Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beträge, Haftung eines Mitgliedstaats wegen Erhebung einer mit dem Unionsrecht unvereinbaren Abgabe, Nichterstattung der Verbrauchsteuer an Käufer von Mineralölen, auf die die Verbrauchsteuer abgewälzt worden ist
Leitsatz (amtlich)
Die Bestimmungen des Unionsrechts sind dahin auszulegen, dass
1. ein Mitgliedstaat einem Abnehmer, auf den eine nicht geschuldete Abgabe abgewälzt worden ist, deren Erstattung mit der Begründung verweigern kann, dass nicht er sie an die Steuerbehörden gezahlt hat, sofern dieser Abnehmer nach dem nationalem Recht eine zivilrechtliche Klage auf Rückzahlung der nicht geschuldeten Leistung gegen den Abgabenpflichtigen erheben kann und die Erstattung der nicht geschuldeten Abgabe durch den Abgabenpflichtigen nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert wird;
2. ein Mitgliedstaat die Schadensersatzforderung eines Abnehmers, auf den der Abgabenpflichtige eine nicht geschuldete Abgabe abgewälzt hat, mit der Begründung zurückweisen kann, dass ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen der Erhebung dieser Abgabe und dem entstandenen Schaden fehlt, sofern der Abnehmer diese Forderung nach dem nationalen Recht gegen den Abgabenpflichtigen richten kann und der Ersatz des ihm entstandenen Schadens durch den Abgabenpflichtigen nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert wird.
Normenkette
EWGRL 12 /92 Art. 3 Abs. 2; EWGRL 12/92 Art. 3 Abs. 1, Art. 1; EWGRL 81/92 Art. 1; EWGRL 81/92 Art. 8 Abs. 1
Beteiligte
Danfoss und Sauer-Danfoss |
Danfoss A/S, Sauer-Danfoss ApS |
Verfahrensgang
Vestre Landsret (Dänemark) (Urteil vom 11.02.2010; Abl.EU 2010, Nr. C 100/32) |
Tatbestand
„Indirekte Steuern ‐ Verbrauchsteuern auf Mineralöle ‐ Unvereinbarkeit mit dem Unionsrecht ‐ Nichterstattung der Verbrauchsteuer an Käufer von Erzeugnissen, auf die die Verbrauchsteuer abgewälzt worden ist“
In der Rechtssache C-94/10
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Vestre Landsret (Dänemark) mit Entscheidung vom 11. Februar 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Februar 2010, in dem Verfahren
Danfoss A/S,
Sauer-Danfoss ApS
gegen
Skatteministeriet
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano sowie der Richter M. Safjan (Berichterstatter), A. Borg Barthet, E. Levits und J.-J. Kasel,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Februar 2011,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Danfoss A/S, vertreten durch T. K. Kristjánsson und H. S. Hansen, advokaterne,
‐ der Sauer-Danfoss ApS, vertreten durch A. Møllin und E. Vistisen, advokaterne,
‐ der dänischen Regierung, vertreten durch V. Pasternak Jørgensen, K. Lundgaard Hansen und B. Weis Fogh als Bevollmächtigte,
‐ der spanischen Regierung, vertreten durch M. Muñoz Pérez als Bevollmächtigten,
‐ der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Albenzio, avvocato dello Stato,
‐ der polnischen Regierung, vertreten durch K. Rokicka als Bevollmächtigte,
‐ der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk als Bevollmächtigte,
‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Hathaway als Bevollmächtigten im Beistand von P. Mantle, Barrister,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch N. Fenger und W. Mölls als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 24. März 2011
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Unionsrechts im Bereich der Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beträge und der Haftung des Mitgliedstaats wegen Erhebung einer mit diesem Recht unvereinbaren Abgabe.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Danfoss A/S (im Folgenden: Danfoss) und der Sauer-Danfoss ApS (im Folgenden: Sauer-Danfoss) auf der einen und dem Skatteministeriet (Ministerium für Steuern, im Folgenden: Skatteministerium) auf der anderen Seite über dessen Weigerung, ihnen eine unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobene Abgabe auf Mineralöle zu erstatten und den durch die Erhebung dieser rechtswidrigen Abgabe entstandenen Schaden zu ersetzen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. L 76, S. 1) bestimmt in Art. 1:
„(1) Diese Richtlinie regelt die Verbrauchsteuern und die anderen indirekten Steuern, die unmittelbar oder mittelbar auf den Verbrauch von Waren erhoben werden, mit Ausnahme der Mehrwertsteuer und der von der Gemeinschaft festgelegten Abgaben.
(2) Die besonderen Vorschriften über die Sätze und die Struktur der Verbrauchsteuern auf steuerpflichtige Waren werden in besonderen Richtlinien niedergelegt.“
Rz. 4
Art. 3 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie bestimmt:
„(1) Diese Richtlinie findet auf Gemeinschaftseb...