Ewald Dötsch, Alexandra Pung
Tz. 409
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
§ 274 HGB idFd BilMoG regelt die Passivierung latenter St für temporäre Differenzen iSd § 274 Abs 1 HGB (dazu s Altenburg/Ossenkopp, DK 2023, 102, 103; s Spengel/Evers/Meier, DB 2015, 7; s Herzig/Vossel, BB 2009, 1174; s Dahlke, BB 2009, 878; s Oser/Roß/Wader/Drögemüller, WPg 2009, 573; s Ortmann-Babel/Bolik/Gageur, DStR 2009, 934, 938; s Lanfermann/Röhricht, DStR 2009, 1216; s Kühne/Melcher/Wesemann, Wpg 2009, 1005 und 1057; s Loitz, Ubg 2009, 708; s Prinz/Ruberg, DK 2009, 343; s Ellerbusch/Schlüter/Hofhere, DStR 2009, 2443; s Herzig/Liekenbrock/Vossel, Ubg 2010, 85; s Karrenbrock, BB 2011, 683; s Kahle/Schulz/Vogel, Ubg 2011, 178 und s Neumayer/Imschweiler, GmbHR 2011, 57, 58).
Latente St, die nur in der H-Bil und nicht auch in der St-Bil auszuweisen sind, nehmen eine künftige St-Ent- oder -Belastung zeitlich vorweg (aktive = Entlastung, passive = Belastung). Sie werden in der H-Bil dem Geschäftsjahr zugeordnet, auf das sie wirtsch entfallen. Bestehen zwischen den hr-lichen Wertansätzen von Vermögensgegenständen, Verbindlichkeiten und Rechnungsabgrenzungsposten und ihren stlichen Wertansätzen Differenzen, die sich in späteren Geschäftsjahren voraussichtlich abbauen,
- ist eine daraus sich ergebende St-Belastung als passive latente St in der Bil auszuweisen und
- kann eine daraus sich ergebende St-Entlastung als aktive latente St in der Bil ausgewiesen werden.
Der auf die H-Bil begrenzte Ausweis latenter St hat den Zweck, den St-Aufwand, der auf Grund der St-Ges uU in späteren Jahren entsteht, dem Wj seiner wirtsch Zugehörigkeit zuzuweisen, um so ein objektiveres Bil-Ergebnis zu erhalten. Der Aufwand oder Ertrag aus der Veränderung bilanzierter latenter St ist in der GuV-Rechnung gesondert auszuweisen (s § 274 Abs 2 S 3 HGB). Zur zunehmenden Bedeutung von St-Latenzen aufgrund der Entkoppelung von H-Bil und St-Bil s Kahle/Kopp (DB 2022, 341).
Während des Bestehens einer Organschaft sind die latenten St nach hM auch insoweit, als sie die OG betreffen, in der H-Bil des OT auszuweisen. Die Begr dafür ist, dass der OT während der Dauer der Organschaft St-Schuldner für das gesamte im Organkreis erwirtschaftete Einkommen ist (dazu auch s Lüdenbach/Freiberg, BB 2010, 1971, 1973; s Loitz, DB 2010, 2177, 2183 und s Eingabe des IDW an das BMF v 15.02.2011, FN-IDW 2011, 143, 144 und 352). Auch in dem vom IDW zwischenzeitlich wieder aufgehobenen Entw einer IDW-Stellungnahme IDW ERS HFA 27 (s FN-IDW 7/2009, 337, Rn 21–24) heißt es, dass latente St grds nur in der St-Bil des OT auszuweisen sind. Der Wortlaut des § 268 Abs 8 HGB "... abzgl der hierfür gebildeten passiven latenten St ..." lässt hingegen beide Lesarten zu (s Kröner/Bolik/Gageur, Ubg 2010, 237, 241).
Nach dem Dt Rechnungslegungsstandard zur Bilanzierung von latenten St [DRS 18], BAnz v 03.09.2010, Nr 133, 3015) ist die Bilanzierung von St-Latenzen in Organschaftssachverhalten sowohl nach der formal-rechtlichen Betrachtungsweise (Bruttobetrachtung, s DRS 18.32) als auch nach der wirtsch Betrachtungsweise (Nettobetrachtung, s DRS 18.35) zulässig. Die bilanziellen Konsequenzen dieser beiden Betrachtungsweisen sind grundlegend verschieden. Während die formale Betrachtungsweise der Technik der stlichen Einkommenszurechnung von der OG zum OT folgt und zu einer Bilanzierung der St-Latenzen auf Ebene des OT führt, zielt die wirtsch Betrachtungsweise auf eine Bilanzierung von (originären) St-Latenzen auf Ebene der OG nach dem internationalen Vorbild des sog Push-down-Accounting ab (dazu im Einzelnen s Liekenbrock/Vossel, DB 2012, 753; weiter s Herzig/Liekenbrock/Vossel, Ubg 2012, 141 und s Melcher/Murer, DB 2012, 2329).
Tz. 410
Stand: EL 110 – ET: 06/2023
Werden die latenten St, soweit sie nach ihrer Verursachung auf die OG entfallen, in der H-Bil des OT ausgewiesen, bleibt die Gewinnabführung der OG davon unberührt; bei der OG ergeben sich daraus keine Mehr- bzw Minderabführungen iSd § 14 Abs 3, 4 KStG. Daran ändert sich auch nichts, wenn der OG die sie betreffenden St per Konzernumlage belastet werden (s Tz 866).
Werden auf der Grundlage der Nettobetrachtung die St-Latenzen in der H-Bil der OG ausgewiesen, ergeben sich Abweichungen zwischen dem Betrag der Gewinnabführung und dem der BV-Mehrung lt St-Bil, denn aktive latente St erhöhen und passive latente St verringern die Höhe der Abführungsverpflichtung an den OT. Auf das EK lt St-Bil haben die latenten St keine Auswirkung, weil sie in der St-Bil nicht ausgewiesen werden dürfen. Vorstehendes gilt unabhängig davon, ob es sich um stlich abzb oder nabzb St handelt; die Ausführungen in Tz 1409, 1410 betreffen nämlich nur St, die sich im St-Bil-Ergebnis der OG niedergeschlagen haben.
UE darf die aus der Bilanzierung latenter St bei einer OG sich ergebende Differenz zwischen der Gewinnabführung und der BV-Mehrung lt St-Bil nicht eigenständig zur Anwendung des § 14 Abs 3 bzw Abs 4 KStG führen. Die Differenz ist vielmehr zusammengefasst mit der entspr Differenz aus der unterschiedlichen Bewertung von...