Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in Form einer Kapitalgesellschaft gewerbesteuerpflichtig
Leitsatz (redaktionell)
Daß die Tätigkeit einer als Kapitalgesellschaft betriebenen Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft als gewerbesteuerpflichtig angesehen wird, ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1
Verfahrensgang
Gründe
Wenn der Gesetzgeber bestimmte qualifizierte Kapitalgesellschaften zur Betätigung auf den Gebieten der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung zuläßt, obwohl dies eigentlich dem Wesen eines freien Berufs widerspricht (vgl. BVerfGE 21, 227 [229]), können daraus für die Besteuerung der Wirtschaftprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften keine verfassungsrechtlichen Folgen dahin gezogen werden, daß auch die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft wie die Ausübung eines freien Berufs besteuert werden müsste. Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung auf dem Gebiet des Gewerbesteuerrechts mit Ausnahme der Festsetzung der Hebesätze (Art. 105 Abs. 2, 106 Abs. 6 Satz 2 GG). Er konnte eine Bestimmung wie § 2 Abs. 2 Nr. 2 GewStG schaffen, die der tatbestandlichen Umschreibung des Steuergegenstandes dient.
Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn der Steuergesetzgeber davon ausgeht, daß die Tätigkeit der Kapitalgesellschaften stets und in vollem Umfang einen Gewerbebetrieb darstellt. Die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft ist im Sinne des § 18 Abs. 1 EStG keine freiberufliche Tätigkeit. Ein freiberuflich Tätiger kann sich zwar der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedienen. Voraussetzung aber ist, daß er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG; vgl. hierzu BVerfGE 15, 313 [319 f.]). Diese Voraussetzungen kann eine Kapitalgesellschaft nicht erfüllen. Sie ist darauf angewiesen, ihre Tätigkeiten durch Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer, Prokuristen, Handlungsbevollmächtigte oder andere Arbeitnehmer wahrnehmen zu lassen. Gegenüber diesen Personen kommt der Kapitalgesellschaft im bürgerlichen Recht und im Steuerrecht eigene Rechtssubjektivität zu. Die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft als solcher erschöpft sich, auch wenn sie sich mit der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung befaßt, darin, daß sie Kapital aufbringt, Betriebsmittel einsetzt und Personal beschäftigt. Dadurch unterscheidet sie sich wesentlich von Sozietäten und sonstigen Zusammenschlüssen von freiberuflich Tätigen, bei denen eine andere Betrachtungsweise Platz greift: Hier erscheint die Tätigkeit der Gesellschaft (die selbst nicht rechtsfähig ist) als Tätigkeit der Gesellschafter. Diese bürgerlich-rechtlichen Gegebenheiten kann das Steuerrecht ohne Systembruch übernehmen. Es erscheint somit nicht sachwidrig, daß Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften je nachdem, ob sie als Personen- oder Kapitalgesellschaften geführt werden, gewerbesteuerpflichtig sind oder nicht.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen