Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungskosten am Studienort sind – sofern eine doppelter Haushaltsführung vorliegt – als Werbungskosten abziehbar. Verhältnis Werbungskosten zu Berufsausbildungskosten. Abzugsfähigkeit der Kosten eines Fahrraddiebstahls
Leitsatz (redaktionell)
1. Aufwendungen eines Studenten für die Kosten der Wohnung am Studienort sowie die Fahrten von der elterlichen Wohnung zu seiner Wohnung am Studienort bzw. zur Hochschule sind dem Grunde nach als vorweggenommene Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung gem. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG vorliegen. Das ist nicht der Fall, wenn der Student durch fortwährende Nutzung seines Zimmers in die Wohnung der Eltern integriert ist und er sich weder an den Kosten des Hausstands beteiligt noch die Haushaltsführung mitbestimmt.
2. Diese dem Grunde nach als Werbungskosten abzugsfähigen Aufwendungen können nicht als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG berücksichtigt werden.
3. Die durch den Diebstahl eines Fahrrads verursachten Kosten stellen Werbungskosten dar, wenn der Verlust so gut wie ausschließlich beruflich und nicht wesentlich durch den Steuerpflichtigen privat mit veranlasst ist. Erfolgt der Diebstahl des Fahrrades eines Studenten aus dem Fahrradkeller der Privatwohnung, so dass sich kein durch den Hochschulbesuch bedingtes Risiko realisiert, dürfen die Aufwendungen nicht (§ 12 Nr. 1 EStG) steuermindernd angesetzt werden.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5, § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 3, § 12 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist der Umfang der Werbungskosten für das Studium ACB-Weltwirtschaftssprachen.
Der Kläger besuchte nach der mittleren Reife die N Schule in X. Es handelt sich bei dieser Schule um ein kaufmännisches Berufskolleg, das neben der allgemeinen Fachhochschulreife auch den Abschluss einer kaufmännischen Ausbildung mit umfasst. Mit Abschlusszeugnis vom 14. Juli 2004 erwarb der Kläger daher den Abschluss als „Staatlich geprüfter Wirtschaftsassistent”. Zusätzlich erwarb er die Fachhochschulreife. Seit dem Wintersemester 2004 studiert der Kläger an der Fachhochschule Y im Studiengang ACB-Weltwirtschaftssprachen. Nach dem Routenplaner beträgt die Entfernung von der Wohnung in O – nach Y einfach 215 km.
In seinen Einkommensteuererklärungen machte der Kläger die Aufwendungen für sein Studium wie folgt als Werbungskosten geltend:
Sachverhalt |
Kosten 2004 |
Kosten 2005 |
Vorbereitung Studium |
378,56 EUR |
|
Wohnungssuche und Umzug |
2.428,99 EUR |
|
Studium |
644,27 EUR |
1.770,36 EUR |
Fahrtaufwendungen, Wohnung – Uni |
14,50 EUR |
162,75 EUR |
Fahrtaufwendungen zu Eltern (2004: 4 Fahrten; 2005: 26 Fahrten, 450 km *0,30 Euro;) |
540,00 EUR |
3.510,00 EUR |
Anreisekosten, 1. und letzte Fahrt |
135,00 EUR |
|
doppelte Haushaltsführung |
1.357,50 EUR |
6.439,00 EUR |
Fahrraddiebstahl |
|
600,00 EUR |
Summe |
5.498,82 EUR |
12.482,11 EUR |
Der Beklagte erkannte die Aufwendungen für die berufliche Ausbildung nur im Rahmen der Sonderausgaben mit 4.000 EUR an. Das hiergegen geführte Einspruchs- und Klageverfahren blieb erfolglos. Der Senat wies mit Urteil vom 07. November 2006 die Klage ab, ließ allerdings die Revision zu. Der BFH hat mit Urteil vom 18. Juni 2009 entschieden, dass die Aufwendungen für das Studium im Falle des Klägers als Werbungskosten zu beurteilen seien und wies zur Aufklärung des Umfangs der Werbungskosten die Streitsache zurück an das Finanzgericht. Auf die jeweiligen Gerichtsentscheidungen wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
Der Kläger trägt vor, er wohne zu Hause bei seinen Eltern in seinem bisherigen Jugendzimmer. Dieses sei etwa 23 m² groß und verfüge über keine eigene Kochgelegenheit. Für die Nutzung des Zimmers müsse er nichts aufwenden, auch erfolge keine Beteiligung an den Kosten der Haushaltsführung der Eltern. Allerdings hätten sein Bruder und er ab und zu gekocht. In diesem Fall hätten sie die Kosten des Essens aus eigenen Mitteln bestritten. Nachdem er zum Studium nach Y gegangen sei, sei er im Schnitt alle 2 bis 3 Wochen nach Hause gefahren. Auch habe er die Semesterferien zuhause verbracht. Sein Mountainbike sei ihm in der Zeit zwischen dem 1. Mai und dem 3. Mai 2005 aus dem Fahrradkeller der Wohnung in Y, gestohlen worden. Soweit die Kosten der Wohnung in Y sowie die Fahrtkosten dorthin nicht als Werbungskosten abziehbar seien, habe ein Abzug als Sonderausgaben zu erfolgen.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 28.03.2006 den Einkommensteuerbescheid 2004 vom 20.12.2005 zu ändern und die Aufwendungen für sein Studium mit weiteren 1.163,82 Euro,
den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 2.03.2006 zu ändern und weitere Aufwendungen für sein Studium mit 6.727,11 Euro
jeweils steuermindernd zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Aufwendungen des Klägers seien im Wesentlichen durch die Wohnung am Studienort entstanden. D...