rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Errichtung und jeweils kurzfristige Vermietung einer kommunalen Mehrzweckhalle mit öffentlichem Parkplatz durch eine Gemeinde: Steuerfreiheit der Vermietungsumsätze einschließlich mitüberlassener Betriebsvorrichtungen nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG. Vorsteuerabzug der Gemeinde aus den Herstellungskosten für Halle, Betriebsvorrichtungen und Parkplatz auf Basis der tatsächlichen Nutzungszeiten der Halle
Leitsatz (redaktionell)
1. Überlässt eine Gemeinde jeweils durch öffentlich-rechtlichen Vertrag eine von ihr errichtete Mehrzweckhalle (unter anderem mit Saal, Küche, Spiegelsaal, Vereinszimmer) gegen Gebühren unter Ausweis von Umsatzsteuer stunden- bzw. tageweise verschiedenen, vorrangig örtlichen Gruppen (z .B. Vereine, Gymnastikgruppe, Kirchenchor, Tanzschule, Privatpersonen, Gewerbetreibende), so ist sie angesichts einer zu unterstellenden Wettbewerbssituation zu gedachten privaten Wirtschaftsteilnehmern auch dann unternehmerisch im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG bzw. Art. 13 MwStSystRL tätig, wenn es sich bei dem Entgelt für Übungs- und Sportbetrieb lediglich um eine nicht kostendeckende Nutzungspauschale handelt.
2. Bei der Überlassung der Halle handelt es sich trotz der Kurzfristigkeit (nur stunden- bzw. tageweise Überlassung) um eine steuerfreie Vermietung und Verpachtung im Sinne des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG, wenn die für die Durchführung der jeweiligen Veranstaltungen erforderlichen Tätigkeiten, wie z. B. Koordination, Ordnungsdienst, Gastronomie, Bewirtung, Dekoration, Eingangskontrolle, Platzanweisung, Streu- und Räumpflicht während der Veranstaltung dem jeweiligen Nutzer obliegen, der jeweilige Mieter die Räumlichkeiten und Einrichtungsgegenstände in einem sauberen und einwandfreien Zustand zurückgeben muss und die Gemeinde keine wesentlichen sonstigen Dienstleistungen, wie etwa gastronomische Zusatzleistungen anbietet und außer dem Hausmeister auch kein Personal zur Verfügung stellt; bei den mitüberlassenen Betriebsvorrichtungen (z. B. Kücheneinrichtung, Hebebühne, Bühne, Tische, Stühle, Beleuchtung und Technik, Sanitärräumen, Geschirr und Besteck) handelt es sich um untergeordete Nebenleistungen zu der vertraglich vereinbarten Überlassung der Räumlichkeiten.
3. Die Zeitdauer der Überlassung dient lediglich zur Abgrenzung der gemäß nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreien Vermietung von Grundstücken von der gemäß § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG nicht steuerbefreiten Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält. Für die Frage, ob dem Nutzer das Recht eingeräumt wurde, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen, hat die Nutzungsdauer keine Bedeutung.
4. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Finanzamt den Vorsteuerabzug für die Herstellungskosten bzw. die laufenden Kosten der Halle sowie die Anschaffungskosten der Betriebsvorrichtungen auf Basis der tatsächlichen Nutzungszeiten der Halle in dem Umfang nicht zulässt, in dem die Halle bzw. Teile davon an Nichtunternehmer bzw. nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer vermietet worden sind und deswegen ein Verzicht auf die Steuerbefreiung der Vermietung nach § 9 UStG nicht zulässig war. In diesem Umfang ist auch ein Vorsteuerabzug für die Herstellungskosten eines der Öffentlichkeit kostenlos zur Verfügung stehenden Parkplatzes zulässig, wenn die Errichtung des Parkplatzes bzw. der darauf bestehenden Stellpätze zwingende Voraussetzung für die Baugenehmigung der Mehrzweckhalle waren.
Normenkette
UStG 2009 § 2 Abs. 1, 3 S. 1, § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a, S. 2, § 9 Abs. 1-2, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1; MwStSystRL Art. 13 Abs. 1, Art. 135 Abs. 1 Buchst. l, Art. 168 Buchst. a; KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der Vorsteuerabzug aus den Kosten der Herstellung und des Betriebs einer kommunalen Mehrzweckhalle und eines öffentlichen Parkplatzes in den Kalenderjahren 2009 bis 2011 (Streitjahre).
1. Die Klägerin ist eine Gemeinde mit den Ortsteilen C, D, E und F. Die Klägerin tätigte in den Streitjahren Umsätze in den Bereichen Eigenjagdpacht, Grundbuchamt, Wasserversorgungsbetrieb sowie den Betrieb zweier Hallen, der Halle 2 und der Halle 1.
Nachdem an der alten Halle 1 im Ortsteil E, die im Jahr … errichtet wurde, erhebliche Baumängel aufgetreten waren, beschloss die Klägerin die Errichtung der neuen Halle 1. Die neue wurde gegenüber der alten Halle 1 in der … Straße in D-E erbaut. Die Baugenehmigung für die neue Halle 1 wurde am xx.xx. 2009 erteilt. Die Bauabnahme erfolgte am xx.xx. 2010. Seit xxx 2011 wird die neue Halle 1 genutzt. Unweit der neuen Halle 1 befindet sich das Freibad mit einer gastronomischen Einrichtung im [] (Entfernung ca. xx m).
Im xx 2010 wurde die alte Halle 1 abgerissen. Auf deren ...