Tz. 108
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
Das UStG in der bis einschl Besteuerungszeitraum (= Kj) 2016 geltenden Fassung stellte hinsichtlich der Voraussetzungen zur Annahme eines BgA auf die kstliche Definition ab: nach § 2 Abs 3 UStG in dieser Fassung des Gesetzes "sind die jur Pers d öff Rechts nur im Rahmen ihrer BgA (s § 1 Abs 1 Nr 6, § 4 KStG) und ihrer L + F-Betriebe gew oder beruflich tätig". Hierzu ebenso s UStAE zu § 2, Nr 2.11 (4), der für die ustliche Beurteilung des Vorliegens eines BgA auch auf die KStR – insbes R 4.1 KStR 2015 – verwies, einschl der Anwendung der dort genannten Umsatzgrenzen von (früher) 35 000 EUR (s Tz 32) und 130 000 EUR (s Tz 28). Daneben wurden in § 2 Abs 3 S 2 UStG, auch wenn die kstlichen Voraussetzungen nicht gegeben waren, einige Tätigkeiten von jur Pers d öff Rechts – nur für USt-Zwecke – als gew oder beruflich definiert.
Für USt-Zwecke war bei der Prüfung, ob ein BgA vorlag, daneben jedoch stets noch die "Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem" (MwStSystRL; ABl der Europäischen Gemeinschaften 2006 Nr L 347, 1), die zum 01.01.2007 in Kraft getreten ist, zu beachten, die gegenüber den kstlichen Kriterien zur Annahme von BgA gravierende Unterschiede aufweist:
- Die UStPflicht knüpft nicht an das Vorliegen einer Einrichtung (s Tz 26ff) an, sondern nur an bestimmte Tätigkeiten oder erbrachte Leistungen (s Urt des BFH v 17.03.2010, BStBl II 2017, 828).
- Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher Tätigkeit und einem BgA ist danach vorzunehmen, ob die jur Pers d öff Rechts die betreffende Tätigkeit nach Maßgabe einer öff-rechtlichen Sonderregelung erbringt, also iRe eigens für sie geltenden rechtlichen Regelung und nicht unter den gleichen rechtlichen Bestimmungen wie private Wirtschaftsteilnehmer. Gegenstand oder Zielsetzung der Tätigkeit sind dagegen unerheblich.
- Auch die Vermögensverwaltung gehört grds zu den "wirtsch Tätigkeiten" iSd MwStSystRL.
- Die Tätigkeiten oder Leistungen, die den jur Pers d öff Rechts iRd öff Gewalt obliegen, werden nur dann von der Besteuerung ausgenommen, wenn eine Behandlung als Nicht-Stpfl nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.
Ausführlich zu den unterschiedlichen Ansätzen zur Abgrenzung zwischen BgA und Hoheitsbetrieb im KSt- und im UStR s Seer/Klemke (BB 2010, 2015).
Diese EU-rechtlichen Grundlagen hat der BFH einer ganzen Reihe von Entsch zugrunde gelegt; eine Auflistung dieser Urt enthält das Schr des BMF v 27.07.2017 (BStBl I 2017, 1239).
Diese Rspr des BFH hatte zu einer großen Verunsicherung bei den jur Pers d öff Rechts und bei der Fin-Verw hinsichtlich der bei der Umsatzbesteuerung der jur Pers d öff Rechts anzuwendenden Grundsätze geführt (hierzu s auch Beschl der Innenministerkonferenz v 01.06.2012, ZKF 2012, 209). Aus diesen Gründen wurden die meisten der genannten Urt zunächst nicht im BStBl veröffentlicht und daher von der Fin-Verw nicht allg angewendet; eine gemeinschaftsrechtskonforme Neuregelung der Umsatzbesteuerung der öff Hand wurde jedoch immer drängender.