mit gewissen Risiken verbunden ist. Der vom Gesetzgeber legitimerweise verfolgte „Schutz des Spenders vor sich selbst” wäre bei einer anonymen Vermittlung durch eine Vermittlungsstelle nicht erreicht. Vor allem aber verkennt der Beschwerdeführer zu 2), daß ihm das in besonderer Weise abwehrgerichtete Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG keinen Anspruch darauf verleiht, daß der Staat durch entsprechende Vorkehrungen eine vollständig altruistische, anonyme und fremdgerichtete Organspende, die er hier im übrigen auch gar nicht beabsichtigt, ermöglicht.
d) Eine Verletzung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), die der Beschwerdeführer zu 3) rügt, ist nicht gegeben.
Die angegriffenen Regelungen greifen zwar in den Schutzbereich des Grundrechts ein. Die Berufsfreiheit ist aber nicht vorbehaltlos gewährleistet. Als Berufsausübungsregelungen müssen § 8 Abs. 1 Satz 2 und § 19 Abs. 2 TPG durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt sein und dürfen das Grundrecht nicht unverhältnismäßig einschränken (vgl. BVerfGE 97, 228 ≪255≫; stRspr). Das ist hier – wie im einzelnen bereits aufgezeigt wurde – der Fall.
Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Eingriff in die Berufsfreiheit nicht besonders schwer wiegt. Die ärztliche Tätigkeit wird durch die einschränkende Regelung der Organentnahme bei lebenden Personen nicht nachhaltig beeinträchtigt. Der Verweis des Beschwerdeführers zu 3) auf seine standesethische Pflicht zu einer am Wohl des Patienten orientierten Berufsausübung verfängt insoweit – wie die Bundesärztekammer zu Recht betont hat – nicht. Denn auch die Pflicht des Arztes zu einer am Wohl des Patienten orientierten Berufsausübung kann stets nur solche Behandlungsmethoden rechtfertigen, die andere, nach der grundgesetzlichen Ordnung ebenfalls geschützte Rechtsgüter nicht unverhältnismäßig beeinträchtigen.
e) Die angegriffenen Vorschriften verletzen die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Beschwerdeführers zu 3) nicht.
Das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 GG schützt über die glaubensbezogenen Handlungen im engeren Sinn hinaus zwar auch das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seiner religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln (vgl. BVerfGE 33, 23 ≪28≫). Die von der Verfassung gewährte Gewissensfreiheit umfaßt nicht nur die Freiheit, ein Gewissen zu haben, sondern grundsätzlich auch die Freiheit, von der öffentlichen Gewalt nicht verpflichtet zu werden, gegen Gebote oder Verbote des Gewissens zu handeln (vgl. BVerfGE 78, 391 ≪395≫).
Das vorbehaltlos gewährleistete Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 GG hat jedoch seine Grenzen in den von der Verfassung selbst geschützten Rechtsgütern und Werten (vgl. BVerfGE 32, 98 ≪108≫). Die Ziele, denen § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG dient, finden in der Verfassung selbst ihren Grund: Es entspricht dem Bild des Grundgesetzes von der Würde und Selbstbestimmtheit des Menschen, daß eine so weitreichende Entscheidung wie die Spende eines Organs auf einem freiwilligen, von finanziellen Erwägungen unberührten Willensentschluß beruhen muß. Daß der Gesetzgeber dem Bestreben, die Freiwilligkeit der Spenderentscheidung zu sichern und jeder Form des Organhandels vorzubeugen, den Vorrang vor etwaigen Gewissenskonflikten der beteiligten Ärzte eingeräumt hat, begegnet von Verfassungs wegen keinen Bedenken.
f) Soweit der Beschwerdeführer zu 3) § 19 Abs. 2 TPG wegen eines Verstoßes gegen das Gebot schuldangemessenen Strafens, das in der Verfassung verankerte Schuldprinzip sowie das Übermaßverbot angreift, ist eine Grundrechtsverletzung ebenfalls nicht gegeben.
Nach dem mit Verfassungsrang ausgestatteten Schuldgrundsatz setzt jede Strafe Schuld voraus (vgl. BVerfGE 80, 244 ≪255≫). Aus dem Gebot schuldangemessenen Strafens und den allgemeinen Prinzipien des Grundgesetzes folgt, daß die angedrohte Sanktion im gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Verschulden der Täter stehen muß. Insoweit deckt sich der Schuldgrundsatz in seinen die Strafe begrenzenden Auswirkungen mit dem Übermaßverbot (vgl. BVerfGE 73, 206 ≪253≫). Allerdings ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, den Bereich strafbaren Handelns unter Berücksichtigung der jeweiligen Lage im einzelnen verbindlich festzulegen. Das Bundesverfassungsgericht kann dessen Entscheidung nicht darauf prüfen, ob er die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat. Es hat lediglich darüber zu wachen, daß die Strafvorschrift materiell in Einklang mit den Bestimmungen der Verfassung steht und den ungeschriebenen Verfassungsgrundsätzen sowie Grundentscheidungen des Grundgesetzes entspricht (vgl. BVerfGE 90, 145 ≪173≫).
Unter Beachtung dieser Maßstäbe ist die Strafandrohung des § 19 Abs. 2 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG verfassungsrechtlich unbedenklich. Bei einem Verstoß gegen § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG handelt es sich nicht nur um Ungehorsam gegenüber einer Verwaltungsvorschrift. Vielmehr gefährdet ein solcher Verstoß, da § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG seinerseits dem Schutz verfassungsfundierter Gemeinschaftsbelange dient, regelmäßig wichtige Gemeinschaftsbelange. Es beruht deshalb auf einer einleuchtenden und sachgerechten Erwägung, daß der Gesetzgeber solche Verstöße als strafwürdig und strafbedürftig angesehen hat.
Das Argument der Beschwerdeführer, im Einzelfall gefährde die Organentnahme bei einer lebenden Person nicht die Rechtsgüter, deren Schutz § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG bezweckt, sondern stelle sich vielmehr als sozial nützliches Verhalten dar, steht dem nicht entgegen. Der Gesetzgeber darf zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter eine strafrechtliche Sanktion unabhängig von einer konkreten Gefährdung oder gar Verletzung der Schutzgüter in den Bereich einer abstrakten Gefährdung vorverlagern (vgl. BVerfGE 90, 145 ≪184≫).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Grimm, Hömig
Fundstellen
Haufe-Index 543498 |
MedR 2000, 28 |