Tz. 160
Stand: EL 113 – ET: 03/2024
- "Umw" einer Pers-Ges in eine Kap-Ges durch Anwachsung
Eine betrieblich tätige oder gew geprägte Pers-Ges kann in eine Kap-Ges/Gen umstrukturiert werden, indem das Gesellschaftsvermögen der Gesellschaft zivilrechtlich durch Anteilsvereinigung in einer Hand auf den letztverbliebenen Gesellschafter in der Rechtsform einer Kap-Ges/Gen anwächst.
Der Vermögensübergang durch Anwachsung vollzieht sich als Folge der entgeltlichen oder unentgeltlichen Abtretung des Gesellschaftsanteils an einer Pers-Ges oder dem Ausscheiden aus einer Pers-Ges. Durch eine Anwachsung kann eine Pers-Ges in eine Kap-Ges/Gen "umgewandelt" werden, wenn
- alle Gesellschafter bis auf einen (mit oder ohne Abfindung) ausscheiden und dieser "Letzte" Gesellschafter der Pers-Ges eine Kap-Ges oder Gen (zB Kpl-GmbH) ist (stliche Beurteilung s Tz 160a) oder
- bei einer zweigliedrigen GmbH & Co KG mit einer Kap-Ges als Kdst die nicht am Vermögen beteiligte Kpl-GmbH ausscheidet oder auf die Kdst-Kap-Ges als ihre MG verschmolzen wird (stliche Beurteilung s Tz 177 und s Fuhrmann, KÖSDI 2023, 23 105 unter Rn 36–38) oder
- alle Gesellschafter ihre Gesellschaftsanteile auf einen einzigen Gesellschafter übertragen (durch Abtretung oder Ausgliederung) und dieser "Letzte" Gesellschafter der Pers-Ges eine Kap-Ges oder Gen ist (s Tz 160b).
Das gesamte Gesellschaftsvermögen der durch die vorgenannten Vorgänge untergehenden Pers-Ges wächst der verbliebenen Kap-Ges/Gen "automatisch" (ohne jegliche Übertragungsakte) zum Alleineigentum an. Da eine Pers-Ges mit (nur) einem Gesellschafter nicht möglich ist, erlischt die Pers-Ges und der Gesellschafter, der alle Anteile vereinigt, übernimmt das Gesellschaftsvermögen der Pers-Ges im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven zum alleinigen Eigentum (s § 738 Abs 1 S 1 BGB idF bis 31.12.2023, s § 712 Abs 1 BGB idF ab 01.01.2024 ggf iVm § 105 Abs 3, § 161 Abs 2 HGB; s Jordan, NWB 2022, 2258 unter II. mwNachw). Die Anwachsung erfolgt auch dann, wenn der "letzte" Gesellschafter im Ausl ansässig ist (s Fuhrmann, in KÖSDI 2023, 23 105 unter Rn 31).
Häufig anzutreffen ist die "Umw" einer GmbH & Co KG auf ihre Kpl-GmbH durch Ausscheiden aller Kdst oder durch Abtretung aller Kdst-Beteiligungen auf die Kpl-GmbH (s Ropohl/Freck, GmbHR 2009, 1076; s Jordan, NWB 2022, 2258; s Fuhrmann, KÖSDI 2023, 23 105 unter Rn 36–38).
Eine nach § 20 Abs 1 UmwStG begünstigte Sacheinlage ist bei der Anwachsung nur dann gegeben, wenn nicht nur der sachliche Anwendungsbereich durch den Anwachsungsvorgang eröffnet wird (idS die hA, s Tz 6), sondern auch die übrigen Voraussetzungen des stlichen Einbringungstatbestands erfüllt sind (dh Einbringung eines MU-Anteils gegen Erwerb neuer Anteile an der Übernehmerin, s Tz 160a-160b).
Tz. 160a
Stand: EL 113 – ET: 03/2024
- Einfaches Anwachsungsmodell (Austrittsmodell)
Scheiden bis auf einen Gesellschafter alle übrigen aus einer Pers-Ges aus, wächst das Gesellschaftsvermögen der dadurch beendeten Pers-Ges dem verbliebenen Gesellschafter an (s Tz 160, sog einfaches Anwachsungsmodell). Ist der letzte Gesellschafter eine Kap-Ges/Gen wird das gesamte Gesellschaftsvermögen durch Gesamtrechtsnachfolge zwar auf eine von § 20 Abs 1 UmwStG erfasste übernehmende Gesellschaft eingebracht. Gleichwohl liegt keine Sacheinlage iSd § 20 Abs 1 UmwStG vor. Es fehlt schon an dem Erwerb "neuer" Anteile an der Übernehmerin als Gegenleistung für die Einbringung (einhellige Auff, zB s Schmitt, in S/H, 9. Aufl, § 20 UmwStG Rn 194; s Widmann, in W/M, § 20 UmwStG Rn R 106; s Menner, in H/M/B, 5. Aufl, § 20 UmwStG Rn 244; s Nitzschke, in Brandis/Heuermann, § 20 UmwStG 2006 Rn 37; s Ropohl/Freck, GmbHR 2009, 1076; s Jordan, in NWB 2022, 2258 unter II.1.b); ebenso s UmwSt-Erl 2011 Rn E 20.10). Das Ausscheiden bei der einfachen Anwachsung kann gegen Abfindung oder zB beim Austritt der Kdst aus einer GmbH & Co KG unter Verzicht auf eine Abfindung (zB bei Beteiligungsidentität in der Kpl-GmbH) erfolgen. Entweder ist in diesem Fall "Gegenleistung" für die Abtretung der MU-Anteile der Erwerb einer Abfindungsforderung oder die Werterhöhung der vorhandenen Anteile an der Kpl-GmbH durch den Vermögensübergang; jedenfalls aber keine neuen Anteile an der Übernehmerin.
Erfolgt das Ausscheiden des Gesellschafters (stl: MU) gegen eine Abfindung, die den Bw/Kap-Kto seines MU-Anteils übersteigt, ist eine MU-Anteilsveräußerung gegeben (ebenso s Schmitt, in S/H, 9. Aufl, § 20 UmwStG Rn 194; s von Proff, DStR 2016, 2227; s Jordan, in NWB 2022, 2258 unter II.1.b). Ob bei natürlichen Pers der Tatbestand des § 16 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG (ggf iVm § 39 Abs 2 Nr 2 S 2 AO idF ab 01.01.2024) gegeben ist, hängt davon ab, ob funktional und/oder quantitatives Sonder-BV vorhanden war. Dieses nicht zum Gesellschaftsvermögen gehörende mitunternehmerische BV wird von der (zivilrechtlichen) Anwachsung nicht berührt. Werden die stillen Reserven im wes Sonder-BV infolge des Austritts aufgedeckt (zB durch Überführung in das PV), ...