Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorfälligkeitsentschädigung auch bei Fortführung des Kredits nicht passiv abzugrenzen, sondern sofortiger Ertrag der Bank
Leitsatz (redaktionell)
Nimmt eine Bank auf Kundenwunsch innerhalb der Vertragslaufzeit eine Anpassung des vertraglich festgeschriebenen Darlehenszinses vor, so ist die dafür vereinnahmte Vorfälligkeitsentschädigung nicht passiv abzugrenzen, sondern als sofortiger Ertrag der Bank zu erfassen. Die Entschädigung ist nicht Vergütung für eine in der Zukunft noch zu erbringende Leistung (zinsgünstige Kapitalüberlassung), sondern Gegenleistung für eine bereits erbrachte Leistung (Abänderung des Darlehensvertrages).
Normenkette
EStG 1997 § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 7/8 und der Beklagte 1/8.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat.
4. Die Revision wird zugelassen.
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Tatbestand
Streitig ist die bilanzrechtliche Zulässigkeit passiver Rechnungsabgrenzungsposten, die vereinnahmte Entschädigungen teilweise erst in späteren Gewinnermittlungs-Zeiträumen gewinnwirksam werden lassen (§ 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz – KStG – i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, 5 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz – EStG –).
Die jetzige Klägerin ist ebenso wie ihre Rechtsvorgängerin, die ursprüngliche Klägerin, eine Bank …
Mit zahlreichen Kreditkunden hatte die frühere Klägerin Darlehensverträge geschlossen, die ursprünglich für einen vertraglich festgelegten Zeitraum Festzinsvereinbarungen enthielten. Auf Wunsch etlicher Kunden wurden diese Zinsvereinbarungen während des Festzinszeitraums, d.h. innerhalb der Vertragslaufzeit geändert. Das Kreditverhältnis wurde dabei im übrigen nicht geändert, d.h. das Darlehen wurde nicht zurückgezahlt und neu ausgezahlt, Sicherheiten wurden nicht neu bestellt, ein (evtl. erneutes) Agio wurde nicht einbehalten. Für die Änderungen verwendete die Klägerin im Regelfall neue Vertragsformulare, in denen als Abschlussgrund die „vorzeitige Neuvereinbarung Zinsfestschreibung” angegeben und geänderte Zinssätze, Darlehenslaufzeiten und Annuitäten enthalten waren.
Im Zusammenhang mit den Vertragsänderungen zahlten die Kunden an die Bank bestimmte Vergütungen, die teilweise als Vorfälligkeitsentschädigungen bezeichnet wurden. In der Bilanz zum 31. Dezember 1998 bildete die frühere Klägerin passive Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von …[rd. 130.000] DM zum teilweisen Ausgleich dieser zunächst erfolgswirksamen Einnahmen.
Entsprechende Zahlungen, die andere Kunden im Zusammenhang mit der endgültigen Ablösung der ihnen unter Zinsfestschreibung gewährten Darlehen geleistet hatten, wurden dagegen in vollem Umfang ertragswirksam behandelt; insoweit bildete die frühere Klägerin keine passiven Rechnungsabgrenzungsposten.
Anlässlich einer Außenprüfung (Betriebsprüfung – Bp –) für die Jahre 1994–1998 vertrat der Prüfer in Anlehnung an ein Urteil des Finanzgerichts – FG – Bremen vom 5. September 1995 Az. 2 89 120 K 4 (nicht veröffentlicht – n.v. –) die Auffassung, dass für die Zahlung des einzelnen Kunden zwar handelsrechtlich ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden könne, nach Auffassung der Finanzverwaltung die Abgrenzung steuerrechtlich jedoch nicht zulässig sei.
Im Anschluss an diese und weitere Feststellungen erließ der Beklagte (das Finanzamt – FA –) am 8. November 2000 einen geänderten Körperschaftsteuer (KSt)-Bescheid für 1998 unter Aufhebung des zuvor bestehenden Vorbehalts der Nachprüfung (§ 164 Abgabenordnung – AO –), in dem es die KSt 1998 auf … DM festsetzte. Dagegen legte die frühere Klägerin mit Schreiben vom 15. November 2000 Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 27. März 2002 u.a. deswegen als unbegründet zurückgewiesen wurde, weil die vereinnahmten Vorfälligkeitsentschädigungen Entgelt für die Bereitschaft der Bank darstellten, den bisherigen Vertrag zu ändern, so dass, da die vertraglichen Leistungen von beiden Seiten erbracht worden seien, die Voraussetzungen zur Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens nicht vorlägen.
Dagegen hat sich die am 18. April 2002 beim Gericht eingegangene Klage der ursprünglichen Klägerin gerichtet. Die jetzige Klägerin ist als Gesamtrechtsnachfolgerin infolg...