LfSt Bayern, Schreiben vom 5.10.2021, S 2143.2.1-10/9 St32
1. Adressaten
Diese Verfügung richtet sich an die Bearbeiterinnen und Bearbeiter der Allgemeinen Veranlagungsstellen und der Veranlagungsstellen für Personengesellschaften, die Prüferinnen und Prüfer der Betriebsprüfung und der Betriebsnahen Veranlagung sowie an die Bearbeiterinnen und Bearbeiter der Rechtsbehelfsstellen.
2. Allgemeines
Der Freistaat Bayern gewährt Unternehmen und Selbständigen, die infolge der durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 ausgelösten Pandemie wirtschaftlich geschädigt sind, finanzielle Hilfen in Form von Soforthilfen, Überbrückungshilfen und Unterstützungsmaßnahmen nach Maßgabe verschiedener Hilfsprogramme. Die Finanzhilfen stellen Billigkeitsleistungen dar, die – sofern die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind – nicht zurückzuzahlen sind. Sie sind nach allgemeinen Grundsätzen in der Gewinnermittlung als steuerpflichtige Betriebseinnahmen zu erfassen und zusätzlich in der Anlage „Corona-Hilfen” zur Einkommensteuer- bzw. Feststellungserklärung anzugeben.
3. Keine ermäßigte Besteuerung gem. § 34 EStG
Zur Frage, ob die erhaltenen Finanzhilfen einer ermäßigten Besteuerung gem. § 24 Nr. 1 EStG i. V. m. § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 EStG („Fünftelregelung”) unterliegen, bitte ich folgende, auf Bund-Länder-Ebene abgestimmte Rechtsauffassung zu vertreten:
Eine Entschädigung i. S. d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG liegt nur vor, wenn damit entgangene oder entgehende Einnahmen ersetzt werden. Nicht von der Vorschrift erfasst wird der Ausgleich von Ausgaben. Mit den Corona-Finanzhilfen werden i. d. R. förderfähige betriebliche Fixkosten ersetzt; es handelt sich deshalb um sog. Aufwandszuschüsse, die von der Vorschrift des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht erfasst werden.
Auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG sind nicht erfüllt, weil es an der hierfür notwendigen finalen Verknüpfung fehlt. Denn die Finanzhilfen aufgrund der Corona-Pandemie wurden zwar wegen der vorübergehenden Schließung von Betrieben bzw. des Verbots der Ausübung bestimmter Tätigkeiten gezahlt, aber nicht – im Sinne einer Gegenleistung – für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit.
Ist danach bereits keine Entschädigung gem. § 24 Nr. 1 EStG gegeben, liegen außerordentliche Einkünfte i. S. d. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG nicht vor. Unabhängig davon würde eine ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 EStG („Fünftelregelung”) voraussetzen, dass die steuerpflichtigen Entschädigungen zu einer Zusammenballung von Einkünften innerhalb eines Veranlagungszeitraums führten (H 34.3 Zusammenballung von Einkünften EStH). Dazu hat der BFH ausgeführt, dass Entschädigungen nur dann als außerordentliche Einkünfte zu behandeln sind, wenn ihr Zufluss zu einer Ausnahmesituation in der Progressionsbelastung des jeweiligen Steuerpflichtigen führt, d. h. die steuerpflichtigen Einkünfte müssen höher sein, als beim normalen Ablauf der Dinge. Davon ist bei Corona-Finanzhilfen regelmäßig nicht auszugehen.
Die Ertragsteuer Fach-Info 23-2020 vom 31.07.2020 wird durch diese Verfügung aufgehoben.
Normenkette
EStG § 24 Nr. 1
EStG § 34