Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens bei Aktienverkauf gegen Zahlung einer Leibrente
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH handelt es sich bei § 17 EStG um eine Gewinnermittlungsvorschrift eigener Art, bei der für den Zeitpunkt der Besteuerung und die Höhe des Gewinns grundsätzlich nicht auf den Zufluss des Entgelts abzustellen ist. § 11 EStG findet keine Anwendung. Die Gewinnermittlung gem. § 17 Abs.2 EStG ist – als stichtagsbezogene Gewinnermittlung – nach einer Stichtagsbewertung auf den Zeitpunkt der Veräußerung vorzunehmen.
2. Einnahmen aus der Veräußerung von Aktien gegen Zahlung einer Leibrente sind nur dann nach dem Halbeinkünfteverfahren zu besteuern, wenn die Veräußerung im Jahr 2002 erfolgt. Davor realisierte Auflösungsverluste unterliegen ebenso wie Veräußerungsverluste noch nicht dem Halbeinkünfteverfahren.
3. Auf den Zeitpunkt des Zuflusses der Einnahmen aus einer Leibrente kommt es nicht an.
Normenkette
EStG 2004 § 3 Nr. 40c, § 3c Abs. 2, §§ 15, 17, 24 Nr. 2, § 52 Abs. 4b Nr. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob Einnahmen des Klägers (Kl) aus der Veräußerung von Anteilen an einer Aktiengesellschaft mit dem Halbeinkünfteverfahren zu besteuern sind.
Der Kl hat mit Aktienkaufverträgen vom 20. September 1999 (Bl. 11 bis 28 der Finanzgerichts(FG)-Akten Band I) und vom 02. Juni 2000 (Bl. 32 bis 42 der FG-Akten Band I) Anteile an der früheren X Aktiengesellschaft (AG) bzw. Y AG veräußert. An der vorgenannten AG war der Kl seit seinem Anteilserwerb am 21. Juli 1997 bis zur Veräußerung mit mehr als 25 v.H. beteiligt. Als Kaufpreis verpflichtete sich die Erwerberin jeweils zur Zahlung von Leibrenten.
Im Streitjahr erzielte der Kl aus den vorgenannten Veräußerungsvorgängen unter Ausübung des Wahlrechts nach R 140 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. R 139 Abs. 11 Einkommensteuerrichtlinien (EStR) 2001 insgesamt Einnahmen in Höhe von 402.980 EUR.
Der Kl, der zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt wird, erklärte in ihrer gemeinsamen ESt-Erklärung für das Streitjahr in der Anlage GSE aus den Aktienverkäufen einen Veräußerungsgewinn nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 201.490 EUR. In einer „Anlage GSE zur ESt-Erklärung 2004 zu Zeile 22 und 23” führte der Kl hierzu aus, dass seine Rentenzuflüsse aufgrund der Aktienkaufverträge vom 20.9.1999 und 02.06.2000 nach § 24 Nr. 2 i.V.m. § 15 EStG zu berücksichtigen seien. Die Einkünfte unterlägen dem Halbeinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 c) i.V.m. § 3c Abs. 2 EStG. Wegen der Ermittlung wird auf die sich anschließende Tabelle des Kl Bezug genommen (Bl. 5 der ESt-Akten des Beklagten – Bekl –).
Dieser Rechtsauffassung folgte der Bekl im Bescheid für 2004 über ESt, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 06. Juli 2005 nicht und setzte die Einkünfte des Kl aus Gewerbebetrieb mit 402.980 EUR an.
Der hiergegen gerichtete Einspruch des Kl vom 21. Juli 2005 wurde mit Einspruchsentscheidung des Bekl vom 20. Dezember 2010 als unbegründet zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten des Inhalts dieser Entscheidung wird auf sie Bezug genommen (Bl. 28 bis 32 der Rechtsbehelfsakten des Bekl).
Mit seiner Klage vom 18. Januar 2011 lässt der Kl vortragen, dass er in 1999/2000 wesentliche Beteiligungen im Sinne von § 17 EStG veräußert habe. Der Verkauf sei außerhalb der Spekulationsfrist des § 23 EStG erfolgt. Der Steuerpflichtige habe dabei ein Wahlrecht zwischen der Sofortversteuerung und einer nachträglichen Versteuerung. Der Kl habe die nachträgliche Versteuerung gewählt. Er könne daher den bei der Veräußerung entstandenen Gewinn als nachträgliche Einnahme im Sinne von §§ 17, 15 i.V.m. § 24 Nr. 2 EStG behandeln.
Die Finanzverwaltung habe in der Vergangenheit aus Vereinfachungsgründen darauf verzichtet, Rentenzahlungen in einen Zins- und Tilgungsanteil aufzuteilen. Der volle Rentenbetrag sei als nachträgliche Betriebseinnahme behandelt worden. Zwischenzeitlich sei jedoch klar gestellt, dass bei der Veräußerung einer Beteiligung im Sinne des § 17 EStG gegen eine Leibrente die Rentenzahlungen in einen Zins- und Tilgungsanteil aufzuteilen seien (Hinweis auf das Schreiben des BMF vom 03. August 2004, BStBl I, S. 1187). Daraus folge, dass der in den laufenden Zahlungen enthaltene Tilgungsanteil nachträgliches Veräußerungsentgelt im Sinne des § 17 i.V.m. §§ 15, 24 Nr. 2 EStG sei. Der in den laufenden Zahlungen enthaltene Zinsanteil sei ein auf die Laufzeit der wiederkehrenden Leistungen zu verteilendes Entgelt für die Stundung des Veräußerungspreises. Mit ihrem Zinsanteil unterlägen die Rentenzahlungen entweder als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3a) EStG oder als Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG der Besteuerung. Die Besteuerung des Zinsanteils erfolge im Fall einer Rente nach § 22 EStG, im Falle einer dauernden Last nach § 20 EStG.
Im Stre...