Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Abzugsfähigkeit der Kosten der im Rahmen einer erstmaligen Berufsausbildung erfolgten Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer im Vz 2004
Leitsatz (redaktionell)
1. Die im Rahmen einer erstmaligen Berufsausbildung zum Verkehrsflugzeugführer entstandenen Kosten sind nach § 12 Nr. 5 EStG nicht als vorab entstandene Werbugskosten abziehbar, sondern nur als begrenzt abzugsfähige Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG.
2. § 12 Nr. 5 EStG ist nicht verfassungswidrig und verstößt weder gegen das objektive Nettoprinzip noch gegen das Rückwirkungsverbot.
3. § 12 Nr. 5 EStG trägt der geänderten Lebenswirklichkeit Rechnung, dass Berufsanfänger heute anders als vor 20 Jahren nicht mehr davon ausgehen können, den einmal erlernten Beruf ein ganzes Berufsleben lang ausüben zu können.
Normenkette
EStG § 12 Nr. 5, § 10d Abs. 4, § 10 Abs. 1 Nr. 7; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Abzugsfähigkeit der Kosten einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als (vorab entstandene) Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
Der am … 1982 in X geborene, im Streitjahr 2004 ledige Kläger hat nach Ablegung der allgemeinen Hochschulreife (im Jahr 2002 am …-Gymnasium in Y; einem allgemein bildenden Gymnasium im Sinne des § 1 Abs. 1 der Verordnung des Kultusministeriums des Landes Baden-Württemberg vom 12. Juli 2000, GBl. 2000, 551) und Ableistung des Zivildienstes im … in Z (in den Jahren 2002 und 2003) im Januar 2004 einen Vertrag mit der Pilot GmbH (nachfolgend Pilot GmbH) über die ATP(A) Ausbildung zur Ausübung einer Tätigkeit als Copilot auf mehrmotorigen Flugzeugen mit zwei Piloten bei der gewerbsmäßigen Beförderung und für den Erwerb der CPL(A)/IR nach den Vorgaben des Luftverkehrsgesetzes abgeschlossen und diese Ausbildung sodann im Februar 2004 aufgenommen; wegen der Einzelheiten der genannten Vereinbarung wird auf die vom Kläger vorgelegte Vertragskopie (FG-ABl. 68 bis 78) Bezug genommen. Im Hinblick auf diese Ausbildung hatte er bereits im Februar 2002 eine psychologische Eignungsuntersuchung und im November 2003 eine Fliegertauglichkeitsuntersuchung absolviert. Eine Vergütung erhielt er während der Ausbildung bei der Pilot GmbH nicht.
Nach dem erfolgreichen Abschluss dieser Ausbildung im Jahr 2005 fand er zunächst (ab Februar 2006) eine Anstellung als First Officer bei der Airline A 1 in …, Türkei. Ausweislich einer Mitteilung der Meldestelle der Gemeinde P vom 01. Februar 2006 ist der Kläger zu diesem Zeitpunkt unter Aufgabe seines inländischen Wohnsitzes in die Türkei gezogen. Deshalb und wegen des Ergebnisses weiterer Ermittlungen ist das beklagte Finanzamt (FA) davon ausgegangen, dass er ab Februar 2006 im Inland nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig war. Seit Oktober 2007 ist er bei der A 2 AG in Frankfurt beschäftigt und wohnt auch wieder im Inland.
Für 2004 reichte der Kläger im März 2005 beim FA eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs ein, in der er ihm im Zusammenhang mit der Ausbildung zum Flugzeugführer entstandene Aufwendungen als Werbungskosten zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machte. Den Gesamtbetrag in Höhe von 71.813 EUR hat er hierzu im Einzelnen aufgegliedert. Er enthält die folgenden Aufwandspositionen:
Fahrten zwischen Wohnung (in …) und Arbeitsstätte |
83,00 EUR |
quasidoppelte Haushaltsführung (alleinstehend ohne eigenen Haushalt) |
6.796,00 EUR |
Verpflegungsmehraufwand |
948,00 EUR |
Aufwendungen für Dienstreisen |
4.949,00 EUR |
weitere Ausbildungskosten (insbes. Schulungsgebühren) |
59.036,34 EUR |
insgesamt |
71.812,34 EUR |
Steuerpflichtige Einnahmen erzielte der Kläger in den Jahren 2004 und 2005 nicht.
Mit Bescheid vom 09. Mai 2005 lehnte das FA den Antrag auf Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember 2004 ab und wies einen hiergegen eingelegten Einspruch durch Entscheidung vom 13. Oktober 2005 als unbegründet zurück. Dabei vertrat es die Auffassung, dass die Aufwendungen des Klägers nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lediglich bis zur Höhe von 4.000 EUR als Sonderausgaben berücksichtigt werden, als solche jedoch nicht zu einem negativen Gesamtbetrag der Einkünfte führen könnten. Eine Berücksichtigung als vorab entstandene Werbungskosten scheitere an der im Streitjahr beschlossenen Einfügung des § 12 Nr. 5 EStG, welcher den Werbungskostenabzug für Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung, die außerhalb eines Ausbildungsdienstverhältnisses erfolge, ausschließe. Dass diese Regelung erst während des Jahres 2004 Gesetz geworden ist, stehe aufgrund der getroffenen Anwendungsregelung ihrer Anwendbarkeit für das gesamte Jahr 2004 nicht entgegen; die unechte Rückwirkung mache die Regelung nicht verfassungswidrig.
Dagegen richtet sich die vorliegende – beim Finanzgericht am ...