Dr. Rolf Möhlenbrock, Torsten Werner
Tz. 103
Stand: EL 85 – ET: 12/2015
Ein maßgebliches Kriterium der Vergleichbarkeit des ausl oder grenzüberschreitenden Umwandlungsvorgangs mit den in § 1 UmwStG genannten inl Umwandlungsarten ist bei den übertragenden Umwandlungen die Art des Vermögensübergangs. Das UmwStG setzt in seinem Zweiten bis Fünften Teil die Übertragung des Vermögens durch Gesamtrechtsnachfolge voraus (s UmwSt-Erl 2011, Rn 01.31; s Hörtnagl, in S/H/S, 6. Aufl, § 1 UmwStG Rn 35; s Graw, in R/H/vL, 2. Aufl, § 1 UmwStG Rn 86ff; aA s Frotscher, in F/M, § 1 UmwStG Rn 41; s Haritz, in H/M, 4. Aufl, § 1 UmwStG Rn 15ff, 29, 31ff; s Bogenschütz, Ubg 2011, 396). Das ergibt sich aus dem konkreten Bezug in § 1 Abs 1 und 3 UmwG auf die jeweiligen Umwandlungsarten des UmwG und trifft auch für die in § 123 UmwG genannten Ab- und Aufspaltung sowie die Ausgliederung zu. § 131 Abs 1 Nr 1 UmwG sieht hier die (partielle) Gesamtrechtsnachfolge mit Eintragung der Spaltung in das Reg am Sitz des übertragenden Rechtsträgers vor. Ist bei einer Aufspaltung ein Gegenstand keinem der übernehmenden Rechtsträger zugeteilt worden, geht er im Zweifel auf alle übernehmenden Rechtsträger über (s § 131 Abs 3 UmwG). Gesamtrechtsnachfolge und partielle Gesamtrechtsnachfolge – von der Rspr auch als Sonderrechtsnachfolge bezeichnet (s Urt des BFH v BGH v 25.01.2008, BGHZ 175, 123) – stellen eine durch das Gesetz ermöglichte Ausnahme vom ansonsten geltenden Spezialitätsprinzip dar, die den Übergang einer Sach- und Rechtegesamtheit durch einen einzigen Übertragungsakt ermöglicht. Einzelübertragungen von Vermögensgegenständen – vor allem aber Vertrags- oder Schuldübernahmen – sind damit nicht erforderlich (s W/M, UmwG, § 131 Rn 21ff).
Tz. 104
Stand: EL 85 – ET: 12/2015
Auf das Erfordernis der Gesamtrechtsnachfolge kann auch dann nicht verzichtet werden, wenn einzelne Mitgliedstaaten den Vermögensübergang bei der Spaltung oder Ausgliederung in anderer Weise als durch Gesamtrechtsnachfolge ermöglichen (s Benecke/Schnitger, IStR 2006, 769; s Dötsch/Pung, DB 2006, 2704ff; aA s Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1526; s Widmann, in W/M, UmwStG, § 1 Rn 17ff; s Graw, in R/H/vL, 2. Aufl, § 1 UmwStG Rn 87c; s Hörtnagl, in S/H/S, 6. Aufl, § 1 UmwStG Rn 35, der den Rechteübergang mittels Einzelrechtsnachfolge unter Hinw auf die Grundfreiheiten des AEUV für ausreichend erachtet, sofern ein Mitgliedstaat einen vergleichbaren Vorgang nur im Wege der Einzelrechtsnachfolge zulässt; grds aA s Haritz, in H/M, 4. Aufl, § 1 UmwStG Rn 15ff, 29, 31ff der das Erfordernis der Gesamtrechtsnachfolge gänzlich ablehnt). Indem die §§ 123ff UmwG für die Spaltung einen Vermögensübergang im Wege der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge vorsehen, folgen sie letztlich gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben: Nach Art 17 Abs 1 Buchst a R 82/891/EWG (ABl EG v 31.12.1982 Nr L 378, 47; 6. Gesellschaftsrechtliche R) soll die Spaltung nach dem Recht der Mitgliedstaaten ipso jure bewirken, dass das gesamte Aktiv- und Passivvermögen der gespaltenen Gesellschaft sowohl zwischen der gespaltenen Gesellschaft und den begünstigten Gesellschaften als auch gegenüber Dritten auf die begünstigten Gesellschaften übergeht. Der Vermögensübergang ipso iure indiziert, dass davon die zu übertragende Sach- und Rechtegesamtheit betroffen ist und von Gesetzes wegen in einem Akt den Träger wechselt. Unberührt bleiben nur Formvorschriften der Mitgliedstaaten als Wirksamkeitserfordernis für die Übertragung bestimmter Vermögensgegenstände, Rechte und Pflichten gegenüber Dritten (s Art 17 Abs 3 S 1 R 82/891/EWG). Die R betrifft zwar nur die Spaltung von AGs iS einer Aufspaltung. Spaltung ist lt R der Vorgang, durch den eine Gesellschaft ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen im Wege der Auflösung ohne Abwicklung auf mehrere Gesellschaften überträgt; s Art 2 Abs 1 R 82/891/EWG. Für mit der Spaltung vergleichbare Umwandlungsarten – wie die Abspaltung oder Ausgliederung –, die sich aufgrund der Umwandlungsrechte der Mitgliedstaaten der EU ergeben, kann jedoch nichts anderes gelten. Die Erwägungsgründe der R 82/891/EWG lassen ferner erkennen, dass angesichts der Verwandtschaft zwischen Verschmelzung und Spaltung auch die Verschmelzung entspr behandelt werden sollte: Der Schutz der Interessen von Gesellschaftern und Dritten erfordere es, die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Spaltung von AGs zu koordinieren, sofern die Mitgliedstaaten die Spaltung zuließen. Die Umgehung des durch die 3. Gesellschaftsrechtliche R (78/855/EWG, ABl EG v 20.10.1978 Nr L 295, 36) für Gesellschafter und Dritte im Falle von Verschmelzungen eingeräumten Schutzes sollte verhindert werden. All dies spricht dafür, auf spaltungsverwandte Umwandlungsarten vergleichbare gesellschaftsrechtliche Maßstäbe anzuwenden. Abspaltung oder Ausgliederung müssen deshalb ipso jure bewirken, dass das gesamte Aktiv- und Passivvermögen der übertragenden Gesellschaft sowohl zwischen der übertragenden und der übernehmenden Gesellschaft als auch mit Wirkung gegenüber Dritten auf die übernehmende G...