Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berücksichtigung des Arbeitsentgelts der Beschäftigten dieser Zweigniederlassung. Freier Kapitalverkehr. Niederlassungsfreiheit. Steuerrecht. Von einer ‚Gesellschaft mit geringer Gesellschafterzahl’. ausgeschüttete Dividenden. ‚Lohnregel’. Besteuerung dieser Dividenden als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Berechnung eines pauschalen Ertrags. Auf das investierte Kapital und einen Teil des Arbeitsentgelts anwendbarer Prozentsatz. In einem Drittstaat ansässige Zweigniederlassung
Normenkette
EuGH-VerfO Art. 104
Beteiligte
Tenor
Die Ausübung der Niederlassungsfreiheit im Sinne der Art. 43 ff. EG wird erheblich beeinträchtigt, wenn eine nationale Rechtsvorschrift im Rahmen der Besteuerung von Dividenden, die bis zu einem bestimmten pauschalen Ertrag – der durch die Anwendung eines bestimmten Prozentsatzes auf eine Bemessungsgrundlage berechnet wird, die nicht nur das vom Anteilseigner investierte Kapital, sondern auch einen Teil des den Beschäftigten der Dividenden ausschüttenden Gesellschaft gezahlten Arbeitsentgelts umfasst – als Einkünfte aus Kapitalvermögen behandelt werden, nicht die Berücksichtigung des den Beschäftigten einer Zweigniederlassung oder einer Tochtergesellschaft dieser Gesellschaft in einem Drittland gezahlten Arbeitsentgelts zulässt. Die Art. 43 ff. EG können in einem Fall, der die Niederlassung einer Gesellschaft eines Mitgliedstaats in einem Drittstaat betrifft, nicht geltend gemacht werden.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Regeringsrätt (Schweden) mit Entscheidung vom 13. Oktober 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Februar 2005, in dem Verfahren
Skatteverket
gegen
A und B
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts (Berichterstatter), des Richters E. Juhász, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter G. Arestis und T. von Danwitz,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: R. Grass,
gemäß Art. 104 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung, wonach der Gerichtshof durch mit Gründen versehenen Beschluss entscheiden kann,
nach Anhörung des Generalanwalts
folgenden
Beschluss
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 56 EG bis 58 EG.
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Skatteverk (schwedische Finanzverwaltung) einerseits und A und B, die Gesellschafter und Arbeitnehmer von X, einer Gesellschaft schwedischen Rechts, sind, andererseits wegen der Frage, ob im Rahmen der Besteuerung der von dieser Gesellschaft ausgeschütteten Dividenden das Arbeitsentgelt der Arbeitnehmer in der russischen Zweigniederlassung von Y, einer schwedischen Tochtergesellschaft von X, in die Berechnungsgrundlage bei der Anwendung der schwedischen Bestimmungen zur „Lohnregel” mit einzubeziehen ist.
Nationales Recht
3 Die vorliegende Rechtssache betrifft die schwedischen Steuervorschriften über die Dividendenausschüttung schwedischer Gesellschaften mit geringer Gesellschafterzahl (fåmansföretag).
4 Diese Gesellschaften sind kleine Aktiengesellschaften, bei denen sich mehr als 50 % der Anteile oder der Aktien in den Händen von weniger als fünf natürlichen Personen befinden, die dadurch entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft ausüben. Sind mehrere Anteilseigner einer Aktiengesellschaft in dieser beschäftigt, werden sie gemäß Kapitel 57 § 3 Inkomstskattelagen (Einkommensteuergesetz) 1999:1229 (im Folgenden: Gesetz) als eine einzige Person behandelt, so dass die Gesellschaft trotz einer großen Zahl von Anteilseignern als eine Gesellschaft mit geringer Gesellschafterzahl angesehen werden kann.
5 In Schweden ist die Lohnsteuer höher als die Steuer auf Einkünfte aus Kapitalvermögen. Um die Anteilseigner einer Gesellschaft mit geringer Gesellschafterzahl, die zugleich Beschäftigte dieser Gesellschaft sind, davon abzuhalten, Arbeitsentgelt in Einkünfte aus Kapitalvermögen umzuwandeln, bestimmt das Gesetz, dass von der Gesellschaft ausgeschüttete Dividenden bis zu einem gemeinhin als „Höchstbetrag” bezeichneten pauschalen Ertrag, der als dem normalen Ertrag des in die Gesellschaft investierten Kapitals entsprechend angesehen wird, als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuert werden. Der diesen Höchstbetrag übersteigende Betrag dieser Dividenden wird dagegen als Arbeitsentgelt besteuert.
6 Dieser pauschale Ertrag wird in der Weise berechnet, dass auf die Berechnungsgrundlage, die im Wesentlichen aus dem Kapital besteht, das der Anteilseigner in die Gesellschaft mit geringer Gesellschafterzahl investiert hat, ein bestimmter Prozentsatz angewandt wird.
7 In die Berechnungsgrundlage kann gemäß der in Kapitel 43 § 12 des Gesetzes vorgesehenen Lohnregel (löneregel) auch ein Betrag eingehen, der einem Teil des Arbeitsentgelts entspricht, das den in der Gesellschaft, in den Tochtergesellschaften und in den Zweigniederlassungen Beschäftigten gezahlt wird. Gemäß dieser Bestimmung kann dieses Arbeitsen...