Zusammenfassend gilt, dass steuerlich unangemessene VP zum einen erhebliche monetäre, aber auch Compliance-relevante Belastungen für das Unternehmen und/oder die Geschäftsführer/Abteilungsleiter verursachen können. Hierbei ist allerdings mit Augenmaß zu messen, da VP bekanntermaßen keine exakte Wissenschaft darstellen und Unternehmen auch bei großen Anstrengungen es kaum schaffen können, stets sämtliche konzerninternen Transaktionen steuerlich „richtig” zu verrechnen. Im Fokus von zumindest vernünftigen Betriebsprüfungen steht nicht die steuerliche Unangemessenheit im „Nachkommastellenbereich”, sondern die im Wesentlichen nicht-wertschöpfungsadäquate Verteilung des Konzernergebnisses auf die Konzerngesellschaften. Besonders kritisch im strafrechtlichen Sinne wird es jedoch, wenn Unternehmen nachhaltig ihr VP-System nicht anpassen (wollen), obwohl dieses in mehreren Betriebsprüfungen als steuerlich unangemessen beurteilt wurde.
Unternehmen sollten sich dringend mit der Frage auseinandersetzen, in wie weit die aktuellen BEPS-Vorschläge Handlungsbedarf auslösen. Da das Ausmaß der Änderungen so groß ist, kann man davon ausgehen, dass jedes multinationale Unternehmen betroffen ist. Mit höchster Priorität sollten die Unternehmen einen „Country-by-Country-Reporting-Readiness-Check” durchführen, da diese Finanzdaten bereits für Wirtschaftsjahre zu sammeln und auszuwerten sind, die am oder ab dem 1.1.2016 beginnen. Nach der hier vertretenen Auffassung sollte der Dokumentationsaufwand für die Unternehmen auf ein Minimum beschränkt sein und zumutbar bleiben und jede Finanzverwaltung sollte nur diejenigen Daten erhalten, die sie für die Überprüfung der Angemessenheit der lokalen VP benötigt. D. h., wenn im Land A eine Routinevertriebsgesellschaft aktiv ist, die auf Basis einer Nettomargenmethode vergütet wird, sind ausschließlich Daten dieser Gesellschaft im Land A sowie ggfs. Benchmarkanalysen notwendig, um die Angemessenheit der VP dieser Gesellschaft zu überprüfen.
Es besteht dringender Handlungsbedarf, die Ressourcen der Abteilungen im Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), die für die Durchführung von internationalen (Vorab-)Verständigungsverfahren zur Beseitigung von Doppelbesteuerungen verantwortlich sind, aufzustocken und die Finanzverwaltung sollte Maßnahmen ergreifen, um deutlich zeitnähere und vor allem auch zahlreichere grenzüberschreitende simultane Betriebsprüfungen („joint audits” mit einvernehmlichem Abschluss) zu ermöglichen.