Entscheidungsstichwort (Thema)
Billigkeitsregelung zur Vermögensteuerfestsetzung zum 01.01.1995
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Vermögensbesteuerung ertraglosen Vermögens wegen verfassungswidriger Übermaßbesteuerung eine sachliche Unbilligkeit i.S.d. § 163 Abgabenordnung (AO) bedeutet.
Der im Jahr 1966 geborene Kläger war in den Jahren 1988 bis 1996 Student. Bis einschließlich 1988 war er an der … GmbH & Co. Vertriebsgesellschaft als Mitunternehmer beteiligt. Ab dem Jahr 1989 hält er Aktien der … Aktiengesellschaft. Nach der Vermögensteuererklärung auf den 01. Januar 1995 handelt es sich um Beteiligungsrechte bzw. Anteile an der Kapitalgesellschaft im Gesamtwert von 5.436.600 DM. Die Aktiengesellschaft schüttete im Jahr 1992 für 1991 eine Dividende aus. In den Jahren 1993 bis 1995 waren die Aktien ertraglos. Im Jahr 1996 wurde für 1995 wieder eine Dividende von 140.571 DM ausgeschüttet. Der Kläger bezog außer Einkünften aus Kapitalvermögen, Gewerbe sowie in geringem Umfang Arbeitseinkünfte und wurde vom beklagten Finanzamt (FA) mit folgenden Besteuerungsgrundlagen zur Einkommensteuer veranlagt:
Jahr |
Einkünfte aus Kapitalvermögen |
Gesamtbetrag der Einkünfte |
ESt |
1992 |
330.030 DM |
463.842 DM |
145.638 DM |
1993 |
71.477 DM |
73.404 DM |
14.348 DM |
1994 |
92.147 DM |
93.246 DM |
23.542 DM |
1995 |
21.426 DM |
21.426 DM |
123 DM |
Durch Bescheid auf den 01. Januar 1995 über Vermögensteuer (Hauptveranlagung) vom 23. Juli 1996 wurde für den Kläger nach einem Gesamtvermögen von 6.720.000 DM für die Jahre 1995 bis 1998 eine Vermögensteuer in Höhe von jeweils 34.355 DM festgesetzt.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 31. Juli 1996 mit der Begründung Einspruch ein, die Festsetzung von Vermögensteuer für die in den Jahren 1993 bis 1995 ertraglosen Aktien mit einem Gesamtwert von 5.436.000 DM verstoße wegen Übermaßbesteuerung gegen Art. 14 des Grundgesetzes (GG). Zur Bezahlung der im Jahr 1996 fälligen Vermögensteuer müsse steuerpflichtiges Vermögen veräußert werden, da das gesamte Einkommen 1994 nach Abzug der Einkommensteuer und Kirchensteuer hierzu nicht ausreiche. Durch Entscheidung vom 25. April 1997 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Die am 28. Mai 1997 erhobene Klage 2 K 135/97 wurde auf Hinweis des Berichterstatters zurückgenommen, nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) durch Beschluß vom 30. März 1998 1 BvR 1831/97 (BStBl II 1998, 422) entschieden hatte, daß Vermögensteuerfestsetzung für die Veranlagungszeiträume bis 31. Dezember 1996 verfassungsrechtlich zulässig sei.
Im Einspruchsschreiben vom 30. Juli 1996 beantragte der Kläger zugleich niedrigere Festsetzung der Vermögensteuer gem. § 163 AO wegen sachlicher Unbilligkeit, da nach der Rechtsprechung des BVerfG die Vermögensteuer i.V. mit den übrigen Steuern nicht zu einer schrittweisen Vermögenskonfiskation, sondern höchstens etwa zu einer hälftigen Wegnahme der Sollerträge führen dürfe.
Gegen die Ablehnung dieses Antrags durch Entscheidung vom 25. April 1997 legte der Kläger am 27. Mai 1997 Einspruch ein. Die Besteuerung nach dem gesetzlichen Tatbestand sei unbillig, da sie den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderlaufe. Die Erfüllung der Vermögensteuerpflicht führe hier zwangsläufig zu einer Verschuldung. Sinn jeder Besteuerung könne jedoch nur die Abgabe von Teilen der Erträgnisse, nicht Verschuldung oder ratenweise Enteignung sein. Die Bezahlung von Vermögensteuer für ertragloses Vermögen führe zu einem enteignungsgleichen Eingriff und damit zur verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung. Gerade dies sei vom Gesetzgeber bei der Vermögensteuer nicht beabsichtigt gewesen. Das FA wies auch diesen Rechtsbehelf als unbegründet zurück (vgl. Entscheidung vom 06. August 1997). Die Besteuerung sei nicht sachlich unbillig. Nach der Übergangsregelung im Beschluß des BVerfG vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91 (BStBl II 1995, 655 ff.) seien die Vorschriften des Vermögensteuergesetzes (VStG) ungeachtet eventueller Verfassungswidrigkeit noch bis 31. Dezember 1996 anzuwenden, die Besteuerung nach diesen mithin nicht sachlich unbillig.
Mit der am 11. September 1997 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, die Vermögensteuer von vorneherein nur so festzusetzen, daß keine Übermaßbesteuerung eintritt, und läßt hierzu ergänzend ausführen: Die Anwendung des § 163 AO könne nicht unter Berufung auf den Beschluß des BVerfG vom 22. Juni 1995 2 BvL 37/91 versagt werden. Das Gericht habe über die Erhebung der Vermögensteuer im allgemeinen entschieden und bezüglich unterschiedlicher Erträge aus verschiedenen Vermögensarten die Denkfigur des Sollertrags herangezogen. Die allgemeine Zulässigkeit der Vermögensbesteuerung werde nicht bezweifelt. Vorliegend sei jedoch eine Einzelfallentscheidung nach § 163 AO zu treffen, welche die tatsächlichen Verhältnisse des konkreten Falles zu bewerten habe. Daß es sachlich unbillig sei, aus einem zu versteuernden Einkommen von 14.266 DM ...