Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein unbedingtes Recht auf mündliche Verhandlung. Grunderwerbsteuerpflicht bei Erwerb von Bruchteilseigentum
Leitsatz (redaktionell)
1. Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet keinen Anspruch auf mündliche Verhandlung, wenn nach dem einschlägigen Verfahrensgesetz eine mündliche Verhandlung nicht stattfindet oder entbehrlich ist; hier: Entscheidung nach Art. 1 Nr. 7 BFHEntlG trotz Antrag auf mündliche Verhandlung nach Vorbescheid.
2. An dem die Revision endgültig zurückweisenden Beschluß konnte ein Beisitzer mitwirken, der bei Erlaß des Vorbescheids nicht beteiligt war.
3. Daß der Gesellschafterwechsel bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts – im Gegensatz zum Verkauf eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück (Bruchteilseigentum) – regelmäßig nicht zur Grunderwerbsteuerpflicht führt, läßt die Besteuerung des Erwerbs eines Miteigentumsanteils nicht als Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG erscheinen.
Normenkette
GG Art. 101 Abs. 1 S. 2, Art. 103 Abs. 1; FGO § 91 Abs. 3; BFH-EntlG Art. 1 Nr. 7; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1; GrEStG § 1 Nr. 1
Verfahrensgang
BFH (Beschluss vom 12.10.1977; Aktenzeichen II R 35/72) |
FG Hamburg (Urteil vom 08.12.1971; Aktenzeichen I 27/70) |
Gründe
1. Nachdem der Beschwerdeführer Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hatte, war über die Revision des Beschwerdeführers zu entscheiden, als ob ein Vorbescheid nicht ergangen wäre. Der Bundesfinanzhof konnte von Art. 1 Nr. 7 BFH-EntlastG Gebrauch machen, wenn er einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtete. Der Beschwerdeführer wurde davon unterrichtet und im schriftlichen Verfahren gehört. Damit wurde sein Anspruch auf rechtliches Gehör erfüllt. Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet keinen Anspruch auf mündliche Verhandlung, wenn nach dem einschlägigen Verfahrensgesetz eine mündliche Verhandlung nicht stattfindet oder entbehrlich ist (BVerfGE 5, 9 [11]).
2. Ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist nicht ersichtlich. An dem die Revision endgültig zurückweisenden Beschluß konnte ein Beisitzer mitwirken, der bei Erlaß des Vorbescheids nicht beteiligt war.
3. Es verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 HambGrEStG so auszulegen, daß er den Kauf von Bruchteilseigentum an einem Grundstück mitumfaßt.
4. Daß der Gesellschafterwechsel bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts – im Gegensatz zum Verkauf eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück (Bruchteilseigentum) – regelmäßig nicht zur Grunderwerbsteuerpflicht führt, läßt die Besteuerung des Erwerbs eines Miteigentumsanteils nicht als Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG erscheinen. Zwischen Bruchteilseigentum und Gesamthandseigentum bestehen Gemeinsamketen, aber auch Unterschiede. Es ist dem Gesetzgeber auf dem Gebiet der Grunderwerbsteuer nicht verwehrt, an die Unterschiede anzuknüpfen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen