Entscheidungsstichwort (Thema)
Finanzierungsleasing, Begriff der Lieferung, Nichtzurückerhalt von Fahrzeugen eines Leasingvertrages
Leitsatz (amtlich)
Die Art. 16 und 18 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass die Unmöglichkeit für eine Leasinggesellschaft, Gegenstände, auf die sich ein Leasingvertrag bezieht, nach einer vom Leasingnehmer zu vertretenden Kündigung dieses Vertrags trotz der von dieser Gesellschaft unternommenen Schritte, die Gegenstände vom Leasingnehmer zurückzuerhalten, und trotz Fehlens jeglicher Gegenleistung nach dieser Kündigung nicht einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt im Sinne dieser Vorschriften gleichgestellt werden kann.
Normenkette
EGRL 112/2006 Art. 16, 18
Beteiligte
Agentia Nationala de Administrare Fiscala - Directia Generala de Administrare a Marilor Contribuabili, Agentia Nationala de Administrare Fiscala - Directia Generala de Solutionare a Contestatiilor |
Verfahrensgang
Curte de Apel Bucuresti (Rumänien) (Urteil vom 09.04.2013; ABl. EU 2013, Nr. C 325/13) |
Tatbestand
„Mehrwertsteuer ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Art. 16 und 18 ‐ Finanzierungsleasing ‐ Gegenstände, auf die sich ein Finanzierungsleasingvertrag bezieht ‐ Nichtwiedererlangung dieser Gegenstände durch die Leasinggesellschaft nach Kündigung des Vertrags ‐ Gegenstände, die im Bestand fehlen“
In der Rechtssache C-438/13
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Curte de Apel Bucureşti (Rumänien) mit Entscheidung vom 9. April 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 2. August 2013, in dem Verfahren
SC BCR Leasing IFN SA
gegen
Agenţia Naţională de Administrare Fiscală ‐ Direcţia generală de administrare a marilor contribuabili,
Agenţia Naţională de Administrare Fiscală ‐ Direcţia generală de soluţionare a contestaţiilor
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça sowie der Richter G. Arestis und A. Arabadjiev (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der SC BCR Leasing IFN SA, vertreten durch D. Dascălu, avocat,
‐ der rumänischen Regierung, vertreten durch R. H. Radu als Bevollmächtigten,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch G.-D. Balan und L. Lozano Palacios als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 16 und 18 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der SC BCR Leasing IFN SA (im Folgenden: BCR Leasing) einerseits und der Agenţia Naţională de Administrare Fiscală ‐ Direcţia generală de administrare a marilor contribuabili und der Agenţia Naţională de Administrare Fiscală ‐ Direcţia generală de soluţionare a contestaţiilor (im Folgenden zusammen: Agenţia) andererseits über die Zahlung von Mehrwertsteuer auf im Rahmen eines Leasingvertrags vermietete Gegenstände, die infolge der unterbliebenen Rückgabe an die Leasinggesellschaft als Fehlbestand festgestellt wurden.
Rechtlicher Rahmen
Mehrwertsteuerrichtlinie
Rz. 3
In Art. 2 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es:
„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:
a) Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt;
…“
Rz. 4
Art. 14 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:
„(1) Als ‚Lieferung von Gegenständen‘ gilt die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.
(2) Neben dem in Absatz 1 genannten Umsatz gelten folgende Umsätze als Lieferung von Gegenständen:
…
b) die Übergabe eines Gegenstands auf Grund eines Vertrags, der die Vermietung eines Gegenstands während eines bestimmten Zeitraums oder den Ratenverkauf eines Gegenstands vorsieht, der regelmäßig die Klausel enthält, dass das Eigentum spätestens mit Zahlung der letzten fälligen Rate erworben wird;
…“
Rz. 5
Art. 16 dieser Richtlinie sieht vor:
„Einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt gleichgestellt ist die Entnahme eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen aus seinem Unternehmen für seinen privaten Bedarf oder für den Bedarf seines Personals oder als unentgeltliche Zuwendung oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.
Jedoch werden einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt nicht gleichgestellt Entnahmen für Geschenke von geringem Wert und für Warenmuster für die Zwecke des Unternehmens.“
Rz. 6
Art. 18 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:
„Die Mitgliedstaaten können der Lieferung von Gegenständen geg...