Entscheidungsstichwort (Thema)
Verordnung (EG) Nr. 1798/2003, Richtlinie 2003/93/EG, zutreffende Rechtsgrundlage im EG-Vertrag
Leitsatz (amtlich)
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Irland, die Portugiesische Republik sowie das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland tragen ihre eigenen Kosten.
Leitsatz (redaktionell)
Die Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 des Rates vom 7.10.2003 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 218/92 (ABl. L 264, S. 1) sowie der Richtlinie 2003/93/EG des Rates vom 7.10.2003 zur Änderung der Richtlinie 77/799/EWG über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten und indirekten Steuern (ABl. L 264, S. 23) sind nicht deswegen nichtig, weil sie statt aufgrund von Artikel 95 EG aufgrund von Artikel 93 und 94 EG erlassen wurden.
Normenkette
EGVtr Art. 93-94, 95 Abs. 1
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Rat der Europäischen Union |
Tatbestand
„Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 ‐ Richtlinie 2003/93/EG ‐ Wahl der Rechtsgrundlage“
In der Rechtssache C-533/03
betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Artikel 230 EG, eingereicht am 19. Dezember 2003,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,vertreten durch R. Lyal als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Rat der Europäischen Union, vertreten durch A.-M. Colaert und E. Karlsson als Bevollmächtigte,
Beklagter,
unterstützt durch
Irland, vertreten durch D. O’Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von A. Collins, SC, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Portugiesische Republik, vertreten durch L. Fernandes als Bevollmächtigten,
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland,vertreten durch R. Caudwell als Bevollmächtigte im Beistand von D. Wyatt, QC, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Streithelfer,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, des Richters R. Schintgen (Berichterstatter), der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter P. Kũris und G. Arestis,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 2. Juni 2005
folgendes
Urteil
1
Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften zum einen die Nichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 des Rates vom 7. Oktober 2003 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 218/92 (ABl. L 264, S. 1) sowie der Richtlinie 2003/93/EG des Rates vom 7. Oktober 2003 zur Änderung der Richtlinie 77/799/EWG über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten und indirekten Steuern (ABl. L 264, S. 23) (im Folgenden zusammen: angefochtene Rechtsakte) und zum anderen die Aufrechterhaltung der Wirkungen dieser beiden Rechtsakte bis zum Inkrafttreten von Rechtsakten, die sie ersetzen und auf der richtigen Rechtsgrundlage erlassen wurden.
2
Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 8. Juni 2004 sind Irland, die Portugiesische Republik und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates der Europäischen Union zugelassen worden, der die Abweisung der Klage beantragt.
Vorgeschichte des Rechtsstreits und rechtlicher Rahmen
3
Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern, bestimmter Verbrauchsteuern und der Steuern auf Versicherungsprämien (ABl. L 336, S. 15) sieht vor, dass sich die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten gegenseitig alle Auskünfte erteilen, die für die zutreffende Festsetzung der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen geeignet sein können. Nach den Artikeln 2 bis 4 dieser Richtlinie werden die Auskünfte je nach Fall auf Ersuchen, automatisch oder spontan erteilt. Nach ihrem Artikel 8 verpflichtet die Richtlinie nicht zu Ermittlungen oder zur Übermittlung von Auskünften, wenn deren Durchführung oder deren Beschaffung oder Verwertung durch die zuständige Behörde des auskunftgebenden Staates für eigene steuerliche Zwecke dessen gesetzliche Vorschriften oder dessen Verwaltungspraxis entgegenstünden.
4
Mit der Verordnung (EWG) Nr. 218/92 des Rates vom 27. Januar 1992 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der indirekten Besteuerung (MWSt.) (ABl. L 24, S. 1) wurde ein System des Informationsaustauschs zwischen den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten in Bezug auf innergemeinschaftliche Geschäfte errichtet, um die mit der Abschaffung der Steuerkontrollen an den Binnengrenzen verbundene Betrugsgefahr zu verringern.
5
Am 18. Juni 2001 unterbreitete die Kommission dem Rat einen Vorsc...