Ewald Dötsch, Alexandra Pung
Tz. 1021
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Nach § 34 Abs 9 Nr 4 KStG idF des EURLUmsG ist § 14 Abs 3 KStG erstmals auf Mehrabführungen von OG anzuwenden, deren Wj nach dem 31.12.2003 endet. Da § 34 Abs 9 Nr 4 KStG idF des EURLUmsG die in vororganschaftlicher Zeit verursachten Minderabführungen nicht anspricht, müsste bei wörtlicher Anwendung des Ges für die erstmalige Anwendung auf § 34 Abs 1 KStG zurückgegriffen werden, was bedeuten würde, dass § 14 Abs 3 KStG für Minderabführungen erst ab dem VZ 2005 gelten würde. Eine solche differenzierte erstmalige Anwendung der ges Neuregelung auf Mehr- und Minderabführungen erscheint sinnwidrig und war auch nach den Ges-Gebungsmaterialien (s BT-Drs 15/3677) nicht gewollt. Bei einer solchen wortgemäßen Auslegung des Ges ergäbe sich das unsinnige Ergebnis, dass für Minderabführungen die ges Neuregelung erst ab dem VZ 2005 gelten würde, das mit Schr des BMF v 22.12.2004 (BStBl I 2005, 65) und v 28.06.2005 (BStBl I 2005, 813) eingeräumte Wahlrecht (dazu s Tz 962ff) aber nur bis zum VZ 2003 reicht; maW, der VZ 2004 "hinge in der Luft". UE ist der geänderte § 14 Abs 3 KStG in erweiternder Auslegung des § 34 Abs 9 Nr 4 KStG idF des EURLUmsG erstmals auf in vororganschaftlicher Zeit verursachte Minderabführungen von OG anzuwenden, deren Wj nach dem 31.12.2003 endet.
Tz. 1022
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Der BFH (s Beschl des BFH v 06.06.2013, BStBl II 2014, 398 Rn 38ff; weiter s Beschl des BFH v 27.11.2013, BStBl II 2014, 651) hat das BVerfG angerufen um feststellen zu lassen, ob § 34 Abs 9 Nr 4 KStG idF des EURLUmsG infolge Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verfassungswidrig ist. Dazu auch s Flutgraf/Fuchs/Stifter (DB 2004, 2012) und s Heurung/Engel/Schröder (BB 2012, 1123, 1125). Die Fin-Verw sieht dies insbes wegen des Ankündigungseffekts der Ges-Änderung durch Beschl der Fin-Min-Konf v 18.03.2004 anders.
Nach dem Beschl des BVerfG v 14.12.2022, BGBl I 2023 Nr 93 und DStR 2023, 683, verstößt die Anwendungsregelung insoweit gegen das GG und ist nichtig und damit nicht anzuwenden, soweit es in folgenden Fällen durch die Mehrabführungen zu einer KSt-Erhöhung nach § 38 Abs 2 KStG kommt, die die KSt-Minderung nach § 37 Abs 2 KStG übersteigt:
- Bei zwischen dem 05.03.2003 (Veröffentlichung des BFH-Urt v 18.12.2022) und dem 13.08.2004 (Einbringung der Neuregelung in den B-Rat) abgeschlossenen GAV: Für Mehrabführungen vor dem 01.01.2007. Dh in diesen Fällen ist § 14 Abs 3 KStG für Mehrabführungen, die zu einer die KSt-Minderung übersteigenden KSt-Erhöhung führen, in den VZ 2004 bis 2006 nicht anwendbar. Kommt es hingegen zu einer KSt-Minderung gilt die Regelung auch in den VZ 2004 bis 2006.
Bei vor dem 05.03.2003 abgeschlossenen GAV:
- Der GAV hätte eine Kündigung spätestens zum 31.12.2003 zugelassen: Für Mehrabführungen auf den Schluss eines in 2004 endenden Wj. Dh in diesen Fällen ist § 14 Abs 3 KStG für Mehrabführungen, die zu einer die KSt-Minderung übersteigenden KSt-Erhöhung führen, im VZ 2004 nicht anwendbar, dh die Regelung gilt erst ab dem VZ 2005. Kommt es hingegen zu einer KSt-Minderung gilt die Regelung auch im VZ 2004.
- Der GAV hätte eine Kündigung spätestens zum 31.12.2004 zugelassen: Für Mehrabführungen auf den Schluss der ersten in 2005 endenden Wj. Dh in diesen Fällen ist § 14 Abs 3 KStG für Mehrabführungen, die zu einer die KSt-Minderung übersteigenden KSt-Erhöhung führen, im VZ 2004 und 2005 nicht anwendbar, dh die Regelung gilt erst ab dem VZ 2006. Kommt es hingegen zu einer KSt-Minderung gilt die Regelung auch im VZ 2004 und 2005.
- In den nicht in a) und b) bezeichneten Fällen: Für Mehrabführungen, die auf den Schluss eines vor dem 16.12.2004 endenden Wj erfolgen: Dh in diesen Fällen ist § 14 Abs 3 KStG für Mehrabführungen, die zu einer die KSt-Minderung übersteigenden KSt-Erhöhung führen, bei kj-gleichem Wj bereits im VZ 2004 anwendbar. Nur, wenn ein abw Wj vorliegt, das vor dem 16.12.2004 endet, ist die Regelung erst ab dem VZ 2005 anwendbar. Kommt es hingegen zu einer KSt-Minderung gilt die Regelung auch im VZ 2004.
- Bei nach dem 13.08.2004 abgeschlossenen GAV (Rn 170ff der Beschl-Gründe): Für Mehrabführungen, die auf den Schluss eines vor dem 16.12.2004 endenden Wj erfolgen: Dh in diesen Fällen ist § 14 Abs 3 KStG für Mehrabführungen, die zu einer die KSt-Minderung übersteigenden KSt-Erhöhung führen, bei kj-gleichem Wj bereits im VZ 2004 anwendbar. Nur, wenn ein abw Wj vorliegt, das vor dem 16.12.2004 endet, ist die Regelung erst ab dem VZ 2005 anwendbar. Kommt es hingegen zu einer KSt-Minderung gilt die Regelung auch im VZ 2004.
Nach Auff des BVerfG knüpft die Anwendungsregelung an den Abschluss des GAV und an die die Mehrabführung begründende "Ursache in vororganschaftlicher Zeit" an. Sind diese Tatbestände vor Inkrafttreten der Norm verwirklicht, liegt eine Rückwirkung vor. Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in die vorhergehende Rechtslage wurde nach Auff des BVerfG erst durch die Einbringung der Neuregelung in den B-Rat am 13.08.2004 gemindert...