Alexandra Pung, Ewald Dötsch
Tz. 21
Stand: EL 75 – ET: 08/2012
Der EuGH (s Urt des EuGH v 12.12.2002, DB 2002, 2690, Rs C-324/00, Lankhorst-Hohorst) hat entschieden, dass § 8a Abs 1 Nr 2 KStG idF des StandOG gegen die Niederlassungsfreiheit des Art 43 EGV verstößt. Einen Verstoß gegen die Kap-Verkehrsfreiheit des Art 56 EGV hat der EuGH nicht festgestellt. Als Folge dieses EuGH-Urt wendet die Fin-Verw § 8a KStG aF insgesamt (dh § 8a KStG idF des StandOG und §8a KStG idF des StSenkG) in allen offenen Fällen nicht mehr an, wenn der AE Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats der EU oder eine nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründete Gesellschaft iSv Art 48 Abs 2 EGV ist und in einem anderen Mitgliedstaat der europäischen Gemeinschaft ansässig ist (s Erl des Fin-Min NRW v 26.05.2003, DB 2003, 1250 und Erl der Fin-Beh Hamburg v 27.06.2003, DStR 2003, 1259). Ebenfalls hierzu s Schmidt (GmbH-StB 2003, 3), Stapperfend (FR 2003, 165, 173), Hey (EwiR 2003, 73), Prinz/Cordewener (GmbHR 2003, 80, 82) und Thömmes (DB 2002, 2397, 2402). Schnitger (GmbHR 2004, 334, 335) kritisiert die Verw-Anw, nach der § 8a KStG aF auf bestimmte Fälle nicht mehr anzuwenden ist. SE müsste die Verw-Anw auf folgende Fälle ausgedehnt werden:
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Der AE ist in einem EWR-Staat ansässig. GlA s Rehm/Nagler (IStR 2005, 261, 264). Dies entspr auch der Verw-Auff. |
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Der AE ist im Inl ansässig und der FK-Geber ist eine in einem anderen EU-Staat ansässige nahe stehende Person. |
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Der FK-Geber ist eine in einem anderen EU-Staat belegene BetrSt eines inl AE. |
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Der AE ist in einem Drittstaat ansässig und FK-Geber ist eine in einem anderen EU-Staat ansässige nahe stehende Person. Entspr gilt, wenn das Rückgriffsrecht gegenüber der in einem anderen EU-Staat ansässigen nahe stehenden Person besteht. UE ist in diesem Fall aufgrund der Rn 98 des Urt des EuGH v 13.03.2007 (IStR 2007, 249) § 8a KStG aF weiterhin anzuwenden. |
Andererseits wendet die Fin-Verw nach der Auff von Schnitger § 8a KStG aF bei dem Abstellen auf die Niederlassungsfreiheit unzutr dann nicht mehr an, wenn der AE in einem anderen EU-Staat ansässig ist und der FK-Geber eine in einem Drittstaat ansässige nahe stehende Person ist. Nach Ansicht von Prinz (FR 2003, 649, 650) ist es für die Nichtanwendung des § 8a KStG aF bei verbundenen Unternehmen ausreichend, dass ein (mittelbarer oder unmittelbarer) AE im EU-Ausl ansässig ist. Hahn (DStZ 2003, 489), hält es für gemeinschaftsrechtlich unbedenklich, dass ein Erstattungsanspruch wegen auf der Grundlage des § 8a KStG aF gezahlter St nur dann geltend gemacht werden kann, wenn der St-Bescheid noch änderbar ist.
Nach Verw-Auff ist § 8a KStG aF hingegen weiterhin anzuwenden, wenn der AE in einem Drittstaat oder im Inl ansässig ist. Die Fin-Verw geht davon aus, dass aus dem Urt des BFH v 29.01.2003 (BStBl II 2004, 1043) über den entschiedenen Einzelfall hinausgehende Folgerungen nicht zu ziehen sind (s Schr des BMF v 08.12.2004, BStBl I 2004, 1181, Nr 3). Ebenfalls hierzu s Hahn (BB 2005, 521) und Sedemund (BB 2005, 1144). Die hM in der Lit geht hingegen davon aus, dass § 8a KStG aF auch in Drittstaatenfällen nicht anzuwenden ist. Zum Einen wird ein der Anwendung des § 8a KStG aF entgegenstehender Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Art 24 OECD-MA bejaht. Zu den Begründungen s Schnitger (GmbHR 2004, 334, 335), Kröner (in E & Y, § 8a KStG Rn 29) und Gosch (in Gosch, 1. Aufl, § 8a Rn 29). GlA s Prinz zu Hohenlohe/Heurung, DB 2003, 2566; Weßling/Romswinkel, GmbHR 2003, 925; Eicker, IWB F 11 Gr 2, 507; Golücke/Kessler, in Kessler/Kröner/Köhler, Konzern-St-Recht, 2004, Anlage 4 und Thömmes, DB 2003, 1200, 1204 unter Bezugnahme auf das Urt des BFH v 29.01.2003, BStBl II 2004, 1043, das zu dem Diskriminierungsverbot in Art 24 Abs 4 DBA-USA 1989 ergangen ist. Der BFH (s Urt des BFH v 08.09.2010, DB 2010, 2703) bejaht einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art 25 Abs 3 DBA-Schweiz. Zu beachten ist, dass ein Verstoß gegen das jeweilige DBA-Diskriminierungsverbot in jedem Einzelfall zu prüfen ist. Dies kann dazu führen, dass ggf wegen Nichterfüllung der konkreten Voraussetzungen (zB wegen fehlender Ansässigkeit) ein Verstoß gegen das DBA-Diskriminierungsverbot zu verneinen ist (zu § 8 Nr 1 GewStG s Urt des BFH v 07.12.2011, DB 2012, 663). Ebenfalls hierzu s Tz 73 ff. Zum Anderen wird ein Verstoß gegen die Kap-Verkehrsfreiheit bejaht. So geht Musil, DStZ 2003, 649, davon aus, dass § 8a KStG aF auch gegen die Kap-Verkehrsfreiheit verstößt, dies mangels Vorlagefrage von dem EuGH aber nicht festgestellt wurde und daher auch Geldgeber aus Drittstaaten eine Überprüfung vor dem EuGH erreichen können. Auch nach Ansicht von Lüdicke, IStR 2003, 433, 440, ist es nicht ausgeschlossen, dass § 8a KStG aF gegen die Kap-Verkehrsfreiheit und gegen die Diskriminierungsverbote der DBA verstößt. GlA s Prinz, FR 2003, 649, 650 und Dautzenberg, BB 2003, 193, 194. Nach Ansicht von Gosch (in Gosch, 1. Aufl, § 8a, Rn 28) können sich Drittstaateninvestoren hinsichtlich der Anwendung des § ...