Entscheidungsstichwort (Thema)
Innergemeinschaftlicher Erwerb, Dreiecksgeschäft, Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs, Verbot des sofortigen Vorsteuerabzugs
Leitsatz (amtlich)
Art. 17 Abs. 2 und 3 sowie Art. 28b Teil A Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der Fassung der Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 sind dahin auszulegen, dass der Erwerber in dem in Art. 28b Teil A Abs. 2 Unterabs. 1 genannten Fall nicht zum sofortigen Abzug der auf einen innergemeinschaftlichen Erwerb entrichteten Mehrwertsteuer als Vorsteuer berechtigt ist.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 2-3, Art. 28b Teil A Abs. 2
Beteiligte
Staatssecretaris van Financiën |
fiscale eenheid Facet BV/Facet Trading BV |
Verfahrensgang
Hoge Raad (Niederlande) (Urteil vom 14.11.2008; Abl.EU 2009, Nr. C 44/33) |
Tatbestand
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Art. 17 Abs. 2 und 3 ‐ Art. 28b Teil A Abs. 2 ‐ Recht auf Vorsteuerabzug ‐ Übergangsregelung für die Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten ‐ Ort eines innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen“
In den verbundenen Rechtssachen C-536/08 und C-539/08
betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidungen vom 14. November 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Dezember 2008, in dem Verfahren
Staatssecretaris van Financiën
gegen
X (C-536/08)
und
fiscale eenheid Facet BV/Facet Trading BV (C-539/08)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter G. Arestis (Berichterstatter), J. Malenovský und T. von Danwitz,
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 2009,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der fiscale eenheid Facet BV/Facet Trading BV, vertreten durch H. W. M. van Kesteren und M. A. J. Raafs, advocaten,
‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels, M. Noort und M. de Grave als Bevollmächtigte,
‐ der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs und J.-C. Halleux als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Triantafyllou und C. ten Dam als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 17 Abs. 2 und 3 sowie Art. 28b Teil A Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der Fassung der Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 (ABl. L 384, S. 47, im Folgenden: Sechste Richtlinie).
Rz. 2
Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Staatssecretaris van Financiën (im Folgenden: Staatssecretaris) und X bzw. der Facet BV/Facet Trading BV (im Folgenden: Facet) wegen Umsatzsteuernacherhebungsbescheiden.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Rz. 3
Art. 17 Abs. 1 bis 3 der Sechsten Richtlinie bestimmt:
„(1) Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.
(2) Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
…
d) die Mehrwertsteuer, die nach Artikel 28a Absatz 1 Buchstabe a) geschuldet wird.
(3) Die Mitgliedstaaten gewähren jedem Steuerpflichtigen darüber hinaus den Abzug oder die Erstattung der in Absatz 2 genannten Mehrwertsteuer, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen verwendet werden für Zwecke:
a) seiner Umsätze, die sich aus den im Ausland ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 ergeben, für die das Recht auf Vorsteuerabzug bestünde, wenn diese Umsätze im Inland bewirkt worden wären;
b) seiner nach Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe i), Artikel 15, Artikel 16 Absatz 1 Teile B, C, D und E und Absatz 2 sowie Artikel 28c Teil A und Teil C befreiten Umsätze;
c) seiner nach Artikel 13 Teil B Buchstaben a) und d) Nummern 1 bis 5 befreiten Umsätze, wenn der Leistungsempfänger außerhalb der Gemeinschaft ansässig ist oder wenn diese Umsätze unmittelbar mit zur Ausfuhr in ein Land außerhalb der Gemeinschaft bestimmten Gegenständen zusammenhängen.“
Rz. 4
Art. 28 a Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie lautet:
„Der Mehrwertsteuer unterliegen auch
a) der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen, der gegen Entgelt im Inland durch einen Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, oder aber durch ein...