Ewald Dötsch, Torsten Werner
Tz. 233
Stand: EL 84 – ET: 08/2015
Nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 1 EStG gehören zu den Eink aus KapV auch Einnahmen aus der Veräußerung von Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen durch den Inhaber des Stammrechts, wenn die dazugehörigen Aktien oder sonstigen Anteile nicht mitveräußert werden. Diese Besteuerung tritt an die Stelle der Besteuerung nach § 20 Abs 1 Nr 1 EStG, dh sie verdrängt diese.
Die Kap-Erträge iSd § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 1 EStG unterliegen gem § 43 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG dem KapSt-Abzug und damit auch der mit Wirkung ab 2009 eingeführten AbgeltungSt. Hierzu auch s Tz 258.
Nach Abs 8 des § 20 EStG gilt der Abs 2 S 2 Nr 2 Buchst a des § 20 EStG nicht nur, wenn die Anteile zum PV gehören, sondern gleichermaßen, wenn sie sich in einem BV befinden. § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 1 EStG regelt die Besteuerung beim Dividendenscheinveräußerer; aus dieser Regelung ergeben sich – mittelbar – aber auch Aussagen zur Besteuerung beim Dividendenscheinerwerber. Neben der Zurechnung der Kap-Erträge regelt die Vorschrift den Umfang der Kap-Erträge und den Zeitpunkt ihrer stlichen Erfassung (s Scholtz, DStZ 1990, 547, 550).
Tz. 234
Stand: EL 84 – ET: 08/2015
UE ist der Gesetzeswortlaut des § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 1 EStG nicht korrekt, wenn er von "Dividendenscheinen und sonstigen Ansprüchen" spricht. Dividendenscheine sind Schuldverschreibungen, die die Ansprüche der Gesellschafter auf den festzustellenden verteilbaren Jahresüberschuss verbriefen. Sie können entweder als Beweisurkunden oder aber als Wertpapiere ausgestaltet sein. Dividendenscheine sind aktienrechtliche Nebenpapiere, die weder Bestandteil noch Zubehör der Aktie sind (s Wassermeyer, in K/S/M, § 20 EStG Rn L 8). Mit ihnen kann sowohl ein künftiges, dh noch nicht entstandenes, Gläubigerrecht – Anspruch auf die von der HV beschlossene Dividende – übertragen, dh abgetreten werden (RG 87, 383), aber ebenso ist mit ihnen die Übertragung eines bereits bestehenden Dividendenanspruchs möglich. MaW: Die Dividendenscheine verkörpern einen Anspruch, sind aber nicht selbst dieser Anspruch.
Im Folgenden wird zwischen der Veräußerung einer (noch nicht entstandenen) Gewinn-Erwartung und eines (bereits entstandenen) Gewinn-Anspruchs streng unterschieden, denn nur der erstgenannte Sachverhalt fällt uE unter § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 1 EStG (s Tz 243). Zu den Einnahmen aus der Veräußerung sonstiger Ansprüche iSd § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 1 EStG gehört nicht der Erlös aus der Veräußerung eines Bezugsrechts (s Urt des BFH v 22.05.2003, BStBl II 2003, 712).
Tz. 235
Stand: EL 84 – ET: 08/2015
Dividenden- bzw Gewinnanteilscheine werden von einer AG und KGaA ausgegeben. Wenn die Satzung dies vorsieht, kann auch eine GmbH Gewinnanteilscheine ausgeben. Sonstige Ansprüche sind Gewinnansprüche gegen eine Kö, die nicht durch Dividenden- bzw Gewinnanteilscheine verbrieft sind. Hier kommen insbes Gewinnansprüche gegen eine GmbH (ohne Verbriefung), gegen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in Betracht (s BT-Drs 7/5310, 18). Solche Ansprüche werden idR durch schuldrechtliche Abtretung übertragen. Die Abtretung setzt nicht voraus, dass der Anspruch im Abtretungszeitpunkt entstanden ist (s Grüneberg, in Palandt, Komm zum BGB, 74. Aufl [2015], § 398 BGB Rn 11). Die schuldrechtliche Abtretung setzt stlich voraus, dass damit auch gleichzeitig das wirtsch Eigentum auf den Erwerber übergeht. Andernfalls ist im Regelfall nur von einer Darlehensgewährung auszugehen. Zur Abgrenzung zwischen Forderungskauf und Darlehen stellt der BFH in ständiger Rspr auf den Übergang des Bonitätsrisikos ab. Von einem Forderungskauf ist nur auszugehen, wenn das Risiko der wirtsch Verwertbarkeit der Forderung auf den Erwerber übergeht, bei einer Wertlosigkeit der Forderung also keine Möglichkeit des Regresses besteht (s Urt des BFH v 26.08.2010, BFH/NV 2011, 143 mwNachw). Diese Rspr-Grundsätze sind auch bei der Abtretung von Gewinnansprüchen anzuwenden (s Urt des FG München v 08.03.2013, EFG 2013, 1009).
Tz. 236
Stand: EL 84 – ET: 08/2015
Im Gegensatz zu der Nr 1 regelt die Nr 2 des § 20 Abs 2 S 1 EStG einen eigenen St-Tatbestand (so auch s Scholtz, DStZ 1990, 547, 550). Hier können sich von den St-Tatbeständen des § 20 Abs 1 EStG abw Rechtsfolgen ergeben. Zweifelnd s Seibold (StuW 1990, 165, 171), der sich für die Streichung der Vorschrift ausspricht. Die St-Tatbestände des § 20 Abs 1 Nr 1 und des § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 1 EStG schließen einander aus. Wenn der Dividendenscheinveräußerer einen Kap-Ertrag nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 1 EStG hat, kann die spätere Ausschüttung des veräußerten Gewinnanteils an den Dividendenscheinerwerber bei diesem nicht zu stpfl Kap-Erträgen nach § 20 Abs 1 Nr 1 EStG führen (dazu s Tz 257).
Tz. 237
Stand: EL 84 – ET: 08/2015
Unter § 20 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst a S 1 EStG fällt uE bei einem Genussschein, mit dem das Recht am Gewinn und Liquidationserlös der Kap-Ges verbunden ist, auch die gesonderte Veräußerung des zum Genussschein gehöre...