Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer-Meßbetrag 1991 und 1992
Tenor
1. Die Gewerbesteuermeßbescheide für 1991 vom 31. März 1993 sowie für 1992 vom 09. Dezember 1994 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 25. Juli 1995 werden aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem beklagten Finanzamt auferlegt.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das Finanzamt kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des mit Kostenfestsetzungsbeschluß errechneten Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger seit 1991 als beratender Betriebswirt freiberuflich i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) tätig oder ob seine berufliche Tätigkeit als Gewerbebetrieb zu qualifizieren ist.
Der 1939 geborene Kläger hat im Anschluß an den Besuch der Volksschule und der gewerblichen Berufsschule den Beruf des Drehers erlernt, den er in den Jahren 1956 bis 1965 bei verschiedenen Firmen ausübte. In den Jahren 1965/66 besuchte er die Fachschule für Maschinentechnik (Technikerschule) in … wo er am 30. September 1966 die Prüfung zum staatlich geprüften Techniker – Fachrichtung Maschinenbau – abgelegt hat. In der Folgezeit war er bis 1990 bei sieben weiteren Firmen als Arbeitnehmer in folgenden Funktionen tätig:
- Sachbearbeiter Logistik
- Fertigungsplaner
- Leiter Fertigungssteuerung und Transportwesen
- Betriebsleiter und Leiter Arbeitsvorbereitung
- Produktionsleiter (teilweise mit Prokura)
Berufsbegleitend absolvierte er die REFA-Grundlehrgänge I und II. Wegen der Einzelheiten seines schulischen und beruflichen Werdegangs wird auf seinen dem Gutachten des … vom 03. März 1999 beigefügten Lebenslauf hingewiesen.
Seit Mai 1991 bietet der Kläger seine Dienste als selbständiger Unternehmensberater an. Seither unterstützt er kleine und mittelständische Unternehmen bei der Lösung betriebswirtschaftlicher Probleme, indem er hinsichtlich der gesamten Abwicklung der Aufträge zunächst den Ist-Zustand erfaßt, die vorgefundenen betrieblichen Abläufe auf Schwachstellen analysiert, Verbesserungsvorschläge erarbeitet, der Geschäftsleitung Entscheidungshilfen gibt und die Umsetzung der von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen überwacht. Die Dauer der mit entsprechender Zielsetzung für verschiedene Firmen – teilweise parallel nebeneinander – durchgeführten Projekte variierte zwischen vier Monaten und zwei Jahren. Der Kläger erhält Beratungsaufträge auch vom Rationalisierungs-Kuratorium der deutschen Wirtschaft e. V. (RKW).
Ausweislich der von ihm vorgelegten Unterlagen waren Kernbereiche seiner Beratungstätigkeit die Steigerung der Produktivität der beratenen Unternehmen vor allem durch Verbesserung der betrieblichen Ablauforganisation und Rationalisierung von Arbeitsvorgängen, daneben aber auch die Senkung der Personalkosten sowie die Entwicklung von Nachkalkulationen. Darüber hinaus waren Gegenstand einzelner Beratungsaufträge auch die
- Verbesserung der Auftragsabwicklung auch außerhalb des Bereichs der Fertigung,
- Einführung eines Produktions-, Planungs- und Steuerungssystems (PPS-System),
- Mitarbeit bei der Entwicklung der Unternehmensstrategie,
- Übernahme von Führungsfunktionen als interimistischer Betriebsleiter sowie
- Einführung einer Zertifizierung nach ISO 9000.
Die Beratungsleistungen haben sich dabei in erster Linie auf betriebswirtschaftliche und nicht so sehr auf technische Aspekte bezogen.
Die vom Kläger nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten Gewinne haben im Jahr 1991 37.993 DM und im Jahr 1992 105.734 DM betragen; Gewerbesteuererklärungen reichte er nicht ein, da er die Auffassung vertrat und noch vertritt, seine beratende Tätigkeit sei nicht gewerblicher Natur. Das beklagte Finanzamt (FA) erließ gleichwohl Gewerbesteuermeßbescheide und setzte die einheitlichen Meßbeträge
für 1991 auf 65 DM (Bescheid vom 31. März 1993) sowie
für 1992 auf 3.485 DM (Bescheid vom 09. Dezember 1994) fest.
Die dagegen eingelegten Einsprüche blieben ohne Erfolg. Ein Steuerpflichtiger, der Unternehmensberatung betreibe, übe – so das FA – nur dann einen dem beratenden Betriebswirt ähnlichen Beruf aus, wenn er über die fachlichen Kenntnisse mindestens eines staatlich geprüften Betriebswirts verfüge. Einen solchen Abschluß habe der Kläger nicht. Seine Tätigkeit gründe sich nicht auf eine vergleichbar breite fachliche Vorbildung. Der Erfolg seiner Beratungstätigkeit beruhe vielmehr in erster Linie auf einer langjährigen praktischen Berufserfahrung. Der Kläger habe auch nicht anhand eigener praktischer Arbeiten nachweisen können, daß er über theoretische Kenntnisse auf dem Gebiet der Betriebswirtschaftslehre in einer Breite verfüge, wie sie in den Ausbildungsgängen und Prüfungen zu den betriebswirtschaftlichen Berufen vermittelt bzw. gefordert werde. Allein sein durchaus eindrucksvoller beruflicher Werdegang und die berufsbegleitend entfalteten Weiterbildungsaktivitäten ersetzten diesen Nac...