BMF, Schreiben v. 20.7.2004, IV A 4 - S 1928 - 94/04
Vorbemerkung:
Mit BMF-Schreiben vom 3.2.2004, IV A 4 – S 1928 -18/04 (BStBl 2004 I S. 225) hat das Bundesministerium der Finanzen ein Merkblatt zum StraBEG herausgegeben. Seitdem wurden zahlreiche weitere Fragen aufgeworfen, die im Merkblatt noch nicht berücksichtigt werden konnten.
Bei dem nachfolgenden Fragen- und Antwortenkatalog handelt es sich um eine Orientierungshilfe für die Anwendung des StraBEG. Die Antworten sind zwischen den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder abgestimmt. Die Entscheidung im konkreten Einzelfall bleibt dem zuständigen FA vorbehalten.
Inhaltsübersicht:
(1) Ermittelt das Finanzamt bei Abgabe einer strafbefreienden Erklärung, ob und inwieweit überhaupt eine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung vorgelegen hat?
(2) Der Erklärende hat bei Abgabe seiner strafbefreienden Erklärung Angaben gemacht, die über die im Vordruck als Bemessungsgrundlage erklärten Einnahmen hinausgehen. Kann das FA diese Angaben verwerten?
(3) Wie sind beim Erwerb von Wertpapieren gezahlte Stückzinsen bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen?
(4) Ist es zulässig, die zu erklärenden Einnahmen zu schätzen (z.B. wegen verlorener Belege)?
(5) Wie ist die Bemessungsgrundlage nach vorangegangener Reingewinnschätzung zu ermitteln, wenn die geschätzten „Einnahmen” sich nicht anderweitig – z.B. aus einer gleichzeitigen Umsatzsteuer-Schätzung – herleiten lassen?
(6) Wie sind ausländische Einnahmen umzurechnen?
(7) Fällt auch eine bisher nicht erklärte Entnahme eines Wirtschaftsgutes des Betriebsvermögens unter die Regelungen des StraBEG? Wenn ja, mit welcher Bemessungsgrundlage?
(8) Können unversteuerte private Nutzungsentnahmen strafbefreiend erklärt werden?
(9) Wie ist die Bemessungsgrundlage bei Einnahmen aus so genannten schwarzen Fonds zu ermitteln?
(10) Kann ein Arbeitgeber eine strafbefreiende Erklärung über unversteuert ausgezahlte Löhne abgeben, auch wenn die Lohnzahlungen nicht aus unversteuerten Einnahmen bestritten wurden?
(11) Wirkt eine strafbefreiende Erklärung eines Arbeitgebers über unversteuert ausgezahlte Löhne auch gegenüber den Arbeitnehmern?
(12) Bei welchem FA ist eine strafbefreiende Erklärung über unversteuerte Lohnzahlungen abzugeben?
(13) Sind alle gleichartigen Anlagen oder Geschäfte ein einheitlicher Lebenssachverhalt oder ist auf die einzelnen Verträge abzustellen?
(14) Wie ist der Lebenssachverhalt zu spezifizieren, wenn der Erklärende innerhalb eines Depots bei einem ausländischen Kreditinstitut Kapitalanlagen verschiedener Art und verschiedener Herkunft angelegt hat?
(15) Ist es möglich, für einen über mehrere Veranlagungszeiträume gleichartig verwirklichten Lebenssachverhalt in einem Veranlagungszeitraum eine strafbefreiende Erklärung und in einem anderen Veranlagungszeitraum eine Selbstanzeige abzugeben?
(16) Ist es möglich, für den gleichen Veranlagungszeitraum nebeneinander sowohl eine strafbefreiende Erklärung als auch eine Selbstanzeige abzugeben?
(17) Was ist zu beachten, wenn eine strafbefreiende Erklärung nicht beim örtlich zuständigen FA abgegeben wird?
(18) Unter welchen Umständen greift die Sperrwirkung des § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b StraBEG wegen „Tatentdeckung”?
(19) Wie kann eine strafbefreiende Erklärung abgeben werden, wenn der Steuerpflichtige Vermögen auf eine ausländische Stiftung übertragen hat und die Stiftung insoweit nur (unechte) Treuhänderin des zivilrechtlich wirksam übertragenen Vermögens ist? Wie ist eine (Rück-)Zahlung der Stiftung an den Stifter schenkungsteuerlich zu behandeln?
(20) Welche Auswirkungen ergeben sich aus einem im Rahmen einer strafbefreienden Erklärung offen gelegten Erwerb auf innerhalb von zehn Jahren nachfolgende Erwerbe von Todes wegen oder durch Schenkung im Hinblick auf die Regelungen der §§ 13a, 14 und 27 ErbStG?
Frage:
(1) Ermittelt das FA bei Abgabe einer strafbefreienden Erklärung, ob und inwieweit überhaupt eine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung vorgelegen hat?
Antwort:
Grundvoraussetzung für die Abgabe einer strafbefreienden Erklärung ist, dass eine Steuerstraftat nach § 370 AO (Steuerhinterziehung), § 370a AO (gewerbsmäßige oder bandenmäßige Steuerhinterziehung) oder § 26c UStG (gewerbsmäßige oder bandenmäßige Schädigung des Umsatzsteueraufkommens) oder eine Steuerordnungswidrigkeit nach § 378 AO (leichtfertige [= grob fahrlässige] Steuerverkürzung), § 379 AO (Steuergefährdung), § 380 AO (Gefährdung von Abzugsteuern) oder nach § 26b UStG (Schädigung des Umsatzsteueraufkommens) vorliegt (vgl. Tz. 2.1 des BMF-Merkblatts).
Das FA muss die strafbefreiende Erklärung dabei grundsätzlich ungeprüft annehmen (Ausnahme: formelle Fehler, vgl. dazu Tz. 12.5 des BMF-Merkblatts). Der Erklärende muss auch nicht erläutern, ob und wie er die Steuern hinterzogen hat. Wenn sich aber aus anderem Anlass oder durch ergänzende „freiwillige” Angaben des Erklärenden Zweifel am Vorliegen einer Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung aufdränge...