rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch für volljährigen, über 27 Jahre alten, zu 80 % behinderten Sohn mit Studienabschluss. Kindergeld
Leitsatz (redaktionell)
Der volljährige, aufgrund einer Nierenerkrankung bzw. -transplantation und der damit verbundenen Medikamenteneinnahme und Nebenfolgen zu 100 bzw. nunmehr zu 80 % behinderte, körperlich nur eingeschränkt, geistig aber voll leistungsfähige Sohn ist nicht wegen seiner Behinderung außerstande, sich selbst zu unterhalten, wenn er u.a. in der Lage war, einen Magisterstudiengang erfolgreich abzuschließen und in verschiedenen Bereichen wissenschaftlich zu arbeiten, und wenn seine geringen Einkünfte nach Abschluss des Studiums nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht auf die Behinderung, sondern vielmehr auf die Ausbildung in allgemein weniger gefragten Fächern (hier: Germanistik und Ethnologie) sowie auf die allgemein schwierige Wirtschafts- und Arbeitsmarktslage zurückzuführen sind.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Kindergeld für den schwerbehinderten Sohn der Klägerin nach Abschluss von dessen Ausbildung (§ 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Nr. 3 Einkommensteuergesetz –EStG–).
Der Sohn der Klägerin … (N.) ist 1966 geboren. Aufgrund einer erblich bedingten Nierenerkrankung, die im April 1993 eine Nierentransplantation und danach weitere Operationen erforderte, wurde N. als Schwerbehinderter zunächst mit Wirkung ab 1. Oktober 1990 mit einem Grad der Behinderung von 100 und Merkzeichen „G” anerkannt. Inzwischen wurde der Grad der Behinderung mit Wirkung ab 1999 auf 80 festgestellt. Nachdem N. im Frühjahr 1987 am … Gymnasium … das Abitur abgelegt hatte, studierte er seit dem Wintersemester 1987/88 die Fächer Germanistik und Ethnologie in einem Magisterstudiengang. Dieses Studium, das durch seine Erkrankung zeitweise unterbrochen werden musste, schloss er am 11. April 1997 mit der Magisterprüfung an der … Universität … ab.
Zur Zeit seines Studienabschlusses war N. als wissenschaftliche Hilfskraft tätig und erhielt für die Zeit vom 1.1.1997 bis 30.9.1997 Bruttobezüge in Höhe von [über 9.000] DM. Für die Mitwirkung an einem Forschungsprojekt erhielt N. von einem wissenschaftlichen Institut für Dezember 1997 [über 1.000] DM und in 1998 insgesamt [fast 3.000] DM brutto. Von Januar bis Juli 1998 verdiente N. aus einer Aushilfstätigkeit beim Studentenwerk insgesamt [fast 5.000] DM brutto. Ein Universitäts-Institut vereinbarte im zweiten Halbjahr 1998 einen Werklohn von [rd. 5.000] DM für bestimmte Arbeiten an dem Wörterbuch einer orientalischen Sprache. Von Februar bis April 1999 absolvierte N. ohne Vergütung ein Praktikum bei einem Europäischen Informationszentrum. Von Juni 1999 bis Juli 2000 erhielt er eine befristete Teilzeitstelle als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) beim … verein mit rentenversicherungspflichtigen Bezügen in Höhe von [rd. 23.000] DM in 1999 und [über 21.000] DM in 2000. Von Juli 2000 bis Oktober 2001 erhielt N. verschiedene Leistungen der Arbeitsförderung (z.B. Unterhaltsgeld vom … bis … 2000) mit als rentenversicherungspflichtige Entgelte berücksichtigten Beträgen von zusammen [fast 17.000] DM in 2000 und [fast 28.000] DM in 2001. Dabei absolvierte er eine Fortbildung (sog. Umschulung) im informationstechnologischen (IT-)Bereich. Seitdem ist N. innerhalb eines sog. Rahmen-Vertragsverhältnisses Mitarbeiter [einer Rundfunkanstalt] in der sog. … Online-Koordination. Dabei erhielt er rentenversicherungspflichtige Entgelte in Höhe von zusammen [über 4.000] DM in 2001 und [rd. 3.000] EUR von Januar bis Februar 2002. Ab Februar 2002 wurde für 91 Tage Arbeitslosengeld in Höhe von wöchentlich … EUR nach einem „Bemessungsentgelts” von … EUR wöchentlich gewährt.
Die Klägerin, die bereits früher für ihren Sohn Kindergeld bezogen hatte, beantragte erneut die Gewährung von Kindergeld ab 1.1.1996, weil ihr Sohn sich während seines Studiums infolge seiner Behinderung nicht selbst unterhalten könne. Die Familienkasse der beklagten Agentur für Arbeit (des damaligen Arbeitsamts) lehnte dies durch Bescheid vom … 1996 ab. Während des durch den Einspruch der Klägerin … eingeleiteten Rechtsbehelfsverfahrens veranlasste die Familienkasse eine ärztliche Untersuchung unter dem Gesichtspunkt, ob die Voraussetzungen für eine sogenannte Mehrfachanrechung erfüllt seien (§ 10 Abs. 1 Schwerbehindertengesetz –SchwbG–). In dem nach durchgeführter Untersuchung erstatteten ärztlichen Gutachten vom … 1997 kam der Arzt der Agentur für Arbeit zu dem Ergebnis, der Sohn der Klägerin könne Arbeiten „vollschichtig” in „Tagesschicht” in temperierten Räumen verrichten. Die Arbeit könne ständig als leichte Arbeit stehend, gehend oder sitzend verrichtet werden. Auszuschließen seien Belastungen durch Zeitdruck, Nässe, Kälte, Zugluft, Temperaturschwankungen oder in Hitze sowie Arbeiten unt...