Entscheidungsstichwort (Thema)
Schlechterstellung von Ehegatten gegenüber eheähnlichen Gemeinschaften
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber im Normalfall Eheleuten nur die Möglichkeit der Zusammenveranlagung oder der getrennten Veranlagung eröffnet. Zum einen stellen sich Eheleute, wenn sie die Zusammenveranlagung wählen, in aller Regel günstiger als bei jeder anderen Veranlagungsart. Dieses sogenannte Ehegatten-Splitting ist damit keine beliebig veränderbare Steuer-”Vergünstigung”, sondern – unbeschadet der näheren Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers – eine an dem Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 GG und an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Ehepaare orientierte sachgerechte Besteuerung.
2. Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, bei Einzelveranlagungen Ausgaben zum Abzug zuzulassen, die typischerweise so bei Eheleuten nicht anfallen. Die sich hieraus ergebende Benachteiligung müssen Eheleute auch gegenüber den eheähnlichen Gemeinschaften hinnehmen, solange das Gesetz Ehegatten nicht generell schlechter stellt.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1; EStG 1977 §§ 26a, 26b, 25
Verfahrensgang
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die angegriffenen Entscheidungen und die ihnen zugrunde liegenden gesetzlichen Bestimmungen lassen, soweit ihre Prüfung zum Gegenstand des Verfassungsbeschwerde-Verfahrens gemacht worden ist, einen Grundrechtsverstoß nicht erkennen.
1. Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, gegenüber nichtehelichen Lebensgemeinschaften dadurch in grundrechtswidriger Weise benachteiligt zu sein, daß sie im Rahmen der Zusammenveranlagung (§ 26b EStG) eine um 809 DM höhere Steuerschuld zu begleichen hätten, als wenn die Einkommensteuer im Wege der Einzelveranlagung (§ 25 EStG) festgesetzt worden wäre, ist dieser Vortrag nicht geeignet, die Annahme einer Verfassungsverletzung zu begründen; denn die die Veranlagung regelnden Vorschriften des Einkommensteuergesetzes begegnen in ihrer grundsätzlichen Ausgestaltung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Zwar verbietet es Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG, Ehegatten im Vergleich zu Ledigen allein deshalb schlechter zu stellen, weil sie verheiratet sind. Das gilt auch im Vergleich zu den nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Die Berücksichtigung der Ehe darf nicht zu Steuergesetzen oder zu Auslegungen derselben führen, die eine Diskriminierung der Ehe darstellen (vgl. BVerfGE 69, 188 ≪205 f.≫; 78, 128 ≪130≫ m.w.N.). Es ist jedoch von Verfassungs wegen nicht geboten, die Tatsache der ehelichen Verbindung der Beteiligten völlig außer acht zu lassen (vgl. BVerfGE 69, 188 ≪207 f.≫).
Hiervon ausgehend ist es nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber im Normalfall Eheleuten nur die Möglichkeit der Zusammenveranlagung (§ 26b EStG) oder der getrennten Veranlagung(§ 26a EStG) eröffnet. Zum einen stellen sich Eheleute, wenn sie die Zusammenveranlagung wählen, in aller Regel günstiger als bei jeder anderen Veranlagungsart. Dieses sogenannte Ehegatten-Splitting ist damit keine beliebig veränderbare Steuer-”Vergünstigung”, sondern – unbeschadet der näheren Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers – eine an dem Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 GG und an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Ehepaare (Art. 3 Abs. 1 GG) orientierte sachgerechte Besteuerung (vgl. BVerfGE 61, 319 ≪345 ff., 347≫). Zum anderen ist der Gesetzgeber nicht verpflichtet, die Eheleute auf Antrag so zu behandeln, als ob die eheliche Lebensgemeinschaft nicht bestünde. Vielmehr ist er berechtigt, im Rahmen der getrennten Veranlagung (§ 26a EStG) bestimmte, die allgemeine Lebensführung betreffenden Ausgaben nur in der bei einer Zusammenveranlagung in Betracht kommenden Höhe als Sonderausgaben oder als außergewöhnliche Belastung zum Abzug zuzulassen, weil diese Aufwendungen typischerweise die Ehegatten gemeinsam belasten, also nicht personen- sondern ehebezogen anfallen (vgl. BVerfGE 32, 260 ≪270 f.≫). Folglich ist der Gesetzgeber auch nicht gehindert, bei Einzelveranlagungen Ausgaben zum Abzug zuzulassen, die typischerweise so bei Eheleuten nicht anfallen (vgl. BVerfGE 61, 319 ≪349 ff.≫). Die sich hieraus ergebende Benachteiligung müssen Eheleute auch gegenüber den eheähnlichen Gemeinschaften hinnehmen, solange das Gesetz Ehegatten nicht generell schlechter stellt (vgl. BVerfGE 32, 260 ≪269≫ m.w.N.). Umstände, die Rückschlüsse in diesem Sinne zulassen, können der Verfassungsbeschwerde nicht entnommen werden.
2. Soweit die Beschwerdeführer sich dagegen wenden, daß der Bundesfinanzhof, gestützt auf Art. 1 Nr. 7 des BFH-Entlastungsgesetzes eine Begründung für die Zurückweisung der Revision nicht gegeben hat, ist ein Grundrechtsverstoß ebenfalls nicht ersichtlich. Das in Art. 1 Nr. 7 BFH-Entlastungsgesetz festgelegte vereinfachte Verfahren bei Revisionsentscheidungen unterliegt dem Grundsatz nach keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, denn letztinstanzliche Entscheidungen müssen nicht in jedem Fall begründet werden (vgl. BVerfGE 50, 287 ≪289 f.≫; vgl.auch BVerfGE 74, 1 ≪4 ff.≫). Der Fall der Beschwerdeführer gibt zu einer anderen Betrachtung (vgl. BVerfGE 71, 122 ≪135 f.≫; 81, 97 ≪106≫) keinen Anlaß.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen