Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen anschaffungsnahen Herstellungskosten und jährlich anfallendem Erhaltungsaufwand
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG sind Erhaltungsaufwendungen, die innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden und die Grenze von 15 % der Anschaffungskosten überschreiten vom Sofortabzug als Werbungskosten ausgeschlossen und nur im Rahmen einer erhöhten AfA-Bemessungsgrundlage steuerlich abzugsfähig.
2. Bei der Berechnung der 15 % - Grenze sind Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich anfallen, auszunehmen. Hierzu zählen laufende Wartungsarbeiten, selbst wenn sie nicht jährlich anfallen, sich aber insgesamt quantitativ in einem jährlich gleichbleibenden Ausmaß bewegen, der Einbau von Messgeräten für Heiz- und Warmwasserkosten, die Beseiteigung versteckter Mängel, Schönheitsreparaturen, sowie die Erneuerung von Gebäudeteilen aufgrund höherer Gewalt.
3. Stellt die Renovierung einer Wohnung eine einheitliche Baumaßnahme dar, die deutlich über das hinausgeht, was jährlich üblicherweise an Erhaltungsarbeiten und Schönheitsreparaturen anfällt, sind die Aufwendungen in die Berechnung der 15 %- Grenze miteinzubeziehen.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1a; HGB § 255 Abs. 2 S. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen für Instandsetzung- und Modernisierung eines Zweifamilienhauses als anschaffungsnahe Herstellungskosten oder als Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen, einzuordnen sind.
Der Kläger ist als Versicherungskaufmann gewerblich tätig. Daneben erzielt er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Der Kläger erwarb mit notariellem Vertrag vom 18. Februar 2004 (Übergang von Nutzen und Lasten am 30. März 2004) ein Grundstück in H., das mit einer als Zweifamilienhaus bewertete wirtschaftliche Einheit bebaut ist. Das Gebäude ist im Jahr 1935 errichtet und nach der Zerstörung im Krieg im Jahr 1955 wieder aufgebaut worden. Der Kaufpreis betrug 195.000 Euro. Die Anschaffungsnebenkosten beliefen sich auf 10.263 Euro. Das Objekt war zum Zeitpunkt des Erwerbs funktionsfähig und vermietet. Insbesondere waren die Bäder, die wasserführenden Leitungen, Türen sowie die Strom- und Heizungsversorgung nutzbar. In seiner Einkommensteuererklärung 2004 machte der Kläger Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 32.709,11 Euro (inclusive Umsatzsteuer) als Werbungskosten geltend. Ausweislich der vorgelegten Belege und Fotos – auf die Bezug genommen wird – entfällt auf Wand-, Decken- und Bodenflächen ein Betrag in Höhe von 21.467,96 Euro, auf Türen und Zargen ein Betrag in Höhe von 2.073 Euro, auf Badobjekte ein Betrag in Höhe von 1.647,64 Euro und auf die Erneuerung von Fenstern ein Betrag in Höhe von 6.273,64 Euro. Der Kläger hat u.a. einzelne Fenster und Fensterbänke sowie Rollladenkästen ausgetauscht, teilweise neue Zargen und Türen eingesetzt, Laminat (inclusive Dampfsperre und Trittschall) in mehreren Zimmern neu verlegt, Wand- und Bodenfließen in Küchen und Bädern abgeschlagen und neu angebracht, Holzdecken entfernt und auf eine von ihm gefertigte Holzunterkonstruktion Rigipsplatten angebracht, Wände verputzt und neu tapeziert, Decken mit Rauputz neu verputzt und gestrichen, Badewanne, Toilettenschüssel und Waschbecken ausgetauscht sowie vergilbte Steckdosen erneuert (vgl. Schreiben des Steuerbraters des Klägers vom 4. Mai 2006, Blatt 86 f. der Akte). Im Jahr 2005 hat der Kläger Aufwendungen in Höhe von 14.735 Euro (Außenputz) geltend gemacht und in die Afa-Bemessungsgrundlage eingestellt. Der Beklagte hat die im Veranlagungszeitraum 2004 geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 31.462,24 Euro nicht als Erhaltungsaufwand zum Werbungskostenabzug zugelassen, sondern als anschaffungsnahe Herstellungskosten im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG beurteilt und die Afa-Bemessungsgrundlage des Gebäudes entsprechend erhöht.
Hiergegen wendet sich der Kläger nach erfolglosem Vorverfahren mit vorliegender Klage.
Bei den geltend gemachten Aufwendungen handele es sich weder um Herstellungskosten noch um Aufwendungen für Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen, sondern um Schönheitsreparaturen. Das Objekt sei bei Erwerb betriebsbereit gewesen. Deshalb seien die streitigen Aufwendungen nicht als Herstellungskosten zu beurteilen. Die Arbeiten seien lediglich aus optischen und ästhetischen Gründen durchgeführt worden. Dies gelte insbesondere für den Austausch der Fenster. Diese seien nur insoweit ersetzt worden als braune Fenster gegen weiße – qualitativ nicht bessere. – Fenster ausgetauscht worden seien. Auch die Bäder – beispielsweise die darin angebrachten Fließen – seien lediglich aus optischen und ästhetischen Gründen ausgetauscht worden. Gleiches gelte für die Decken. Man habe dunkle Holzdecken entfernt und Rigipsplatten angebracht. Schon aus der Höhe der Aufwendungen sei ersichtlich, dass die beiden Wohnungen ...