Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilentgeltliche Betriebsübertragung. unentgeltliche Grundstücksübertragung auf einen Mitunternehmer. Entnahmeprivileg nach § 13 Abs. 5 EStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Die teilentgeltliche Übertragung eines Betriebs ist einheitlich zu beurteilen (sog. Einheitstheorie). Nur soweit das Entgelt den (Netto-)Buchwert (das Kapitalkonto) übersteigt, entsteht ein Gewinn des Übergebers; ist das Entgelt niedriger, ist der Buchwert fortzuführen (§ 6 Abs. 3 EStG); es entsteht kein Verlust.
2. Überträgt eine Mitunternehmerschaft ein Grundstück unentgeltlich auf einen ihrer Mitunternehmer und bebaut dieser es innerhalb der Frist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG mit einem selbstgenutzten Wohnhaus, ist für die Übertragung rückwirkend der Teilwert anzusetzen. Das Entnahmeprivileg des § 13 Abs. 5 EStG kommt nicht zum Ansatz.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 3, 5 S. 3 Nr. 2, S. 4, § 13 Abs. 5
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob eine steuerpflichtige Entnahme eines Grundstücks aus einem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen vorliegt.
Der Landwirt A und seine Ehefrau Z übertrugen ihren landwirtschaftlichen Betrieb mit allen Aktiven und Passiven „im Wege der vorweggenommenen Erbfolge” durch notariellen „Hofübergabevertrag” vom 16. Juni 2015 auf eine aus ihren (leiblichen) Söhnen S und T bestehende Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (s. Allgemeine Akten Bl. 25). S und T schlossen insoweit mit Wirkung ab dem 1. Juli 2015 einen „Gesellschaftsvertrag für die Landwirtschaftliche GbR” mit dem Namen ST GbR (die Klägerin) mit dem Ziel der gemeinsamen Bewirtschaftung des übernommenen landwirtschaftlichen Betriebs (s. Allgemeine Akten Bl. 1). A und Z haben neben S und T noch zwei (Adopitiv-) Kinder V und W, die aufgrund des Hofübergabevertrags „heute keine Zuwendung” (W) bzw. ein sog. Gleichstellungsgeld (V) erhielten.
Nach § 1 „Vertragsgegenstand” des Hofübergabevertrags erstreckte sich die Übergabe insbesondere auf die folgenden Grundstücke:
1. Flst. 1 … P-Str. 99, Gebäude- und Freifläche |
272 m² |
… |
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5. Flst. 2 P-Str. Gebäude- und Freifläche, Landwirts.fl. |
11.158 m² … |
In § 2 „Gegenleistungen des Übernehmers” wurde unter anderem bestimmt:
(1) Übergabepreis: Der Übergabepreis beträgt Euro 20.000,– Der Übergabepreis ist nicht an den Übergeber selbst, sondern unmittelbar an das Kind V zu bezahlen.
…
(2) Freistellungsverpflichtung, Schuldübernahme:
Der Übernehmer übernimmt sämtliche am Tage der Übergabe bestehenden, zum übernommenen landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Verbindlichkeiten des Übergebers …
Der Übernehmer übernimmt insbesondere:
…
a) folgende Bank- und Bausparkassenverbindlichkeiten:
gegenüber der X-Bank im Kreis Q eG auf Darlehenskonto im Betrag von zusammen ca. Euro 11.000,00 …
(3) Altenteil (Leibgeding):
Wohnungsrecht
…
Pflegeleistungen
…
Die Klägerin übertrug (ein Jahr später) mit notariellem „Schenkungsvertrag” vom 9. Mai 2016 (s. Feststellungsakte Bl. 11) die (neu aufgeteilten bzw. gebildeten) Flurstücke 3 (165 m²) und 4 (79 m²) unentgeltlich auf S. Die Flurstücke waren mit einer Scheune überbaut. Mit Vertrag (ebenfalls) vom 9. Mai 2016 trafen die Klägerin und S eine schriftliche „Nutzungsvereinbarung”, in der es u.a. heißt (s. Feststellungsakte Bl. 32):
Die ST GbR hat mit notariellem Vertrag vom 09.05, … das neugebildete Flst Nr. 3 … das unbebaut ist, unentgeltlich an S übertragen. Hiermit überlasse ich S die gesamte Fläche von 244 m² des Flst Nr. 3 zur unentgeltlichen Nutzung an die ST GbR. Der Nutzende ist berechtigt die gesamte Fläche für landwirtschaftliche Zwecke zu nutzen. … Das Nutzungsrecht hat eine unbestimmte Laufzeit. Das Nutzungsrecht endet spätestens mit der Bebauung durch den Eigentümer S. …
Die auf den Flurstücken befindliche Scheune wurde in der Folge abgerissen und S errichtete darauf ein selbst genutztes Wohnhaus.
Die Klägerin erklärte mit der Feststellungserklärung für 2015 vom 19. April 2017 für das Wirtschaftsjahr 2015/2016 einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft i.H.v. 439 EUR, wovon auf das Kalenderjahr 2015 (Streitjahr) ein Betrag von 219 EUR entfällt (s. Feststellungsakte Bl. 5).
Auf eine Anfrage des Beklagten (das Finanzamt –FA–) erklärte der steuerliche Berater der Klägerin mit Schreiben vom 11. August 2017, auf den Flurstücken 3 und 4 habe sich eine landwirtschaftliche Scheune befunden. S habe bereits am 25. April 2016 angefangen, die Scheune abzureißen, um anschließend darauf ein eigengenutztes Einfamilienhaus zu errichten. Er werde das Haus nach Fertigstellung zu 100 v.H. selbst bewohnen und beantrage deshalb für den entnommenen Grund und Boden die steuerfreie Entnahme durch Eigennutzung des Eigentümers (§ 13 Abs. 5 EStG).
Das FA war demgegenüber der Auffassung, in Bezug auf die (Scheunen-) Grundstücke sei im Wirtschaftsjahr 2015/2016 ein Entnahmegewinn i.H.v. 23.151,– Euro zu berücksichtigen und im Streitjahr zur Hälfte anzusetzen. Entsprechend stellte das FA mit Feststellungsbescheid ...